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UßKMDEN UND ACTENSTÜCKE
ZUR GESCHICHTE
DES
KURFteSTEN FRIEDRICH WILHELM
VON BEANDENBÜRG.
AUF VERANLASSUNG SEINER HOCHSELIGEN MAJESTÄT DES KAISERS
FRIEDRICH ALS KRONPRINZEN VON PREUSSEN.
DREIZEHNTER BAND.
BERLIN.
DRÜCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.
1890.
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URKUNDEN UND ACTENSTÜCKE
ZUR GESCHICHTE DES
KÜRFÜRSTEN FRIEDRICH WILHELM
VON BRANDENBÜRG.
POLITISCHE VERHANDLUNGEN.
NEUNTER BAND.
HERAUSGEGEBEN
D»- REINHOLD BRODE.
PRIVATDOCENT DER GESCHICHTE AM DER K. FRIEDRICH8-ÜNIVBRSITÄT HALLE.
BERLIN.
DRÜCK UND VERLAG VON GEORG REIUER.
1890.
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y4^ A</^o*/
HARVARD COüPfiP LIBRARY
JAN 6-1905
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Vorwort.
Mit der ehrenvollen Aufgabe betraut, die Herausgabe der
Urkunden and Actenstttcke zur Geschichte des Kurfürsten
Friedrich Wilhelm von Brandenburg weiterzuführen, bin ich
bestrebt gewesen, in allen Einzelfragen der Edition dieselben
Grundsätze zu beobachten, wie sie die wissenschaftliche
Forschung an den Leistungen meiner Vorgänger auf diesem
Arbeitsfelde bewährt gefunden.
Die diplomatischen Verhandlungen treten mit dem vor-
liegenden Baude dieser Sammlung in diejenige Epoche der
kurfürstlichen Regierung ein, in welcher durch den nieder-
ländischen Krieg sich die dominirende Stellung Frankreichs
in Europa begründet. Wie in den Jahren 1671 — 1675
Frankreich, so steht in den Jahren 1675 — 1678 Schwe-
den ftlr Brandenburg im Vordergrunde des politischen In-
teresses. In beiden Perioden ist der Kurfürst zur Abwehr
Zug um Zug der französischen und der schwedischen Ueber-
macht gezwungen. Mit diesem Thatbestand ist die Disposition
dieses und des folgenden Bandes gegeben: der erstere be-
handelt den französischen, der letztere den schwedischen
Conflikt.
Um die Haltung des Kurfürsten in der französischen
Frage, d. h. in Sachen der Action gegen Frankreich, er-
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VI V o r w olr t.
kennen zu .lassen, seine weitgehende Thätigkeit und seine
%hrende"^ Initiative gegenüber der Saumseligkeit der Reichs-
stände^; einfürallemal actenmässig klarzustellen, war es not-
wendig^ den diplomatischen Austausch Friedrich Wilhelms
mit seinen deutschen MitfUrsten auf breitester Grundlage zu
durchforschen. Der erste Abschnitt, zur Vorgeschichte des
deutsch-französischen Krieges betitelt, umfasst dementsprechend
des Kurfürsten Verhandlungen mit den Reichsständen, mit den
Alliirten Frankreich sowol wie mit den neutral und zu-
stimmend Gesinnten. Sachkundige werden es billigen, dass
auch die gegnerischen und missgUnstigen Stimmen gebttrend
zu Worte kommen. Den gegen Frankreich unternommenen
Winterfeldzug von 1672 auf 1673, welcher das Ergebnis
dieser Verhandlungen war, begleiten die Acten des zweiten
Abschnitts; hierher gehört jener eigenartige Schriftwechsel
des Kurfürsten mit seinen Geheimen Räten, der in der Ein-
leitung dieses Abschnittes seine Charakteristik findet
Der dritte Abschnitt hat den Sonderfrieden zwischen
Kurbrandenburg und Frankreich zum Gegenstande. Zum
ersten Male vollständig werden hier Meinders' wichtige Re-
lationen aus dem französischen Hauptquartier zur Kenntnis
gebracht. Aber nicht blos das Zustandekommen des Separat-
vertrages mit Ludwig XIV. galt es zu erläutern ; auch das
Abkommen mit den einzelnen Alliirten Brandenburgs musste
an der Hand der Acten klargelegt werden. Der vierte Ab-
schnitt ist der Campagne von 1674 auf 75, welche auf des
KurfUrsten Betreiben im Elsass ausgefochten wurde, und den
neben dem Kampfe hergehenden diplomatischen Actionen ge-
widmet.
Ein besonderes Interesse endlich gewährt der fünfte
und letzte Abschnitt: Brandenburg und die Niederlande. Da
diese Schriftstücke den Gang der Begebenheiten von 1671
bis 1675 dauernd begleiten, so erschien es zweckmässig, die-
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Vorwort. VII
selben nicht an verschiedenen Stellen einzufügen, sondern in
zusammenhängender Folge als ein Ganzes zu belassen. Sie
enthalten die von brandenburgischer Seite nach dem Haag
abgeordneten Gesandtschaften und gehen so den Verhand-
lungen mit Holland im 3. Bande parallel, dieselben erläuternd
und ergänzend. Mit dem Haager Protocoll vom 15. Mai 1675,
durch welches die E^riegserklärung der AUiirten gegen Schwe-
den ausgesprochen wurde, endet der vorliegende Band.
Die Acten dieses Bandes gehören dem Berliner Geheimen
Staatsarchiv an. Den Beamten desselben fühle ich mich für
freundliche Förderung und stets bereitwillige Beihilfe, wie sie
mir namentlich durch die Herren Archivräte Dr. Fried-
laender und Dr. Heger t, Herrn Staatsarchivar Dr. Mei-
nardus und Dr. Friedrich Meinecke zu teil geworden,
zu aufrichtigem Danke verpflichtet.
Ein paar Documente sind dem Herzoglich Anhaltischen
Haus- und Staatsarchiv zu Zerbst entnommen; dagegen musste
die Hauptausbeute von dort her, die auf den Statthalter der
Kurmark, den Fürsten Johann Georg von Anhalt -Dessau,
bezügliche Urkundenmenge, flir den folgenden Band zurück-
gelegt werden. Desgleichen stammt eine Reihe wichtiger
Schriftstücke, den in des Kurfürsten Diensten befindlichen
Herzog August von Holstein-Plön betreffend, aus dem König-
lichen Staatsarchiv zu Schleswig. Die Provenienz der Stücke
ist an zugehöriger Stelle im Texte angegeben. Den Vor-
ständen beider Institute, Herrn Archivrat Dr. Kind scher in
Zerbst, Herrn Archivrat Dr. Hille in Schleswig, sei auch
an dieser Stelle mein verbindlichster Dank für ihre Mühe-
waltung ausgesprochen.
Halle, Mai 1890.
Relnhold Brode.
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Inhalt
StiU
Vorwort V
lohalt VIII
I. Zur Vorgeschichte des deutsch-französischen
Krieges. 1671. 1672.
Einleitung 3
Acten.
1. Brandenburg und Frankreich. 1671. 1672 15
a. Die Berichte v. Crockows aus Paris 15. b. Die
zweimalige Sendung des Qrafen de la Vauguion nach
Berlin, a. Die erste Sendung 85. ß. Die zweite
Sendung 88.
2. Die französischen A Härten Kurcölln (Strassburg) und
Munster 92
a. Aus Blaspeils Berichten 92. b. Schriftwechsel Kur-
brandenburgs mit den französischen AUiirten 127.
3. Die Haltung der Neutralen 153
a. y. Marenholtz's erste Sendung an Kurmainz 153.
▼. Marenholtz's zweite Sendung 161. y. Marenholts's
dritte Sendung 105. d. Verhandlungen mit Kursachsen
170. e. Schriftwechsel mit Pfalzneuburg 186.
4. Die Verbündeten Kurbrandenburgs 191
a. Der Vertrag mit dem Kaiser, a. Correspondenz
des Kurfürsten mit Kaiser Leopold 191. ß. Anhalts
erste Negotiation nach Wien 199. y* Anhalts zweite
Negotiation nach Wien 222. b. Der Anschluss yon
Brandenburg-Baireuth 233. c. Das Braunschweiger
Bündnis 238.
II. Der Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
Einleitung 259
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Inhalt. IX
Acten. 8«ite
1. Der Aufbruch ^267
a. Montecuccoli. Relationen v. Heidens 267. b. Die
Convention mit dem Herzog von Lothringen 272.
2. Der Yormarsch an den Main 277
a. Gorrespondenz mit Kaiser Leopold 277. b. Schrei-
ben and Gesandtschaften an einzelne Reichsstände 285.
a. ß. Kurmainz 287. y. Kurtrier 304. S. Hessen-Bhein-
fels und Hessen-Darmstadt 321. e. Pfalzneuburg 329.
- C- Lüneburg -Celle 332. c. Schriftwechsel mit den
Geheimen Bäten 335.
3. Der Bäckzug durch Westfalen 372
a. Schriftwechsel mit den Geheimen Bäten 272.
b. Schriftwechsel mit Kaiser Leopold 426. c. Schrei-
) ben und Gesandtschaften an einzelne Beichsstande.
«.An die braunschweigischen Häuser 437. ß. Sen-
dung an Kurbaiern 449. 7. Resolution Kursachsens
459.
Anhang. Vermischte Actenstucke vorwiegend militärischen
Inhalts 463
IIL Der kurbrandenburgische Separatfriede.
Einleitung 477
Acten.
1. Vorverhandlungen 482
a. Friedensverhandlungen mit Pfalzneuburg 482.
b. Friedensverhandlungen mit Braunschweig- Osna-
brück 491.
2. Die Mission Meinders' in das französische Hauptquartier
zu Vossem 498
3. Das Abkommen mit Kurcöln und Münster 556
4. Verhandlungen mit dem Wiener Hofe 565
IV. Der deutsch-französische Krieg von 1674 auf 1675.
Einleitung 611
Acten.
1. Beratungen und Vorbereitungen 616
a. Des Kurfürsten Bescripte nach Wien 616. Blas-
peils Verhandlungen mit den Alliirten 632.
2. Der Feldzug im Elsass 648
a. Rescripte an Geheime Räte und Generalität,
a. Schriftwechsel mit den Räten im Elsass 648.
ß. Schriftwechsel mit Braunschweig- Celle 658.
7. Schriftwechsel mit Lothringen 666. §. Instructionen
und Rescripte an den Herzog August zu Schleswig-
Holstein 672. Militärische Schriftstucke 677.
Hftter. a. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIII. *
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X Inhalt.
Seite
3. VerhaDdlaDgeD mit dem Wiener Hofe 680
a. Schriftwechsel mit Kaiser Leopold 680. b. Des
Kurfürsten Rescripte nach Wien und Crockows Be-
richte 705.
V. Brandenburg und die Niederlande. 1672—1675.
Einleitung 759
Acten.
1. Gesandtschaften Brandenburgs an die Generalstaaten 762
a. Die erste Sendung v. Polnitz's (1672) 762. b. Die
Gesandtschaft v. Krosigk's (1672) 781. c. Die zweite
Sendung v. Polnitz's (1673) 784. d. Die Gesandt-
schaft Derfifliogers (1674) 793.
2. Das Haager Protocoll vom 15. Mai 1675 798—810
Personenverzeichnis 811
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Zur Vorgeschichte des deutsch-
französischen Krieges.
1671. 1672.
liaMr. B. Oescb. d. G. Kurfürsten. XIII.
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Einleitung.
Der DevolotioDskrieg König Ludwigs XIV. hat der Staateogesellschaft
des siebzehnten Jahrhunderts den ersten allseitig fühlbaren Beweis von dem
Uebergewicht der Krone Frankreich geliefert: insofern bezeichnet das
Jahr 1667 einen Wendepunkt in der neueren Geschichte.
Diese überragende Machtstellung des Königtums der ßourbonen tritt
zunächst nicht sowol in dem Ergebnis «Is in dem Zweck jener ausgreifen-
den Unternehmung zu Tage. Denn im ganzen erfüllte der Friede zu
Aachen vom 2. Mai 1668 die französischen Praetensionen nicht; der Succes*
sionsansprnch des Königs auf die Spanischen Niederlande ward abgewiesen.
Aber die in Wahrheit vornehmste Absicht, Verstärkung und Erweiterung
der französischen Reichsgrenzen , blieb erreicht. — Es ist diese Richtung,
welche — im französischen Sinne gesprochen — den kommenden Decennien
ihren Inhalt giebt; welche dem Herrscherwillen Ludwigs XIV. immer neue
Probleme schafft und aus der völkerrechtlichen Stellung Frankreichs her-
geleitete Doctrinen, wie diejenige der Universalmonarchie, ihrer Verwirk-
lichung entgegenzuführen unternimmt. Durch die Verkettungen, die sie
selbst hervorruft, äussert diese Politik der Entwürfe ihre Einflüsse auf das
europäische Staatensystem von nun an in einer bisher nicht gekannten
Weise.
Denn wenn es der Tripleallianz gelungen war, den Forderungen eines
gewaltsamen Anpralls für eine Weile Einhalt zu gebieten, so mnsste für
die franzöbische Krone in dem Widerstände der sich hier entgegenstemmte
ein Antrieb zu erneuertem Vorgehen, ein Stachel zur Rache an dem hem-
menden Niederland liegen. Mit solchen Gewaltstreichen entsprach sie folge-
richtig einem Streben, zu welchem im letzten Grunde der Westfälische und
der Pyrenäische Friede, der den ersteren hinsichtlich Frankreichs ergänzte,
die Unterlage geschaffen hatte. Auf immer kühnere Ziele gerichtet, unter-
stützt von dem Eifer unbedingt ergebener Werkzeuge, errang der jugend-
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4 EinleitnnfiT.
liehe Monarch, seitdem er selbständig als seia eigener erster Minister die
Regierung in die Hand genommen hatte, aaf der also gewiesenen Bahn
Erfolg auf Erfolg. Lothringen ward occupirt, die Tripleallianz gesprengt,
erst England durch den Vertrag von Dover vom 1. Juni 1670, dann Schwe-
den durch das folgenschwere Bündnis vom 14. April 1672 auf die Seite
Frankreichs gezogen. — Aber alle Pläne beherrschend fasste der Gedanke
an eine Züchtigung der Niederländer" die Summe aller Massregeln zu einem
einzigen grossen Endziel znsamroeo. Als der König den Zeitpunkt für ge-
kommen erachtete, Hess er — mit dem Aufwand ungeheurer Mittel — gegen
die Republik der Yereinigten Provinzen den Schlag führen, welcher fünf
Jahre zuvor nur halb gelungen war, während er jetzt den Freistaat, isolirt
wie er war, zu Boden warf und mit völliger Vernichtung bedrohte.
Zumerstenmale wieder seit den Tagen des dreissigjährigen Krieges
macht sich mit dem Ausbruch dieser französisch-holländischen Kämpfe die
Einwirkung Frankreichs auf das Deutsche Reich in seiner Ganzheit in nach-
drücklicher Weise bemerkbar.
Wol hatte die Staatskunst Mazarins (1658) die Rheinische Allianz, deren
Keime ja in dem Münsterer Friedensinstrument verborgen liegen, unter dem
Protectorate des ^Garanten^ Frankreich geschaffen. Einen innerdeutschen
Hader, den Streit um das Wildfangsrecht zwischen Kurpfalz und Kurmainz,
hatte durch den Spruch von lleilbronn (1668) Frankreich geschlichtet.
Ebenso war ein anderer Zwiespalt, der Münsterische Zwist mit Höxter
(1671), nicht ohne Einmischung französischer Emissäre beglichen werden.
Auch Frankreichs Waffen hatten ein Resultat erzielt; wenige Jahre nach
dem selbständigen Regierungsantritte König Ludwigs hatten anlässlich der
Erfurter Händel (1664) französische Truppen auf dem Reichsboden operirt,
die Stadt Erfurt der Botmässigkeit des Mainzers zurückerworben. Unstreitige
Zeugnisse eines diplomatischen und militärischen Dominats. — Aber der
Frühling 1672 brachte dem heiligen Reiche etwas noch nicht Erlebtes : die
nahezu gesamte Streitmacht der kriegsbereiten Monarchie stand vor den
Nordgrenzen des Königreichs entfaltet und drückte mit ihrer Flanke auf die
deutschen Territorien am Niederrhein. Wurden diese überflutet, so waren
die Folgen unabsehbar, welche aus einem solchen Einbruch entspringen
mussten.
Vergegenwärtigen wir uns nach diesem allgemeinen Ueberblick*) die
Haltung Brandenburgs seit den ersten Beeinflussungen des offlciellen
Deutschlands durch dib französischen Pläne. Auch Kurfürst Friedrich
Wilhelm war, nach langem Schwanken freilich und unter modificirenden
Bedingungen, — am 18. November 1665 — der „Rheinischen Defensiv-
Ausführlicher handelt über die Machteotfaltang Frankreichs gegenüber
dem Deutschen Reiche Droysen Geschichte der Preussischen Politik 111,3,
47 fgg. und neuerdings v. Zwiedineck-Südenhorat, Deutsche Geschichte
1648-1740 I, 255 fgg.
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Einleitung. 5
allianz^ beigetreten, als der Druck der Verhältnisse zur Anlehnung an
Frankreich nötigte. Bald darauf hatte ihn die Qaadrupleallianz für eine
Weile aus dieser Verstrickung los gemacht. — Noch einmal, und diesmal
fester denn je, schien ihn der geheime Vertrag vom 31. Dezember 1669*),
welcher die Erneuerung des Rheinbandes bezweckte^ an Frankreich ketten
zu wollen : auf einige Bedingungen negativer Art, auf welche der Kurfürst
eingeht, wird ihm von Ludwig XIV. die Aussicht auf Ausrundung seiner
rheinischen Gebiete durch den Erwerb von Geldern, Venloo, Roermonde
eröffnet: Frankreich behält dabei den Gewinn der Spanischen Nieder-
lande als ein zu erreichendes Ziel im Auge. Derjenigen Coalition, welche
dieser Politik entgegentreten könne, der Tripleallianz, hält sich der
Kurfürst fern. Jedoch dass er gänzlich in dies also ausgebildete
Systeooi gezogen wurde, davor bewahrten ihn die französischen Ten-
denzen selbst, wie sie sich während der Jahre 1670 und 1671 immer deut-
licher enthüllten.
Die Propositionen 2) des Cölner Domherren Landgrafen Wilhelm
Egon zu Fürstenberg anlässlich seiner Berliner Mission im Januar
1670 beantragten eine engere Vereinigung Knrcölns und Kurbrandenburgs
als der beiden bei einem Ausbruch etwaiger Wirren im Westen am meisten
gefährdeten Eurstaaten. Aber diese Vorschläge erwiesen sich als franzö-
sische Eingebungen. Genug, dass sie es aussprachen, dass der Angriffs-
krieg Frankreichs gegen die Niederlande beschlossen sei; dass es für
die Kurfürsten darauf ankomme, entweder dieser Ruptur, die nur eine
Frage der Zeit sein könne, mit vereinter Bemühung entgegenzuarbeiten
oder aber rund heraus sich für einen der streitenden Teile zu erklären.
Wobei die Rücksicht, dass bei ausbrechendem Kriege Frankreich kur-
cölnisches wie kurbrandenburgisches Gebiet unberührt lassen werde, in
keinem Falle zu erhoffen sei. —
An den rheinischen Kurhöfen hatte die Betriebsamkeit der französischen
Staatslenker seit langem ihr ergiebiges Feld gefunden. Ganz besonders
bewährte sich Cöln*) als Heerd der französischen Propaganda, und dass in
dieser bedeutungsvollen Alternative, wie sie durch Fürstenberg als Organ
Frankreichs gestellt worden, die Umgebung Max Heinrich's den still-
schweigenden Vorbehalt der Parteinahme fürFrankreich hegte, wird
sich nach dem Gang der späteren Ereignisse kaum bezweifeln lassen. Im
December erneuerte der Fürst seine Kundgebungen. Es fehlte, so merkte
man schon jetzt in Berlin, nicht an Anzeichen eines näheren Einverständ-
^) V. Moeroer Kurbrandenburgs Staate vertrage Anh. S. 691.
^ Ueber die FürstenbergiBcheo FropositioneD Droysen a. a. 0. 220. 221.
Die hier folgeade Darstellung nach den Acten des Geheimeo StaatflarchivB.
^ Vgl. K. Th. Heigel, Das Project einer Wittelsbachischen Hausnnion
unter acbwedischem Protectorat (io Quellen und AbbandlungeD zur neueren Ge-
schichte Bayerns. 1884. S. 8 fgg.).
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6 EiDleitnng.
DisBes Earcölns mit der Eroae F rank reich ^). Trotzdem ODterdrückte der
Korfürst vorerst jeden Argwohn. Versicherte doch der eingeweihte Nachbar,
der Münsterer Fürstbischof Christoph Bernard^ anf das bestimmteste,
dass der rheinische Prälat noch ganz freie Hände hätte, dass von dorther
nichts zn besorgen sei. Ja mehr: Münster und Pfalznenbnrg waren es,
neben Enrbrandenbnrg die ausschreibenden Fürsten des Westfälischen
Kreises, welche darch eigene Abgesandte zo Beginn des Jahres 1671 am
Berliner Hofe in Anregung brachten, „sich wider alle besorgeud^Feindselig-
keiten in gute Verfassung und Sicherheit zu setzen^; und in gutem Glau-
ben wurden brandenbnrgischerseits der Clevische Regierungsrath Werner
Wilhelm Blaspeil und der Geheime Rath Friedrich von Jena') auf
bestimmte Abmachungen betreffend die Webrhaftmachung des Westfälischen
Kreises instruirt. Schneller als es die Regel war kam man zu einem
Schluss. Die Stellung einer Kreisarmee von 15000 Mann — diese zu be-
stimmt vorgeschriebenen Teilen anf Münster, Kurbrandenburg und
Pfalzneuburg entfallend — ward stipulirt, der Recess am T.April 1671
zu Bielefeld unterzeichnet. Am 17. ratificirte Brandenburg, am 19.
Pfalzneuburg, am 23. Münster den Vergleich. Auch ein Hinzutritt
Kurcölns war in Frage gekommen. Da jedoch Max Heinrich Weit-
läufigkeiten machte, anstatt Bielefelds, woselbst man bereits im Werke be-
griffen war, Hildesheim oder Cöln als Ort der Debatten vorschlug, hatte
man vorerst von einem Beitritt Kurcölns Abstand genommen. Einen
späteren Accessionsrecess desselben hat der Kurfürst von Brandenburg
nicht ratificirt.
Diesem Bielefelder Bündnis folgten die Präliminarien zu einem neuen
Kreistage. Die Ladung sämtlicher Kreisstände erging nach Bielefeld, auf
brandenbnrgisches Gebiet. Die Eröffnung ward auf den 22. Juni angesetzt,
am 1. Juli legten die brandenburgiscben Deputirtcn ihre Proposition ab, so
wie sie der Tenor der Allianz in der Hauptsache vorgezeichnet hatte.
Die Anordnungen dieses Kreistages fallen unter jene damals meist so
aussichtslos unternommenen Anläufe, unter jene Bemühungen um die ,,Sicher-
stellung* d. i. die Wehrhaftmachung einzelner Kreise gegen Willkürlich-
keiteu auswärtiger Mächte. Hatten die Kreisdirectoren bereits durch Auf-
stellung ihres Bielefelder Recesses diesmal in der That etwas erreicht, so
verliefen die Sessionen selbst nicht anders als die der meisten verwandten
Unternehmungen. iNicht nur, dass einzelne Stände an der Höhe des
Truppenquantums Anstoss nahmen, dass sie in den einschlägigen Fragen,
*) d. d. Schönebeck ^'qI^^/ 1671 äussert Kf. an Blaspeil: „er müsse doch
wegen allerhand Gerüchten, dadarch das Widerspiel aasgespreoget wird [Dämlich
von Kurcölns friedliebeoden Versicherungen], in Sorge stehen, ob der Effect
mit den Worten übereinkommen werde.''
^ Ueber ihn und seine früheren Unternehmungen s. Urkk. u. Acteustst XI,
615 fgg.
*) Instruction d. d. Coellu a. Sp. 7./17. Februar 1671.
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Einleiton^^. 7
wie in solchem Falle eine beliebte and bänfig geübte Praxis, sich mit man-
gelnder Instmetion entschuldigten — Münster selbst kehrte ziemlich un-
vermittelt eine ganz veränderte Haltung heraus: es wollte das Ereisobersten-
amt ausschliesslich an sich bringen. Was bedeutete das in den Augen der
Mitst&nde anders als den Kreis militärisch zu Münsters Verfügung stellen 7
Das von Eurbrandenburg vorgeschlagene Auskunftsmittel besänftigte
den Fürstbischof nicht, wenn er auch anfänglich darauf einzugehen
schien. Noch war es ja nicht ausgemacht, in wie weit er mit seiner For-
derung ein selbstisches Interesse befriedigen mochte. Aber mit jener Prä-
tension regte sich der Verdacht der Stände, um die Einigkeit war es ge-
schehen. An eine solide Frucht weiterer Debatten war nicht mehr zu
denken. Auch der Eurfürst willigte in die am 20. August erfolgende
„Vertagung^ der Versammlung. — Während derselben hatte Fürst Wil-
helm zu Fürstenberg, von dem französischen Gesandten Grafen
V er jus unterstützt, mit seinen Vorschlägen nicht geschwiegen. Nicht um-
sonst war er bei König. Ludwig zu Dünkirchen gewesen. Sein Herr, der
Kurfürst von Cöln, Hess jetzt mit der Entscheidung in jener oben ent-
wickelten Alternative nicht länger auf sich warten. Er schloss am 11. Juni
1671 den gewünschten Neutralitätsvertrag mit Ludwig XIV. Hingegen
billigte der Kurfürst von Brandenburg den Bescheid seiner Biele-
felder Deputirten an den Agenten Frankreichs und wies sie an, auch ferner
geltend zu machen, „dass bei ihm weder Remonstrationes noch Persua-
siones verfangen würden^, dass er sich vielmehr über Neutralität oder An-
nahme einer bestimmten Partei dann erst entscheiden könnte, wenn er das-
jenige „Eslaircissement'' erlangt haben würde, ,)das allein die Zeit und
der Lauf der Affairen zu geben vermöge^.')
Der Bielefelder Ereistag ist die letzte deutsche Stände Versammlung
vor dem Ausbruch des grossen französisch-holländischen Krieges, welche,
formell gegen die Machtentfaltung Frankreichs gerichtet, mittelbar gerade
durch die Minirarbeit französischer Agenten zu Falle kommt. In diesem
negativen Resultat liegt seine Wichtigkeit. Aus diesem Gesichtspunkte be-
deutet er den Anbruch einer neuen Phase für die Entwickelung der inner-
deutschen Angelegenheiten.
Ergebnisreicher war sein Nachspiel, der Congress zu Cöln vom Sep-
tember bis December 1671.
Hier fanden sowol Frankreich wie das officielle Deutschland, beide auf
besondere Weise, ihre Rechnung. Es sollten die zwischen der Reichs-
stadt und dem Kurfürst-Erzbischof seit langem obschwebenden Strei-
tigkeiten') zu endlichem Austrag gebracht werden. Eine Commission von
Der Ef. ao die GesaDdten d. d. Goelln a. Sp. 20./30- Juni 1671.
') Dieselben sind entwickelt in dem, in anderen Partien, weil einseitig nach
französischen Quellen gearbeitet, vielfach unkritischen Buche von L. Bnnen
Frankreich und der Niederrhein I, S. 196 fgg. Dio Personennamen erscheinen
bei Ennen mitunter bis znr Unkenntlichkeit misshandelt.
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g Einleitung.
Delegirteo der westfälischen Kreisstände fand sich ein: von branden-
bnrgischer Seite führte Rath Blaspeil das Wort, neben ihm Johann
de Beyer nnd der Karbrandenburgische Resident in Cöln Robert
Weiler, ferner der Kaiserliche Commissar Marqnis de Grana, dazu
Eorcölnische, Kartrierische, Knrmainzische Snbdelegirte. Zwar
hätte der Fürstbischof von Strassbnrg. Franz Egon, ein Bruder des
Prinzen Wilhelm zu Fürstenberg, damals der eigentliche Regent des Oöluer
Landes 9 die Beratungen gern nach Bonn gezogen; indessen es blieb bei
Cöln. Am 11. September trat man zusammen; Gonferenz folgte auf Con-
ferenz, wobei Audienzen bei den genannten Fürsten nebenher gingen.
Nach langwierigen Besprechungen kam ein Interimsrecess heraus, welcher
die Reichsstadt verpflichtete, die holländischen Truppen, ein Regiment anter
dem Obrist Baimphield, zu entlassen, nnd sie dafür unter den Schirm
der vereinigten Kreis Völker stellte. Wenn auch durchaus keine genügende
Sicherung der Stadt vor auswärtigen Uebergriffen, so doch ein rechtskräf-
tiger Abschlnss Jahrzehnte lang mit Erbitterang darchgefochtener Händel.
Gerade durch ein langjähriges Eingreifen der Niederländischen Bnndes-
behörde hatten sich hier in Cöln, wie an der deutsch -niederländischen
Grenze überhaupt die Reibungen verschärft; die Gegensätze erschienen hier
auf eigentümliche Art in einander gekettet. Eine Reihe fester Plätze, zum
Teil noch Siegespreise aus den Unabhängigkeitskämpfen der ünirten Pro-
vinzen, zum Teil Eroberungen aus dem dreissigjährigen Kriege her, war
von der Republicanischen Regierung zurückbehalten oder wenigstens mit
verteidigungsfähigen Garnisonen ausgestattet worden. Auf staatischer Seite
hatte man sich an diese Usurpation gewöhnt nnd die bewaffneten Punkte
als eine willkommene Rückendeckung gegen Umtriebe deutscher Kleinfürsten
an der Südostgrenze des Freistaats aufrecht erhalten. Es genügt in diesem
Zusammenhange festzustellen, dass in dem brandenburgischen Herzogtume
Cleve den Plätzen Emmerich, Rees, Wesel, Büderich, Orsoy und
dem Fort Schenkenschanze ein derartiges Schicksal wiederfahren war;
wozu die Niederländische Regierung dann noch den Zoll zu Gennep
beanspruchte, da wo die Maas auf eine kurze Streike clevischea Gebiet
bcbpült.
Freilich musste Kürfürst Friedrich Wilhelm, je mehr auch in den
neuen, hinzuererbten Territorien sein Regiment erstarkte, über kurz oder
lang den Abzug der fremden Soldatesca veranlassen. Wiederholt waren
von seiner Seite Restitutionsgesuche hinsichtlich dieser Plätze ergangen.
Freilich ohne Erfolg. Indessen da ihm aus diesen Unzuträglichkeiten zu-
nächst kein erheblicher Schaden erwuchs, so war er klug genug, wobei das
Gefühl einer tiefer liegenden Interessengemeinschaft mit der Vereinigten
Republik gegenüber Frankreich mitwirken mochte, aus der bisher geübten
Besatzungspraxis in diesem kritischen Zeitpunkte am allerwenigsten eine
Principienfrage zu machen: die holländischen Garnisonen blieben bis auf
weiteres an Ort und Stelle.
Anders hatten sich für die kurcölnische Feste Rheinberg, westlich von
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BinleituDg. 9
Orsoy gelegen, die Dinge gestaltet. Seit 1583 von den Holländern besetzt,
war sie nanmehr an die nennzig Jahre der Zankapfel zwischen der Re-
publik und dem Erzbischof gewesen. Da die Generalstaaten 4ie Restitni-
rnng bald positiv versagten, bald darauf bezügliche Verhandlungen zu
hintertreiben wnssten, so ward wie seine Vorgänger auch Maximilian
Heinrich nicht müde, sein Recht anf diese Feste dnrch Denkschriften zu
erhärten, immer von neuem laut die Rückgabe zu fordern.
War Rheinberg nicht sogleich zu haben, so mnsste wenigstens das
Abkommen, welches (wie bemerkt) die holländischen Mannschaften aus Cöln
entfernte, der französischen Krone erwünscht sein. Die Kriegspartei rieb
sich die Hände ^); denn der Bestand einer staatischen Garnison in Cöln,
einem so wichtigen und dereinst auf jeden Fall verwendbaren Platze, musste
fühlbare Uobequemlichkeiten verursachen. So charakterisirt es den Stand,
das heisst in diesem Falle die Verwirrung der Dinge, dass im Sinne der
Reichsgewalt und der „Wolintcntionirten^ der Cölnische Recess als ein
Sieg der Ordnungspartei herbeigesehnt, im Sinne der französischen Macht-
ansprüche als ein Mittel zur Wegräumung störender Hemmnisse mit Bei-
fall aufgenommen wurde. Und bald eröffneten sich für Frankreich weitere
Aussichten. An demselben Tage, an welchem man ihm den Sicherheits-
recess der Reichsstadt abgerungen, ging der Cölnische Kurfürst eine
Offensivallianz mit Ludwig XIV. ein.
Jetzt trat die Entscheidung Knrcölns in der Fürstenberg'schen Alter-
native in ihren wahren Wirkungen zu Tage. Hatte schon der Neutralitäts-
vertrag von Cölnischer Seite Zugeständnisse gewährt und dadurch den
Absichten des Eroberers weitgehenden Vorschub geleistet, so wurden auf
Grund des Tractats vom 2. Januar 1672 französische Garnisonen im Erz-
stift aufgenommen, ja die stiftischen Lande als ein willkommenes Manövrir-
feld den fremden Truppen überlassen. Durch eine alte Rivalität gegen die
Generalstaaten gereizt, erklärte denn auch der kriegerische Fürstbischof
Christoph Bernard von Münster — am 22. Januar — seinen Beitritt
zu diesem Bunde. Vermittelst dieser Verträge erzielte der König in einem
bestimmten Umkreis ein abschliessendes Ergebnis seiner diplomatischen Be-
mühungen. Es war das denkbar beste, das wertvollste, welches er immer
für seine Pläne gebrauchen mochte. Denn am einfachsten konnten hier,
auf dem also bereiteten Boden, seine Machtmittel einsetzen, wenn er auf
Deutschland einen Druck üben wollte. Die freie Disposition namentlich
über das incorporirte Cölnische Kurgebiet hat wesentlich den so über-
raschend erfolgreichen Einbruch in die östlichen Niederlande ermöglicht.
Auch dem französischen Könige ermangelte es, gleich seinen beiden Ver-
bündeten, gegenüber den deutschen Territorialherren nicht an einem Vor-
wande: indem er den Stoss seiner Waffen als gegen die Niederlande ge-
richtet betonte, stellte er sich als den Schirmherren der benachbarten Reichs-
stände dar, welche obenein — so ward ausgeführt — den Tribut der Dank-
*) Pie9 beetätigeo die BelationeD v. Crockows aoa Paris. S. unten.
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10 E i n 1 e i t n D g.
barkeit dafür za zoUeo hätten, dass er ihnen zq dem verhälfe, was die
Staaten von Holland widerrechtlich innehielten.
Während jene beiden Verträge zwei dentsche Reichsstände zu rück-
haltlosen AUiirten Frankreichs machten, entfaltete in Berlin Bernard de
la Guiche Gomte de St. G6ran als Gesandter seine Thätigkeit. Es
war ein verschärftes Vorgehen im Sinne der französischen Entwürfe. Seine
Bestrebnngen richteten sich auf eine Allianz wider Holland, znm wenig-
sten — bei einem etwa ausbrechenden Kriege — auf Neutralität des Kur-
fürsten.
In den Conferenzeni) der ersten Januartage 1672 motivirte St. O^ran
seine Mission: nachdem sein König durch Fürstenberg dem Kurfürsten von
Brandenburg seine Pläne enthüllt habe (also ein unumwundenes Zeugnis
für die französische Färbung der Fürstenberg'schen Propositionen), jedoch
weder von seiten des Berliner Hofes noch sodann auf dem Kreistage za
Bielefeld in der Sache etwas gethan worden, so wäre er abgesandt, um noch-
mals zu bestätigen, wie bereitwillig Ludwig XIV. sich mit Brandenburg
alliiren möchte; hier sei für den Kurfürsten eine rechte Gelegenheit, zu
seinen Clevischen Plätzen zu kommen und wiederzugewinnen, was er seit
langem entbehren müsse. — Die Minister betonten dem gegenüber beständig
die noch oflfene Möglichkeit eines gütlichen Vergleichs mit den General-
staaten. Da der Gesandte auf solche Abmachung nicht instruirt war —
nur ein Nentralitätsproject »wurde besprochen und empfohlen — so hielt er
schliesslich nicht länger mit der Eröffnung zurück, auf die man in Berlin
nach V. Crockows Pariser Berichten längst gefasst war: dass der Krieg
gegen Holland beschlossene Sache sei — ^par un motif de gloire et pour
rabaissement des Estats-G^n6rauz^.
Und während von der einen Seite Frankreich drängte, bot von der
anderen die Vereinigte Republik eine Defensivallianz und Subsidien zu
Werbung und Verpflegung einer Armee zum Schutz der Niederlande an.
Am 16. Januar 1672 traf der Freiherr von Amerongcu bei Hofe ein.
In häufigen Audienzen bei dem Kurfürsten, und in den Hauptcouferenzen am
19. und 23. Januar, am 1. und 26. Februar wog man die staatischen und
die kurfürstlichen Bedingungen gegen einander ab. Aber nicht so bald als
der Gesandte anfangs gehofft hatte ^ sollten die Unterhandlungen ihre Er-
ledigung finden; bis gegen Ausgang des Winters zogen sie sich hin, und
es ist begreiflich und entschuldbar, dass sowol der Kurfürst wie seine lläthe
eine bestimmte Erklärung in dieser peinlichen Situation nach Möglichkeit
hinauszuschieben suchten. Wenigstens Annahme der Neutralität verweigerte
der Kurfürst dem Gesandten Frankreichs ; er blieb der Anschauung getreu,
welcher er vor einem Jahre mit voller Unumwundenheit Ausdruck gegeben
hatte. Da der König sah, dass sich bei diesem Fürsten vorderhand nichts
erreichen lasse, wurde St. G6ran durch Abbernfungsschreiben d. d. Ver-
sailles 2. März 1672 zum Commando seines Regimentes zurückbeordert.
') ProtocoUe im Geb. St. Archiv.
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£ i Q I e i t u D g. 11
Anfang April verliess der junge französische Edelmann den brandenbur-
gischen Hof. — Ende März stand es so^), dass auch Amerongen seiner
heimischen Behörde die Bitte nm Abberufung unterbreitete. Gleichwol
worden die Besprechungen wieder anfgenommen. Man verglich sich, nach-
deo] man drei und einen halben Monat teils gestritten teils gezaudert hatte.
Als Endergebnis der Debatten ging dann der Tenor der Defensivalliauz
mit den Niederlanden hervor. Am 6. Mai unterzeichnete Amerongen. mit
den brandenburgischen Bevollmächtigten dem Freiberrn v. Schwerin
und den Geheimen Käthen v. Somnitz und Meinders — ihre Vollmacht
d. d. Coelln a. Sp. 9./19. Januar 1672 — den inhaltschweren Vertrag«).
Der Kurfürst hat es empfunden und in den Instructionen seiner Ge-
sandten in dieser Zeit mit vollkommener Klarheit ausgesprochen, dass unter
dem Druck so bedrohlicher Gonjuncturen die Hoffnung auf eine Sicherung
Deutschlands eine wenig gegründete sei. Sollte man sich der Auffindung
von Schutzmitteln gänzlich entschlagen? Der Regen sbnrger Reichstag
wäre zu vorbereitenden Massnahmen dieser Art der gesetzliche Grt gewesen:
den Beratuogen um die Sicherstelinng einzelner Kreise, wie sie auf den
Kreistagen gepflogen wurden, den Debatten über die Reichskriegsverfassnng,
dem weitverzweigten Systeme der Reichsreformpläne trat alsbald in den
Collegien des Reichstages eine auswärtige Angelegenheit vt)u höchster Be-
deutung gegenüber, diese inneren Fragen mit bedingend und bestimmend.
Aber der schleppende Gang der Reichstagsverhandlnngen brachte selten
und spät ein Ergebnis ; jedermann fühlte und Brandenburg ganz besonders,
dass dort mehr „deliberirt^ als gehandelt wurde, und die kaiserliche Re-
gierang war weder stark genug noch zeigte sie überhaupt ernsthaften nach-
drücklichen Willen, die vielfach vorgeschlagene „Kriegs Verfassung^ zum
Zweck der „Reichssecurität^^ ins Leben zu rufen. An 'Bündnissen im
Innern fehlte es nicht. Allein sie waren seltsamer Natur. Des (ersten)
Rheinischen Bundes, dessen Bedeutung mittlerweile vor der Quadruple-
und Tripleallianz längst erloschen war, ist gedacht worden; analog zu
diesem hatte eine Verbindung deutscher Nordstaateu im Gefolge Schwedens
vorübergehende Bedeutung gehabt. Was sonst von kleineren Vereinigungen
teils erstrebt teils verwirklicht wurde, war schon — wie namentlich das
durch den Mainzer Kurfürsten gestiftete „Marienburger Bündnis'' vom 10. Ja-
nuar 1672^ — seiner geringen Streitkräfte halber nicht wirksam genug, um
dem aggressiven Vorstoss einer auswärtigen Macht die Spitze zu bieten.
So waren diejenigen Stände, denen wirklich die Ausführung energischer
Massregeln am Herzen lag, auf den Verkehr unter einander angewiesen;
1) Ameroogen an den Griffier Oaspar Fagel d. d. 27. Mirs 1672 Urk. a.
Actenst lU, 250. Dort auch die anderen auf die Diederlandische AllianB von
1672 bezüglichen ActeDstöcke.
^ v. Moeroer Staatsverträge S. 859—363.
>) Gedruckt Gahrauer Kurmainz in der Epoche von 1672 II, S. 132-37.
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12 Einleitung.
es erübrigte nur der Weg des scbriftlichcn wie mündlichen Anstaasches
von Hof ZD Hof.
In diesem Sinne ist der Karfürst zu einer Sondirnng seiner Standes-
genossen geschritten. £r wusste sich über Haltung und Ziele der Mäch*
tigeren unter ihnen unterrichtet, ehe das Unwetter losbrach, ehe somit die
Stellungnahme des Reichs zu den französischen Uebergriffen sirh als eine
unumgängliche Notwendigkeit erwies; und je mehr er sich von dem Ernst
der Eroberungspläne Ludwigs XIY. überzeugte, desto bestimmter waren
die Grundlinien seines Handelns gezogen. Die bedingungslose Zurück-
weisung aller der Krone Frankreich gethanen Vermittelungsvorschläge, die
Neutralitätserklärung des Westfälischen Kreises, die dadurch veranlasste
Auflösung des Bielefelder Kreistages, die gesteigerten Rüstungen, endlich
der Waflfengang selbst, haben seine Entschlüsse besiegelt und ihn zu dem
Vorgehen getrieben, welches seinen innersten Anschauungen entsprach —
zu einem entscheidenden Schritt zur Rettung der bedrängten Republik der
Niederlande.
Der erste Abschnitt dieses Bandes bringt den Schriftwechsel Kur-
brandenburgs mit den in der franzÖBisehholländischcn Krise in Frage kom-
menden Reichsständen sowie die einschlägigen Urkunden von französischer
Seite.
Als Grundlage für das Verständnis der sich nun vollziehenden Ent-
Schliessungen und Begebnisse sind die Nachrichten aus Paris gewählt.
Der brandenburgische Hof- und Legationsrath Lorenz Georg
von Crockow war einer der ausgezeichnetsten Diplomaten des Grossen
Kurfürsten. Geschult an den Höfen von Warschau und Stockholm, vertrat
er seit Februar* 1670^), damals erst in dem jugendlichen Alter von zwei-
unddreissig Jahren, seinen Fürsten am Hofe von St. Germain, sodass er
lange bevor der Kampf entbrannte die französischen Verhältnisse würdigen
gelernt und zugleich als intimer Zeuge die nach und nach bewältigten
Kriegs Vorbereitungen, rein militärische wie administrative, mitangesehen
hatte. Crockow verbindet mit scharfer Beobachtung, insbesondere einem
klugen Blick in die politischen Motive, die Fähigkeit glücklicher W^ieder-
gabe. Seine Berichte fordern als Geschichtsquellen ersten Ranges in her-
vorragendem Masse die Berücksichtigung des Forschers. Sie lüften den
Schleier von den französischen Tendenzen und geben von den Massnahmen,
die an der Seine ersonnen allmählich in die Wirklichkeit umgesetzt wurden,
authentische Kunde. Sie reichen bis zur Abberufung des Gesandten im
Mai 1672. — Beginnen lassen wir den Wortlaut der Relationen mit dem
Moment des Ablebens des Staatssecretärs Hugues de Lionne und der
Uebernahme des auswärtigen Ministeriums durch den Marquis de Pom.
ponne, sodass die unter dessen nunmehriger Leitung befolgte Politik in
») Instruction d. d, Coelln a. Sp. |^^^^ 1670.
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Einleitung. 13
ihrem vollen Umfange und in ihren letzten Gründen aufgehellt wird. Da
um dieselbe Zeit der Bielefelder Kreistag sich auflöst und die Beratungen
in Cöln zusammentreten, so correspondiren die Relationen v. Grockows
zeitlich mit Blaspeils sich nun anreihenden Berichten.
Diese Berichte des Clevischen Regiernngs- und Amtskammerraths
Werner Wilhelm Blaspeil ergänzen das Bild von der anderen Seite.
Sie geben einen Begriff von der Lage der Dinge im Erzstift Cöln, im
Herzogtum Cleve, in der Niederländischen Republik , in den Spanischen
Niederlanden, ßlaspeil führte als Gesandter im Haag für gewöhnlich die
Verhandlungen in der Hoefy ser'schen Schuldsache, jenem wunder-
lichen finanziellen Process ^)y welcher ohne selbst in Jahrzehnten entschieden
zu sein, sich noch immer vor dem ,,Hohen Rathe^' zu Mecheln dahinscbleppte.
Seine Tbätigkeit am Westfälischen Kreistage und am Cölner Congress war
eine zeitweilige Unterbrechung seines niederländischen Wirkens. Da seine
hier einschlägigen Mitteilungen vorzugsweise den niederrheinischen Land-
schaftscomplex betreffen, so sind sie wegen dieses localen und sachlichen
Zusammengreifens mit den auf Cöln und Münster bezüglichen Acten zu
einer Abteilung verbunden worden.
Es fol^t der Austausch mit den hier in Betracht kommenden Reichs-'
ständen. Man muss diesen vor Ausbruch des Krieges geführten Schrift-
wechsel in seiner ganzen Ausdehnung überschauen, am von der diploma-
tischen Regsamkeit der kurfürstlichen Regierung in dieser Epoche den
rechten Begriff zu bekommen. Die Parteigänger Frankreichs von ihren
beabsichtigten Unternehmungen abzumahnen, die Säumigen anzutreiben und
ihnen die Augen zu öffnen über den Ernst der Lage, die Gutgesinnten in
ihren Plänen zu bestärken — das tritt überall in diesen Monaten vor der
Entscheidung als das Grundmotiv der Politik des Kurfürsten hervor.
Wir geben in einer Auswahl die wichtigsten dieser Briefe und Gesandt-
schaften.
Als eine besondere Gruppe macht sich der Schriftwechsel mit den no-
torischen Alliirten Frankreichs bemerklich. Es sind die mit dem Kur-
fürsten von Cöln und dem Fürstbischof von Münster gewechselten
Briefe; daneben Schreiben an den Strassbnrger Fürstbischof, den
Vertrauten des Cölners.
Ein erhöhtes Interesse beanspruchen naturgemäss diejenigen Reichs-
Btände, welche sich mit dem Kurfürsten zur Abwehr der französischen
Pläne vereinigen, gleichviel ob sie wie Kurmainz, Kursachsen, Pfalz-
neuburg die in Aussicht gestellte Hilfe im letzten Augenblick versagen,
oder ob sie sich wie Hessen-Cassel, Braunschweig-Lünebnrg
Braunschweig- Wolfenbüttel, Brandenburg- Baireuth und endlich
noch Kurtrier zu positiver Bündnisschliessung mit Brandenburg ver-
stehen. — Es is( zu betonen, dass diese Stände es sind, welche von dem
1) Droysen a. a. S. 65.
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14 Einleitung.
Karftirsten selbst als die „Wolioteotiooirten'^ gekennzeichnet werden. Sie
repräsentiren ihm in Wahrheit die „gute Partei".
Die Verhandlungen mit diesen letzteren gipfeln in der grossen Gon-
ferenz zu Braunschweig, ans welcher das Brannschweiger Bündnis vom
22. September 1672 hervorgeht. Ueber die diesen Conferenzen voran-
gehenden mannichfaltigen Gesandtschaften haben wir geglaubt uns mit
einem summarischen Ueberblick begnügen zu dürfen, den ausführlichen In-
halt derselben den Archiv-Pablicationen von Adolf Köcher Geschichte
von Hannover und Braunschweig 1648—1714, welcher eigens der Braun-
schweigischen Politik gewidmet ist, überlassend. — Von dem schrittweisen
Fortgang und endlichen Abschluss der Debatten in Braunschweig geben
dagegen die mitgeteilten Acten selbst ausgiebigen Bescheid.
Vor allen Anderen ging Kaiser Leopold die Allianz mit Branden-
burg ein. Sein Verhältnis zu Friedrich Wilhelm wird durch den Brief-
wechsel beider Fürsten veranschaulicht. Derselbe leitet zugleich die beiden
bedeutsamen Negotiationen ein, welche des Kurfürsten Schwager, Fürst
Johann Georg von Anhalt-Dessau, nach Wien unternahm, und von
deren Verlauf höchst lehrreiche, auch in ihrem Detail anziehende Relationen
vorliegen. Das Ergebnis dieser Wiener Reisen ist die Defensivallianz vom
23. Juni 1672, nebst dem Brauuschweiger Bündnis die Grundlage aller wei-
teren Vornahmen des Kurfürsten in .dem französisch holländischen Conflicte.
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I. Zur Vorgeschichte des deutsch-franzö-
sischen Krieges. 1671. 1672.
1. Brandenburg und Frankreich. 1671. 1672.
a. Die Berichte v. Crockows aus Paris.
Lorenz Georg v. Crockow. Relation. Dat. Paris
4. September 1671.
[Tod des Staatssecretars Lionne. Personalieo. Werbangeo. Zweifel des hol-
ländischeD Gesandten am Kriege. Privileg für das Schiff Cburprinz. — Be-
verningk.]
1671.
Vergangenen Dienstag den 1. dieses st. n. ist Mr. de Lionne*) 4. Sept.
alhier an einem dreitägigen Fieber, welches er zwölf Tage lang ge-
habt, Todes verblichen. I. E. M. haben ihn gar sehr beklaget, wie
auch jeder männiglich, insonderheit die fremden Ministri, welche nicht
leicht bei einem andern immer so facilen Access und so prompte Ex-
pedition finden werden. I. E. M. haben annoch keinen Successoren
benennet. Sein Sohn der Marquis de Berny hat zwar die Survi-
vance auf die Charge du säcritaire d'Estat, selbige aber hat nur allein
die Expeditiones von gewissen französischen Provinzen als Champagne,
Picardie, nicht aber die auswärtigen Äffairen; diese Charge wird er
wol behalten, aber Minister d'Estat wird er schwerlich werden.
Hugues de Lionne, französischer Minister des Auswärtigen, üeber
seinen Tod vgl. J. Yalfrey Hagnes de Lionne. Ses ambassades en Italie
1642-1658 (Fans 1877). Introd. p. LXXXVIII.
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16 Zur Yorgeschichte des dentach-franzÖBischeD Eriegea. 1671. 1672.
Genannt werden der Erzbiechof von TonloaBe, Mr. Courtin,
Mr. Pomponne. Einige meinen auch, Mr. Colbert werde diese Ex-
pedition bekommen, dafür die Intendance de la Maison da Roy abtreten.
Man ist gespannt auf des König«^ fi)^i|tscbeidung.
Neue Werbnngen. ^Dle Ten^cb^n Officiere als nämlich der junge
Rose, Hönstedt, Lützelburger werben nur alleine Schwadronen und
keine Regimenter, und wird sich selbige Werbung auf 15 oder 18 hundert
Pferde erstrecken.^ Der König wird im nächsten Frühjahr, und zwar im
Februar, 25000 Pferde auf den Beinen haben, „löOOO Neugeworbene, 7000
welche bisher unterhalten und 3000 de la maison du Roy. Die Infanterie
werden J. K. M. beinahe am 90000 Mann alles in allem haben.^
|: Dem ohngeaehtet vermuthet der holländische Ambassadeur'),
dass kein Krieg zu befürchten. Zum wenigsten scheint es, dass
I. E. M. die Sache wegen der Dependentien terminiren und Lothringen
zu behaupten Willens. :|
Die Charge des Grand Aumosnier de France ist auf Intercession Tu-
rennes dem Cardinal de Bouillon gegeben.
Was des Kf. Befehl d. d. Potsdam 29. Mai 1671 angeht, ein Privi-
legium auf das Schiff der „Cburprinz von Brandenburg^ genannt wegen des
Fassgeldes zu suchen, so fürchtet sich Crockow einen Refus zu holen; es
wäre daher vielleicht besser, das Privilegium gar nicht zu begehren.
P. S. „van Beverningk') ist hier durchgekommen und hat sich einige
Tage hier incognito aufgehalten. Mr. de Türen ne hat ihn sprechen
wollen; er hat sich aber ezcusiret. Von seiner Verrichtung in Spanien
kann man nichts penetriren. Ich halte aber davor, dass er nicht viel aus-
gerichtet, denn der Ambassadeur deGroot sich gar sehr beschweret, dass
in Spanien kein Cousilium, keine Einigkeit noch Verfassung sei und dass
von da nichts zu hoffen.''
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 11. September 1671.
[PompoDDe's ErnenDung. Werbungspatente. OrammoDt.]
11. Sept. Der König hat das Amt des Staatssecretärs dem Mr. de Pomponne
übertragen. Er hat es ihn vermittelst Handschreibens durch eigenen Courier
wissen und es seiner Gemalin durch Mr. Colbert notificiren lassen. —
Angabe von Mitteln, wie es Pomponne möglich geworden die Charge zu
kaufen.
„I. E. M. haben vorlängst ans seinen Relationen, dann Sie wenig mit
ihm gesprochen, grosse Estime von ihm gescböpfet und würden gewisslich
nicht leicht Jemandes choisiret haben, welcher so judicieux, so penetrant
*) Pieter de Qroot, Hugo Grotius' Sohn.
^ HieronymuB van Beverningk, Deputirter der Generalität.
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PompoDne Minister. GonrtiD nach Schweden. 17
nnd so capabel die Charge za bekleiden. Soviel ich aas einer dreijährigen
Conyersation an ihm spüren können'), ist er darneben vigonreux und resolviret
nnd wird gewiss nicht zum Frieden rathen, wenn er Gelegenheit siehet,
doreh den Krieg Ihrer E. M. Conqaesten und Reputation zu vergrössern.
Jedennänniglich rühmet Ihrer E. M. Prudenz in dem Ghoiz, welchen Sie
hierin gethan, |: wiewol man dafür hält, es sei solches dem Mr. Golbert,
welcher seinen Patron den Fouquet minirt, sehr zuwider. Er hat Ordre,
wie mir von vornehmer Hand berichtet, seine Reise zu beschleunigen;
gleicbwol vorher auf eine Resolution zu dringen. Inmittelst exerciret Mr.
deLouvois seine Charge und hat den fremden Ministern sagen lassen, dass
er Donnerstags und Sonnabends ihre Visiten erwarten würde.'^ : |
Die Patente werden nach wie vor ausgegeben. Vielleicht ist es doch
^auf die Dependentien ') angesehen^; man sei nämlich, wie der jetzt aus
Spanien zurückgekehrte Französische Ambassadeur versichert, in Madrid
resolvirt, „Ihrer E. M. in der Güte keine Satisfaction zu geben**.
Marschall de Grammont tötlich krank.
V. Crockow. Relation. Dat Paris 18. September 1671.
[WerbuDgen. Gesandschaft Gourtins nach Schweden beschleuDigt. Grammont.]
Nächsten Montag wird der Rest der Patente auf 200 Compagnien zu Fuss 18. Sept.
ausgeteilt, ioi kommenden Monat werden dann noch Commissionen auf 200 Com-
pagnien zu Fuss und 100 zu Pferde ausgegeben werden. Die Schweizer
haben nach längerem Sträuben dem Eönige eine Werbung von 4000 M.
verstattet. Die Wechsel sind bereits dahin Übermacht, die Commissarien
zur Musterung der Völker abgereist.
Gerüchte und Raisonnements über den Erleg.
Mr. Courtin, zum Maistre des requestes ernannt, geht an Pomponnes
Stelle nach Schweden. Er wird seine Reise beschleunigen, damit er seinen
Vorgänger noch daselbst antrifft. Donnerstag schifft er sich iu Diinkirchen
ein, um die Fahrt zu Wasser nach Stockholm fortzusetzen, „woselbst er
sich des Pomponne Equipage gebrauchen wird, weil I. E. M. ihm nicht
Zeit lassen wollen, die seinige alhier zu formiren^. Pomponne hat dort,
um allgemach die Schweden auf die französische Seite und aus der Triple-
allianz zu ziehen, Renovation der Allianz von 1661 beantragt, jenes Bünd-
nisses, welches seiner Zeit Terlon abgeschlossen hatte, „als derselbe dahin
geschickt ward, um die Allianz, welche Graf Tott alhier wegen Polen
gemachet, umzustossen^. Vermöge dieser Allianz gab der Französische
Eönig an Schweden jährlich 100000 Rthlr.
Marschall de Grammont ist „wider der Medicorum und aller Leute
Hoffnung wieder zu rechte kommen^.
*) Crockow and PompoDue waren zusammen als Gesandte in Stockholm ge-
wesen.
») 8. S. 23 Anm. 1.
Mater, s. Gesch. d. G. Karfursten. Xlll. 2
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18 I. Zur Vorgeschichte des deutich-französisoheD Krieges. 1671. 1672.
V. Crockow. Relation. Dat Paris 1. October 1671.
[Beabsichtigte Reise des Königs nach Ghalons. Matmassangen Crockows über
das Ziel des Krieges. Personalien.]
1. Oct. Es geht das Gerede von einer beabsichtigten Reise des Königs, im
nächsten Januar, nach Cbalons und Mets. Gr. fürchtet: ^weil um diese
Zeit, nämlich den 19. Januar, das Jahr, welches zum Arbitrio destiniret, zum
Ende, I. K. M. werden Ihre Satisfaction mit ded Waffen suchen. Ob nun
I. K. M. die prätendirte Plätze oder ein Aequivalent nehmen wollen, stehet
dahin/' Dem Ansehen nach dürfte es wol auf das Luxemburger Land an-
gesehen sein. „Dasselbe ist überdies sowol von Holland als der Schweiz
esloigniret und grenzet nur an das Reich, von welchem man alhier dergleichen
geschwinde Resolution, wie in solchen Fällen nöthig, nicht vermuthet.^
de Groot tötlich krank. Er wiegt sich wegen eines Krieges nach wie
vor in Sicherheit. — Ueber gedachte Reise wird Crockow in S. Oermain
morgen das Nähere hören.
Jedennoch halte ich davor, wo etwas obhanden, |: dass es den
Oertern hin gelten werde und nicht gegen Holland, alldieweil man des
de Lion!ne und Fürst von Fürstenbergs Maximen nach Meister
zur See sein müsste. Nun aber wird weder in Frankreich noch in
England dergestalt wie es dazu nöthig zu Wasser armiret. Zvdein
scheint es, dass andere vorhabende Allianzen nicht haben können zum
Stande gebracht werden. Der Reichsrath Björnclou hat mir ofte
gesagt: er hätte in Frankreich bei seiner Ambassade wol penetriret,
das Dessein wäre: das Regnum Austrasiae wieder aufzurichten
uqd die Grenzen bis an den Rhein zu bringen, wohin es
scheinet, dass man allgemach avanciret, und würden die Conquesten
von dem gedachtem Land ein gross Acheminement dazu sein. Sonst
ist auch gesagt, dass man alhier abermal die Election eines Römischen
Königs besorge und solches zu hindern grosse Intriguen vorhabe. :{
Grammen t Reconvalescent. Sein Sohn, Comte de Guiche, „ist
nach erhaltener Permission anhero kommen, Ihrer E. M. zu Fusse gefallen,
aber von Deroselben gar kaltsinnig empfangen worden*'. — Prinz Gond6;,
Turenne, Duc de Bouillon liegen ebenfalls am Fieber krank.
Relation, d. d. Paris 9. October 167L
9. Oct. Mitteilungen über Werbungen. Deutsche Of&ciere. Zwei v. Plotho
suchen Emploj. Lonvois bescheidet sie jedoch, „es wären anitzo alle die
Commissiones , welche den Teutschen Officirern destiniret, bereits ausge-
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Staod der franzoBischen Verhandiao gen mit Schweden. 19
theilet; sollten abermal Werbungen vorgehen, würde man ihrer eingedenk
sein.''
Pläne des Königs. — Streitigkeiten zwischen den Oonyernearen yon
Ath nnd Enghien. — Tnrenne befindet sich etwas besser.
y. Grockow. Relation Dat Paris 16. October 1671.
[Conrtins Krankheit. Vanbran nach Schweden. Werbe- und Armeenachrichten.
Stand der Verhandlnngen mit Schweden. — Tnrenne.]
Mr. Conrtin, der sich für die schwedische Gesandtschaft zn Dün- 16. Oct.
kirchen eingeschifft hatte, ^hat so grossen Stnrm gehabt nnd sich so krank
befunden, dass er sich zu Ostende an Land setzen lassen, yon dannen er
Ihrer E. M. geschrieben , er wäre so schwach, dass er die Reise nicht fort-
setzen können (massen er itzo zn Amiens die Milchkur gebrauchet)^, und
gebeten, Jemand anders an seiner Statt zu schicken. Pomponnes Rück-
kehr wird dadurch verzögert An Marquis de Yaubrun, der bei dem
Marschall deCreqnyin Lothringen ist, ist Ordre ergangen, sogleich ^per
posta nach Schweden zn gehen und daselbst an des Mr. de Pomponne
Stelle so lange zu bleiben, bis L K. M. Jemand anders schicken^. Man
nimmt an, dass Courtin, sobald er genesen, zu Lande folgen soll.
Werbungsnachrichten. Vermutungen über die Abreise des Grafen
Chamilly und sein beabsichtigtes Dessein, vielleicht auf Cöln, yielleicht
auf Rheinberg. Desgleichen Vermutungen über das Commando der Armee:
Oraf Schomberg, Oond6, Tnrenne? |: ^Die Zeitung von der Revolte
in der Türkei hat zwar alhier nicht wenig Nachdenken verursachet nnd
machet man grosse Reflexion darauf. Dem aber ohngeachtet gehet die
Armatur immer fort, und ist meistlich das Geld dazu ausgegeben, ausser
dass noch kein Estat zu der Artillerie gemachet, welches eine grosse An-
stalt erfordert nnd vor diesem dem Könige jährlich sechs Millionen gekostet.
Diejenigen, welche in den französischen A£Pairen erfahren, halten davor,
dass solches allermeist ein gewisses Zeichen des Krieges sei, wenn man
anfängt zu der Artillerie Anstalt zu machen. Jedoch ist auch noch Zeit
genug dazu. Zn Ansrüstung der Flotte wird auch noch keine Anstalt ge-
machet, welches gleichwol wird sein müssen, wenn man Holland bekriegen
will.* :|
Unter die Apparenzen des Krieges ist wol billig zu rechnen das
Empressement, welches man hat, nach Schweden zu schicken und mit
selbiger Krön zu tractiren. Alhier wird vorgegeben, dass nachdem
der Reichsrath Björnclou^) gestorben und H. Steno Bielke durch
Haoptvertreter der franzöBischen Partei im Beichsrathe der Regentschaft
Nach ihm die sogen. Bjornclon'sche Partei.
2*
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20 1- Zar Vorgeschichte des deotsch-französischeo Krieges. 1671. 1672.
Interposition des Grafen Tott mit dem Reichscanzler') versöhnet,
Mr. de Pomponne in seiner Negotiation rettssiret, und dergleichen
Tractat unter ihnen projectiret: dass I. E. M. yon Frankreich der
Eron Schweden jährlich eine Summe Geldes geben, die Eron Schweden
hingegen in Teutschland eine Armee unterhalten und dem Eaiser oder
denen ReichsfÜrsten, welche Ihrer E. M. Feinden assistiren, den Erieg
declariren, immittelst aber und solange I. Eais. M. oder die Ghur- und
Fürsten des Reichs sich nicht moviren, die Eron Schweden neutral
bleiben und dennoch die jährliche Subsidien geniessen solle. Welcher
Tractat dem Vorgeben nach auf dem Schlüsse stehen soll. Ob dem
also und ob nicht vielleicht die Schweden dergleichen Mine machen,
um von der anderen Partei desto mehr Avantage zu erhalten, davon
werden Ew. Ch. D. anderwärts schon gewissere Nachricht haben ^. —
Turenne wird jetzt von I. E. M. oftermals in den Rath gefordert,
welches vor diesem nicht geschehen, daraus man judiciret, dass Eriegs-
consilien müssen obhanden sein.
Relation d. d. Paris. 30. October 1671.
30. Oct. Coartin hat, nachdem er gänzlich genesen, seine Reise nach Schweden
fortgesetzt „Die zwei in der Schweiz geworbenen Regimenter sein unter-
wegens, and hat man annoch Hoffnung, dass die katholische Cantons auch
die Werbungen verstatten werden.**
|: „Der Fürst von Türenne wird jetzt täglich in den Rath gefordert
und hält überdies grosse Conferenzen mit Lonvois.^ : |
Die folgenden Relationen enthalten überwiegend Personalnachricbten
aus der französischen Armee und Verwaltung sowie Mitteilungen über die
Kriegsgerüchte.
Der Kurfürst an v. Crockow. Dat. Coelln a. Sp. 24. October
1671.
[Zweck seiner Gesandtschaft. Hat dem Ronige nochmals vorzustellen, dass er
vom Kriege abstehe oder wenigstens vunächst auf gütlichem Wege Satisfaction
Sache.]
3. Nov. Das Rescript ruft dem Gesandten noch einmal in das Gedächtnis
zurück, dass der vornehmste und fast ausschliessliche Zweck seiner Mission
Bande.
^) Magnus de la Gardie.
^ Vgl. darüber den Abschnitt «Brandenburg und Schweden" im folgenden
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Crockow boll nochmals Satisfaction anbieten. 21
dahin gehe, ^^dieses Ungewitter durch alle dienliche gute Officia abzn-
wenden und den allgemeinen Frieden in der Christenheit zn erhalten^^
Wenn dann anitzo abermal von starken und ungewöhnlichen
Ejriegsrüstungen gewisse Nachricht von dorten einkommt, und man
dabei keine andere Muthmassung insgemein hat, als dass dieselbe auf
eine Ruptur und Krieg wider die Vereinigte Niederländische Pro-
vincien angesehen : als haben Wir der Notbdurft erachtet Euch noch-
malen hiemit gn. zu befehlen, alles nach Anleitung der In-
struction und inzwischen empfangenen Rescripte .... nochmalen aufs
beweglichste zu remonstriren, auch dieses dabei absonderlich vorzu-
stellen, dass .... gerade des Königs Freunde durch dieses Werk in
die höchste Ungelegenheit und Gefahr, ja in die äusserste Ruin ge-
stürzet werden dürften. Wir könnten solchem nach nicht unterlassen,
I. K. M. nochmalen zum fleissigsten zu ersuchen, von allen solchen
Extremitäten und der Ruptur mit den Vereinigten Niederlanden ent-
weder ganz abzustehen oder doch nicht ehender dazu zu resolviren
als bis Sie versuchet, durch gütliche Wege Ihre billigmässige Satis-
faction vom Staat zu erlangen, wozu Wir und andere Ihrer K. M.
Freunde und Alliirte jedesmal Unsere wolgemeinte Ofiicia treulich,
offeriret, auch solche mit aller Macht zu solchem End anzuwenden
nicht ermangeln würden.
Relation d. d. Paris 13. November 1671.
Der König werde nächste Woche wieder nach St. Germain kommen 13. Not.
nnd daselbst anf 100 Compagnien zu Fuss Patente aasteilen lassen. „So
werden anch alle Grenzfe Stangen mit allerhand MoDition und grosser Quan-
tität von Korn überans sehr angefüilet. Aach ist mir von gewisser Hand
▼ersichert, dass die Artillerie zum Feldzage ganz parat and es an nichts
mehr als an den Pferden ermangelte; za deren Einkaufang noch keine
Anstalt gemachet; wie es dann auch noch za zeitig wäre, es möchte dann
sein^ dass man dieselbe noch vor künftiger Campagne gebrauchen wollte.^ —
Mr. de Yiliars ist als Ambassadenr nach Spanien abgereist, angeblich
mit der Ordre, die Krone Spanien zu versichern: „dass I. K. M. mit der*
selben beständige Freundschaft zu pflegen Willens, wann sie nur Ihrer K.
M. Feinden nicht assistirte noch Deroselben Dcsseins contraquarrirete.^
V. Crockow. Relation. Dat. 4./14. November 1671.
[Recapitalirt den Inhalt seiner bisherigen Relationen.]
Er hat das Rescript vom 24. October dnrch die Hamburger Post 14. Nov.
empfangen.
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22 !• Zar Vorgeseliichte des devtach-franBÖBischen Krieges. 1671. 1672.
Demgegenüber terweist t. Crockow auf seine eigenen Berichte, welche
stets meldeten, dass de Lionne ihm „allemal categorice geantwortet,
dass I. K. M. solches Dessein festiglich genommen, mit England darüber
tractiret, nnd dasselbe ezeqniren würden, wenn gleich keiner von den
Tentschen Fürsten mit eintreten wollte; I. E. M. würden anch keine Me*
diation admittiren noch sich dnrch einige Officia oder Interposition da?on
abhalten lassen^'. „Cansas belli'' anlangend, bat Lionne „niemals eine
andere Ursache allegiret als diese, dass die Holländer I. K. M. Glück nnd
Accroissement, so legitime es anch sein könnte, für incompatible hielten
mit ihrer Sicherheit, nnd also I. K. M. Affairen nicht nach der Justiz,
sondern ihrem Interesse zu decidiren sich unterstünden, deshalben anch
die ganze Welt, soviel an ihnen wäre, wider I. K. M. aufzuhetzen sich
bemüheten. Derohalben I. E. M. Sich vorgenommen, sie zu bekriegen und
ihre Puissance zu abaissiren, welche Ihrer E. M. suspect und anderen Po-
tentaten beschwerlich wäre. Solcher Zweck könnte dnrch keine Mediation
und Interposition erreichet werden. . . .^' Desgleichen hat der Eönig selbst
Crockow , „als er die Difficuhät und Gefahr der Sachen exaggerirte", ge-
antwortet: „wenn nnr Ew. Ch. D. mit einträten, wollten Sie die Partei so
sicher machen, dass solches alles verhütet und die Sache in kurzer Zeit
zu Ew. Ch. D. grosser Avautage sollte gethan werden. . . .''
Crockow hat dann anch später noch bei de Lionne, den er seit
▼ergangenem Mai wegen seiner Reise nach Flandern und der „ihm (Lionne)
zugestossenen Krankheit'' wenig gesprochen, von dieser und der Gölnischeu
Sache Instanz gethan. „Er hat mir wegen Holland allzeit idem, wegen
der Stadt Cöln aber geantwortet, dass Chor-Cöln von I. E. M. nichts be-
gehret, und I. E. M. daran nicht gedächten/'
Ueber die fernere Audienz beim Könige (empfangenem Rescript zufolge)
wird er mit nächster Post berichten.
P. 8. [FranzÖBischeB Feldsngsproject Auswärtige Politik.]
|: Das Project ist gewesen, dass der General v. Podewils des
GhurfÜrsten von Cöln und der Graf Schomberg die französische
Armee gegen Holland commandiren sollte. Nachgehends ist es ge-
ändert, und soll der Fürst von Condö daselbst commandiren. Der
Duc d'Enghien unter ihm als General von der Cavallerie wird bei
sich haben den Duc de Luxembourg und Graf Chamilly, welcher
letztere sein Favorit und vorausgesandt, des Churfttrsten von Cöln
Völker (welche er commandiren soll) wie auch die Plätze und Maga-
zine zu besehen und dabei alle Anstalt zu machen. I. E. M. wollen
^ine Armee von 30(XX)M. dorthin schicken. Der Eönig selbst will
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Französisches Feldsugsproject. Krieg gegen Holland unabwendbar. 23
mit 40000 M. in die Spanische Niederlande. Er wird den Fürsten
von Tfirenne bei sich haben.
Man hält davor, I. E. M. werden Holland den Krieg nicht de-
clariren sondern nur als AUiirter vom Churfürsten von Göln und
Mflnster ihnen assistiren, welches eben auf eins auskommen wird;
was die AUiirte betrifft, hält man sich gewiss, dass der König in
England nicht allein I. K. M. Dessein favorisiren und zum wenigsten
neutral bleiben (welches der holländische Ambassadeur gänzlich glaubt)
sondern auch in den Indien Holland bekriegen werde, wie wol auch
England davor halte, dass beide Könige eine Flotte conjunctim
ausmachen werden, um Holland in Europa zu attaquirea, und dass
Frankreich deshalb dem Könige in England sechs Millionen giebt,
welches aber nicht probabel. Doch melden die letztere Briefe aus
England, dass man daselbst armire. Daneben hält man alhier vor
gewiss, mit Assistenz der Malteser-Ritter die Holländer ganz aus der
Mittelläpdischen See zu bringen. Daneben hält man sich versichert,
dass Portugal und Savoyen mit I. K« M. eintreten werden. :|
lieber SchwedeoB Haltung wird die Ankunft des Englischen Gesandten
Gewissheit geben.
V. Crockow. Relation. Dat Paris 10./ 20. November 1671.
Der Spanische Ambassadenr Comte de Molina hat dem Könige von 20. Nov.
England vorgestellt: er möge bei dem Französischen Könige dessen „Gon-
sentement^ in die Yerläogemng des Termines, „so zu Abhandlung der
Streitigkeiten wegen der Dependenzien destiniret^ ^J, erwirken; was der Eng-
lische König versprochen hat. Auch die Königin von Spanien hat einge-
willigt.
Der Krieg gegen Holland gilt für gewiss. Anch der Holländische
Ambassadeur ist jetzt gänzlich der Meinung, „dass I. K. M. nicht nur
per modum auxiliomm sondern aperte mit ihnen brechen werden^. ^
Nachricht von einer Englischen Gesandtschaft nach Spanien (Graf
Sunderland). Spaniens Bezeignng in einigen Punkten gegen Frankreich.
Streitigkeiten zwischen den Franzosen nnd Spaniern an den Grenzen von
B6arn. — Der Spanische König *), „welcher nnnmehro 10 Jahre alt, hat
den Anfang gemacht in den Rath zu gehen*^.
'} Diese Streitigkeiten beziehen sich anf die Dependenzen der, im Aachener
Frieden an Frankreich abgetretenen, zehn spanisch-Diederländiechen Plätze.
'} Karl n geb. November 1661.
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24 !• Znr Vorgeschichte des deutsch- franEosiBcheo Krieges. 1671. 1672.
P. S. Relation. Dat. Paris 20. November ^ 1671.
[Aaf das Rescript vom 24. October. EntgegnuDgeD der französischen Minister.
St. G6ran nach Berlin.]
20. Nov. Gespräche mit Türenne und Louvois. Der Gesandte stellt alles
Yor was zur Abwendang des Krieges dienen kann. Aber sie haben ^mir
beiderseits geantwortet, dass solches nicht zn hoffen noch zn erhalten. I.
K. M. hätten Ihr Desseiu formiret, von welchem Sie nicht abstehen sondern
dasselbe gar gewiss exequiren würden. Was anlangte Ew. Gh. D. offe-
rirte Interposition , wurden I. K. M. diese Offerte mit einem Complimente
beantworten, Sich aber dadurch nicht abhalten lassen Ihre Intention fort-
zusetzen''.
Der letztere, mit welchem ich gar lange und ausführlich hiervon
geredet, sagte, dass Ew. Gh. D. die Officia zu Erhaltung des Friedens
nicht Ihrer E. M. sondern den Holländern leisteten, als deren Wol-
fahrt darauf bestünde, dass dieses Ungewitter quovis modo abge-
wendet würde. Es wäre aber solches einmal unmöglich, L E. M.
wollten Sich revangiren wegen der erlittenen Affronte und Undank-
barkeiten und der Holländer Puissance abaissiren, welches durch
keine gütliche Tractaten noch durch Mediation geschehen könnte. Als
ich ihn fragte, worin dass solche Querelen bestünden, antwortete er
mir, dass sie [die Holländer] an allen Höfen von I. E. M. indigne
gesprochen, Dero Gonduite denigriret. Jedermann wider I. E. M. auf-
zuhetzen sich bemühet, ja neulich den Frieden dadurch gebrochen,
dass sie fast alle Französische Waaren verboten, und ob ich ihm
gleich repliciret, dass solches theils infra Majestatem regiam wäre,
theils durch gütliche Tractaten und Vergleiche könnte gehoben werden,
blieb er dennoch dabei, dass sie gar zu hochmUthig wären und vor-
her etwas müssten gedemüthiget werden. Ich insistirte weiter, dass
wenn man gleich versichert wäre, dass sie auch die allerbilligsten
1^ Fostulate abschlagen, und die Tractaten ganz vergeblich sein würden,
dennoch Ew. Gh. D. die dabei angewandte Mühe Sich nicht würden
leid sein lassen, aldieweil Ihrer E. M. ein so grosser Vortheil daraus
erwachsen würde. Es wären heutigen Tages fast alle Potentaten der-
gestalt gesinnet, dass sie nichts als Frieden und Buhe wünschten, den
Erieg aber und alle daraus besorgende Revolütiones abhorrirten. So
lange nun die Holländer mit einigem Schein der Wahrheit sagen
könnten, dass sie zum Erieg gezwungen und man ihnen weder Zeit
^) Original verschrieben : 30. November.
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EnderkläraDgen der fraDEÖBischen Minister. 25
noch Gelegenheit gelassen denselben durch gütliche Mittel zu evitiren,
hätten sie sich vieler Potentaten Faveur und Assistenz zu getrösten;
wenn ma^ ihnen aber solchen Praetext benehmen und der Welt re-
monstriren könnte, dass sie I. K. M. billige Satisfaction refusiret,
würden alle diejenigen, die den Frieden lieben, entweder sie gänzlich
abandonniren oder sich gar zu I. K. M. schlagen.
Ich stellete ihm daneben der Länge nach vor, wie vielerlei Zer-
rüttungen, Blutvergiessen und Desolutiones widrigen] Falls daraus er-
folgen würden. Er antwortete mir darauf, es wäre^nicht zu befürchten,
dass es zu so grosser Weitläuftigkeit käme, noch, dass so viel Poten-
taten, als ich vermeinete, der Holländer Partei nehmen würden. Was
den Kaiser betreffe, wären I. E. M. erbötig demselben genügsame
Versicherung zu geben, dass Sie wider das Römische Reich, in specie
wider Göln, noch wider Spanien nichts anfangen wollten, ja I. E. M.
würden den Eaiser selbst invitiren zu Garantirung des Aachischen
Friedens, welches I. E. M. bishero nicht zugeben wollen, und daneben
der Erone Spanien offeriren, dass wenn sie Lust hätte die unter ihnen
schwebende Differenzen in der Güte zu heben, L E. M. es so genau
nicht nehmen, sondern gar leidliche Conditiones vorschlagen, und
Spanien mit einem geringen davonkommen würde; gestalt dann L E. M.
zu dem Ende noch ein ganzes Jahr dazu bewilliget. Ebenmässig
wollten L E. M. nicht allein alles dasjenige, was zu Erhaltung des
Friedens im Römischen Reich könnte erdacht werden, approbiren
sondern auch, wenns begehret würde, mit dazu treten. Womit ver-
mnthlich der Eaiser sich contentiren und I. E. M. ausserhalb Reichs
nicht molestiren würde^ wo er nicht L E. M. zwingen wollte andere
Consilia zu nehmen, welche dem Eaiser höchst schädlich sein würden.
Worauf ich replicirte, dass sonder Zweifel das Römische Reich und
die Spanische Niederlande würden müssen mit impliciret werden,
diese wegen der continuirlichen Durchzüge, jenes aber^ weil es sedes
belli sein würde, denn man Holland nirgend anders als auf des Rö-
mischen Reiches Boden attaquiren würde, wobei ich ihm repräsentirte die
Ruin, welche Ew. Ch. D. Lande vor anderen davor zu gewarten hätten.
Er antwortete mir, man wäre befugt seinen Feind zu suchen, wo man
ihn fände, im übrigen würde man solche Inconvenientien durch gute
Ordre und Disciplin verhüten. Es würde zwar dennoch so genau nicht
hergehen, weil aber solches inevitabel, würden die Reichsfürsten besser
thun es mit dem zu halten, welcher ihnen ihre Plätze wiedergeben
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26 I- Zur Vorgeschichte des dentsch-fraDSÖpIschen Krieges. 1671. 1672.
wollte, als mit denjenigen, welche ihnen dieselbe vorenthielten. I. E. M.
wflrden sich gar gern dahin obligiren, dass Sie nicht Friede machen
wollten, ehe Ew. Gh. D. desdommagiret and völlig contentiret wären.
Wegen der Schweden fragte er mich, ob ich davorhielte, dass sie
etwas dabei thun könnten, darauf ich antwortete, dass sie von sich
selber wenig oder nichts zu thun vermöchten, wenn aber Holland Geld
gäbe, und der Kaiser ihnen Werbungen gestattete; könnten sie nebst
dem Kaiser und einigen Reichsfttrsten, welche demselben adhaerirten,
eine starke Partei formiren. Er wandte dawider ein, dass solches
alles in der ersten Gampagne nicht zu bef drehten, die Holländische
Völker aber, insonderheit die Cavallerie, schlecht bestellet wären. Ich
antwortete ihm darauf, ich gestünde solches beides, und würden sonder
Zweifel die Holländische, wie sie in allen Kriegen zu thun pflegten,
im Anfang den kürzeren ziehen. Ich liesse ihn aber judiciren, ob
man mit ihnen in einer Gampagne würde können fertig werden: sie
würden ihre Frontiöre-Plätze mit Volk, Munition und allem, was
menschliche Vernunft ersinnen könnte, besetzen und es darauf an-
kommen lassen, dass sie im ersten Sommer zwei oder drei Plätze
verlören. Er wüsste aber wol, und der Krieg mit England hätte es
gewiesen, was sie vor Ressource hätten wegen Situation des Landes,
ihres grossen Reichthums und der Humeur der Unterthanen, bei
welchen die Liebe der Freiheit und des Vaterlandes so tief einge-
wurzelt wäre, dass sie im Nothfall alles hergeben würden. Wenn
nun dazukäme die Faveur so vieler Potentaten, welche sich bei ihrer
Gonservation interessirten, liesse ich ihn judiciren, was man von der
Suite dieses Krieges zu vermuthen, wobei ich auch anführete, dass
das erste Jahr nicht allein die Magazine, sondern auch die Länder
würden consumiret werden, Holland aber könnte daran niemalen
Mangel haben. Er antwortete darauf, I. K. M. würden die andere
Gampagne Frieden machen. Ich antwortete, wenn die Sachen der-
gestalt brouilliret, und so vieler AUiirten Interesse darin mesliret,
würde solches vielleicht schwer sein. Ich fragte ihn, ob I. K. M.
der Krone England genugsam versichert wären, er antwortete mir
nicht eben mit der Asseurance als Lionne zu thun pflegte, sondern
dergestalt: I. K. M. hätten deshalben solche Sicherheit, als man in
menschlichen Sachen haben könnte. Sie hätten des Königs Parole,
wären seiner Intention versichert. Er hätte das Parlament prorogiret,
um freie Hände zu haben; zudem wäre er aufs neue verbittert, weil
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EnderlclaniDgeD der Minister. St. O^ran nach Berlin. 27
die Holländer überall ungleiche und schädliche Rumores aussprengeten
(unter andern: er wäre katholisch), und dass sie neulich nicht streichen
wollten. Der König in Frankreich könnte ihm Geld geben die Flotte
auszurüsten, es würde um vier oder fünf Millionen zu thun sein.
Nachdem ich ihm darauf eins und das andere geantwortet, sagte er
mir, man müsste nicht glauben, dass I. E. M. im Komischen Reich
ohne Freunde wären, Sie hätten vielleicht mehr, als man nicht ver-
meinete. Ich vermerkete wol, dass er von Hannover redete, und ant-
wortete ihm, es könnte wol sein, dass einer oder der andere die Neu-
tralität versprochen, aber das Haupt der Familie ftthrete andere Gon-
silia, zum wenigsten hielte Holland sich desselben versichert. Er
antwortete, wenn Ew. Ch. D. nur mit I. E. M. wären, würde derselbe
Sich nicht separiren, und wenn der Eönig marchirete mit 100 Tau-
send Mann, würde man schon davor halten, dass seine l^artei gut wäre.
Schliesslich blieb er bei der vorher referirten Antwort. Sie ver-
sprachen mir aber beiderseits, mir bei I. E. M. Audienz zu verschaffen,
begehrten nur, dass ich mich zwei oder drei Tage gedulden möchte,
weil I. E. M. heute nach St. Germain kommen werden, woselbst ich
mich morgen einfinden will. — Sonst wird der Comte de Saint
Gör an mit dem allerersten von I. E. M. an Ew. Ch. D. abgeschicket
werden. Beide obgedachte Ministri haben mir gesaget, die Ursache
dieser Abschickung sei, dass I. E. M. Nachricht bekommen, welcher
Gestalt die Holländer Eurer Ch. D. Restitution der Plätze und Sub-
sidien offerireten und würde derselbe Ewrer Ch. D. genügsame
Satisfaetion geben und auf alle Casus instruiret sein, es sei dass
Ew. Ch. D. Ihrer E. M. Partei nehmen oder neutral bleiben wollen.
Ged. Graf ist noch ein junger Cavalier und bishero nicht gebrauchet
worden, ist aber sonst bei Hofe gar wol aestimiret — Beide obged.
Ministri haben mich gebeten, sie bei Ew. Ch. D. bestermassen zu re-
commandiren, wie ich denn des letztern Civilität zu rühmen grosse
Ursach habe.
„Sonaten gehen die Kriegspraeparatoria noch immer fort nnd wird noch
stets davor gehalten, dass der Fürst von Cond6 die Arm6e gegen Hol-
land commandiren, I. E. M. aber mit einer andern Arm6e zwischen Ath,
Marienburg, Philippeville nnd Cbarleroi Sich setzen werden, entweder nm
den Fürsten von Cond6 zu secondiren oder Mastricht anzngreifen oder
auch die Niederlande zn attaquiren, wenn sich Spanien en faveur von
Holland regen sollte.''
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28 !• Zur Vorgeschichte de« dentsch-fniDEÖsiBcben Krieges. 1671. 1672.
V. Crockow. Relation. Dat Paria 17./27. Nov. 1671.
[St. G^rao. Persönlichkeiten. Werbe- and Festnngsnachrichten. Laaznns Ver-
haftung. Trannng von Monsieur und Madame.]
27. Nov. Der Comte de Saint 66ran wird künftige Woche von hier ab-
reisen und seinen Weg über Metz und Frankfurt nehmen. Er hat
den Gbaracter von Enyoy6 extraordinaire, ist sonst bis dato noch in
keinen Negotiationen gebrauchet, ausser dass er in England und nach
Florenz geschicket worden, daselbst einige Complimenten abzulegen.
Er ist Obrister von dem Regiment d*Anjou, welches vor ?5wei Jahren
gerichtet worden und noch denselben Namen behält, obgleich der
Duc d'Anjou gestorben, wie denn I. E. M. neulich zu gedachtem
Obristen und einigen Officirern gesaget, sie würden bald einen Herrn
bekommen, weil I. M. die Königin schwanger. Es bestehet izt das-
selbe Regiment in 72 Gompagnien. Es ist gedachter Graf ein naher
Verwandter von dem Maröchal de Belle fonds und von sehr vor-
nehmem Hause.
Die Kriegspraeparatoria gehen noch immer einen Weg als den
andern fort. I. K. M. haben einen l^tat gemachet von den Unkosten,
so zu künftiger Gampagne erfordert werden, auf 30 Millionen, welche
Mr. Golbert Ordre hat aufzubringen, worüber er sich mit Mr. de Lou-
vois ziemlich brouilliret^ und hat es darauf gestanden, dass Golbert
in Ungnade gekommen wäre. Es ist aber alles .wieder gehoben und
beigeleget.
Die Werbungen in Italien und in Portugal sind eingestellt.
Zu der Artillerie wird auch Anstalt gemachet, und sein bereits
25 halbe Gartaunen von Breisach nach Philippsburg gebracht, welche,
wie man davor hält, weiter den Rhein hinunter nach Bonn sollen ge-
schicket werden. Ebenmässig werden zu Metz und Philippeville starke
Praeparatoria dazu gemachet. Die neugeworbene Schweizer und das
Italienische Regiment des Magalotti sein bereits in Frankreich au-
kommen wie auch das Teutsche Regiment zu Pferde des jungen
Grafen Schombergs, mit dessen Montirung man nicht allerdings
content ist, und werden dieEönigsmarkischen, welche bereits nach
dem Elsass zugangen, viel mehr gerühmet. Die Werbungen gehen
überaus wol von statten, die Gompagnien sein auf die bestimmte
Zeit parat, und sein alles gute Leute, mit welchen man wol zufrieden.
Man sagt, dass im künftigen Januario noch eine Werbung geschehen
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ArmeeDachnchteD. Empfang der Herzogin tod Orleans. 29
soll. — Sonst höret man noch nicht von einer extraordinairen Ar-
matur zur See, aasser dass ein Gonseil de Marine gehalten worden.
Es sein unterschiedene Gonstables und Officirer von der Artillerie
nach Bonn gescbioket, und wird mit Aufrichtung der Magazine in den
Grenzfestungen stark fortgefahren. Die alten Truppen, welche in den
Festangen in Flandern gestanden, haben Ordre nach den Frontiören von
lAigej nach Charleroi, Philippeville, Sedan und den Örter zu marchiren,
und werden die neugeworbenen an ihre Stelle wieder hineingeleget.
„Vorgestern Abends gar späte haben I. K. M. den Comte de Lau-
znn zu St. Germain auf dem Schlosse in seinem Zimmer durch den Mar-
quis de Roche fort in Arrest, aach seine Schriften in Verwahrang nehmen
lassen, welcher denselben dem Monsieur d'Art.agnan überliefert, der ihn
nach Lyon an Cbateau de Pore Ancbise bringen soll. Die Ursache ist
noch unbekannt, |: man hält aber davor, dass der Graf Lau zun ohnge-
achtet I. K. M. Verbot nnd der Gnade , welche I. E. M. in der Conside-
ration nnd mit dem ßeding, dass er davon abstehen sollte, ihm erwiesen,
die Heirat mit der Mademoiselle de Monpensier vollenzogen und
sich mit ihr im geheimen tränen lassen, ihr anch eine Donation aller ihrer
Güter abgescbwätzet. :|"
Den 11. /21. dieses ist die neue Madame^) zu Chalons ange-
') Elisabeth Charlotte, die Tochter des KnrfureteD Karl Ludwig von
dor Pfalz (geb. 27. Mai 1052). üeber diese „Eurpfälzische Heirat*' finden sich
schon vorher folgende bemerkenswerte Stellen, die um des wichtigen Gegen-
standes willen hier im Zusammenhange Platz finden mögen.
Relation d. d. Paris ll.y21. Angnst 1671: |: „Bei Hofe wird für gewiss
ausgegeben, dass die Heirat zwischen Monsienr nnd der Chnr-Princessin
za Pfalz ganz richtig nnd geschlossen, dass die Princessin die Religion chan-
giren, nnd der Erzbischof von Paris oder der von Toulouse nacher Heidelberg
gehen solle, um sie zu instrniren, dass anch I. K. M. den Mar^chal du Plessis-
Praslin an S. Ch. D. schicken wurden, um die Werbung zu thun." Der Kur-
fürst, 8o versichert der Pfalzische Resident (Pawel von Rammingen), wisse
von alledem nicht das Geringste „Einige meinen zwar, dass es Ihrer E.
M. selbst nicht Ernst sei, und dass Sie nur allein dadurch gesucht, die Heirat
zwiechen ged. Princessin und dem Duc d'York zu hindern, weil Sie willens,
dem Duc d*York die unlängst verwittibte Herzo|gin de Guise zu geben.' :|
Relation d. d. Paris 16. October 1671. .Den 8. dieses ist die Heirat
zwischen Monsieur und der Chnr-Princessin von Heidelberg *) allhier in dem
Hostel der Princ.esse Palatino (Anna Gonzaga, Wittwe des Pfalzgrafen
Eduard, Schwägerin des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz) in Gegen-
wart derselben wie auch Monsieur und der beiden Ministres Le Tel Her und
Colbert geschlossen und die Articul der Heiratspacten abgefasset worden, und
ist der Marquis de B6thnne nach Heidelberg geschicket, damit dieselbe alda
▼on S. Ch. D. und der Princesse« unterschrieben werden. Die Conditionen sind
*) Zur Sache vgl. Ed. Bodemann Briefwechsel der Herzogin Sophie von
Hannover mit dem Kurfürsten von der Pfalz (1885) Biol. S. XV fgg.
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30 I- Zur Vorgeschichte des deutsch- fraocosiBcheo Krieges. 1671. 1672.
langet und selbigen Tag mit dem Monsieur vertrauet worden. Den
andern Morgen ist der Duc de St. Aignan daselbst per posta an-
aber dieselbe , welche bei den Heiraten der. verstorbenen Madame wie auch der
Madame Donaridre beliebet worden. | : Der Estat hat bei dieser Occasion vor
sich keine Avantage stipuliret noch erhalten, weil I. E. M. protestiret, dass Sie
die Estatsaffairen hierin nicht mesliren wollten. :{ Die Princesse Palatino ist
vorgestern von hier nacher Strassburg abgereiset, wohin der Abrede gemäss
I. Oh. D. zu Pfalz nebst dem Charprinzen und dessen Gemalin die Ohur-Prin-
cessin begleiten werden. Von dannen wird die Princesse Palatino sie nach
Metz bringen, woselbst sie die Religion changiren und von dem Maröchal da
Plessis-Praslin par procuration wird getrauet werden. Monsieur wird sie zu.
Cbalons empfangen und daselbst die Heirat vollziehen, nachgehends sie nach
Villers Oosterests führen, wohin IL KK. MM. auch kommen werden. Die Prin-
cesse Palatino hat das ganze Werk dirigiret, und ist nicht einmal
die Formalität dabei gebrauchet, dasa Monsieur Jemand an I. Ch.
D. geschicket, um die Werbung zu thun.*
Belation d. d. Paris 13/23. October 1671: Da die Königin schwanger
ist, wird sie sich nicht an dem Empfange in Villers Costerets beteiligeo.
.Sonsten werden allerhand Präparatoria zn Balleten und Comedien gemacht, um
die künftige Madame zu regaliren. Monsieur wird den 7. Novbr. von hier
nach Ohalons aufbrechen ""
Relation d. d. Paris 30. October 1671: .Die Vollenziehnng der Heirat
und die Reise des Monsieur ist dadurch in etwas aufgeschoben, dass die
Princesse Palatino einen Courier anhero geschicket und berichtet, dass 8.
Ch. D. zu Pfalz Deroselben geschrieben: Sie könnten nicht sobald von Heidel-
berg aufbrechen als Sie vermeinet, welches man muthmasset, es sei deshalboD
geschehen, weil S. Ch. D. vorher die Ratification der Heiratsarticuln erwarten
wollen; weshalben Monsieur den Mar^chal du Plessis-Praslin, welcher
bei Arrivirung des Couriers abgereiset gewesen, wieder zurück berufen, wodurch
zu allerhand Gerüchten Anlass gegeben worden. Es ist aber ged. Mar^chal den
27. dieses wieder von hier abgereiset, und wird die Sache vorbereitetermaesen
ihren Fortgang haben " Der König wird allein nach Villers Oosterets
reisen» daselbst aber nicht länger als eine Nacht verbleiben.
Relationjd. d. Paris 6. November 1671. Der König hat das Hubertus-
fest zu Versailles seiner Gewohnheit nach mit Jagden begangen, wird aber
in wenig Tagen wieder nach St. Germain kommen. Monsieur praparirt sich
zu seiner Reise nach Ohalons, wohin er am 10. aufbrechen will. .Man erwartet
taglich einen Courier von Heidelberg, welcher die Heiraths-Puncten von 8. Ch.
D. unterschrieben mitbringen soll.*
Relation d. d. Paris 13. November 1671. Der Hof ist stets zn Ver-
sailles gewesen , „woselbst nichts Remarquables passiret, als 'dass I. K. M. und
alle die Princes du sang den Heiratscontract zwischen Monsieur und der Prin-
cesse von Heidelberg unterschrieben, wobei der Pfälzische Resident gewesen und
ebenmassig den Oontract procuratorio nomine unterschrieben. S. Oh. D. lu
Pfalz haben begehret, dass zwei Ezemplarien sollten verfertiget werden, da-
von I. K. M. eins und S. Ch. D. das andere behielten, wie es in anderen Trac-
taten gebrauchlich. Endlich haben Sie Sich mit einer von zweien Secretairea
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Knrpfölzische Heirat. Eatscheidang des Kooigs gegen Holland. 31
gelanget und hat wegen I. E. M. ihnen Glflck gewflnscht. Folgends
hat sie Monsieur nach Villers Costerets gebracht. I. E. M. werden
morgen Sonnabends dahin gehen und Montags wiederum zurück nach
St. Germain kommen, wohin Monsieur und Madame sich auch kurz
darauf begeben, unterwegen aber von dem Prince de Condö zu
ChantiUy gar stattlich sollen regaliret werden.
P. S. Relation. Dat. Paris 17./27. November 1671.
[Letzte Entscheidang dee Königs und der Minister]
Am 21. nochmals mit Loavois and Tarenne Rücksprache ge- 27. Nov.
nommen. Am 22. Audienz beim Könige, deren Wortlant Cr. „zu seiner
Justification'S weil Ef. ihm „die Sache so hoch und so hart anbefohlen^',
berichtet. Grnndthema derselben im Munde des Königs: ,,Messieurs les
Hollandois traittent tont le monde d'uue maniöre que je ne crois pas qu'il
y alt beaucoup de Princes qni avent lien d'estre satisfaits d'eux et je ne
pause pas que Mr. TEIecteur ajt sujet de Testre. Pour moy ils ont vonlu
tellement marcher de pair avec moy qu'ii n'y a pas moyen de le souffrir
davantage , et je feray 8i bien mon party que toutes les autres puissances
▼erront aisöment que I*un des partis est plus fort que Tautre, et
Mr. TEIecteur trouvera avec moy, s'il veut, tdus les avantages.dn monde.
Vous pouvez asseurer M. l'Electeur que c'est une affaire oü il n'y a point
de remdde Je connois trop la prudence de Mr. TElecteur pour
croire qn'il se pr6cipite & prendre le parti des gents qui sont 4 la veille
d'une semblable affaire.^' Hinterher bestätigen Louvois und Türen ne
des Königs Worte. Alles gipfelt in dem Satze : die Puissance der Holländer
müsse abaissiret werden. . . . „Woraus leicht zu ermessen, dass Ewrer
Gh. D. so heilsame Intention vor dieses Mal nicht wird zu erhalten noch
der Krieg auf solche Manier abzuwenden sein.''
„|: Es sein zwar ihrer Viel in der Meinung, man werde desselben alhier
bald müde werden, weil I. K. M. noch immerhin Ihr Plaisir sehr lieben und
den Bau bei währendem Kriege wollen fortgesetzt haben, weil auch das
Geld bald mangeln wird, znmalen ganz kein Credit ist, welches man mit
der Zeit erwarten müsse :|" Die Hofifnung auf Ruptur des Kf. mit Holland
scheint sich, Crockow weiss nicht auf Grund welcher Gorrespondenzen, hier
zu verlieren. Die Negotiation St. G6rans') werde wol nur auf Neutra-
lität gerichtet sein.
d'estat beglaubigten Abschrift contentiret, nachdem Ihrer D. remonstriret worden,
dass es bei den Heiraten der Fürsten von Geblüt in Frankreich also gehalten
wird. L K. M. haben Monsieur 60000 Rthlr. zu seiner Mnndirung geschenket"
Die weiteren EmpfangsDachriohten finden sich im Texte der folgenden Relationen
an den bezogliehen Stellen.
Wohin sie zielte, s. Einleitung S. 10.
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32 I- Zar Vorgeschichte dee dentech-franzoBiecheo Krieges. 1671. 1672.
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 4. December 1671.
[HofDachrichten. Begrussnogsfeierlichkeiten für die Prinzessio von Orl^aos. —
St. G^ran. Lanzan iDhaftirt. Gründe dafür.]
4. Dec. Der König am 28. in Villers Costerests, Tags darauf nach St. Ger-
main zurück. Den 30. brechen Madame nnd Monsieur nach Chantilly auf.
Vom Prinzen von Cond6 daselbst fetirt. Tags darauf in St. Germain.
I. E. M. fuhren hinunter, die Madame, welche in ihrem Appar-
tement au Ghasteau neuf abgetreten, zu besuchen, führeten dieselbe
hinauf auf die Residenz und praesentirten sie Ihrer M. der Königin,
welche der Madame entgegen kam jusques au bord de TEstrade
und dieselbe mit Bezeugung grosser Tendresse empfing und sie küsste.
Nachdem I. K. M. dieselbe im stehen und nachgehends im sitzen eine
Weile entreteniret, fingen sie an zu spielen. Folgenden Tages wurde
das so genannte Ballet des Ballets, so von allen Balletten, welche
seit 4 oder 5 Jahren getanzet worden, zusammengesetzet, nebst einer
stattlichen Musicque praesentiret, und soll morgen ein Ball gehalten
werden. I. M. der König thun der Madame sehr grosse Ehre an
und haben Deroselben albereits ein Kleinod von 20 Tausend Reichs-
thalern geschenket. Monsieur ist auch überaus satisfait, und Jeder-
mann rühmet die Madame wegen ihrer Güte und Civilität. Man
findet sie schöner, als man nicht gemeinet. Sie redet ziemlich gut
französisch, tanzet wol, und obwol ihr Wesen nicht allerdings fran-
zösisch ist, so excusiret maus doch damit, dass es ohne Afi*ection und
ohne Hofi'art ist.
Sonsten habe ich Tu renne zn St Germain gesprochen, aber von
ihm, wie auch sonsten bei Hofe nicht anders vernehmen können, als
dass die bewusste Sache ihren Gang fortgehet Der Gomte de
St G6ran wird künftige Woche von hier abreisen, aber weil er
seinem Vennuthen nach gegen die künftige Campagne wiederkommen
wird, keine Equipage mitnehmen.
„Mr. d'Artagnan, welcher den Comte de Lauznn von hier weg*
geführet, hat verschlossene Ordre bei sich gehabt, die er nicht eher als zn
Lyon eröffnen sollen. Man hält davor, dass ihm anbefohlen , den Comte
de Lau zun nach Pignerol oder nach dem Chfttean d'If nahe bei Marseille
zn bringen. Man hat mit der Zeit gesehen, dass die Ursache seiner Dis-
grace nicht diejenige ist, welche anfangs gemuthmasset , wie ich in meinem
letzteren nnterth. gemeldet, man kann auch dieselbe nicht eigentlich wissen;
die meisten halten davor, es komme daher, dass ged. Graf deshalben sehr
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Kriegsvorbereitongen. St. G^raD. 33
nngedaldig gewesen, weil er sich bemühet „die Mar^chale de Cr^qny
an der verstorbenen Madame de Montausier Stelle zu bringen, und
darin nicht reüssiren können, massen I. E. M. dieselbe der Duchesse de
Richelieu conferiret, weshalben ged. Graf gegen die Madame de Mon-
tespan sehr harte ^orte soll gebrauchet haben, wiewol kein Mensch die
eigentliche Gewissheit davon wissen kann/*
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 11. December 1671.
[KriegsvorbereitoDgen. Rriegsrat in Aussicht. St. G^rao ohne Eqnipage ab-
gereist. — Bestätigung der Panlette.]
.... Inmittelst gehen die vorherberiehtete Kriegspräparatoria 11. Dec.
noch immer fort, und werden noch täglich Patenta ausgegeben. So
wird auch Ihrer K. M. Reise nach Champagne und Picardie zu Mu-
sterung der Truppen noch vorsieh gehen, und Mr. de Louvois wird
im Januar alle die Festungen in Flandern und auf der Grenze gegen die
Spanischen Niederlande visitiren und die Garnisons, Zeughäuser und
Magazine besichtigen. Der Holländische Ambassadeur machet
sich zwar abermalen Hoffnung, die Sache in der Güte und durch Sub-
missiones zu heben, er saget sogar, es sei ihm von vornehmem Ort
an die Hand gegeben; so wären auch die Staaten General parat,
den Anfang zu machen und die Sache dergestalt zu dirigiren, wie es
I. K. M. hoher Respect erfordert. Weshalben er, sobald es seine
Leibesdisposition leidet, eine Audienz begehren will, von welcher er
sich glücklichen Success promittiret. Weil er aber oft übel infor-
miret und in seinen Sentimenten sehr variabel ist, fürchte ich, es sei
darauf kein Estat zu machen, sondern wollte ehe glauben, | : dass man
ihm solche Hoffnung machet, um die General- Staaten zu endor-
miren. :|
In dem Hotel de Gond6 sagt man itzo öffentlich, dass der Prinz
von Condö eine Arm^e und der Duc d'Enghien unter ihm die
Cavallerie commandiren werde. Es ist auch diese Woche ein Conseil
de guerre gehalten, wobei Mr. de Turenne und der Prince de
Cond6 sich befunden. Künftige Woche soll abermal ein Kriegsrath
gehalten werden. I. K. M. sein anitzo zu Versailles, wohin sich
Monsieur und Madame, welche diese Woche alhier gewesen,
morgen auch begeben werden. — Der Comte de St. G6ran^) ist
») Vgl. Einleitung S. 11.
Mater, s. Gescb. d. G. Kurfürsten. XIII.
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34 I* Zur Yorgeflchicbte des deatsch-fraozösiBchen Krieges. 1671. 1672.
vergangenen Dienstag von hier abgereiset, nimmt seinen Weg über
Metz und Frankfurt a. M. ^Er bat keine Equipage mitgenommen, weil
er vermeinet nicht lange bei Ew. Ch. D. Hofe zu verbleiben, sondern gegen
künftige Campagne wieder alhier zu sein.**
P. S. „I. K. M. haben die Panlette (welches ein Privilegium ist, ver-
möge dessen die Conseillers de Parlement und andere Officiers de robe ihre
Chargen erblich haben, vermittelst einer gewissen Summe Geldes, so sie
Ihrer M. jährlich bezahlen) aufs neue auf drei Jahr confirmiret. Männiglich
hatte davor gehalten, dass I. R. M. solches extinguiren würden, wodurch
I. K. M. die Freiheit würden gehabt haben, die Chargen, wnnn sie vacant,
zu verkaufen und ein grosses Geld daraus zu machen. Da es aber nicht
geschehen, judiciret man daraus, dass I. K. M. den Krieg resolviret und
deshalben nicht so viele Malcontenten machen wollen, welches durch Auf-
hebung des gedachten Privilegii geschehen wäre."
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 8./ 18. December 1671.
[ProviautliefernDg. Sunderlands Spanische Gesandtschaft. Kriegsaussichten und
FersonalDachrichten. Agent Heiss. Der Staatische Gesandte verspricht sich
von seinen Vorstellungen eine Wirkung auf den Gang der franzosischen Ent-
schlüsse.]
18. Dec. Herbeischaffung des Proviantes. Die Fermiers des quatre grosses
fermes haben denselben nach den Grenzfestungen wie Philippeville, Marien-
bonrg, Ath etc. zu liefern übernommen: 75000 settiers^) Korn, le settier 4
9 fl. französisch. „Von einer solchen Mass werden 180 Rationen Brot ge-
backen, dergestalt dass I. K. M. vor 9 FI. täglich 180, oder vor 1 Reichs-
thaler 60 Soldaten unterhalten, deren ein jeder I. K. M. täglich nicht mehr
als einen Sou kostet, davon 60 auf einen Reichsthaler gehen. Ebenmässig
ist auch mit anderen Eaufleuten wegen Kraut und Loth gehandelt worden.''
Beabsichtigte Truppenrevue. Die vier Schweizerregimenter, jedes zu
2000 M., werden dabei sein. Desgleichen die Irländer und Schotten.
Der Graf von Sunderia nd^) ist hier einige Tage zu S. Germain gewesen,
um wegen seiner Negotiation in Spanien mit I. K. M. völlige Abrede zu
nehmen. Man sagt bei Hofe, „er gehe dahin, um zu verhindern, dass der
König in Spanien die Staaten General nicht assistire, und demselben
des Königs in England Guarantie zu offeriren. Man erwartet täglich
zu vernehmen, ob die Spanier die Dilation der Entscheidung der mit I. K.
M. annoch habenden Streitigkeiten acceptiret, und wessen sie sich darauf
erkläret."
|: Sonst promittiret man sich alhier ganz gewiss, dass der Bischof
von Münster mit der Partei sein werde, und sagt man, dass der
Verjus deshalben so schleunig dahin gereiset, um solches zur Rieh-
1} Altes franzosisches Hohlmass.
») Vgl. oben S. 23.
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Armee- und Flotteonachrichten. 35
tigkeit zu befördern. Auch hoflfet raan noch den Herzog von Han-
nover mit OflFerirung grosser Advantagen zu gewinnen. :]
Diesem allem, was obgedacht, ohngeachtet, war der Hollän-
dische Ambassadeur noch vor drei Tagen in der Meinung, dass
es nicht zum Kriege kommen würde, worinnen ich fürchte, dass er
sich gar sehr wird betrogen finden. Er war damalen Willens bei I.
K. M. Audienz zu begehren, welches dadurch beschleuniget worden,
dass er vorgestern einen Courier aus Holland bekommen. Selbiger
hat ein Schreiben von den Staaten General an I. K. M. und zu-
gleich dem Ambassadeur Ordre mitgebracht, bei dessen Ueberliefe-
rung I. K. M. alle billige Satisfaction zu oflferiren, dafern solches an-
genommen wird, in Negotiation zu treten, widrigen Falls aber von
hier abzureisen. Aller Apparenz nach sein alle menschliche Mittel
umsonst dieses Unglück abzuwenden. Man machet anitzo nicht mehr
ein Geheimnis davon, Jedermann redet bei Hofe öffentlich davon, die
Allervornehmsten sowol als die Andern.
;: Wegen der Stadt Cöln versicherte mich Tu renne gar hoch,
dass I. K. M. nichts mehr verlangten, als die Sache in der Güte bei-
zulegen. — Man sagt bei Hofe, dass der König in England 60
und der König in Frankreich 40 Kriegsschiffe ausrüsten würde.
Der Graf d'Eströes werde die Französische, der Duc d'York oder
Pfalzgraf Ruprecht die Englische Flotte commandiren; der Fran-
zösische Admirnl aber dem Engländischen allezeit pariren, und wäre
deshalben alles abgethan und ajustiret. Es wäre auch in den Hafen
alles parat dazu, dergestalt, dass die Flotte in kurzem könnte equi-
piret werden. : j Gewiss ist es, dass sechs grosse Schiffe aus der Mittel-
ländischen See in den Oceanum passiven, um sich mit der Flotte, so
dieser Seits sich befindet, zu conjungiren.
Mr. de Louvois hat neulich den Mainz- und Trierischen Agenten
Herrn Heiss^) nacher Deutschland abgefertigt; wie mir glaubhaft
berichtet, hat er Ordre, bei gedachtem Chur- und anderen benach-
^) Schreiben der Generalstaaten d. d. Haag 10. December 1671 bei Migoet
N^gociatioDS IH, G57. Sie entscbuldigten ihre Rüstungen und erboten sich, in
Ausführang des französisch -holländischen Tractats von 1602 dem Konige in
Bezog auf Handel und Schifffahrt jede billigerweise zu beanspruchende Satis-
faction zu geben. Vgl. S. 44.
^ Vgl. den Bericht von Marenholtz d. d. Würzburg 7. März 1672 unten
(Abteilung 3) in den Correspondenzen mit Rurmainz.
3*
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36 I* Zur Vorgeschichte des deutsch-franzosiscben Krieges. 1671. 1672.
harten Reichsfürsten einen freien Transitum vor die Französische
Völker, Artillerie und andere Kriegsprovision zu begehren.
„Die Antwort, welche der Holländische Ambassadeur bekommen
wird, wird ihn sonder Zweifel desabusiren. Er hat mir gesaget, er wollte
Ihrer K. M. repräsentiren, dass der König in England den General-
Staaten Mediation und Assistenz offerirete, und also nothwendig entweder
mit ihnen oder mit I. K. M. es nicht recht meinete. Es stünde bei den
Staaten-General, den König in England dadurch zu gewinnen und auf
ihre Seite zu bringen, ^ass sie dem Prinzen von Oranien das Com-
mandement der Arm6e gäben, womit sieb der König in England con-
tentiren würde. Derselben Intention ginge dahin, den Prinzen von Ora-
nien so considerabel in Holland zu machen und ihm so grosse Autorität
zu Wege zu bringen, dass Holland ins künftige sich nicht mehr von Eng-
land zu separiren noch mit I. K. M. zu verbinden vermöchte. Er vermeinet,
solche Considerationes nebst den Submissionen, welche er zu offeriren
willens, würden capabel sein, I. K. M. Dessein zu changlren. Ich halte
davor, sie werden nicht die geringste Impression thun, und befürchte des-
gleichen von allem demjenigen, das er mit letzterm Courier mag bekommen
haben." Was Crockow zur Sicherstellung der Kurfürstlichen Lande zu ne-
gotiiren habe, für den Fall, dass der Krieg nicht mehr zu verhüten sei?
Weil die letzte Ordre ') „ziemlich general, auch die Zeiten sich seitdem ge-
ändert", bittet er um Instruction.
P. S. Louvois sagt, es befremde I. K. M., dass Kf. zu Bonn eine
derartige Declaration gethan; durch dieselbe würde der König nun wol
genötigt werden, dem Kurfürsten von Cöln „mit dem ehesten so viel
Mannschaft zu schicken, dass Niemand denselben weder mit Worten noch
mit Werken gefahren könnte". Die Berechtigung dieser Proposition Blas-
peils') wird von Crockow befürwortet, ihr Inhalt in der entsprechenden
Weise gedeutet. Louvois meint, Blaspeil habe wol seine Ordre überschritten,
und bittet in des Königs Namen, Kf. möge ihn (Blaspeil) anweisen, „dass
er sich ins künftige in seinem Vorbringen moderiren möchte'^. Der neue
dänische Envoy^ extraordinaire Graf Rantzau hatte gestern seine erste
Audienz beim Könige, bei dem Dauphin und der kleinen Madame. Des-
gleichen der Syndicus der Stadt Strassburg Fritsch beim Könige.
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 25. December 1671.
[Officieller Boscheid an den HolländiBchen Gesandten. Beabsichtigter Aufbruch
des Königs und eventuelle nächste Ziele. — General v. Podewils. — Für die
Flotten geschieht noch wenig. — Gratulationsbesuch bei Monsieur und Madame.]
25. Dec. Als der Holländische Ambassadeur, wie ich in meinem
») Rescript des Kf. d. d. 3. November 1671 oben S. 20.
^ Durch Blas peil abgelegt zu Bonn vom 26. November 1671. Das Acten-
stuck selbst von Blaspeil mit Bericht d. d. Coln a. Rh. 1. December 1671 (unten
in Abteilung 2) nach Berlin gesendet.
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Bescheid an d. holl. Gesandten. Des KoDigs beabsicht. Rei8# n. Chalons. 37
letztern unterth. berichtet, bei I. K. M. um Audienz angehalten, haben
I. K. M. ihm heute vor 8 Tagen durch den Maltre de Cörömonies den
20. dieses s. n. dazu benennen und zugleich nait sothaner Antwort
ihm die Sentenz, welche I. K. M. als beiderseits beliebter Arbiter
zwischen I. K. M. von Dänemark und den General-Staaten ausge-
sprochen, in originali insinuiren lassen. Er hat mir gesagt, dass in
derselben die Generalstaaten in contumaciam sowol wegen der Haupt-
sache als wegen der Interessen, Schaden und Unkosten ganz und gar
condemniret sein. Es würden aber die General-Staaten dawider ex-
cipiren und vorschtitzen, dass I. K. M. damalen, als Sie zum Arbitro
erwählet, Amicus communis gewesen, anitzo aber parteiisch wären. —
Die Audienz ist bis auf den 22. dieses s. n. und nacligehends bis I.
K. M. Zurückkunft von Versailles, welche den 2. Januar sein wird,
aufgeschoben, und weil I. K. M. den 5. darauf nach Chälons verreisen
werden, zweifelt der Ambassadeur, ob vor selbiger Abreise etwas
daraus werden möchte, und ist auf solchen Fall Willens, bei I. K. M.
Zurückkunft seine Abschiedsaudienz zu begehren. Man hat bei Hofe
Nachricht, dass der Ambassadeur Ordre habe, Ihrer K. M. zu sagen,
dass die Staaten General sich nicht erinnerten, wider den Respect und
die Reconnaissance, welche sie I. K. M. schuldig wären, etwas be-
gangen zu haben. Sollte es geschehen sein, wären sie erbötig, solches
mit gebührender Submission zu redressiren, es würde ihnen mit Un-
recht beigemessen, als hätten sie die Krone Spanien zu einer Ofifensiv-
AUianz wider I. K. M. invitiret, welche Opinion Ihrer K. M. zu be-
nehmen er ein Originalschreiben von der Königin in Spanien,
darin solches begehret wird, zu produciren in Befehl haben soll.
Aller Apparenz nach ist es soweit mit der Sache gekommen, dass
solches alles keinen Effect mehr thun wird.
„I. K. M. beschleunigen Dero gegen den 25. Januar nach Chälons vor-
gehabte Reise dergestalt, dass sie den 5. dito von S. Germain aufzu-
brechen nnd en relais de carrosse in einem Tage bis GhSlons zu reisen re-
solviret; Monsieur, der Prince de Cond6 und Turenne begleiten
I. K. M. Mr. de Louvois ist vergangenen Montag den 21. dieses von
hier abgereiset, um die Plätze in Flandern zu visitiren und die Truppen
nach den destinirten Rendez- vous, als nämlich Chälons, Troyes, Rethel,
Soissons und Beauvais marchiren zu lassen. Er vermeinet den 4. Januar
gegen I. K. M. Ankunft in Chälons zu sein. Die BescbleuniguDg dieser
Reise verursachet allerhand Nachdenken. Es kömmt auch dazu, dass I.
K. M. morgen and übermorgen 20 Compagnien du Regiment des Gardes
(und zwar diejenigen; bei ^eichen die Officirer sieb wirklich befunden),
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38 '• Zur Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges. 1B71. 1672.
deren jede 100 M. stark, oach Cbftlous avanciren lassen, dahin auch 7 Cona-
pagnien des Gardes Suisses im Marche begriffen, zu geschweigen, dass die
Mousquetaires , Chevauxlegers und Gardos de Corps dahin zu geben theils
schon unterwegens, theils ehester Tage aufbrechen werden."
|: Jedermann siebet leicbt, dass solcbes nicht allein auf eine Muste-
rung angeseben, und ist unschwer zu erachten, dass die Compagnies
des Gardes zu Fuss nicht wieder zurückkomnien werden; wohin sie
aber dürften employiret werden, davon wird unterschiedlich judiciret.
Männiglich ist fast darin eins, dass I. K. M. die Spanische
Niederlande wegen der mit England genommenen Mesures nicht an-
greifen werden. So scheinet es auch, dass bei itziger Jahreszeit
w*der Holland nichts vorzunehmen, weil die Plätze vor einer Surprise
sicher, und einen Streif zu thun der Weg zu weit ist. Der Ambas-
sadeur muthmasset, dass man sich eines oder des andern Posto zu
versichern willens. Andere meinen, es werde nach Strassburg und
dem Elsass gehen. Der von selbiger Stadt alhier anwesende Syn-
dicus') saget, dass solches deshalben nicht zu beftlrchten, weil Frank-
reich der Oerter ganz keine Magazine gemachet, auch keine Artollerie
daselbst parat stehet. Vielleicht geschiehet es nur allein deshalben,
dass I. K. M. die Truppen dergestalt vertheilen und in die Quartiere
verlegen wollen, wie sie in dieser oder jener Arm6e dienen sollen,
und dürfte vermuthlich ein Theil derselben die weitere Quartiere im
Gölnischen oder im Bisthum Li6ge nehmen. I. K. M. vermeinen die
Reise innerhalb 14 Tagen abzulegen. Nachdem die Resolution ge-
nommen, die Reise dergestalt zu beschleunigen, sein unterschiedene
Couriers nacher Spanien und England abgefertiget worden. — Man
giebt alhier vor gewiss vor, dass der Herzog von Hannover I. K.
M. Partei offensive nehmen und mit ehestem werben und sich in
Postur setzen werden. Der Herr General Podewils'), welcher
alhier gänzlich quittiret, hat schon seinen Abschied bei Hofe ge-
nommen, um nacher Hannover zu gehen. — Zu verwundern ist es,
dass bei Ausrüstung der Flotten so wenig alhier als in England noch
zur Zeit nichts geschehe. Der Holländische Ambassadeur, welcher
solches am besten wissen kann, weil sie in allen Hafen ihre Leute
haben, saget, dass bloss allein vierzehn Schiffe in Frankreich ausge-
rüstet werden, um in die See zu gehen. :|
1) 6. oben S. 36.
^ Heinrich von Podewils, französischer Marechal de camp.
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Die braodeDburgische Proposition an Kurcolo. 39
^Auch habe ich den 22. dieses nebet dem Ambassadeur de Malthe^)
und Schwedischen Residenten Vormittags bei Monsieur und Nachmittags
bei Madame Audienz gehabt und wegen glücklich vollzogener Heirat
das Compliment abgeleget. Madame, nachdem sie mir geantwortet, fing
aD teDtsch mit mir zu reden, bei einer halben Stunde lang, fragte insonder-
heit gar fleissig nach Ihrer Ch. D. der Chnrfürstin und sagte, sie
hätte von Deroselben zu Celle sehr grosse Ehre empfangen, und wünsche
sehr Ihrer Ch. D. Affection sich jederzeit zu conserviren."
Der Markgraf von Ansbach ist angekommen. ^Ich habe Ihrer D.
meine unterth. Dienste präsentiret, werde mir auch höchst angelegen sein
lassen Ihrer D. nach aller Möglichkeit an die Hand zu gehen. Ich habe
auch Willens gehabt und mich ofiferiret, I. D. nach S. Germaiu zu führen,
aber der Hofmeister machet DifficuUät, solches ohne expresse Ordre zu
thun. Auch deucht mir, dass er etwas zu sehr mesnagiret, weil er weder
Kutsche noch Livrei hat, welches hochnöthig, ob Sie schon incognito leben
wollen. I. F. D. haben Einliegendes an Ew. Ch. D. geschrieben*'. (Ohne
Belang.)
Der Kurfürst an v. Crockow. Dat. Coelln a. Sp.
20./30. December 1671. Conc. Meinders-O
[Den König an seine alten Zusagen zu erinnern und nochmals vorzustellen was
88 mit der Proposition an KurcÖln auf sich habe. Bezugnahme auf die Aeusse-
rungen Fürstenbergs.]
Auf Relation und P. S. vom 8./ 18 , aus welchen — 3q dqq^
mit Befremdung ersehen, was der de Louvois wegen Unseren an
Chur-Cölns Ld. gethanen Proposition gegen Euch für Discursen ge-
fltthret. Ob Ihr nun zwar albereit nach Unserem gn. Vergnügen dar-
auf geantwortet, so wollen Wir doch, dass Ihr abermalen Gelegenheit
suchet, entweder dem Könige selbst oder denen Ministris fürzustellen,
dass Wir des Herrn Churfürsten zu Cöln Ld. nichts proponiren
lassen, so I. E. M. im geringsten touchire, sondern vielmehr dieses
Ihrer Uns jedesmal communicirten Intention gemäss sei, dann Die-
selbe Uns zum öfteren und beständig versichert haben, dass Sie nicht
gemeinet wären, das Römische Reich, in specie die Stadt Cöln, weniger
Uns und andere Lande in einigen Krieg zu impliciren, sondern viel-
mehr mit dem Reich den Frieden und gute Freundschaft zu unter-
halten. Von des Herrn Churfürsten Ld. hätten Wir auch nichts an-
^) Abgeordneter des Malteser Ordens.
^ Mit bedeutenden Zusätzen von Schwerins Hand.
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40 I* Zur Vorgeschichte des deutsch-fraozöeischen Krieges. 1G71. 1G72.
deres als dieses begehret und, weiln Wir von Derselben Armatur und
Anstalt zur Belagerung gewisse Nachrieht erlanget, Dieselbe wolmei-
nend erinnert und ermahnet, den Frieden im Reich conserviren zu
helfen und Dero Befugnisse auf andere Weise zu suchen, wozu Wir
Unsere Assistenz, auch wenn Sie von Jemand gefilhret werden sollte,
offeriret; welches Uns nicht allein als ChurfÜrsten des Reichs Unserer
geleisteten Pflicht halber sondern auch als Ihrer Ld. Nachbarn und
vertrautem brüderlichen Freunde, imgleichen wegen Unserer Lande
und Unseres darunter versirenden merklichen Interesse halber in alle
Wege obgelegen sein und verhoflFentlich von I. K. M., welche sonsten
auch öfters contestiret, dass Sie Sich in die Streitigkeiten wegen der
Stadt Güln nicht mischen wollten, nicht übel noch ungleich würde
aufgenommen sein, wenn es nicht die von Fürstenberg aus un-
zeitiger Uehereilung, und um Uns bei I. E. M. suspect zu machen,
wider den Grund der Wahrheit anderes angebracht hätten.
Wir wären aber Ihrer K. M, Generosität gnugsam versichert,
und dass Sie wegen dergleichen unnöthiger und unbegründeter
Rapporten keinen Glauben geben noch Ihre jedesmal gegen Uns
bezeugte Affection und geneigten Willen ändern, sondern hingegen
Unsere aufrichtige Freundschaft Sich allzeit versichert halten würden.
Wir Hessen dahin gestellet sein, wohin deren von Fürstenberg
Intention und Zweck gerichtet, könnten aber Ihrer M. nicht verhehlen,
dass Wir nicht glauben könnten, dass derselben Intention dahin ginge,
zwischen Ihre M. und Uns gute Vertraulichkeit zu befördern, weil
Fürst Wilhelm Uns, wie er hier gewesen, ausdrücklich gesaget,
die Französische Desseinen giengen so weit und ihre Macht wäre so
gross, dass man billig Ursach hätte, zu deliberiren, ob man nicht
vielmehr die Holländische als die Französische Partei anzunehmen
hätte, und dass des ChurfÜrsten zu Cöln Ld. viel lieber Dero
Stadt Rheinberg wie auch Mastricht in Holländischen als Französischen
Händen sehen, auch lieber die Holländer als Franzosen zu
Nachbarn haben wollten.^) I. K. M. würden Uns nicht verdenken,
dass Wir das Römische Reich in Fried und Ruhestand und Unsere
Lande ausser fremden und Uns nicht angehenden Kriegstroublen zu
erhalten suchten, auch darunter allen möglichen Fleiss anwendeten,
um bei Unseren Freunden und Nachbarn, insonderheit aber bei Un-
»haec (das Gesperrte) addidit Dm. Meinders in originali" Conceptvermerk
des Cabinetssecretärs Hippel.
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Besugo. auf d. AeusserungeD FurstenbergB. Zweck der Reise d. Königs. 41
Beren Alliirten und Mitchurfttrsten dergleichen friedsame Gonsilien zu
befördern.
Folgt Befebl ,,flei8Biger Comm^nicatioD'^
V- Crockow. Relation. Dat. Paris 21. /31. December 1671.
[Der HoIläDdische Gesandte hofft auf Audienz. Nachrichten vom Aufbruch.
Coln. Angebliche Ueberlassung der Stadt Jülich an Frankreich. Des Englischen
Ambassadeurs plötzliche Abreise nach London. Auswärtige Nachrichten ]
„Der Holländische Ambassadenr bat wegen der begehrten Audienz 31. Dec.
noch keine weitere Nachricht; and stehet es auch annoch damit in vorigen Ter-
minis. Inmittelst hat er den Courier zurückgeschicket nnd neue Ordre be-
gehret, wie er sich bei I. K. M. Wiederkunft auf alle Fälle verhalten
solle. — I. K. M. haben Dero Reise bis anf den 7. dieses aufgeschoben.
Unterdessen marcbiret die Cavallerie de la Maison du Roy nach Metz zu.
Monsieur d'Artagnan, welcher mit einem Theil der Mousquetaires den
Comte de Lauzun nach Pignerol gebracht, bat Ordre anf seiner Rück-
kunft nach Dijon zu marchircn, woselbst er weitere Ordre finden soll, wo
er hin zu gehen hat. Vermuthlich, weil solches der nächste Weg, wird er
von da grade nach Metz niarchireu ; die 20 Compagnien von dem Regiment
des Gardes fran9aise8 und 7 Compagnien Schweizer gehen auch dahin.
Ebenmässig sein neun Gompagnies Francbes de Suisse nach Monmedj zu
gehen commendiret, unter dem Praetext die Garnisonen des Ortes zu ver-
stärken. Auch sagt man, dass auf dem Rendez-vons bei Chälons einige
Truppen sollen detachiret werden, um der Oerter hin zu gehen, dergestalt
dass daselbst ein ziemlich stark Corpus wird formiret werden. Zu dem
Ende wird zu Metz, Thionville und der Oerter herum eine überaus grosse
Quantität Mehl gemahlen.^^
Niemand kann penetriren, was dieses Mouvement vor einen Zweck
habe, |: obs bloss allein geschehe, die Quartier im Cölnischen zu
nehmen und des Churfürsten Land vor eine feindliche Invasion zu
schützen und die Stadt Coln zu schrecken, oder ob man gar eine
Entreprise auf dieselbe Stadt vorhabe. Gewiss ist es, dass man al-
hier sehr allarmiret ist [wegen] der im Haag zu Conservation selbiger
Stadt genommenen Mesuren, davon Ew. Ch. D. anderwärtige Nach-
richt haben werden, und dass man alhier gar sehr wünschet, dass
die Sache möge accommodiret sein, damit Holland sich daselbst nicht
feste setze und einen Fuss bekomme. Vielleicht möchte solches gut
sein, um den Krieg, weil er ja nicht zu verhüten, von Ew. Ch. D.
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42 I- Zur Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges. 1671. 1672.
Landen zu esloigniren *). Solches würde gewiss das Conccpt gar sehr
ändern. :] Man höret noch nicht, wer dasselbe Corpus commandiren
soll, der Marschall de Cr^quy oder sonst Jemand.
Sonsten hat man alhier, so lange als ich alhier bin, die Zeitung
herumgetragen, als wenn I. K. M. die Stadt Jülich von I. D. zu Pfalz-
Neu bürg erkaufet. Ich habe dieselbe nicht würdig geachtet, um
Ewrer Ch. D. referiret zu werden, weil ich solches vor so unmöglich
gehalten, als es den Reichs-Satzungen, dem zwischen Ew. Ch. D. und
Pfalz-Neuburg getroffenen Tractat und gedachter I. F. D. bisheriger
Conduite zuwider ist. Anitzo aber wird es mir von so gewisser Hand
vor ungezweifelt berichtet, dass, obschon ich dennoch daran zweifele,
gleichwol mich schuldig erachte solches zu referiren. Es werden
dabei diese Umstände berichtet, dass Pfalz-Neuburg Ihrer K. M. nur
auf ein Jahr Besatzung darin zu legen vergönnet, dass I. K. M. hin-
gegen versprechen, nach dessen Verfliessung den Platz zu evacuiren
und Pfalz-Neuburg wegen Ravenstein von den Holländern Satisfaction
zu verschaffen. Man hat auch Nachricht, dass GO Tausend Louysd'or
von hier nach Breisaeh geschicket, dass alda einige masquirte Reiter
dieselbe Gelder an einen gewissen Ort am Rhein vier Meilen von
dannen gebracht, daselbst andere ebenroässig masquirte Reiter die-
selbe empfangen und weggeföhret. Man muthmasset, dass der Pfalz-
graf von Neuburg dieselbe empfangen. Daneben sagt man, dass
I. K. M. Ihrer D. vor Dero Prinzen reiche Beneficia und Abbayen
in Frankreich versprochen. Auch sagt man, dass die Compagnie
mousquetaires, welche den 23. dieses von hier aufgebrochen, dahin
gehet, um sich hineinzuwerfen, und dass die vielen Canons den Rhein
heruntergebracht, um den Ort zu besetzen.
DiT Holländische Ambassadenr hat diese Zeitung den General-
Staaten bereits referirt, wiewol er selbst noch an der Gewissheit zweifelt.
Sonsten hat der Englische Ambassadeur'), nachdem er zwei
Couriers auf einander bekommen, bei I. K. M. ganz geheime Audienz
gehabt und sofort darauf die Post genommen, um nacher London zu
gehen. Er hat ausgespr enget, es geschehe solches wegen seiner
Privataffairen und einer Streitigkeit, welche er mit dem Duc de
Buckingham hat, wegen der ihm neulich conferirteu Charge de
■) So musB es unzweifelhaft heisseD. Die entstellte Dechiffriraog des Ori-
ginals lautet: viel England Landen zu esloigniren.
*'*) Lord Montague.
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Angebliche üeberlassuDg Jülichs. Des Königs Reise aufgegeben. 48
Grand-Maitre de la Garderobe. Es will aber solches niciit geglaubet
werden. Der Holländische Ambassadeur präsumiret daraus eine Ver-
änderung der Consilien in England, und dass er revociret sei, um
neue Instruction zu empfangen. Von der Krone Schweden sagt
man albier, dass dieselbe die Neutralität auf ein Jahr lang versprochen.
Sonst werden in dem Bisthum Metz Dragoner geworben, und aus
zwei von den alten Compagnien drei gemachet. Die Officirer be-
kommen Geld sich wieder zu recruitiren. |: Mit Münster und Han-
nover :| hat es, soviel ich alhier vernehmen können, noch seine gänz-
liche Richtigkeit nicht, wiewol man sich noch Hoffnung machet sie zu
gewinnen.
V. Crockow. Relation. Dat Paris 7. Januar 1672.
[Des Königs Reise nach Ch&lons aufgegebeo. Wie diese and der Vergleich aiit
ÜöId hier beurteilt wird. Aoerbietnngen des Staatischen Gesandten. Louvois
nach Goln. Stadt Neuss. Answartige Politik. Markgraf von Ansbach bei Hofe
vorgestellt.] j^^g^
„Ihrer M. vorgehabte Reise Darb Chälons ist gänzlich ziirückgegaDgen, 7. Jan.
und sein ihrer Viele der Meinung, dass I. K. M. niemalen im Willen ge-
habt dieselbe zu thun, sondern nor allein die Mine und die Anstalt dazu
gemachet, theils, um die Officirer zu obligiren, dass sie ihre Truppen in
desto besserm Estat hielten, theils auch weil die Fürsten von Fürsten-
berg begehret, I. K. M. möchten der Oerter ein Corpus zusammenführen
oder zum wenigsten die Mine machen um die Stadt Cöln zu schrecken
und das Accomodement zu facilitiren. Man hat alhier mit sehr grosser
Freude vernommen, dass solches endlich erfolget. Tu renne ist sehr
bekümmert gewesen, dass die zwischen den Bischöfen von Münster
und Strassburg entstandene Missverständnis das Werk hindern möchten,
und ich habe ihn über den Vergleich so sehr erfreuet gesehen, als er
perplex und bekümmert war, ^o lange man daran zweifeln können.
Es scheinet, mau habe alhier besorget, dass sonsten die Holländer Gele-
genheit genommen hätten eine grosse Garnison hineinzulegen, welches
I. K. M. Armeen sehr würde incommodiret haben, zumalen weil I. K. M.
dieselbe Stadt, sonder mit dem Reit he zu brechen, nicht hätten attaquiren
können, welches I. K. M. aller Apparenz nach mit allem Fleiss versuchen
werden, bis Sie Sich an den Holländern, gegen welche die Animosität sehr
gross ist, revangiret."
„Der Ambassadeur von diesem Staat hat den 4. dieses bei I. K. M.
Audienz!) und vorher mit Mr. Le Te liier Confereuz gehabt, welcher ihn
versichert, dass 1. K. M. Sich an keinem Hofe wider die Staaten General
declariret und nar allein darüber Beschwer geführet, dass dieselbe eine
1) Vgl. Mignet a a. O. 658.
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44 1- Zur Vorgeschichte des deutsch-fraDsösischen Krieges. 1G71. 1672.
grosse GaroisoD in die Stadt Cöln zu werfen resolviret, dabei er auch dem
Ambassadeur angedeutet, dass 1. E. M. vermöge eines mit dem Chnr-
fürsten von Cöln Anno 69 gemachten Tractats obligiret wären den
Chnrfürsten zu assistiren, wenn sieb Jemand der Stadt annähme, nnd dass
solches eine Ruptur würde verursachen können. Darauf hat er bei I. K. M.
Audienz gehabt und Deroselben ein Schreiben von den General- Staaten *),
davon die Copey hiebei gehet, überliefert." Seine Rede war dem Inhalt
desselben conform: Die Generalstaaten wüssten sich nicht zu erinnern, dass
sie etwas wider den König begangen hätten; im anderen Falle erböten sie
sich zu allem Guten, „weil ja keiner so criminell wäre^ welchem man nicht
dasjenige vorhielte, was man wider ihn hätte, und seine Justification ver-
nähme (welches der Ambassadeur selber also referiret)'^
Auch offerirten sie, die Commercien auf den Fuss, wie sie Anuo 62
gewesen, wieder zu setzen und solches bei I. E. M. zu suchen, auch
deshalben alle die Avances zu thun, welche I. K. M. hoher Respect
erforderte. I. K. M. haben geantwortet, Sie hätten den Brief schon
lange gelesen, es wäre derselbe in aller Leute Händen, Sie hätten die
Copey davon bei sich, sonst wäre Deroselben wol bewusst, dass die
General-Staaten alle Potentaten in Europa wider Sie aufzuwiegeln
gesuchet. Solches hätte I. E. M. obligiret Sich in Postur zu setzen,
Deroselben Armatur wäre schon ziemlich avanciret, I. E. M. wollten
damit fortfahren und weiter dasjenige thun, was Deroselben Gloire
und Interesse erfordern würde. Dem ohngeachtet hält der Ambassa-
deur noch davor (oder stellet sich zum wenigsten also an), dass es
zum Eriege nicht kommen werde, wiewol er nicht in Abrede sein
kann, dass man anitzo in allen Hafen beginnet zu equippiren, und
dass I. E. M. Estat machen, künftigen Frühling im Oceano 50 Orlog-
schiffe zu haben. Sonst ist nunmehro public, dass Mr. de Louvois,
nachdem er einige Plätze in Flandern visitiret, nach dem Erzstift Cöln
gegangen.')
„Das Gerüchte von der Stadt Jülich, davon ich neulich unterth. refe-
riret, continuiret nicht, hingegen wird es vor ganz gewiss gehalten, dass
I. Cb. D. zu Cöln Ihrer Eöniglichen M. die Stadt Neuss auf eine gewisse
Zeit einräumen, die 20 Compagnien des Regiment des Gardes fran9aise6
und die 7 schweizerische Compagnien sein destiniret gewesen dahin in Gar-
nison zu gehen, weshalben sie sich der Oerter genähert, um von Mr.
de Louvois weitere Ordre zu erwarten. Und weil fünf Französische und
drei Schweizerische Compagnien wieder anhero zurückkommen, als ist zu
^) Bs ist das Schreiben vom 10. Dec. 1G71 , deaseo scboD obea 8. 35 ge-
dacht worden.
Vgl. die Rel. Blaspeils. d. d. Cölo a. Rh. 5. Jan. 1672 unten (Abt. 2).
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ErbietuQgeD der HoUaDder. Staud der Verhandlungeo mit Schweden. 45
vermothen, dass die übrigen ihren March dahin fortgesetzet, and dass die
Cavallerie de la Maison du Roy dieselben escortiret." Aus Spanien noch
keine Nachricht. Ein Courier von Brüssel nach Spanien mit dem Spanisch-
Holländischen Tractat ißt auf Französischem Boden intercipirt worden. —
8 grosse Rüstwagen mit Geld sind von hier weggesandt und von dreissig
Garden escortirt worden.
Sonst wird vor gewiss angegeben, dass Monsieur^dePomponne
vor seiner Abreise aus Schweden einen Tractat geschlossen, dadurch
selbige Krone sich obligiret vermittelst einer Summe Geldes, welche
I. E. M. versprochen, ein Jahr lang neutral zu bleiben, inmittelst sich
in Postur zu setzen und in Bremen und Pommern eine Armöe zu for-
miren. Und wenn hiernächst der Römische Kaiser oder einige
ReichsfÖrsten sich wider I. K. M. declarireten, denselben eine Di-
version zu machen. Es wird dabei berichtet, dass Monsieur de
Pomponne nach geschlossenem Tract Ihrer K. M. in Schweden
ein Contrefait von I. K. M. in Frankreich, so mit sehr kost^
baren Diamanten besetzet, praesentiret habe. So machet man sich
auch grosse Hoffnung, den Herzog von Hannover dahin zu dis-
poniren, dass Er Sich vor I. K. M. declarire oder zum wenigsten
Deroselben einige Truppen Oberlasse. Was England betrifft, giebt
zwar der Holländische Ambassadeur vor, dass die Gonsilia daselbst
geändert, ich habe aber gleichwol sonst keine gewisse Nachricht da-
von. Es wird sich solches bei der Wiederkunft des Englischen Am-
bassadeurs, welcher ehester Tage alhier erwartet wird, bald aus-
weisen.
Der Markgraf von Ansbach ist incognito unter dem Namen eines
deutschen Edelmannes durch Turenne dem Könige in S. Germain vorge-
stellt worden. Auf die gleiche Art hat er Monsieur angesprochen.
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 15. Januar 1672.
[Nachrichten üher die Armee und deren Fährung. Absiebt aaf Mastricht. Eng-
lands, Schwedens, Spaniens Haltung. Spanische Resolation nach Wien über-
mittelt. — Munster, Hannoveri Kurcöln.
Auf das Kescript vom 20. /30. December wird er Pomponne., der gestern ir). Jan.
angekommen, zu sprechen suchen, sobald sich die Gelegenheit bietet.
») Tractat vom 17. November 1671.
*) Marquis de Pomponne, seit Frühjahr 1671 Gesandter in Stockholm,
hatte daselbst das franzosisch -schwedische Bündnis vorbereitet, welches am
14. April 1672 unterzeichnet ^urde. Die Instruction für diese Negotiation bei
Geffroy, Recueil des Instructions 11,101.
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46 I- Zur Vorgeschichte des deutsch- französi sehen Krieges. 1671. 1672.
Seit*) meinem letzten haben 30 Compagnieen zu Pferde, welche
um Metz stehen, Ordre bekommen, nach dem Erzstift Cöln zu mar-
schiren. Die 8 Rüstwagen mit Gelde, auf welchen, wie man saget
4 Millionen sein sollen, gehen nach Metz und von dannen ohne Zweifel
nach dem Cölnischen zur Aufrichtung der Magazine, Bezahlung der
alliirten und französischen Völker und anderen Notwendigkeiten. —
Mr. de Louvois ist schon auf seiner Rückreise und zu Metz gewesen,
hat sich aber wieder nach dem Erzstift Cöln gewendet. Gestern ist
der Duc de Luxembourg von hier nach Bonn abgereiset, um die
Churcölnische und mit demselben conjugirete französische Truppen zu
commandiren. Einige sagen, der Comte de Chamilly werde unter
ihm dienen, andere aber, er komme wieder zurück, weil er wegen
seiner Blessures und Indisposition nicht travailliren kann.
Die Disposition der officiers g^nöraux ist auch schon gemachet.
Der Prince de Condö soll mit einer Armee gegen den Rhein und
die Yssel agiren. Bei ihm sollen sein die Maröchaux de Cr6quy
und de Bellefonds. I. E. M. werden mit einer andern starken
Armee nach der Maas gehen und Mr. de Turenne bei sich haben,
und weil die Mar^chaux de France nicht unter demselben dienen
wollen, werden sie zu Lieutenants g^nöraux haben den Grafen von
Schomberg und Duc de Duras. Aller Apparenz nach werden I.
K. M. Mastricht attaquiren, massen zu Li^ge, S6dan und Metz grosse
Praeparatoria gemachet und allerhand Provision de bouche et de
guerre in überaus grosser Quantität zusammengebracht wird. Man
vermeinet den Platz in vierzehn Tagen ganz gewiss wegzunehmen.
I. K. M. wollen auch aufs neue Patenta ausgeben auf 400 Com-
pagnieen zu Fuss und 120 zu Pferde, davon die Hälfte alsobald bei
des Mr. de Louvois Zurückkunft, und die andere Hälfte eine Zeit
danach sollen distribuiret werden, damit dieselben Truppen gegen den
Ausgang der Campagne fertig sein, und man alsdann noch etwas
Considerables entrepreniren könne.
Man hält alhier davor, dass, wann L E. Maj. in dem letzten
Flandrischen Eriege gegen den Herbst dergleichen Renfort gehabt,
Sie noch unglaubliche Progresse würden gethan haben. — Bei einer
so grossen Despence ist es zu verwundern, dass Hire E. M. weder
Schulden machen, noch auch die Reditus, welche monatlich richtig
einkommen, voraus employiren.
^) Das folgende häufig wechselnd in Chiffren.
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Teilung der Arm^eD. Haltung der Mächte. 47
Von England hoffet man hier noch etets conjunctionem ar-
morum; andere aber vermeinen, England werde neutral bleiben, in-
inassen man auch daselbst noch nicht armiret. Der Comte d'Estr^es,
welcher nach einem gehaltenen Eriegsrath benennet ist, die Flotte in
dem Oceano zu commandiren, wird ehester Tage nach den Seehafen
geben, um die Ausrüstung der Flotte, welche mit aller Macht fortge-
setzt wird, zu befördern. Er hat sich gegen Jemand, der mirs wieder
gesaget, gerühmet, er würde die Flotte en chef commandiren und
Niemand über sich haben, daraus man judiciret, dass die Engländische
Flotte nicht werde dabei sein, zum wenigsten dass England nicht mit
Holland brechen sondern nur allein per speciem auxiliorum agiren
werde, dass sonst zweifelsohne der Admiral von England bei der
Conjunction commandiren würde. — Es ist nämlich der Chevalier
Bann aus England alhier ankommen und hat unterschiedene Paquete
an I. Eon. Maj. und die Ministros mitgebracht, auch mit denenselben
lange Conferenzen gehalten, welches sonder Zweifel die Antwort sein
wird auf dasjenige, was der Ambassadeur Montague bei seiner
Ankunft daselbst angebracht.*) Bis dato hat man die Contenta nicht
eigentlich erfahren können. —
Was Schweden anlanget, habe ich die gewisse Nachricht, dass
Mr. de Pomponne vor seinem Abzüge und zwar nach gehabter
Abschiedsaudienz ein Project einer Allianz adjustiret, welche deshalben
nicht hat können vollzogen werden, weil er nicht Vollmacht gehabt,
alles einzugehen, was Schweden begehret, und beruhe es nur allein
darauf, dass I. E. M. solches genehm halten. Dieses hat mir der
Schwedische Resident selber gestanden. Der Articul, welcher noch
nicht ajustiret, betrifft, wie mir gesaget, die Quantität der Subsidien.
Sonst ist in ged. Allianz Spanien gänzlich excipiret, welches zwar
gewiss ist, dergestalt dass I. Eon. Maj. versprechen, den Eönig in
Spanien und dessen Provinzen nicht zu attaquiren, und Schweden
sich vorbehalten, Spanien auf solchen Fall zu assistiren. Inmittelst
habe Schweden versprochen, ein Jahr neutral zu sein, vermöge
m
200 Thaler Subsidien und sich daneben engagiret, mit denjenigen
zu brechen, welche sich wider Ihre Eönigl. Maj. declariren würden,
auf welchen Fall ged. Ambassadeur ihnen sehr grosse Summen Geldes
und, wie man saget, 400000 Gulden monatlich soll versprochen haben,
welches ich aber vor gewiss nicht berichten kann. Das Aergste vor
») Vgl. oben S. 42.
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48 I- Zur Vorgeachicbte des dentsch-franEosiBchen Krieges. 1671. 1672. .
Holland ist, dass man aus diesem Tractat, welcher durch Trieb des
Englischen Ambassadeurs getroffen worden ist, die Intention des
Königs in England sowol gegen Spanien als Holland judiciren und
abnehmen kann, dass derselbe zwar entschlossen, die Spanischen
Niederlande zu salviren, aber hingegen den Krieg mit den Vereinigten
Niederlanden anzuspinnen und dieselbe in Noth gerathen zu lassen.
Was Spanien anbelanget, sagt man, dass der intercipirte Tractat,
von welchem ich in meinem letzten unterth. referiret, nur bloss ein
Project sei und zu keiner Perfection gekommen, auch nur allein von
dem Emanuel de Lira^ ohne Ordre und Befehl concipiret sei. Man
giebt alhier vor, Spanien habe die Neutralität versprochen, und dass
die Königin an den Gouverneur der Niederlande geschrieben, dass sie
auf die beschehene Versicherung, dass Ihre Kon. Maj. des Königs in
Spanien Lande nicht gefährden wollten, dem König in Frankreich
Neutralität und freien Durchzug versprochen , auch dem Gouverneur
anbefohlen, sich darnach zu achten. Gewiss ist es, dass man hier
ganz und gar Staat darauf machet, Spanien werde neutral bleiben,
und werden aller Apparenz nach die beiden Kronen Schweden und
England, weil sie sich der Niederlande so sehr annehmen, hin-
wiederum verhindern, dass Spanien sich nicht wider I. K. M. erkläre,
dann es nicht billig wäre, dass, wann Spanien I. K. M. attaquirete,
oder Dero Feinden beistünde, I. K. M. nicht die Freiheit haben sollten,
solches zu wehren noch dergleichen zu thun.
Ein Gentilhomme ordinaire da Roy ist nach Wien geschicket worden,
wie man sagt, am dem Kaiser die Resolation der Königin von Spanien wegen
der Neutralität zn bringen und eine ähnliche Erklärung zu befördern.
Es sein ihrer Viel der Meinung, |: I. K. M. wollen einen grossen
Effect thun, damit Sie in der ersten Gampagne Holland zur Raison
bringen und ihnen einen advantageusen Commercientractat abzwingen
können, dass I. K. M. nicht Estat machen, den Krieg lange zn con-
tinuiren, sondern, wann sie obged. Zweck erhalten können, bald Me-
diationes admittiren werden, und dass aus dieser Ursache I. K. M. hin
und wieder die Neutralität nicht länger als auf ein Jahr begehren. :|
Wie es heisst, habe Loavois mit dem Bischof von Münster ge-
schlossen. —
Von Hannover vermuthet man desgleichen und dass selbiger Her-
zog Ihrer K. M. zu Dienst eine Anzahl Völker in seinen Landen
^) Spanischer Gesandter im Haag. Vgl. S. 45 Anm. 1.
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AaslassaDgeo Tarennes auf die Blaapeil'sche Proposition. 49
werde werben lassen. Bis dato aber ist noch nichts mit ihm ge-
schlossen. Man erwartet mit Verlangen desselben Zurttckkunft aus
Italien'). — Der Churfürst von Cöln hat jährlich ron Ihrer K. M.
noch nicht 200000 Reichsthaler, welches mir eine Person berichtet,
die es wol weiss.
V. Crockow. Relation. Dat Paris 22. Januar 1672.
[Gespräche mit Pomponne. Tarenne nimmt die Partei der Fürstenberge. Eur-
triers Verhalten. Nachrichten ans England, Spanien, Schweden. Franzosisoh-
Bchwedische Allians. -> FranKÖsische Projecte. Man yerspricht eich noch immer
des Earföreten Neutralität. Absichten auf Duisbnrg.]
Mr. de Pomponne hat den gewöhnlichen Eid abgeleget und 22. Jan.
seine Charge') angetreten. Die auswärtigen Ministri sollten gestern
und vorgestern Audienz bei ihm haben. Weil er aber zu seinem
Vater, welcher schleunig krank geworden und 87 Jahre alt ist, nach
Pomponne hinausgereiset, als ist solches bis ktlnftige Woche ver-
schoben. Ich habe ihn zu Versailles au lever du Roy en passant an-
gesprochen; da ich aber nicht viel mit ihm reden können, werde
nicht unterlassen, dasjenige, welches Ew. Ch. D. in Dero Bescript
vom 20. Decemb.') mir gn. anbefohlen, ihm bestermassen vorzustellen.
Inmittelst habe ich Gelegenheit gehabt, mit Mr. de Turenne
daraus zu reden, welcher der Fttrsten von Fttrstenberg Partei ge-
nommen und sie in allem excusiren wollen, auch sogar darin, dass
sie Ew. Gh. D. Gesandten nicht zur Audienz bei Ihrer Gh. D. zu Göln
verstatten wollen (welches ich nur allein dergestalt fürstellen können,
als wann ged. Herren Brüder die Audienz vorsätzlich verzögert
und bei sich angestanden, ob sie dieselbe verstatten wollten oder
nicht, weil der Herr Blaspeil Audienz gehabt und ich sonst nicht
eigentlich weiss, wie sich die Fürsten von Fttrstenberg dabei
comportiret), sagend, sie müssten gewiss gemerket haben, dass der
Herr Blaspeil etwas proponiren würde, welches dem bewussten
Dessein zuwider. Ich replicirete ihm darauf, dass, wann sie gleich
üeber die Persönlichkeit des , dicken' Hersogs Johann Friedrich
giebt interessante AafBchlasse der Briefwechsel der Herzogin Sophie von Han-
nover mit dem Earforsten Karl Ludwig von der Pfals hrsgeb. ?. Ed. Bode-
mann (PnbL ans den Prenssischen Staatsarchiven Bd. 26.) 1884.
*) als Minister des Auswärtigen. Wahrend d. Vacanz versah sie Louvois.
^ oben 8. 89.
Mater, s. GMoh. d. 0. Karfünten. Zni. 4
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50 Zar Vorgeschichte des deatsch-französischen Krieges. 1671. 1672.
gewisse Preuven davon gehabt, hätte doch solches, noch viel weniger
aber die Suspiciones, welche sie sich darüber formiren wollen, ihnen
die Freiheit nicht geben können, dass sie als Diener ihren Herrn den
Churfürsten von Cöln verhindern sollten, die Gesandten eines Mit-
churfürsten, Alliirten, und mit welchem man eine so vertrauliche Cor-
respondenz vorgebe, zu hören. Es scheinete solches ein Zeichen zu
sein einer ungewöhnlichen Autorität, welche sie an dem cölniscben
Hofe affectirten, und eines schlechten Vertrauens, welches sie zu ihrer
Sache haben müssten; denn, wo der Herr Blaspeil hätte etwas zu
proponiren gehabt, welches der Billigkeit und Ihrer Gh. D. zu Cöln
Interesse gemäss, hätte man ihm ja die Audienz nicht disputiren
sollen, dafern aber sein Vortrag sowol der Raison als Ihrer Gh. D.
Interesse zuwider befunden wäre, hätten sie ja Autorität und Gredit
genug, um solches vorzustellen und den Effect zu verhindern. Ew.
Gh. D. verstünden dergleichen Sachen ganz nicht (wobei ich ihm das
Exempel des Königs in Schweden anfllhrete). Ich wünschte sonst,
dass die Fürsten von FUrstenberg, als welche dieses ganze Werk
dirigirten, sich dergestalt gegen Ew. Gh. D. bezeigen möchten, dass
Ew. Gh. D. ein gutes Vertrauen in dieselben setzen könnten. Er ant-
wortete mir, ich müsste mit Mr. de Pomponne daraus reden. Er
hielte sonst davor, I. K. M. würden die Fürsten von Fürstenberg
darüber vernehmen und, wann Sie es also befunden, dieselben er-
mahnen, Ew. Gh. D. mit gebührendem Respect zu begegnen. Es würde
aber darauf nicht ankommen; man würde sich mit dergleichen kleinen
Sachen nicht lange zu bemühen haben, sondern sich in dem Hauptwerk
erklären müssen und ein Jeder seine Mesures darnach nehmen können.
In gar kurzem würde sich männiglich müssen declariren, ob er Freund
oder Feind oder neutral sein, oder welche Partei er nehmen wollte,
ob er die nöthigen Vivres den Armeen wollte folgen lassen, und wie
sich sonsten ein Jedweder von den Benachbarten dabei betragen wollte.
Auch habe ich ihm berichtet, was vor Propositiones Fürst Wilhelm
zu Berlin gethan. Solches aber wird nicht attendiret, alldieweil man
mit ihm alles concertiret gehabt. Mit was vor Gordialität derselbe
Ew. Gh. D. eine Alliance mit Ghurcöln zur Erhaltung des Friedens
und des Estats der Vereinigten Niederlande vorgeschlagen, solches
erscheinet daraus, dass die Allianz zwischen I. K. M. und Ghurcöln
schon Anno 69 geschlossen gewesen.
Sonsten marschiren 10000 Mann nach dem Erzstift Göln zu. Der
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VoraoBBichtliche Haltang der Machte. 51
Churfttrst von Trier hat den französischen Truppen freien Durch-
zug verstauet, vermittelst baarer Bezahlung, welches auch versprochen,
und wird berichtet, dass Mr. de Louvois gar strenge Ordre hält.
Die Franzosen geben vor, dass selbiger Ghurfürst besagtem Ministro
die rechte Hand geben wollen, welches gleichwol schwerlich zu glauben.
^Der GhevalierBaDD ist noch alhier und empfängt grosse Sa tnmea
Oeldes ans dem Tresor Royal. Man sagt, es werden ihm bei 3 Millionen
ausgezahlet, welche nach England übermachet und zur Ausrüstung der
Flotte sollen angewandt werden , nebst denjenigen Geldern, welche bereits
vor diesem dahin remittiret, wie ich vormalen unterth. referiret. Man hält
davor, dass I. E. M. insgesamt 7 Millionen an I. K. M. in England geben,
und wird nicht mehr daran gezweifelt, dass selbige Krone auch mit Holland
brechen wird. Aus England wird geschrieben, dass I. K. M. den Duc
de Buckingham und den Gomte d'Arlington zu Gommissarien, um
mit dem französischen Ambassadeur wegen Execution der beiderseits ge*
nommenen Resolutionen zu tractiren, benennet und declariret, dass sie in
einem Jahre keine Schulden bezahlen wollten.^
Aus Spanien ist noch nichts Gewisses eingelaufen, und erwartet
man mit Verlangen, wie sich selbige Krone auf des Comte de Sun-
der 1 and Proposition erklären wird, von dessen Ankunft man noch
keine Nachricht hat. Man hält alhier davor, dass der Gomte de
Monterey') zur Ruptur rathe, vermeinet aber, er werde in Spanien
kein Gehör finden, zumalen weil England in Verweigerung der Neu-
tralität dräuet, nicht allein die versprochene Garantie wieder zurück-
zuziehen, sondern auch sogar Frankreich zu assistiren. — |: Sonst
habe ich ein Schreiben gesehen von dem Grömonville*), welcher
berichtet, dass die Sachen zu Wien in crisi, und fast zweifelt, dass
er die Neutralität erhalten werde. — Auch ist vor drei Tagen ein
Courier nach Schweden abgefertiget, mit welchem dem französischen
Ambassadeur') Ordre gegeben, alles einzugehen, was der Pomp onne
versprochen, und das entworfene Project zu vollenziehen. Von selbiger
Allianz vernehme ich noch immerfort dasselbe, welches ich in meinen
vorigen Relationen unterth. berichtet, nämlich dass dieselbige in sich
begreife: an Seiten Schweden eine Neutralität und Obligation, mit
demjenigen zu brechen, welcher sich wider I. K. M. declariren würde.
^) Oouverneur der Spanischen Niederlande.
*) Chevalier de Gr^mooville, fraozÖBiBcher Gesandter am Kaiserhofe.
*) HoDor^ Coartio. Das Nähere aber das ZuBtandekommeD des franzö-
sisch-schwedischen Vertrages vom 14. April 1672 geben Christoph v. Brandts
RelatioDen ans Stockholm, welche noter Abschnitt «Brandenbarg und Schweden**
im folgeodeo Bande zum Abdruck kommeo.
4*
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52 '• Zar Vorgeschichte des deutsch- fransöBiBcheD Krieges. 1671. 1672.
Ich habe zwar nicht vemoDimen, dass wegen der Stadt Bremen etwas
darin enthalten, bin aber allzeit der Meinung gewesen, dass Schweden
keinen Tractat machet, sonder dieses Interesse mit darin zu begreifen ;
und bin darin noch mehr eonfirmiret worden, nachdem ich alhier von
Leuten*), welche zu den Negotiationen employiret gewesen, und zu
Lionne gegangen, zu welchem die Schwedische Ministri ein grosses
Vertrauen gehabt, insonderheit dem General Podewils, vernommen,
dass alle Schwedische Ministri, welche alhier gewesen, solches ge-
suchet, I. E. M. aber solches allemal damit abgelehnet: es wäre noch
nicht Zeit, man mtlsste eine andere Gonjunctur erwarten. Der
Reichsrath Björnclou hat mir solches ofte gestanden und war der
Meinung, Frankreich hätte solches zum Stichblatt, um Schweden in
ein oder anderes grosse Interesse zu ziehen. Welches alles machet,
dass ich gänzlich glaube, dass die Schweden solches in den Trao-
taten so sie itzt machen mit zu begreifen suchen — es möchte
dann sein, dass sie sich deshalben darüber nicht declariren wollen,
weil sie genugsam erfahren, dass ihnen Niemand solches gern
gönnet noch darin consentiren wird als in der grössten Noth, und
es derenthalben bis dahin differiren wollen, bis sie in Postur, und
Andere dergestalt embarrassiret, dass sie conniviren müssen. Zum
wenigsten weiss ich wol, dass sie im Römischen Reich zwei Haupt-
zwecke haben: die Stadt Bremen und: Ewrer Ch. D. wie auch des
Hauses Braunschweig Puissance und Aufnehmen zu hindern.
„Der Marquis de Seignelay, Mr. Colberts ältester Sohn, ist von
hier nach Brest gereist, am die Ausrüstang der Flotte zu befodero. Man
hält davor, er werde von danneo nach England gehen. — I. K. M. ver-
mehren die Pension des Duo d'Enghien jährlich mit 20000 Thaler.
Man saget, I. E. M. werden sehr eilen, sobald es nnr die Jahreszeit immer
leidet, die Armee, bei welcher Sie selber sein werden, ins Feld zn führen,
mit welcher Sie, so Spanien Holland beistehet, die Niederlande, wo aber
selbige Krone neutral bleibt, Mastriebt attaquiren werden, za welchem Ende
überaus grosse Magazine auf der Maas gemachet werden. Sonst halte ich
vor gewiss, dass I. K. M. ein Dessein auf Njmwegen haben, der Hollän-
dische Ambassadeur ist auch davon advertiret und hat es berichtet.
Was vor grosse Desseins I. K. M. bei diesen so grossen und kostbaren
Praeparatorien haben, solches werden Ew. Ch. D. dero hocherleuchtetem
Verstände nach am besten jndiciren."
Allem Ansehn nach ist es darauf gemünzet, dass Frankreich ent-
1) Die verderbte Dechiffriruog der folgenden Zeilen ist im Texte oben
richtig gestellt.
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FraDKösische Projecte. Was man von Ef. erwartet. 53
weder mit Assistenz von England den Holländern das Commercium
gänzlich aus den Händen bringt, und dadurch den Estat zu Grunde,
oder aber dass man dieselben in die Extremität bringet, damit sie die
Spanischen Niederlande abandonniren oder zum wenigsten dieselben
mit Ihrer Eon. Maj. theilen müssen. Hiebeneben ist es wol gewiss,
dass man Dessein hat, den Bischof von Strassburg oder seinen
Bruder, nach des jetzigen Ghurfttrsten Tode, zum GhurfQrsten oder,
bei seinem Leben, zum Goadjutoren zu machen. Eben dergleichen hat
man mit dem Gardinal de Bouillon zu Li^ge vor, welches beides,
wann Frankreich in beiden Bischofthttmern dergestalt Heister ist,
ganz nicht wird zu hindern sein; dadurch I. E. M. gedachtes Bi-
sche flhum gänzlich in Dero Devotion bringen, wo Sie dasselbe nicht
gar mit der Zeit, gleich wie andere, incorporiren, zumal wann Sie
Hastricht occupiren sollten. Auch wird es gar schwer halten, die
Plätze, welche der Ghur fürst von Göln Ihrer E. M. eingeräumet,
wieder aus Ihren Händen zu bringen, dadurch I. E. M. Heister von
dem Rhein bleiben und Holland dadurch zwingen, auch die Stadt
Göln, wann der Rhein oben und unten gesperret, entweder zu Oe-
horsam bringen oder gänzlich ruiniren können.
Von Ew. Gh. D. promittiret man sich alhier die Neutralität ganz
gewiss. Ich habe neulich Jemand gesprochen, welcher mit dem
Fürsten von Gondä ausführlich davon geredet. Selbiger Fürst ist
der Meinung gewesen, dass Ew. Gh. D. nicht anders thun könnten,
aldieweil auf den widrigen Fall I. E. M. das platte Land im Herzog-
thum Cleve und der Grafschaft Hark gänzlich ruiniren und in die
Asche legen würde. Auch vernehme ich, dass man alhier Estat machet,
aus der Grafschaft die Vivres vor die Armeen zu haben. Ich habe Ew.
Gh. D. schon längst berichtet, dass man hier ein Absehen auf Duisburg
hat, und dass der General Podewils, welcher vor zwei Jahren auf Jhrer
E. H. Befehl alle diese Plätze besichtigt, seine Heinung aufsetzen
müssen, wie selbiger Platz belegen und wozu er dienen könnte :|.
Relation, d. d. Paris 29. Januar s.u. 1672.
Der holländische Gesandte präparirt sich zur Abreise, da er nun- 29. Jan.
mehr siebt, dass hier nichts auszorichten ist. Le Tellier hat ihm durch
d'Estrades sein Bedauern darüber ausdrücken lassen, aber: ,,1. E. M.
wären dergestalt animiret, dass Sie von keiner Negotiation noch Aecom-
modement hören wollten.^ — Allerlei Hitteilungen über die Haltung Spa-
niens und über spanisch-französische Differenzen. — Chevalier Bann ist
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54 I- Zar Vorgeschichte des deatsch-fraDsosiBchen Krieges. 1671. 1672.
abgereist, wie man sagt, mit drei Millionen. Mr. de Seignelay bringt die
Ratification von allem was geschlossen nach England. Der Herzog von
Monmonth wird in der franz. Armee ein Regiment commandiren. — Graf
Moliua, der Spanische Ambassadenr, ist hier. —
,,1. K. M. lassen den Ban an allen Oertern cessiren, ausser zn Ver-
sailles, nm das Geld sowol als das Volk znm Kriege anzuwenden.^ Tod
des Kanzlers Pierre de Signier. Le Tellier und der Marschall
Villeroi haben Hoffnung zur Nachfolge. „Inmittelst lassen I. K. M. in
Dero Präsenz durch einen Secretarius siegeln.'^ — Die Audienz der aus-
wärtigen Minister bei Pomp onne ist wiederholt verschoben, vor drei Tagen
aber auf künftigen Sonntag anberaumt worden.
Relation, d. d. Paris 4. Februar 1672.
4. Febr. „Seit meinem letztern habe ich Mr. de Pomponne gesprochen und
nach abgelegter Gratulation ihm mit mehrem hioterb rächt, aus was ürsach
ich anhero geschicket und was ich nachgehends alhier zu negotiiren gehabt,
Weichergestalt Ew. Ch. D. sowol in- als ausserhalb Reichs, auf dem Reichs-
tag, in der Cölnischen Sache, in den Holländischen Afifairen, auch en ögard
der Triplen Allianz und sonst in allen Stücken Sich Ihrer Königlichen ML
Consiliis confirmiret, sonsten aber I. K. M. mit ganz keinen Demanden,
wie sie auch Namen haben möchten, importuniret hätten, und dass es Ew.
Ch. D. nm desto weher thäte, dass einige übel Intentionirte sich unter-
fangen, Ew. Ch. D. bei I. K. M. übele Officia zn leisten und des Herrn
Blas peil Proposition, welche bloss allein das Cölnische Wesen respiciret,
dahin zu deuten, als wann dieselbe wider I. Kön. M. angesehen wäre.
Wobei ich Gelegenheit genommen ihm alles dasjenige vorzustellen, welches
Ew. Ch. D. sowol wegen gedachter Proposition als auch der anderwärtigen
Conduite der Fürsten von Fürstenberg bekannt zu machen in Dero
gn. Rescript vom 20. /30. Dec. abgewichenen Jahres mir gn. anbefohlen.
Er antwortete mir, er hätte von I. K. M. nicht anders vernommen, als dass
Dieselbe ein sonderbares Contentement von Ew. Ch. D. Conduite und ein
grosses Verlangen hätten, Ew. Ch. D. Dero Freundschaft in der Tbat zu
bezeugen und die bishero gepflogene gute Verständniss zu continuiren. Die
itzige Conjuncturen würden Gelegenheit dazu geben, dann I. K.M. Ewrer
Ch. D. Dero Plätze wieder verschaffen wollten, sonder dass es Ew. Ch.
D. etwas kostete. Was die offerirte Mediation betreffe, hätte dieselbe
nicht können statthaben, weil annoch kein Krieg wäre; es müsste der-
selbe vorhergehen, ehe man könnte Frieden machen. Sonst wäre es ihm
lieb, dass Ew. Ch. D. nur allein wegen der Stadt Cöln in Sorgen gestanden
wären. Es würde solcher Zweifel Ewrer Ch. D. nunmehro gänzlich benommen
sein, weil der Vergleich*) getroffen, zu welchem I. K. M. nicht wenig con-
tribuiret und dadurch der Welt erwiesen hätten, dass Sie nicht mehr
wünschten, als den Frieden im Reich und die Stadt Cöln im vorigen
^} Der Cölnische Recess vom 2. Januar 1672. Vgl. die Einleitang.
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AuBlasBUDgen Pomponnes. Aach bezugl. Schwedens. 55
Stande zn erhalten. Sonst wäre es ihm leid, dass £w. Ch. D. ein Mi6&-
trauen in die FQrsten von Fürstenberg setzten, er könnte gleich wol
nicht anders sagen, als dass dieselbe jederzeit, soviel er merken können, Ew.
Ch. D. Dienst zn befördern gesuchet. Er verhoffete, sie würden sich dergestalt
gegen Ew. Cb. D. anschicken, da<!6 Ew. Ch. D. ein Vergnügen daran hätten.
Der Com te de St. G^ran rühmte zum höchsten die Reception, so ihm wider-
fahren, er verhoffete einen glücklichen Snccess seiner Negotiation. — Ich ver-
sicherte ihn^ dass Ew. Ch. D. keine grössere Inclination hätten als diejenige,
aUes was immer möglich Ihrer E. M. zn Gefallen zu thnn, welches Ew. Ch.
D. jederzeit in der That erweisen würden, insonderheit, wann I. K. M. Ewrer
Ch. D. Officia zu Hinlegnng der Differentien und Erhaltung eines avantagensen
Vergleichs acceptiren wollten. Wozu er mir aber ganz keine Hoffnung gab.
Als ich ihn bat, er möchte ein favorabler Interpres sein von Ew. Ch. D. Con-
daite, beantwortete er solches mit ßezeigung einer sehr hohen Devotion und
Respects gegen Ew. Ch. D., ruhmete auch sehr hoch die Gnade, welche Ew.
Ch. D. ihm erwiesen durch die Gratulation zu seiner neuen Charge. Sonst
sagte er mir, der Hof in Schweden wäre noch eben so beschaffen, als ich
ihn gelassen'). Ich antwortete, es wäre zwar annoch dieselbe Minorität, es
regierten auch annoch fast alle diejenigen Ministri, welche wir damalen ge-
sehen, und wäre dannenhero der vorige Modus agendi zu vermuthen;
sonsten aber verlautete es, als wenn seine letztere Reise die Maximen in
etwas verändert hätte. Er wollte aber solches ganz nicht gestehen, sondern
versicherte mich, dass sie in allen Stücken bei der vorigen Coriduite blieben.
Ich sagte, des Herrn Björnclons Tod würde auch sonder Zweifel eine
Veränderung nach sich gezogen haben. Er antwortete mir, es hätte solches
ganz kein Changement verursachet, die Maximen wären so tief eingewurzelt,
dass darin nichts zu ändern, die Gazetten hätten viel davon gesprochen,
aber es wäre nichts daran. Dem ohngeachtet halte ich davor, dass ein
Trait6 de Neutralit^ dergestalt, wie ich vorhero unterth. berichtet, ajnstiret
sei , und bin hierin noch mehr bekräftiget , nachdem ich erfahren,
dass der Graf Eönigsmark von I. K. M. in Schweden den Cbaracter
von Ambassadeur ordinaire bekommen, und dass Mr. dePomponne solches
in Schweden mit dem Herrn Reicbscanzler, welcher dem Ansehen
nach sich wieder mit göd. Grafen zu versöhnen willens, ajustiret. Graf
Königs mark hat mir auch gesaget, er hätte in specie Ordre, wegen zweier
Puncte, so bei desMr.de Po mponne Anwesenheit unerörtert blieben, albier
zn negotiiren, deren einer betreffe die Quantität der Subsidien tempore
neutralitatis. Ein mehreres habe ich bis dato nicht von ihm erfahren
können; dafern England sich wider Holland declariret, zweifele ich im ge-
ringsten nicht, Schweden werde zum allerwenigsten neutral bleiben, zumalen
solches ihrer itzigen Beschaffenheit und Conduite ganz conform ist.^'
„Der Holländische Ambassadeur hat bereits alle seine Meubles em-
baliiret'', er hat aber Ordre, vorläufig noch zu bleiben. Als er neulich Po m-
*) Vgl. oben S. 17 Amn. 1.
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56 1* ^^^ Vorgeschichte des deattch-fraDSÖBisohen Krieges. 1671. 1672.
poD ne gesprochcD, „hat ihn derBelbe gefraget, wamm er dergestalt wegeüete,
I. E. M. hätten Sich ja noch nicht declarlret. Als er aber dem Mr. de
Pomponne referiret, welchergestalt die Herrn Staaten Ihrer Königlichen M.
alle billigmässige Satisfaction offeriret und im übrigen ihre Gondnite jnsti-
ficiren wollen, hat ihm Mr. de Pomponne keine andere Antwort gegeben:
qn' ii y avait des affaires, qni se demdlaient mienx par des actions qne par
des paroles/^ Ungewisse Nachrichten ans Spanien. „Sonst wird man mit dem
ehesten Patenta ausgeben anf 25, oder wie andere sagen anf 20 000 Mann,
welche dem Verlant nach in Catalonien sollen employiret werden.^^ Madame
ist am dreitägigen Fieber bettlägerig. Die Princesse de Conti i) gestern
Morgen Tcrstorben. „Ich bin Willens gewesen, nicht ehender als über-
morgen nach Abgang der Post nach S. Oermain zu fahren. So habe
ich aber heute von Mr. Bonoell*) Schreiben bekommen, dass ich morgen,
welches mein Posttag ist, gar früh mich daselbst einfinden soll, weil I. K.
M. mich sprechen wollen, und ich noch vorher mit Mr. de Pomponne
reden soll; weshalben ich diese meine nnterth. Relation in der Eil ver-
fertigen müssen. Die Ursach kann ich nicht muthmassen.**
Relation, d. d. S. Oermain 5. Februar 1672.
5. Febr. Pomponne eröffnet: er habe vom Könige stricten Befehl, dem Ge-
sandten mitzuteilen, der König erwarte vom Kf. eine formelle» Neutralitäts-
erklärung, wenn er entschlossen sei „die Neutralität zu observiren^'. Nach
St. G^rans Beriebt hätten nämlich die brandenbnrgischen Commissarien
in Berlin zu verstehen gegeben, dass Kf. wol neutral bleiben könne ohne
formelle Declaration. Cr. entgegnet, das hätten die Commissarien wol nur
„per modum discnrsus^' vorgebracht; Frhr. O. v. Schwerin') habe dieses
Yorscblages (an ihn brieflich) mit keinem Worte gedacht. Er verspricht
aber alles getreu zu referiren. „Weil Pomp, auch gut befund, dass ich
solches noch bei itziger Post referirete, als habe ich diese Relation in
seines Commis Cabinet in höchster Eil verfertiget und dieselbe mit einem
fremden Petschaft versiegelt, weil ich das meine zu Schliessung des Paquets
zu Paris gelassen.^
P. S. Die Ansagung der Audienz beruhte auf einem Irrtum Bonoeils.
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 12. Febniar 1672.
[Anf ein Rescript vom 15. Janaar. Uoterredung mit PomponDe. Dieser benimmt
jede Hoffonog eines gütlichen Ausgleichs , drängt anf Neutralität. Die Unmög-
lichkeit derselben dnrch Grockow vorgestellt Indemnisationserklärnngen der
französischen Minister. Spanisoh-hoUandischer Traotat. Seignelay. Heise.]
12. Febr. Seine vorletzte Relation d. d. 4. Febmar ist mit der ordinairen Ham-
burger Post abgegangen. Die letzte d. d. 6. Febr. ^nrde aber mit einer
Eine Nichte Mazarios.
^) Ceremonienmeister.
^ Der Oberpräsident des Geheimen Baths su Berlin.
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AnslassQDgeD Pomponnes. Jeder gdiliche Aasgleieli aomöglieh« 57
SeodoDg an St Oöran befördert. Beide werden hoffentlich angekom-
men sein.
Auf desKf. RescriptOhatBichCr.sademholläodischeo Oe sandten
begeben. Der erklärte^ alles sei erfolglos geblieben, die Raptor wäre nicht
mehr zq yerhüten: y^alle Officia, welche man deshalben anwenden könnte,
würden vergeblich sein, man würde sieh nnr damit prostitniren.^' Er weiss
niimlich recht wol, „was vor Jndicia von seiner Proposition gefallenes
£r widerriet anch Grockow eine Andiene beim Könige; er möge nnr
Pomponne Vortrag thnn.
In S. Germain Gespräch Pomponnes mit Grockow, welcher unter Hin-
weis auf die Berliner Gonferensen mitSt. 06ran und Amerongen*) erklärt,
dass namentlich des letzteren Gontestationen in Berlin Hoffnung zu einem
gütlichen Accommodement erweckt hätten; er, Grockow, sei befehligt, unter
Ueberreichung eines neuen Greditifs des Ef. Interposition und Officia
anzubieten. Indes in Rücksicht auf alles, was sich seit Datirung dieses
Schreibens ereignet, halte er es vielleicht für gerathener, auf seine Ver-
antwortung, dem Könige nicht „mit nicht practicabeln Propositionen'' zu
kommen und das Schreiben nicht zu überreichen, bitte vielmehr Pomponne
die Sache auf sich zu nehmen, die er (Grockow) ihm unter Ueberreichung
eines Briefes vom Kf. hiermit bestens empfohlen haben möchte.
Pomponne antwortete: ich könnte selbst leicht ermessen, dass kein
gfltliches Accommodement zu hoffen. Der Holländer Zweck, wann sie Sa-
tisfaction offeriren, wäre nur allein, Zeit zu gewinnen und I. E. M. in eine
Negotiation zu engagiren, welche die Kriegsoperationen suspendiren
würde. Ich möchte selbst judiciren, obs Ihrer K. M. zu rathen wäre,
die bevorstehende Gampagne mit Tractaten zuzubringen, da I. M. Sich
in eine so kostbare Armatur gesetzet nnd mit Ihren Alliirten die Me-
Bflres genommen. Er zweifelte ganz nicht, der Herr de Witt') würde
allerhand Projecte von reciproquen Gommercien-Tractaten fertig haben,
welche aber Ihrer K. H. ganz nicht anständig sein würden (|: daraus
ich judicire, Ihrer K. M. Dessein sei, unter anderem, Holland einen in-
esgalen und Holland präjudicirlichenGommercien-Tractat abzuzwingen :|),
I. K. H. würden Sich aber dergestalt nicht lassen amüsiren.
Pomponne drängt auf Neutralität des Kf. . . . . Ew. Gh. D. ver-
möchten so viel im Reich, dass wann Ew. Gh. D. Sich mit I. K. M.
^ Das Reseript (d. d. Coelln a. Sp. 15/25. Januar 1672) enthält die Weisaugen,
aaf welche die BelaiioD Bezag nimmt, and swar mit der Motiviraog, St G6ran
habe bedauert, dass er auf eine FriedeDshandluDg nicht iostruirt; lässt es aber
Grockow frei, nur mit Pomponne zu reden, .wenn des holländischen Gesandten
Proposition nichts gefruchtet und I. M. noch sehr verbittert wären'^
*) Der holländische Gesandte in Berlin. Vgl. Einleitung S. 11.
*) BathspensionariuB von Holland.
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58 I- Zur Vorgeschichte des dentsch-fraozÖBischeD Krieges. 1671. 1672.
Freunden zusammensetzten, sie die Resolutiones nach ihrem Gefallen
dirigiren könnten. Es wäre ja Niemand, der sich dieser Sachen an-
nähme oder wegen derselben ein Wort verlöre als Ew. Ch. D.: que
TEmpire ne parloit point, qu'il n'y avoit que V. A. E. qui le faisoit
parier . . . und doch, wendet Cr. ein, wolle man Kf. sprechen machen,
bevor noch das Reich gesprochen habe. Nach Turenne's Meinung
sei nach dem Instr. P. das ganze Reich zur Neutralität verpflichtet.
Es erfolgt dennoch Audienz beim Könige, der nach geendigtem Rat
den Gesandten wider dessen Yermaten rufen liess*). Der König äussert sich
nicht nur im' nämlichen Sinne sondern mit denselben Worten wie Pom-
ponne: der Entschluss, die Holländer zu züchtigen ^ stehe fest; des Kf.
Vorstellungen nehme er wol auf, „mais cela ne peut former une n^gocia-
tion^^ dass Ef. „veut former comme un tiers parti^S habe ihn (den König)
sehr überrascht; er boffe, Kf. werde seine Anschauungen ändern. Cr.
möge dies nach Berlin schreiben. „Welches ich versprach und, weil I. K.
M. abbrachen, mich retirirete."
In einer nochmaligen Unterredung mit Poroponne legt Cr. wiederum
die Unmöglichkeit dar, dass Kf. sich wegen der Neutralität declarire; er
merkt aber wol —
dass sie ohngeachtet alles desjenigen, welches man ihnen sagen kann,
deshalben noch weiter in Ew. Ch. D. dringen werden. | : Ich will zwar
hoffen, dass I. K. M. auf den Entstehungsfall doch Bedenken haben
werden, Ew. Ch. D. feindlich zu tractiren; jedennoch wird es zum
höchsten nöthig sein, dass Ew. Ch. D. Sich bei Zeiten des Hauses
Lüneburg und Anderer Assistenz versichern. Wer weiss, wann die
Successe glücklich von statten gehen und andere Potentaten sich nicht
regen, was Frankreich resolviren möge! Der Fürst von Turenne
saget mir frei heraus: I. K. M. wären mit Ew. Ch. D. sehr übel
zufrieden, weil Ew. Ch. D, die Neutralität refüsireten, und wäre
solches capabel, die Freundschaft zu alteriren. Mr. de Pomponne
braucht gelindere Terminos. In effectu aber kommt es auf eins aus. —
Es wird gar hoch genommen, dass Ew. Ch. D. der erste und fast
der einige sein, sowol in- als ausserhalb Reichs, die da ums gemeine
Beste sprechen, Werbungen anstellen und den Anderen ein Exempel
geben. Turenne sagte mir: er wüsste ein Expediens, Ew. Ch. D.
Lande zu retten und dieselbe ausserhalb des Krieges zu halten; wann
Holland Ew. Ch. D. alle die Plätze restituirte, alsdann würden I. K.
M. dieselbe nicht attaquiren. Verhoffentlich wird solches zum wenigsten
Das bei dieser Aadienz abgegebene, vod Cr. oben erwähnte Schreiben
des Kf. gedr. U. A. II. 8. 508.
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AaBlassoDgeD der Minister je nach Massgabe des Discorses. 59
wegen eines oder des andern Platzes practicabel sein. Er sagt
solches discursweise. Ich zweifle aber gar sehr, wanns dazu kommen
sollte, ob Frankreich bei währendem Kriege solches gern sehen würde. :| —
Eine Mediation des Kf. — nach Pomponnes Dafürhalten — würde dann,
wann es zn Tractaten kommen sollte (nicht jetzt), dem Könige höchst an-
genehm sein.
Sonst hat Mr de Pomponne in unterschiedenen Malen von
des Comte de St. G^ran Negotiation weitläufig mit mir geredet und
mir gesaget, man hätte von demselben zu wissen begehret, was der
Zweck des Krieges wäre, und mit was vor Satisfaction I. K. M. Sich
contentiren wollten. Nun wäre es schwer^ bei dem Anfang eines
Krieges vorher zu sehen, wie der Ausgang sein werde. Ich habe ihm
geantwortet, dass I. K. M. gewohnet wären alles zu emportiren, was
Sie Sich vornähmen, Sich nichts vorzusetzen, was nicht der Billigkeit
gemäss, und Sich mit demjenigen zu vergnügen, wie glücklich auch
die Successe wären, und wie favorabel sich die Occasiones anliessen,
ein Mehres zu erhalten; vor Ew. Ch. D. aber wäre es schwer und
Deroselben nicht zuzumuthen, ein Dessein zu embrassircn und das-
selbe zu secondiren, entweder par une ligue oflfensive oder par un
trait6 de neutralit^, sonder dass solches Dessein Ew. Ch. D. bekannt
wäre. Dann wann man sagte, I. K. M. wollten Holland abaissiren,
solche Expression wäre so general, und könnte so vielerlei diflFerente
Concepte formiren, dass man nicht wüsste, bei welchem man bleiben
sollte, und ich befinde, dass die Ministri durch diese Question nicht wenig
embarrassiret sein, ja dass sie sich selbst contradiciren, nach dem es
der Discurs mit sich bringet, und es ihnen dienlich ist, um diese oder
jene Meinung zu behaupten. Wann sie sustiniren wollen, dass I. K.
M. so grosse und vaste Desseins nicht haben, als Dero Widerwärtige
aussprengen, so sagen sie, I. M. wollten nicht einen Fuss breit Landes
hiebei gewinnen; die Plätze, welche Sie einnähmen, wollten Sie den
rechtmässigen Herren restituiren; I. K. M. Dessein wäre nur allein
die Holländer etwas zu züchtigen; Sie führeten den Krieg allein pour
son honneur et pour le profit des autres, hätten auch nicht im Willen,
die B^publique zu destruiren, sondern nur allein Revanche zu nehmen.
Wann aber ich vorstelle, dass Ew. Ch. D. deshalben mit den General-
staaten gewisse Mesures je observiren müssten, weil sie nach geen-
digtem Kriege sich der empfangenen Offensen allzeit erinnern und
alle Ew. Ch. D. Lande mit Entziehung der Commercien, die Clevischen
aber wegen ihrer Situation, auch sonsten incommodiren könnten, und
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60 !• Zor Vorgeschichte des deatoohjfraDZÖBischeD Krieges. 1671. 1672.
obgleich I. E. M. Ouarantie kräftig genug wäre, so könnten doch Ew.
Gh. D. den Effect derselben nicht anders geniessen als durch Krieg,
welches eben dasjenige wäre, welches Ew. Ch. D. omnibus modis yer-
httten wollten: alsdann antwortet man mir, ob ich vermeine, dass nach
geendigtem Kriege die Pnissance, und in specie die Commercien des
Estats in dem jetzigen Stande sein würden. Man versichert mich, der
Staat würde alsdann dergestalt abaissiret sein, dass er nicht würde ver-
mögen Jemands zu beleidigen. Der Fürst von Turenne sagt mir:
dass I. K. M. Sich hierin gegen Ew. Gh. D. nicht expliciret, solches
käme daher, weil Sie bis dato keine Gonfidenz in Ew. Gh. D. setzen
könnten; gegen andere hätte man sich deutlicher herausgelassen.
Ich weiss aber wol, dass man gegen andere ebenmässig variiret und
dem einen dieses, dem anderen jenes gesaget, daraus erscheinet, {: dass
die Desseins grösser sein als man vorgeben will und ausser Zweifel
dahin gehen, die Staaten Oeneral dergestalt zu abaissiren, dass sie die Nie-
derlande abandonniren und im Gommercio leges acceptiren müssen. :|
Die Minister versprechen für das Gampireo der französiächen Trappen
im Herzogtom Gleve Indemnisatioo des Ef., wenn er nur neutral bleibt,
und Restitoirung der eingenommeneu Plätze ohne Entgelt. Nach Pom-
ponnes Aossage sei es auch noch ungewiss, ob die Kriegeoperationen
würden in Gleve vorgenommen werden. „I. K. M. würden Sich zwar die
Hände deshalben nicht binden, und wollte er solches nicht gern affirmiren
oder negiren/' Auf den von Grockow, jedoch ohne Hoffnung, ausgedrückten
Wunsch, ,;es könne doch sedes belli anderswohin transferiret werden'', ant-
wortet er: „ans dem Gölnischen könnte man an unterschiedene Oerter mar-
schiren'' — „und ich sehe wol, dass man Estat machet, noch diesen künf-
tigen Sommer |: mitten in des Feindes Land zu gehen, sonder Zweifel durch
die Tssel."
Schliesslich kann ich nicht umhin Ew. Gh. D. vorzustellen, dass
man alhier so wenig auf die Raison als auf die Freundschaft einiger
Menschen Reflexion machet. Man lasset sich auch nicht gross ange-
legen sein, die Raisons mit Raisons zu beantworten. Die letztere
Antwort ist allezeit: es wäre Ihrer E. M. Interesse und Desseins oder
Deroselben Oloire gemäss, und man würde seine Sicherheit nirgend
als bei I. K. Majestät finden. Pour toute raison allegiret man I.
K. M. Macht — welches gar schwer ist vor diejenigen, welche etwas
zu negotiiren haben, so I. K. M. Desseinen nicht gemäss ist. :{
Das Notificationsscbreiben der Entbindung der Eurfürstin von einem
Prinzen Pomponne zugestellt. Gomplimente.
Prinz Albert Friedrich geb. 14. Januar 1672.
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Bei Hofe keine Räcksichten auf fremde Reflexioneo. 61
P. 8. Der Tractat zwischen Spaoieo and Holland in Spanien sehr gut
aufgenommen. Die Königin, hiess es, wolle ihn ratifioiren ; das gemeine Volk
bezeuge seine Frende darüber und wünsche den Krieg; anch der Rat
ausser Pefieranda neige dazn Hier hält man dafür, Spanien
werde wol Mine machen , ohne jedoch zur That zn schreiten. So scheint
es allerdings, ,)Weil sie nicht en Estat, und weil die Königin bei Ratifica-
tion obged. Tractats sich vorbehalten, dass sie zn Praestimng des ver-
sprochenen Snecnrses nicht ehe wollte obliglret sein als sechs Monat nach
geschehener Requisition . . /' Einige kleine Streitigkeiten wegen der Li-
miten der eroberren Festungen sind unlängst beigelegt worden. Der König
hat sich erboten, von den eroberten beanspruchten Dependentien gänzlich
abzustehen, wenn Spanien den französischen Truppen Durchzug und Proviant
In den Niederlanden verstatten wolle, Ja gar die Gonquesten zu theilen,
wann Spanien mit agiren wolle, davor aber Spanien sich wol hüten wird^.
Mr. de Seignelay ist nach England gegangen und hat von den Gel-
dern, welche man dem Chevalier Bann ausgezahlt, die Hälfte, nämlich eine
Million Florin, von Galais mit sich genommen und die andere Hälfte da-
selbst gelassen, die aber auch folgen soll. — Heiss, kflicher Unterthan, ans
Cleve gebürtig, hier Kurtrieriscber und Kurmainzischer Agent, in Mission
des Königs nach Trier und Mainz verschickt, um an beiden Höfen Neu-
tralität und freien Durchzug zu erwirken. Worauf Kurtrier „alles promit-
tiret^, Kurmainz aber „zwar gute Worte gegeben, jedoch allerhand Difficul-
täten eingeworfen habe^'). — de Groot rät dem Kf. zu einer Sendung
nach England. — Louvois verfertigt die Instruct. für die Generale. Mar-
quis de Villeroi disgraciirt.
Relation, d. d. Paris 9./19. Februar 1672.
In einer Unterredung mit Pomponne hat der holländische Ge-^^ j^^*
sandte auf seine nochmalige Frage, „ob nicht annoch ein Temperament
zu finden^ von dem Minister keine „vergnügliche Antwort^ empfangen.
Er hätte zwar Ordre, bis auf weiteren Befehl zu verbleiben*); „alldieweil
aber bei so gestalten Sachen, da die Negotiation ganz cessirte, es das An-
sehen gewinnen könnte, als wann er blos allein explorandi gratia alhier
wäre, und er dannenhero befürchtete, dass seine weitere Gegenwart I. K.
M. nicht angenehm sein dürfte^, so bäte er um Aufschlüsse über des
Königs Absichten. Da Pomponne sich über diese nicht auslässt, vielmehr
meint: „er müsste bekennen, wann er an einem Orte wäre, an welchem er
die Ruptur mit seinem Herren vorhersehe, dergestalt als der Ambassadeur
vermeinete dieselbe vorherzusehen, er so lange nicht warten sondern je
eher je lieber sich von dannen begeben wollte^ — hat der Gesandte seine
') Vgl. den Schriftwechsel mit KMains in der Abteilung 3.
«) Vgl. oben S. 55.
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62 I. Zar Vorgeschichte des deuUch-französischeD Krieges. 1671. 1672.
Pässe verlangt; noch vier Wochen aber wird er bleiben, um die Staa-
tische Antwort und bequemeres Wetter abzuwarten.
Pomponnes Discurse gehen immer dahin, ^dass Ew. Ch. D. sich noth-
wendig entweder französisch, holländisch oder neutral declariren müssteD,
die Ruin des platten Landes wäre auf keine Mittel und Wege zu verhüten,
am allerwenigsten aber wann £w. Ch. D. die holländische Partei nähmen;
das Reich könnte sich nicht darein mesliren, weil in dem Instrumento Pacis
die Paciscentes versprochen, dass einer des anderen Feinden nicht assi-
stiren wollte. Die grösste Assistenz, so man den Holländern leisten könnte,
wäre diese ; dass man ihnen so considerable Festungen in Händen Hesse;
wo solches per vim geschehe und wider Ew. Ch. D. Willen, hätten I. K. M.
zwar nichts dawider zu sagen. Auf solchen Fall aber könnten Ew. Ch. D.
Ihrer E. M. nicht verdenken, dass Sic ihre Feinde suchten, wo sie wären, weil
Sie so feste Plätze par raison de guerre nicht könnten zurücklassen; dafern
aber Ew. Ch. D. mit gutem Willen die Holländer darin Hessen, declarirten Sie
Sich dadurch wider I. K. M., weil Sie eben dadurch Dero Feinden einen so
considerablen Succnrs leisteten. Es könnte auch keiner unter dem Prae-
text eines Foederis defensivi den Holländern assistiren, sonder dass er
I. K. M. vor einen Aggressoren declarirete, weil die Foedera defensiva nicht
anders als contra aggressorem Statt hätten und pro lubitu eines Jedea
könnten ezpliciret werden, welches der grösste Tort und die grösste Offense
wäre, die man I. K. M. thun könnte. Es wäre nicht allezeit derjenige
Aggressor, welcher den Krieg anfinge, sondern welcher Ursache dazu gebe.
Wenn man darauf einwendet, dass I. K. M. bei anderen Kriegen, in welche
Sie Sich mesliret, allezeit dergestalt judiciret, dass der Laedirte vorher
Satisfaction begehren und gütliche Tractaten versuchen müsste, auch
nicht eher als in Entstehung gütlicher Mittel zu den Waffen zu greifen be-
fugt wäre, antwortete er, es wäre von Holland keine Satisfaction in der
Güte zu hoffen, wie ich vorhero weitläuftiger berichtet. Von dem Reiche
vermeinet er, es wäre so wenig en estat sich darin zu mesliren, als es dazu
befugt wäre. Es hätten auch andere Reichsfürsten, von welchen I. K. M.
die Neutralität begehret, den Prätezt vor dem Reiche nicht vorgeschützet,
welche er zwar nicht nennen wollen; ich vermerke aber wol, dass er von
Chur-Mainz und Chur-Trier redet, massen der Mainzische Agent, von
welchem ich in meinem letzteren gemeldet, itzt weiter gegen mich heraas-
gangen und mir angezeiget: Chur-Mainz hätte in der ihm ertheilten Reso-
lution die Neutralität mit der Condition versprochen, wann kein Reichs-
fürst mit impliciret werde, sich dennoch dabei vorbehalten, dass, wann Ew.
Ch. D. oder sonst ein Fürst des Reichs Klage führete, dass er sich nicht
entbrechen könnte, dieselbe dem Reiche vorzutragen und sich der sämtlichen
Stände Gutachten zu conformiren, welche Resolution dennoch ziemlich
equivoque zu sein scheinet ^ Wenn der König nicht wüsste, wie lange er
des Kf. Freundschaft versichert sein könne, „würde I. K. M. Ew. Ch. D.
mit ganz anderen Augen ansehen und andere Mesüres nehmen.^ — Aus
allen diesen Di^cnrsen erhellt, „| : dass Frankreich einig und allein auf
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Frankreich kennt nur sein eigenes loteresae. 63
sein eigenes Interesse und im allergeringsten nicht anf die Conservation
seiner Alliirten siehet, sondern prätendiret, dass dieselben ihre Maximen nnd
Allianzen allzeit nach I. E. M. Interesse und Begehren verändern sollen
und dass derjenige , welcher nicht dazu resolviren will, die Frenndschaft
mit Frankreich anmöglich conserviren kann :|^ Von allen anderen
Potentaten ,,macbt man hier wenig Consideration^, ^|: insonderheit vom
Römischen Reiche, welches man in Wahrheit fast nicht nennen darf.
Ihrer E. M. Interesse und Deroselben Puissance sein die Raisons, welche
blos allein alhier employiret werden :|^
Man spricht von nenen Werbungen, um „auf allea Fall auch gegen
Spanien parat zu sein^. — Der Englische Gesandte ist zurück. — Ouc
de Monmonth führt ein Englisches Regiment von 2500 M., welches der
König von England „auf eigene Unkosten^ geworben, in die französischen
Dienste. — Qraf Schombergs Ernennung zum Lieutenant-G6n^ral in
der Armee scheint zurückzugehen, „sonder Zweifel wegen der Religion
und einiger Irrungen mit Mr. de Turenne^; vielleicht wird er sich gar
auf seine Güter nach Deutschland begeben.
Relation, d. d. Paris 16./26. Februar 1672.
Königs mark hat sich vermöge des aus Schweden erhaltenen Gredi* 26 Febr.
tifs bei Hofe angemeldet, jedoch ohne Charakter; hat bei beiden Majestäten
Andienz ohne Ceremonien gehabt, darauf eine Conferenz mit Pomponne
gehalten. Der Tractat mit Schweden werde sich wol an der Subsidienfrage
zerschlagen.
Aus Spanien Nachrichten, nach welchen man dort — sogar Graf
Feneranda — die Allianz zwischen Spanien und Holland befürworte.
Allerlei Kriegsvorbei:eitung dort. Geldaufnahmen in Genna. — Graf Mon-
terey habe alles in allem nicht mehr als 21000 M.
Die vornehmsten Herren als Tu renne und Prinz Cond6 machen
nunmehr Anstalt zu ihrer Equipage. Erwerb von Artilleriepferden. An-
kauf von Pferden, die Provision für die Armee fortzuschaflfen. — Man ist
auf ausserordentliche Mittel bedacht um Geld zusammenzubringen.
Creirnng und Verkauf neuer Chargen. Bei Fortdauer des Krieges dürfte
das Geld bald mangeln, zumal so grosse Summen aus dem Lande geben und
bei dem Stillstand der Commercien nichts wieder hineinkommt.
Relation, d. d. Paris 4. März 1672.
üeber die 120 Compagnien zu Fuss werden noch 100 zu Pferde ge- 4, Mmz,
werben. Ferner ist man entschlossen, „mit dem allerebesten annochSOOOM.
zu Fuss und 2000 Teutsche Reiter werben zu lassen*'. — Aus Spanien die
Kachrichten wie bisher. Die Königin resolvirt, Holland nicht aufzugeben
sondern ^vermöge der Libertät, welche der Pyrenäische Friede beiden
Kronen lasset, mit Auziliarvölkern zu assistiren^. — Crockows Raisonne-
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64 I- Zar Vorgeschichte des deatach-fraDEÖBiechen Krieges. 1671. 1672.
ments über den Krieg >). Er wünscht die Raptar sehr lebhaft, damit die
französische Macht getrennt werde, und Ef. Gelegenheit bekomme diejenigen
Resolntionen zu nehmen, ^welche die Sicherheit Dero Estats erfordern wird,
widrigenfalls es schwer fallen wird, dem ersten Anfall einer so grossen
Macht zu widerstehen .... Der erste Anfall wird der gefährlichste sein.
Nachgehends aber wird es nnmöglich Bestand haben können .... Andere
Potentaten werden sich declariren .... and alsdann wird es Zeit sein,
dass Ew. Ch. D. Dero eigenes and das gemeine Interesse beobachten,
welches ausser allen Zweifel darin beruhet, dass die fransö-
sische Macht nicht grösser werde. Ich zweifle anch um desto
weniger daran, dass £w. Gh. D. endlich die Partei wider Frankreich
nehmen werden, weil ich versichert bin, dass die hiesige Maximen und Ma-
nier die Alliirte zu tractiren Ewrer Ch. D. nimmermehr anstehen werden.**
Sir Downing bei seiner Rückkehr nach England ins GefÜngnis ge-
setzt'); wie man meint, ^weil er eine secrete Ordre überschritten, welche
ihm anbefohlen, mit seiner Abreise zwar zu drenen aber gleichwol nicht
wegzureisen*^. Zu einem Bruch zwischen England und Spanien, trotzdem
dieses letztere den Holländern assistire, werde es angeblich nicht kommen.
Dessen ungeachtet wird weder der Krieg noch die Allianz mit England
dieses Jahr zu hindern sein, ^weil der Franzö sische Ambassadeur') zu
London die 500000 Reichsthaler, welche er noch bei sich gehabt, numehro,
sondern Zweifel nach erhaltener genügsamer Versicherung, ausgezahlet
hat.*^ — de Groot will Nachricht haben, der Krieg werde so geführt
werden, dass der König suchen werde, |: „mitten ins Gebiet der General-
staaten bineinzugehn , das platte Land zu yerheeren, die Städte aufzufo-
dem und, wann sie sich nicht ohne Gapitulation ergeben, ihnen hernach
dieselbe nicht zu verstatten*^ : | Dies hat der Fürst von Fürstenberg
schon 7or anderthalb Jahren Crockow gesagt. —
P. S. Tod der kleinen Madame^) am vergangenen Dienstag Morgen.
Die Majestäten in Folge dessen von S. Germain nach Versailles, wo sie
längere Zeit bleiben werden.
Relation, d. d. Paris 11. März st. n. 1672.
11. M&rz. Dio ▼on der Allianz zwischen Spanien und Holland eingelaufenen Zei-
tungen haben in den hiesigen Gonsiliis so gar keine Veränderung verursacht,
dass vielmehr die KriegSYorbereitnngen desto stärker fortgesetzt werden.
„Dieses allein ist verordnet, dass, da anfangs der Französische Ambassa-
deur zu Madrid mit der Ruptur gedreuet, wo selbige Krön die geringste
Assistenz an Holland leistete, I. K. M. ihm anitzo durch einen eigenen
Diese grösstenteils in Chiffren.
*) Englischer Gesandter im Haag. Er hatte dort am 14. Februar seine
Abschiedsaudienz genommen.
*) Seignelay s. oben S. 61.
*) Vgl. S: 66 Anm. 1.
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Armee. Pomponne Aber des Kf. Neutralitat. 65
Coarier Ordre gescbicket, der Königin anzuzeigen, dass wann dieselbe sieb
in den Terroinis des Pjrenäiscben Friedens bielte nnd den Holländern
allein mit AnziliarTÖlkern assistirte^ I. K. M. solcbes yor keine Rnptar
nehmen, sondern demobngeacbtet den Frieden mit der Krone Spanien stets
unterhalten wollten. Man hält davor, es rühre solches daher, weil I. K. M.
wol sehen, dass, wann Sie mit Spanien im Kriege begriffen, Sie die Eng>
liscbe Allianz nnmöglich conserviren können, weil selbige Krön weder die
Commercien mit Spanien entbehren noch zugeben kann, dass Frankreich
sich der Spanischen Niederlande bemächtige. Der HolIändischeAmbas-
sadenr giebt Tor, dass Spanien selbst brechen werde and sich bereits dnrch
einen Tractat dazu engagiret. Es wird zwar solches bei Hofe nicht ge-
glaubet, gleichwol werden auf allen Fall Praeparatoria gemachet, und weil
die Spanier in Catalonien eine considerable Arm^e unter dem Commando
des Don Jean formiren wollen, als wird Anstalt gemachet 10 000 Mann
nach dem Ronssillon zu schicken, welche der Duc de Noailles und
Monsieur Le Brett commandireü sollen. Einige sagen, dass der Oraf
Schomberg, im Fall Portugal sich nicht rege, daselbst employiret werden solle. ^
FrinzGond6 wird das Commando führen über die Armeen, „welche dies-
und jenseits dem Rhein agiren'*, und bei sich haben seinen Sohn, den Dnc
d'Enghien, und die Marächaox de ßellefonds und d'Humi^res; er
wird künftigen Monat von hier aufbrechen. Louvois hat zu einem frem-
den Minister gesagt, ged. Fürst würde yor allen Dingen Wesel wegzuneh-
men suchen, damit er in Westphalen einen festen Fuss hätte, „daraus Ew.
Ch. D. höchstvernünftig judiciren werden, ob Frankreich Willens selbigen
Platz, zumalen solange der Krieg währet, zu restituiren^. Der Mar^chal
de Cr^quy soll gegen den Juni bei Ath ein Corps zusammenführen.
„Von Ihrer K. M. Arm^e, welche sonder Zweifel die grösste sein wird,
höret man noch nicht, an welchem Ort dieselbe agiren solle. Aller Appa-
renz nach wird es Mastricht gelten, es möchte dann sein, dass es mit Spa-
nien zur Ruptur käme, auf welchen Fall sie sich zweifelsohne nach den
Spanischen Niederlanden wenden wird. I. K. M. machen Estat den
20. Mai s. n. von hier aufzubrechen.''
Pomponne mit der Resolution an St. O^ran nicht zufrieden.
|: „Er saget, eine Nentralität von etlichen Monaten sei keine Neutralität, son-
dern allein ein Amüsement, uro Zeit zu gewinnen und sich in Postur zu
setzen. Und weil man also an der Neutralität alhier desperiret, als machet
man sich gänzlich das Facit, dass Ew. Ch. D. der Holländer Partei nehmen
werden. Der Pomponne sagt noch stets , wie ich schon vorher unterth.
berichtet, dass wer Holland wegen eines Foederis defensivi assistire, der-
selbe declarire I. K. M. vor den Agressoren, welches I. K. M. nicht anders,
als vor eine grosse Offense und Injurie anfnehmen würden. Und ob man
wol darauf antworten kann, dass I. K. M. niemal den Krieg anfingen, ob-
Bchon es propter iustaro cansam wäre, wird doch solches alles nicht helfen, und
obschon I. Kön. M. gegen Spanien in diesem Punct Dero voriges doch ge-
ändert, ist solches propter speciales causas (wie obgemeldet) geschehen,
Mater. %. Qesch. d. Q. Karfärtten. Xm. 5
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66 I* Zar Vorgeschiclite des deatsch^fransosischeD Krieges. 1671. 1672.
welche bei anderen Tielieieht nicht statt haben werden; nnd wird also
hochnöthig sein, dass, wo Dänemark vermöge der Quadruplen Allianz assi-
stiren wolle, nicht allein dass solches conjanctim mit denen anderen Mem-
bris selbiger Allianz geschehe , sondern auch, dass Ew. Ch. D. mit Dero
AUiirten eine considerable Armee parat haben, damit Frankreich entweder
obligiret sei, bei gedachter AssistiCnz gleichwie mit Spanien zu conniriren^
oder wo es nicht zu erhalten, dass Ew. Ch. D. zur Defension parat seien.^'
„Was ich wegen Wesel berichtet, glaube ich um desto eher, weil ein
vornehmer Herr, welcher malcontent und mit dem Holländischen Ambassa-
deur correspondiret, ihm gerathen, dass die Staaten Oeneral ein Lager auf
der Lippe formiren. Derselbe hat ihm auch gerathen, dass die Staaten
General etwa dreitausend Polen oder Croaten annehmen möchten, um die
Französische Cavalierie zu strapaziren.^
Der Resident Canon ist wegen des Herzogs von Lothringen hier
und conferirt mit Pomponne. — Der König hat den Comte de Char-
rost vermocht, dass sowol er als sein Sohn, ,, welcher die Survivance ge-
habt, die Charge de Capitaine des Gardes de corps gegen eine Satis-
faction abgetreten, und alsofort selbige Charge dem Duc de Duras
conferiret. Der Comte de C harrost ist mit anderen Chargen und 200 Flo-
rin, die ihm der Duc de Duras ausgezahlet, vergnüget worden/'
^Vorgestern habe ich nebst dem Dänischen und Pfälzischen Residenten
das Compliment de condol^ance wegen des tötlichen Hintritts der kleinen
Madame^) bei L E. M. beiderseits, wie auch bei Mr. le Dauphin abgeleget,
und gleicbitzo werde ich avertiret, dass ich noch Vormittags ebendasselbe
Devoir bei Monsieur und Madame abstatten soUe.^
P. S. Bericht über Aeusserungen eines gewissen Poll, welcher vom
Kf. „in unziemlichen Terminis'' geredet. Es ist Befehl ergangen ihn in
Arrest zu nehmen.
Relation, d. d. Paris 18. März 1672.
18. März. |: „Man ist alhier äusserst bemühet die Ruptur mit der Krön Spanien zu
verhüten, nachdem der König in England declariret, dass er wider Spa-
nien nicht agiren noch dem König in Frankreich, wo er mit Spanien
im Krieg begriffen, assistiren könne, wegen der Ursachen, welche ich in
meinem letztern angeführet. Es wird vor sicher gehalten, dass die Eng-
lische Kaufleute über 36 Millionen in Spanien haben, weiche sie auf solchen
Fall würden verlieren müssen. I. K. M. haben noch yor Tagen einen Cou-
rier nach Spanien abgefertiget und dem Ambassadeur daselbst Ordre ge-
geben, durch grosse Promessen nnd alle mögliche Officia die Ruptur und die
Ratification der Tractaten, welche deshalben mit Holland mögen gemachet
sein, zu verhüten, und die Königin zu versichern, dass obscbon sie den
Oben S. 64. Das Ereignis ohne Bedeutang. Die Kinder Ludwigs XIV.
aas der Ehe mit Marie Therese (drei Söhne und drei Tochter) starben — mit Aas-
nahme des Dauphin -- sämtlich im zartesten Kindesalter.
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FraDkreichs BemfibaDg die Baptar mit Spanien eh verhaten. 67
Holländern mit Aaxiliairölkern assistiren würde, Sie's vor keine Ruptur auf-
nehmen, sondern dem ohngeachtet den Frieden mit Spanien unverbrüchlich
observiren wollen. Der Holländische Gesandte giebt stets vor, dass die
Krön Spanien noch diese Campagne brechen werde. Ich mnss aber fast
daran zweifeln ]. wegen der von Holland ins Mittel gebrachten Permnta-
tion der Stadt Mastricht gegen einen anderen Platz, welches gar nützlich,
wenn Spanien Frieden behält, aber unnöthig zu sein scheinet, wenn die-
selbe Krön mit in den Krieg impliciret wird. 2. Weil Spanien dem Ver-
laut nach den General Marcin lehnen, welchen sie auf solchen Fall selbst
wol bedürfen würden. 3. Weil der Ambassadeur von Spanien alhier
ehestens seine Entr6e halten wird und bereits sehr grosse Wechsel gezogen,
auch seine Meubles und Equipage verfertigen lasset und sich gänzlich an-
stellet, als wenn er lange alhier verbleiben wollte, zu geschweigen, dass
Spanien noch nicht genugsam in Postur ist, deshalben man noch mehr
Apparenz sehen muss» ehe man solches glaubet. :|"
„I. K. M. haben diese Woche zum öftern Kriegsrath und mit dem P r in ce
de Gond6 lange Conferenzen gehalten, und vermuthet man täglich, dass die
Lieutenants G6n6rauz und Mar^chanz de Camp sollen genennet werden.
I. K. M. haben nach der Schweiz geschicket, um daselbst anderwärtige
Werbungen anzustellen; so wird auch vorgegeben, dass über die 15 Tau-
send Mann, von denen ich neulich gedacht, in künftigem Majo noch mehr
Patenta sollen ausgetheilet werden. Die Magazine zu Li6ge werden täg-
lich verstärket, und die Maas hinunter grosse Quantität von allerhand Vor-
rath dahin geschicket. Die Equipage zur See wird auch mit aller Macht
fortgesetzet, wie auch alle zum Feldzng nötige Präparatoria, von denen
ich vorher gedacht, mit aller Macht continniret werden. Der Tag, an wel-
chem I. K. M. aufbrechen werden, ist noch eigentlich nicht benennet, man
hält aber, es dürfte sich wol gegen den 20. Mai verziehen. Der Prince
de Cond6 aber wird vorher nach dem Rhein gehen. Der Mar6chal
de Cr^quy ist nach Lotbringen gereiset, um noch einige Tronppen zu
detachiren, welche nach dem Erzstift Göln gehen sollen.^'
„Man hat verspüren können, dass die Zeitungen ans England nicht
allerdings angenehm gewesen, und sein unterschiedene Couriers von dannen
ankommen und wiederum dahin geschicket worden. Es muss aber nichts
essentielles sein, weil die Praeparatoria einen Weg als den andern fortge-
setzet werden und darin keine Aenderung zu spüren. Der Holländische
Ambassadeur hat seine Abschiedsandienz bis dato differiren müssen wegen
einiger sichtbaren Incommodität, wird aber dieselbe ehester Tage begehren
und innerhalb 8 od. 10 Tagen von hier aufbrechend).'^
Relation, d. d. Paris 31. März 1672.')
,)Der Holländische Ambassadeur ist nach überall genommenem Ab- 31. März.
Zwischen dieser nnd der folgenden sind einige Relationen nicht mehr
vorhanden.
^ Üeberwiegend in Chiffren.
5*
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68 I- Zar Vorgeschichte des deatsch-fraosösischen Krieges. 1671. 1672-
schied gestern von hier abgereiset, hat alle alhier anwesende Holländer mit sich
weggenommen. Der Englische Ambassadeur hat bei I. K. M. Audienz
gehabt) die geschehene Rnptnr notificiret und begehret, dass I. K. M. dem
Tractat zu Folge ebenmässig den Krieg declariren möchten, darauf I. K.
M. ihm geantwortet, wann der Holländische Ambassadeur weggezogen, sollte
solches ehister Tage geschehen. Vermuthlich wird man solange damit an-
stehen, bis noch mehr Völker im Cölnischen angelanget, damit nicht etwa
die Holländer, wann die Declaration geschehen, alsobald etwas tentiren
möchten. Es hat mir nicht allein der Holländische Ambassadeur, welcher
bei dem Handel interessiret und parteiisch sein kann, sondern auch andere
Personen von Consideration vor ganz gewiss berichtet, dass der Fürst
von Cond6 alsofort die Stadt Göln attaquiren werde, und ich bekenne,
dass mir allemal leide davor gewesen. Die einige Consideration, welche
solches* verhindern könnte, ist der Esgard, welchen Frankreich auf das Rom.
Reich haben kann; aber derselbe ist so gross nicht, als man vielleicht wol
meinet. Man praepariret sich alhier und vermeinet stark genug zu sein,
um alle Hindernisse, sie mögen herkommen, wo sie wollen, zu überwinden^
und weil Frankreich beginnt zu sehen, dass das Rom. Reich sich darin m^liren
möchte, wird der König um desto eher suchen sich dieses Postes zu be-
mächtigen. Ich bin auch von wol intentionirten Personen guter Hand
gewarnet, dass I. K. M. es sehr empfinden, dass Ew. Gh. D. unter allen
Chnrfürsten und Fürsten Sich Ihrer K. M. am wenigsten accomodiren und
den anderen ein Exempel geben, dass Ew. Gh. D. deshalben sich sehr wol
vorzusehen hätten; dann I. K. M. gewiss solches ressentiren würden.^^
Des Königs Abreise wird wol bis in den Mai aufgeschoben werden.
„I. K. M. gehen nicht nach Metz, wie man anfangs vorgegeben, sondern
nach Rocroy, woselbst ein Rendez-vous gän^ral sein wird, und noch ein
anderes zu Metz, und wird aller Apparenz jene Arm^e mit I. K. M. nach
Mastricht, diese aber mit dem Fürst von Gond6 nach dem Rhein
gehen. Es möchte dann sein, dass I. K. M. mit Ihrer Armöe .in die
Spanischen Niederlande fielen ; es ist zwar solches nicht eben zu vermuthen
wegen England, wie ich vorher unterth. berichtet, aber dem ohngeachtet
man mit der Zeit nirgends sicher sein müssen.'^
Der König ist resolvirt noch sechs Tausend Schweizer zu werben.
Das Regiment desDucdeMonmouth ist schon guten Teils in Frank-
reich angelangt. In den Grenzfestungen werden noch stets unglaublich
grosse Praeparatoria und allerband Magazine verfertigt. Marquis de
Seignelay ist nach den Seehäfen verreist, um die Ausrüstung der
Flotte zu beschleunigen. „Unter allen solchen Praeparatorien wird sonder-
lich auf das Geld gedacht. Golbert hat dieser Tage viele Edicta, welche
dahin angesehen, zu dem Premier Praesident im Parlament gebracht und
begehret, er solle dieselben verificiren lassen. Selbiger aber, obschon er
ganz dem Hofe anhänget und Hoffnung hat Ganzler zu werden, hat ihm
geantwortet, er getraue sich nicht damit durchzudringen, wann I. K. M.
nicht selbst ins Parlament kämen, welches auch geschehen soll. Man weiss
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Weggang des holläDdischen Gesandten. Kriegserkläning. 69
noch nicht eigentlich, was es ist, aber ntan sagt, es sollen überaas harte
Sachen sein. Anch creiren I. E. M. viel neae Chargen und verkaufen die-
selben, um Geld zu machen. I. E. M. wollen auch verordnen, dass kein
Officier mit Oold oder Silber charoarirte oder gestickte Kleider tragen solle,
sondern blos Escharpen mit Frangen und des bords de chapeau; auch soll
wegen der Tafeln, so in der Arm^e gehalten werden, ein Reglement ge-
machet werden. Der Comte de Lislebonne ist alhier angelanget. Man
sagt, er habe sein particulier Accomodement gemachet. ^
Baron Schönborn*) ist hente wegen E Mainz augekommen. „Ich
habe ihn gesuchet, aber noch nicht zu ihm kommen können. Man sagt, er werde
die Mediation praesentiren, und eu dem Ende auch ein kaiserlicher Minister
anhero kommen, welches aber alles yergeblich und umsonst sein wird. Das
einige Expediens wird sein, dass alle Interessirte sich yerbinden Gewalt mit Gts-
walt zu wehren. Der Spanische Ambassadeur praepariret sich, eine
prächtige Entr^e zuhalten, der Englische wird ehestens seine Abschieds-
aadienz nehmen und wieder nacher England kehren, die Truppen haben Ordre
sich zu dem Aufbruch fertig zu halten. Es haben einige fremde Ministri
durch den Introducteur des Ambassadeurs bei I. E. M. vernehmen lassen, ob
I. E. M. wollten, dass sie Deroselben folgen sollten, darauf I. E. M. geant-
wortet, es würde solches zu eines jeden Belieben stehen; die meisten aber
werden alhier verbleiben.''
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 8. April 1672.
[Der Krieg ist erklärt. AnslasanDgeD des Mainzischen Qesandten. Unterredang
mit Chevalier Lockart, der an die dentschen Höfe gebt. Tractat mit Lothringen
nichtig. Nachrichten.]
Der Erieg gegen Holland ist gestern alhier durch den Trompeten- 8. April,
schall publiciret und deshalben eine Königliche Declaration in den Truck
gegeben, welche sowol als die Edicta, so in dem Parlament verificiret,
sonder dass L E. M. (wie man anfangs davor gehalten) hineinge-
kommen, der Herr Beeck bei heutiger Post zweifeis ohne übersenden
wird. Man weiss noch nicht eigentlich den Tag, an welchem L E.
M. aufbrechen werden, es wird aber ohngefähr zu Ausgang dieses
oder mit Anfang künftigen Monats ohnfehlbar geschehen. Der Prince
de Condö hat seinen Officirern das Rendez-vous auf den 29. dieses
zu Södan gegeben. Die Flotte ist auch nunmehro parat auszulaufen,
bestehend in dreissig Orlogs-Schiffen.
Baron Schönborn erklärt: sein Anbnngen bestünde darin, dass er
Ihrer Eaiserlichen M. Resolution auf dasjenige, welches Ghur-Mainz
^ Freiherr Erwin von Schönborn, Neffe des Kurfürsten von Mains.
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70 I* Zur Vorgeschichte des deutsch-fraozösischen Krieges. 1671. 1672.
auf I. K. M. Begebren Ihrer Kaiserlichen M. vortragen lassen, be-
treffend die begehrte Neutralität und die Versicherung, dass es nicht
wider das Reich angesehen, Ihrer K. M. hinterbracht, und bestünde
solche Resolution ') in gar generalibus Terminis, und dann, dass er
Ihrer E. M. Fayeur gegen Chur-Pfalz und die Explication des aus-
gesprochenen Laudi suchen sollte. {: Sonsten aber hat er mich sehr
versichert, dass. er alhier nichts negotiire, welches des Churfttrsten
von Mainz particulier Interesse betreffe noch ihn einigermassen enga-
gire, sondern dass derselbe freie Hände behalten würde alles zu thun,
was ihm obliegen und des Köm. Reichs Ständen dienlich sein könnte,
welches er mit grossem Eide bekräftiget. Die Mediation Namens I.
Kais. M. oder Chur-Mainz zu praesentiren hätte er nicht in Befehl,
es wäre auch noch nicht Zeit, bis der Krieg angangen, und man in
Postur, dieselbe mit Nachdruck zu offeriren. Er sagt, dass man am
Kaiserlichen Hofe sowol als bei Mainz sehr froh sein würde, dass
der Krieg mit Holland anginge, dann man sonst denselben im Rö-
mischen Reiche gehabt. Er wüsste auch nicht, ob's rathsam wäre
bald Friede zu machen, dann man doch wegen der grossen Macht
und vasten Desseinen von Frankreich nicht sicher sein würde. Er
hat bereits Pomponne gesprochen und darauf bei I. K. M. Audienz
gehabt, welche, wie er mir berichtet, mit seinem Anbringen sehr con-
tent gewesen. Er sagt, man habe ihn nochmalen hoch versichert, dass
I. K. M. wider das Römische Reich noch desselben Stände nichts in-
tendireten. Man beklage sich aber gegen ihn gar hoch, dass Ew. Ch.
D. die Neutralität nicht acceptiren wollten, ohngeachtet dass I. K. M.
offeriret, die Plätze, welche Sie einnehmen würden, Ewrer Churfürstlichen
D. wiederzugeben, davon I. K. M. parat wären dem ganzen Rö-
mischen Reich Part zu geben. Aber wie ernst es Frankreich sei die
Plätze am Rhein wiederzugeben, weiset die Gitadelle zu Neuss,' und
es ist wol gewiss, dass man die Plätze alsdann erst wiedergeben wird,
wann man siebet, dass man dieselben nicht mainteniren noch die
grossen Desseine prosequiren kann. Man hat ihm auch hoch ver-
sichert, dass I. K. M. kein Dessein auf die Stadt Co In hätten. Die
Zeit wird es weisen; ich besorge gar sehr, wo nicht bald grosse Gar-
nison hinein kommet, und das Reich eine Arm6e formiret, es sei da-
mit geschehen. Der Herr von Schönborn vermeinet, Frankreich
BeBprochen in MareDhoHz's Rel. d. d. Warzburg 7. März 1672 (unten in
Abteilung 3;.
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Schönborn erläatert sein AnbriogeD. Loekart über England. ^\
würde es nicht tbun wegen des Respectes auf das Reich. Derselbe
ist indes, meint Gr., gering und wird nicht verhindern, dass man deshalb
etwas unterlasse. Ew. Gh. D. und Pfalz-Neuburg sein so wol Stände
des Reichs als die Stadt Göln, und nichts desto weniger wird Frank-
reich nicht unterlassen Dero Lande zu ruiniren, zum wenigsten mit
Durehzttgen und dergleichen. Sonst klagt der Herr von Schönborn
gar hoch, dass der Fürst yon Lobkowitz*) die grosse Gefahr von
Frankreich nickt sehe oder nicht sehen wollte, sondern dass er alle-
zeit sage, man müsse Frankreich nicht offendiren noch demselben
Ombrage geben, und hält er festiglich davor, wann nur Frankreich
Spanien nicht attaquirte, der Kaiser werde sich nicht regen. :|
Der Ghevalier Lockart, welcher vor diesem zu Zeiten des
Cromwells die Englischen Truppen in Frankreich commandiret und
nacbgeheuds Ambassadeur am hiesigen Hofe und Gouverneur zu
Dttnkirchen gewesen, wird von dem Könige in England an Ew. Gh.
D. und andere Ghur- und Fürsten des Reichs geschicket und ist an-
hero kommen, um alhier alles, was seine Negotiation betrifft, zu con-
certiren. Als er sich bei mir anmelden lassen, und ich ihn darauf
besuchet, hat er mir gesaget, dass L K. M. in England, nachdem
Sie die Allianz mit Frankreich gemachet und den Krieg gegen Hol-
land declariret, ihn an Ew. Gh. D. schicken wollen, um Ew. Gh. D.,
Dero Freundschaft Sie sehr hoch aestimirten, mit in die Allianz
zu ziehen, und Ew. Gh. D. dabei sehr grosse und considerable Avan-
tagen zu offeriren. In welchem Diseurs er sich vernehmen liess, dass
die beiden Könige dergestalt mit einander verbunden wären, dass
sie gemeine Freunde und Feinde haben würden. Ich sagte ihm
darauf, warum Ew. Gh. D. Sich bis dato nicht hätten erklären können,
nämlich wegen der Importanz des Werkes an sich selber, und dann
wegen des ^gards, welchen Ew. Gh. D. sowol auf andere Puissancen
als auch absonderlich auf L Kais. M. und das Reich haben müssten.
Darauf er mir geantwortet, I. Kais. M. und das Reich könnten vigore
Instrumenti Pacis den Feinden von L K. M. von Frankreich nicht bei-
stehen noch die Holländer in Dero Plätzen leiden, welches eine gar
grosse Assistenz wäre; mit Spanien wäre es wegen des Pyrenäischen
Friedens ein anderes. Weil er mir auch sagte, {: sein König hätte ihm
Ordi'e gegeben, wegen der Securität desjenigen, welches würde ver-
sprochen werden, und der Ombrage, welche man von der Puissance
Der Kaiserliche PremiermiDister. Ueber ihn vgl. die Berichte AnhallQ
aus Wieo (anten iö Abteilung 4).
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72 I* Znr Vorgeschichte des deutsch- französischen Krieges. 1671. 1672.
von Frankreich billig haben müsse, mit Ew. Ch. D. za reden, and
dass er verhoffete, Ew. Ch. D. deshalben vollkommene Satisfaction
zu geben, antwortete ieh ihm, er würde solches gar leicht thun können,
Ew. Ch. D. hätten weder Ombrage noch Aemulation mit der Franzö-
sischen Puissance; es wären aber andere Potentaten, als Schweden,
der Kaiser und Spanien, welche solches gar sehr considerireten. Und
als ich ihm eins und das andere von ihren Maximen sagte, antwortete
er mir, es wäre solches alles an dem, sein König considerirte solches
alles wol, sein Intent wäre nicht, des Königs in Frankreich Macht
noch grösser zu machen, sondern allein Holland zu abaissiren. Wann
der König in Frankreich weiter griflfe, würde sein König andere Me-
sures nehmen, aber auf dieses Jahr wäre es unmöglich die Freundschaft
beider Könige und die genommenen Mesures zu verändern, welches
er unterschiedlich und gleichsam mit einem Nachdruck wiederholete.
Ich befürchte aber, der König in England werde mit Frankreich der-
gleichen Consilia, anlangend den innerlichen, sowol geist- als weltlichen
£tat in England, formiret haben, dass er schwerlich so bald wird
zurücktreten können, zumalen man aus England schreibet, dass da-
selbst an der Seeküste gegen Flandern grosse Magazine von Korn
und Fourage gemachet werden, welches Einige meinen, dass es ge-
schehe, einen Platz in Flandern zu attaquiren, Andere aber, um Volk
nach England zu schiffen. :{
„Ged. Chevalier Lockart sagte mir, er würde aacb nach Gassel
und an die Lüneburgischen Höfe, vielleicht auch nach Münster and Göln
geben, und wollte er sehr eilen, damit er om desto eher bei I. K. M. Arm6e
sein könnte, allwo er diese Campagne sich aufhalten würde. Man hat mir
gesaget, dass der König ihn dem Dnc de Monmouth zagegeben, um
ihm zu assistiren. Vielleicht esloignirt man ihn mit Fleiss aus dem König-
reich, weil er snspect.'' Die Tractaten mit dem Herzog von Lothringen
sind gänzlich zerschlagen, and der Comte de Lislebonne nebst dem
Präsident Canon von hier abgereist. Der Spanische Ambassadeur
hat vorgestern seine Entr6e gethan und wird morgen Audienz haben. —
Tod der alten Madame') vor sechs Tagen im Hotel Luxembourg.
Relation, d. d. Paris 15. April 1672.*)
lö.April. Besuche bei Pomponne in S. Germain. P. versichert, St. G6ran sei
in der That nur auf sein eigenes Ansucheu (Führung seines Regimentes)
abberufen worden. I. K. M. nehme Ombrage von der Zusammenkunft des
1) Margarete Herzogin von Orleans, Witwe Gastons, f 3. April.
^ Zum grössten Teil in Chiffren.
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England. GebahreD der fransosischen Minister. 73
Kf. mit dem Knrfürsten von Sachsen nnd dem Herzog von Gelle^),
^wiewol er sehr glimpflich und circonspect davon redet. Andere aber
sprechen deotlicher davon; der Fürst von Cond^ hat öffentlich gesagt:
I. K. M. würden nicht leiden, dass eine Armee nahe bei ihnen stünde, son-
dern wann solches geschehen, darauf los gehen.^^
Es werden aufbrechen Tarenne am 22. Gond6 am 24. Pom-
ponne am 26. Der König von S. Germain ans am 28; am 2. Mai dann
in Charleroy. Rendezvoos der Königlichen zu Rocroy, der Gond^'schen zu
S^dan. — Der König geht auf Mastricht. Er begehrt die Citadeile von
Lüttich. Der Cardinal von Bouillon würde Coadjutor dieses Bistums
werden; dann könne das Stift Lüttich mit der Zeit der Krone Frankreich
incorporirt werden. Ein ähnliches Schicksal droht vielleicht auch Göln.
Man hat 168 000 M. auf den Beinen, mit welchen man sich die aller-
grössten Successe verspricht. ^Sie nehmen gar keinen Esgard auf irgend
welche Potentaten.'^ In kurzem müsse das Römische Reich mit implicirt
werden. — Der Kur fürst von Trier hat von einigen Provianischiffen, welche
die Mosel herunter ins Gölnische kamen, die gewöhnliche Auflage nehmen
wollen. Daraufhat Louvois einen Zettel an den Trierischen Agenten alhier
geschrieben, dass wo nicht der Kurfürst dieselben Sachen ohne Aufenthalt
passiren Hesse, I. K. M. eine Armee in sein Land schicken wurden, um die
Passage mit Gewalt zu nehmen, „mit dem ausdrücklichen Begehren, dass
der Agent solches den Kurfürsten wissen lassen sollte.*^
Schönborn discredirt den Fürsten von Fürstenberg: derselbe
sei überall suspect und incapabel für L K. M. im Rom. Reiche zu nego-
türen. — Der Tractat mit Schweden wird sogleich abgeschlossen werden.
Graf Königsmark erwartet sein Greditif. — Fürstenberg wird noch vor
1. K. M. Aufbruch aus Baiem hier erwartet. — Dass der Bischof von
Munster französisches Geld genommen und sich mit Frankreich engagirt
hat, wird öffentlich gesagt; „und ist nicht zu zweifeln, obschon er solches
dissimuliret, dass er sich mit den französischen Armeen conjungiren werde'^
V. Crockow. Relation. Dat Paris 23. April 1672.
[Pompoone rechtfertigt ^es Königs Massregeln. Schönborn. Louvois uod Rur-
trter. Golberts Mittel neue Gelder aufznbriDgen. Bendezvoas der Armeen.
Nene Gesandtschafteo.]
Mr. de Pomponne hat mich nochmalen versichert, dass der 23. April.
Comte de St 66ran bloss allein deshalben revociret wäre, weil er
solches so inständig gesuchet, dass aber dem angeachtet I. E. M. bei
Dero vorigen Sentimenten verharreten, mit Ew. Ch. D.') in guter Freund-
schaft zu leben und dieselbe Ewrer Ch. D. auch bei diesem Feldzuge zu
erweisen durch die Conservation der Länder, so viel solches sich nur
Zu Potsdam. Mit diesem am 15., Oiit jenem am 25. März. Vgl. unten Abt. 3.
') Original verschrieben: I. K. M.
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74 I- Zar Vorgeschichte des deutsch- fraDzösisebeD Krieges. 1671. 1672.
immer than liesse; weshalben I. K. M. alle mögliche Ordre und
Disciplin würden halten lassen, dergestalt dass, wann Ihrer E. M.
Armeen entweder da durch marchireten oder in denenselben einige
Belagerung vornehmen worden, alles bezahlet und nichts als blos
allein die Fourage sollte genommen werden. Als ich ihm aber darauf
remonstrirte, dass auch dadurch das Land zu Grunde gerichtet und
in solchen Schaden gesetzet würde, welcher weder mit Gelde bezahlet
noch in vielen Jahren könnte redressiret werden, antwortete er mir,
die Fourage könnten sie nicht entbehren, I. E. M. aber würden solches
anderwärts recompensiren. Ich bat ihn, er möchte selbst judiciren,
ob dergleichen Schaden könnte aestimiret oder bezahlet werden, in-
sonderheit aber, dass er Ihrer E. M« wollte zu Gemttthe führen, dass,
wo die Holländer etwas delinquiret^ es nicht billig wäre, dass Ew. Gh.
D. darüber litten, und dass Ew. Gh. D. Lande des Rom. Reichs
Glieder wären. Weil nun I. E. M. überall so hoch contestireten, dass
Sie das Rom. Reich nicht gefährden wollten, so könnten Ew. Gh. D.
mit gutem Fug daraus scbliessen, dass I. E. M. auch Dero Lande
verschonen und dieselbe mit keinen Eriegsbeschwerungen beladen
würden. Er antwortete mir darauf, er wüsste selber nicht, an welchem
Orte I. E. M. die Attaque thun würden, es könnte wol sein, dass
Ew. Gh. D. Lande nicht einmal berühret würden. Weil aber Raison
de guerre nicht würde zugeben, die Holländer auf dem Rücken zu
lassen, wann die Armeen vielleicht nach der Yssel zu gingen, wollte
er nicht gut davor sein, dass I. E. M. die Plätze, welche Sie an dem
Rhein in Ew. Gh. D. Landen besässen, vorbei gehen und dieselbe
nicht attaquiren würden. I. K. M. suchten Dero Feinde, wo Sie die-
selben fänden, solches wäre aller Völker Rechten gemäss. Im übrigen
tesmöignirte er kein sonderbares Missgnügen von Ew. Gh. D. bisherigen
Gonduite, sondern sagte, es wäre Ihrer E. M. gar lieb gewesen zu
vernehmen, dass Ew. Gh. D. mir Vollmacht schicken wollten, I. E. M.
würden auch, wanns die Gonjunctur erforderte. Jemand anders zu Ew.
Gh. D. schicken. Er gedachte gleich wol dabei, dass von allen Orten
Zeitung einkäme, |: dass Ew. Gh. D. Sich bereits mit Holland enga-
giret und dieser Ursachen halber nicht allein grosse Werbungen vor-
nähmen, sondern auch Sich äusserst bemüheten, andere Ghurfürsten und
Fürsten mit in die Partei zu ziehen. I. E. M. aber wollten solches
nicht glauben. Ich antwortete ihm darauf, dass Ew. Gh. D. zwar
werben lassen, welches nicht zu verwundern, aber mit Holland nichts
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PompoDoe rechtfertigt des Königa, Crockow des Rf. Massregeln. 75
geBchloesen, weniger andere dazu invitireten. Zu Jemand anders hat
er gesaget, dass Ew. Gh. D. anitzo beginneten Sich Ihrer E. M. zu
accommodiren. Ich kann aber nicht umhin, Ewrer Ch. D. unterth. zu
berichten, dass bei Hofe die gemeine Rede ist, dass Ew. Ch. D. mit
einer Arm^e nach dem Khein kommen, und dass I. E. M. dieselbe
angreifen werden. Wiewol nun auf dergleichen Gerüchte nicht eben
zu bauen, so sein mir doch des Pomponne freundliche Bezeugungen
nichtsdestoweniger suspect, und ich halte davor, dass Ew. Ch. D.
Sich aufs höchste vorzusehen haben. Ich habe von aller Zeit her wol
gemerket, dass sie in Ew. Ch. D. Diffidenz gesetzet, wiewol man
solches unterweilen hat dissimuliren wollen. Die vornehmste Ursache
dessen ist wol diese, dass sie gar zu grosse Opinion haben von Ew.
Ch. D. Frudenz, um zu glauben, dass Ew. Gh. D. die Desseins von
Frankreich secundiren wollen. Dasjenige, was nachmalen passiret,
hat solche Opinion genugsam confirmiret. Jedoch hat man alhier da-
vor gehalten, Ew. Ch. D. würden Sich nicht opponiren dürfen, sondern
gezwungen sein, Ihrer E. M. Freundschaft omnibus modis zu suchen
und wider Ihren Willen neutral zu verbleiben. Wann man aber siebet,
dass Ew. Ch. D. die Neutralität refusiren und Holland assistiren oder
zum wenigsten Sich en estat setzen solches zu thun, fürchte ich sehr,
sie werden solches zu verhindern suchen, wo nicht Ewrer Ch. D.
Partei so wol formiret ist, dass sie deshalben Bedenken dabei tragen,
zumalen wann Sie Gelegenheit dazu hätten, ehe und bevor sie Frank-
reich in einige Belagerungen engagiret. Man kann sich auch nicht
darauf verlassen, dass der Esgard auf das Köm. Reich sie davon ab-
halten werde. — Der Mainzische Gesandte hat mir gesaget, dass
man zu Wien anderswo Estat darauf mache, dass Frankreich grossen
Esgard auf das Rom. Reich habe. Wer aber eine Zeit lang alhier
gewesen ist, derselbe kann solches gewiss nicht glauben, da die
Ministri selbst bei allen Occasionen bezeugen, dass sie gar geringe
Reflexion darauf machen.
Die Sache mit dem Churfürsten von Trier ist noch nicht
accommodiret^), und auf das Schreiben, welches ged. Churfürst anhero
gethan, von Hofe noch keine Antwort erfolget. Der Discours, welchen
der Louvois mit dem Trierischen Agenten darüber gehabt, ist noch
viel härter gewesen als das Billet, davon ich in meinem letztern ge-
^) Oben S. 73. Zur Sache vgl. Droysen III, 3, 257. Aber nicht an den
EnrfarsteD sondern an seinen Pariser Agenten war der »Zettel*' gesandt worden.
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76 I- Znr Vorgeschichte des dentsoh-fraDzösischeo Krieges. 1671. 1672.
meldet, welehea er auf des Agenten Veranlassung blos allein um die
Sache zu addouciren, geschrieben, weil er dem Agenten, als derselbe
sich auf das Rom. Reich bezogen, express gesaget, wann I. E. M.
hundert und siebenzig Tausend Mann hätten, fragten Sie
viel nach dem Rom. Reich und dergleichen mehr, welches alles
der Agent nicht an den Churfürsten von Trier berichten darf, ob-
gleich der Mainzische Gesandte ihn dazu antreibet.
Ihrer K. M. Abreise wird innerhalb 6 Tagen, als nämlich den
28. dieses s. n. gar gewiss vor sieh gehen, nach dem Rendez-vous
g^n^ral, welches zu Rocroy sein wird. Des Prince de Gondö
Arm^e wird sich bei S^dan versammeln, die Officirer sagen, dass sie
niemalen weder so schöne Truppen noch eine so grosse Artillerie ge-
sehen, der Prince de Gondä wird 28 schwere und 22 Feldstücke
bei sich haben, und Ihrer K. M. Artillerie wird noch schöner sein.
I. E. M. werden 8 Millionen baar Geld mit ins Feld nehmen, davon
ein Theil so schon fortgeschicket. Golbert ist überaus bekümmert,
um den Rest aufzubringen, weil Niemand Geld lehnen will, und muss
er bereits die Leute, welche Mittel haben, mit harten Bedrohungen
dazu zwingen, dabei er solche Gewalt und Ungerechtigkeit vornimmt,
dass es nicht zu glauben. Jedennoch wird er dieses Mal obgedachte
Summe wol aufbringen; wie es aber hernach gehen wird, lehret die
Zeit. Es ist wol unmöglich, dass es Bestand haben könne.
Es hat bis dato männiglich davor gehalten, wie ich in meinem
letztern unterth. berichtet, dass I. E. M. anfangs mit beiden Armeen
nach Mastricht gehen würden. Anitzo ist das gemeine Gerüchte bei
Hofe, dass beide Armeen gerade nach dem Rhein und der Yssel gehen
werden. :| Jedoch weiss ich nicht, ob solches zu glauben, weil meines
wenigen Erachtens nach so viele Raisons das contrarium mit sich
bringen, davon* Ew. Gh. D. Dero hocherleuchtetem Verstände nach
am besten werden judiciren können. — Der Marquis de Feucquiferes
wird an unterschiedene* Teutsche Höfe, an welchen I. E. M. keine
Miuistres haben, geschicket, um die Ghur- und Fürsten zu versichern,
dass I. E. M. ganz kein Dessein auf das Rom. Reich haben. Mr.
Grammont wird an unterschiedene Italienische Fürsten und Repa-
bliquen gesandt, um dieselbe zu versichern, dass I. E. M. den Frieden
in Italien zu unterhalten Willens, und zugleich von denjenigen, welche
Seehafen haben, zu begehren, dass sie den Holländern keine Retraite
geben. Man hat mir gesaget, dass I. E. M. den Churfürsten von
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Ob Grockow der Armee folgen soll. 77
Baiern damit flattiren, dass Sie denselben bei begebendem Fall zu
der Kaiserlichen Eron helfen wollen, und dass der Dauphin des-
selben Princessin heiraten solle').
P. S. Bittet, für den Fall dass er der Armee folgen soll, um Zulage.
V. Crockow. Relation. Dat. Paria 19./29. April 1672.
[Verloren gegangene Relation. In Zweifel, ob er seinen Abschied nehmen oder
der Armee folgen soll. Aeasserangen Lonvoia' und Einwände Crockows die
Haltung des Ef. betreffend. Abdankung dreier Marschälle. Abreise des Königs
zur Armee. Fnrstenberg. Schönborn. — Nachrichten.]
„Aas S. Exe. des Herrn Oberpraesidenten mit letzter Post erhaltenem 29. Apr.
Sehreiben habe ich ersehen, dass meine nnterth. Relation ?om 25. März
nicht znr Stelle kommeD, weshalben ich mich bei Herrn Nicolas Fro-
mont beschweret, welcher mir berichtet, dass kein einziges yoo seinen
Packeten vom 25. März za Hambarg ankommen, und müssen also dieselbe
entweder alhier oder za Brüssel angehalten sein. Mir hat solches am desto
grösser Praejndiz verursachet, weil ich in ged. Relation nnterth. berichtet,
dass Ihrer K. M Abreise, welche man davor gehalten, dass sie allererst
den 20. Mai sein würde , beschlenniget and auf den 25. April angesetzet
sei. Deshalben ich denn nnterth. gebeten, dass Ew. Ch. D. mir gn. Befehl
ertheilen wollten, wie ich mich alsdann za verhalten, ob ich Ihrer K. M.
folgen oder meinen Abschied alhier nehmen sollte, inmassen ich nach I. K. M.
Abreise an hiesigem Orte za Ew. Ch. D. Dienst nicht mehr nütze sein würde.*'
Alldieweil aber obged. meine unterth. Relation nicht zur Stelle
kommen, und ich dannenhero Ew. Ch. D. gn. Befehl nicht erhalten
können, als habe ich nichts anders bei der Sache zu thun gewusst,
als dass ich Mr. de Turenne, Mr. de Pomponne und Mr. de Lou-
yois gebeten, Ihrer K. M. zu sagen, dass ich hoffete, die Gnade zu
haben, Ihrer E. M. bei der Arm^e aufzuwarten und deshalben Ew.
Ch. D. nähere Ordre erwartete. |: Die beiden ersten haben mir ge-
antwortet, es würde Ihrer E. M. lieb sein, jedoch mit ziemlicher Ealt-
sinnigkeit. Louvois aber sagte mir, er wüsste nicht, auf was vor
Manier ich I. E. M. folgen würde, weil Ew. Ch. D. Sich wider I, K. M.
[erkläret] und durch alle Dero Actiones zu yerstehen geben, dass Sie
wider I. E. M. Partei nehmen wollen, welches er weitläuftig deduciret.
Crockow entgegnet beschwichtigend: dass was meine Person beträfe,
ich noch nicht wüsste, wass Ew. Ch. D. mir befehlen würden, es
wäre mir leid, dass meine Gegenwart nicht würde angenehm sein;
1) Die Heirat des Danphin mit der Kurprincessin von Baiern kam später
(1680) thatsächlicb zu stände.
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78 ^' Zur Vorgeschichte des deQtsch-fraDzosischen Krieges. 1671. 1672.
wo ich aber Ordre bekäme zu folgen, würde iebs gewiss thuD, bis
I. E. M. mir solches verböten, welches ich nicht yermuthete. Darauf
er ganz freundlich wurde und sagte, es würde Ihrer E. M. sehr lieb
sein, dass ich folgete, und erbot sich mir zu allen Diensten. Im
übrigen sagte er mir, ich wüsste sonder Zweifel gar wol, dass I. E.
M. mit Ew. Ch. D. ganz nicht zufrieden wären, exaggerirte sehr hochi
dass der Französische Gesandte auf seine Propositiones, welche doch
Ew. Ch. D. so avantageux wären, in 5 Monaten keine gewürige Resolution
sondern lauter Refus bekommen, und man inmittelst mit Holland trac-
tiret und vor Holland so grosse Inclination gehabt; dass es nicht an
Ew. Ch. D. sondern an Holland selbst ermangelt, dass der Tractat
nicht geschlossen. Derselbe wäre schon vor sechs Wochen fertig ge-
wesen, wann Holland Geld genug hätte geben wollen'). Anitzo würde
Holland wol alles eingehen, aber Ew. Ch. D. würden vielleicht Be-
denken dabei haben wegen der Schweden. I. E. M. wüssten auch
ganz wol, dass Ew. Ch. D. stark werben, und könnten aus obged.
leicht judiciren, zu wessen Diensten es geschähe. Solches alles wäre
die einige und wahrhafte Ursache, dass I. E. M. mit Schweden ab-
schliessen und ihnen eine Million geben müssen. Schweden hätte sich
hingegen obligiret, alle dieselbe zu attaquiren, welche Holland assi-
stiren würden. Er hielte wol davor, dass Ew. Ch. D. itzo aus dieser
Consideration neutral sein müssten, aber Ew. Ch. D. würden itzt das
Meritum nicht davon haben, welches Sie sonst gehabt hätten. Auch
sagte er, Ew. Ch. D. hätten alles gethan, was möglich gewesen, um
Sachsen und Celle') wider I.E. M. und vor Holland zu engagiren.
Des Herrn Blaspeil Reise nach Brüssel') ftthrete er auch an.
Ich beantwortete alles der Länge nach und so gut es mir möglich
gewesen, wiewol er doch bei seiner Meinung blieb, versicherte ihn
auch, dass, was Ew. Ch. D. Ihrer E. M. zu Gefallen nicht thun
könnten, würden Sie aus keiner anderen Consideration thun. Ew. Ch.
D. hätten niemalen refusiret neutral zu sein, sondern nur allein sich
durch dringende Ursachen excusiret, dass Sie Sich noch nicht deshalben
erklären könnten. Was Schweden in den letzten Pactis versprochen,
wüsste ich nicht, aber ihre Maximen und Inclination wäre männiglich
bekannt. Was anlangete Ew. Ch. D. Entrevue mit Sachsen und Celle,
Die Richtigkeit dieser Auffassaog bestätigen die verscbiedeDeD Aus-
lassangen Urk. u. Act. III, 241 fgg.
3) Oben S. 73. Anm. 1.
^} Vgl. unten die bezuglichen Relationen Blaspeils.
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LouTois* Dicht misszuTerstehende Eroffnangen. 79
wäre es ja nicht Döthig, dass Ew. Cb. D. dieselbe sollicitireten, dann
man wol wisse, wie jener mit dem Kaiser, dieser mit Holland
daran wäre. Er antwortete mir darauf, ich würde seben, dass Celle
niebts vor Holland thun nocb sieb yon seinem Hause separiren würde,
daraus ieb judicire, dass Frankreieb yielleicht sucht, Hannover ausser
der versprochenen Neutralität nocb näher zu engagiren und also das
Haus zu trennen. Sonst Hess er sich soweit heraus, dass I. E. M.
erstlich Mastricht attaquiren würden. Es wären zwar ——Mann darein
und sollten nocb -^ hineingehen, ich würde aber sehen, dass man
bald damit würde fertig werden. Drei oder vier Wochen thäten viel
dabei, desbalben ich befürchte, dass sie Intelligenz darinne haben, dar-
auf sie sich verlassen, denn es sonst nicht möglich wäre, ein so
schweres Werk sich so leicht einzubilden. Hernach, sagte er, würden
I. K. M. Wesel attaquiren, welches er vorlängst einem fremden Mi-
nistro gesaget, wie auch die Ursachen, die I. E. M. dazu haben
könnten, wie ich vorher unterth. referiret. Ich bin versichert, dass
Ew. Ch. D. hiervon dergestalt judiciren, dass, wann solches wäre,
man es nicht so frei sagen würde. Ich muss aber dabei unterth. er-
innern, dass der Louvois überaus frei im Reden ist, und dass ich
sicher davor halte, dass er hierin seine eigentliche Meinung gesaget,
und dass die Desseins dahin gehen. Es ist nur Schade, dass man
ihn nicht kann zu sprechen bekommen. Es ist dieses Mal par hazard
geschehen, dann I. K. M. noch kürzlich Dero Ministris verboten
(ausser dem Pomponne), mit den Gesandten nicht zu communiciren.
Sonst sagte er auch, es ginge die Rede, als wann Ew. Gh. D. eine
Arm^e nach den Gleviscben Landen schicken wollten, welche sich bei
Calcar oder Lippstadt setzen sollte. Er wollte solches nicht hoffen,
denn I. E. M. ganz gewiss keine Arm^e neben Sich würden stehen
lassen, sondern auf dieselbe losgehen. Ich antwortete, wenn Ewrer
Ch. D« Arm^e in Dero Landen stünde und nicht wider I. K. M. agirte,
hätten I. E. M. Sich nicht darüber zu beschweren, konnten auch Ew.
Ch. D. deshalben nicht gefährden, wann sie nicht resolviret wären
den Frieden mit dem Rom. Reich zu brechen. Ew. Gh. D. würden
auch auf solchen Fall des Rom. Reichs und andere Garantie zu ge-
warten haben, ich boffete aber, es würde nicht dazu kommen. Er
sagte, Ew. Gh. D. sollten Sich nicht darauf verlassen, I. Kön. M.
würden solches nicht leiden, dessen er mich versicherte. Andere
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80 I* Zur Vorgeschichte des deutsch- französischen Krieges. 1671. 1672.
möchten vielleicht nicht so deutlich reden, aber ich könnte nur sicher
glauben, dass sie nicht so aufrichtig wären als er. Er wiederholte
solches zum öftern und sagte, es sollte ihm leid sein, dass es dazu
käme, es würde aber gewiss nicht nachbleiben. Die andere Ministri
haben mir zwar dergleichen nicht gesagt, auch nicht mehr die ge-
wöhnliche Reprochen gethan, sondern fast freundlicher mit mir ge-
redet als eine Zeit her geschehen, jedoch mit einer gewissen Kalt-
sinnigkeit, welche mir suspect gewesen, wie ich auch Ewrer Ch. D.
unterth. berichtet, und gleichsam als Leute welche sich nicht heraus-
lassen wollten. Ich halte aber davor, dass man aus des Louvois Dis-
coursen besser judiciren kann, was I. E. M. vor Sentimenten haben. :'
Die Marschälle de Bellefonds, d*Hamidres, de Cr^quy sind ver-
bannt worden, weil sie nicht unter Torenne dienen wollen . . . ^nnd sind
also alle die drei Mar^chanz, welche diese Campagne commaadiren sollen,
disgraciiret, die anderen aber sind alle sehr alt und nicht mehr en 6tat zu
dienen, würden sich anch noch weniger von Mr. de Taren ne commandiren
lassen, welches sie öffentlich contestiren. Man weiss noch nicht, wer an
ihrer Stelle commandiren wird. Man hält davor, dass I. E. M. einige
Capitaine-G^nerauz machen werden, vielleicht den Dnc de Noailles,
Mrs. de Ouadagne, de Passage. Der Comte de Schomberg will
sich anch von Mr. de Tnrenne nicht commandiren lassen und wird diese
Campagoe nicht employiret werden. Vor diesem würde dergleichen Handel,
zumal im Eriege, grosse Weiterang in Frankreich verursacht haben, anitzo
aber wird es die geringste Verändernng nicht causiren.^
Ihrer E. M. Abreise hat gestern als den 28. dieses sein sollen.
I. E. M. haben aber dieselbe anticipiret, und sein vorgestern Morgens
um 8 Uhr mit gar wenig Leuten wider männiglichs Vermuthen von
S. Germain abgereiset, sonder von I. M. der Eönigin, Mr. le Dau-
phin oder sonst Jemands Abschied zu nehmen, wie man davor hält,
weil Sie befürchtet, dass I. M. die Eönigin bei dem Abschied gar
zu wehmtlthig sein würden. Die anderen Dames haben sich unter-
dessen in die Elöster retiriret. I. E. M. haben das erste Nachtlager
in Nanteuil gehalten, von dannen Sie in kleinen Tagereisen nach Ro-
croy gehen und daselbst einige Tage verbleiben, auch eine Tour nach
S^dan thun werden, um des Prince de Cond^ Arm^e zu besehen.
Gewiss ist es, dass alle drei Armeen sich conjungiren und ein im-
portantes Dessein, vermuthlich dasjenige, von welchem obgedacht,
entrepreniren werden. Es erscheinet solches daraus, dass die Strei-
tigkeit zwischen Mr. de Turenne und den Mar^chaux de France
rege gemachet worden, welche sonst durch dieses Expediens gehoben
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Bei Hofe Freude aber d. Bäodnis mit Schweden. 81
war, dass Mr. de Cr^quy k part und die anderen beiden unter dem
Prince de Cond6 commandiren sollten. I. K. M. haben 8 Millionen
an Silbergeld und noch 3 Millionen an Louys d'or und eine grosse
Quantität goldener Medaillen mit zur Arm^e genommen. Solches aber
verursachet, dass man alhier einen grossen Mangel an baarem Gelde
yerspQret und der yornehmste Banquier in Paris Martel Daill6 ban-
queroute gemachet, andre mehr Banquiers auch die Wechsel nicht
bezahlen.
|: Man hat bei Hofe grosse Freude verspQret, dass der Tractat mit
Schweden geschlossen, welcher dem Verlaut nach dergestalt einge-
richtet , als ich in meiner vorigen, wie auch in dieser unterth« Rela-
tion mit mehrerem berichtet. Ich halte doch gewiss davor, dass sie
den Articul nimmermehr exequiren werden, welcher mit sich bringet,
dass sie dieselbe attaquiren sollen, welche Holland assistiren. Die
Eschappatoires werden in der Allianz selbst schon praepariret sein oder
sich sonst wol finden. In der Allianz mit England wider Holland
war eben dergleichen Pactum, welches doch keinen Effect hatte, gegen
Dänemark. In diesem Fall wird es viel weniger zu befürchten sein.
Ich sorge alleine vor Bremen. — Der Fürst von FUrstenberg hat
einen Courier anhero geschicket von München, das Oerücht ist, dass
er daselbst eine Allianz vor Frankreich getroffen. :| Die Königin in
Spanien hat Ihrer E. M. Transitum innoxium durch die Niederlande
verstattet, mit dem Beding, dass I. E. M. nicht übel nehmen, dass
selbige Eron den Holländern mit Auxiliarvölkern assistire.
SchöDborn ist bereits abgereist. |: Ew. Ch. D. kennen ver-
sichert sein, dass er alhier nichts geschlossen. Er hat sonst Ihrer
K. M. gar weitläuftig remonstriret die Inconvenientien, welche der
Krieg nach sich ziehen würde, unter anderm auch Ihrer E. M. selbst
gesaget, dass das Haus Oestreich sich mit den Protestirenden ver-
bünden würde, darauf I. K. M. geantwortet, selbiges Haus wäre gar
zu gut katholisch :| , auch sich sonst durch die angefflhrete Rationes
ganz nicht bewegen lassen. Wegen der WildfangstreitigkeiteD i) hat der
König an KMainz zq schreiben versprochen.
„Die Sache mit Chnr-Trier ist dergestalt verblieben, dass die Franzö-
sische Schiffe haben müssen anlegen nnd bezahlen.^ Die französischen
Orlogschiffe, die zn Kochelle gelegen^ sind schon in See, die von Brest
nnd anderen Seehäfen noch nicht ansgelanfen. Der Dnc de Mon-
montb' ist hier angelangt und geht mit nach der Arm^e. Der König
Ueber den Wildfang s. ürk. Act. XI. Einleitung 10.
Ifater. x. 0«8ch. d. G. Knrfursten. Xm.
Digitized by LjOOQIC
82 I Zar Vorgeschichte des deutsch- fransösischen Krieges 1671. 1672.
Bchickte Mr. de St. Romain als Ambassadear nach der Schweiz. Die
Fürstin von Ostfriesland hat bei I. K. M. die Neatralität gesacbt,
aber dieselbe nicht erhalten können. „Vermnthlich wird der Bischof von
Münster der Oerter zu agiren willens sein.** — Erwartet des Kf. Befehl,
wie er sich verhalten solle, ^weil ich anitzo zu Ew. Gh. D. Dienste albier
nicht das geringste mehr nutze sein werde.^
P. S. ^I. K. M. haben dieses Mal nicht begehret, dass die fremde
Ministri Deroselben glückwüoscheten zu dem Feldzuge, da doch solches
bei allen den Reisen nach Flandern gebräuchlich gewesen. Ich habe unter-
dessen Mr. de Turenne und Mr. de Pomponne gebeten, die Sachen
also zu dirigiren, dass Ewrer Gh. D. Lande von den Kriegsbeschwerden
verschonet blieben. Sie haben geantwortet, sie wollten dabei thun, was
möglich wäre, Ihrer K. M. Truppen würden überall in so guter Disciplin
gehalten, dass der Feldzug ohne sonderbare Ruin der Benachbarten sein
würde. Im übrigen hofften sie, ich würde von Ew. Oh. D. Vollmacht be-
kommen und der Armee folgen.^
Relation d. d. Paris 6. Mai 1672.
G. Mai. Der Aufbruch beider Armeen von Gharleroi und Södan ist auf den
17. verschoben, weil „wegen des continuirenden kalten Wetters noch wenig
Gras im Felde ist^^ Beide sollen auf Mastricht, dann an den Rhein
rücken. — Gomtede Feucquidres geht nach Trier, Mainz, Heidelberg,
Durlach, Stuttgart. Er wird eine neue Rheinische Allianz, desselben
Zweckes wie die alte, proponiren; |: „soviel ich aber von dem Mainzi-
schen und Trierischen Agenten vernehmen kann, werden ged. beide
Ghurfürsten sich nicht dazu verstehen^S :| — Beabsichtigte Sendung nach
Italien, an alle Fürsten und Republiken, um diese zu vermögen, dass sie
den Holländern ihre Seehäfen weigern.
Durch den Abgang so vieler Millionen auf einmal zur Armee ist das
Geld hier „sehr beinötig^ geworden; und die vornehm^^tcn Banquiers können
ihre Wechsel nicht bezahlen. „Alldieweil aber nacbgehends Mr. Golbert
einige grosse Summen von Gontenten ans den Provinzen bekommen und
alsofort diejenigen bezahlet, welche zur Aufbringung der nach der Armee
geschickten Summen vorgestrecket, dadurch dann das Geld wieder unter
die Kaufleute gekommen, als haben dieselbe ihre Wechselbriefe bezahlet,
und ist zu männigliehen Verwunderung alles dergestalt redressiret, dass es
fast nicht mehr zu ^ puren /•
Des Königs Armee beträgt 40 000, Gondös 30 000 M. — ,,1. K. M.
wollen von der Armee, welche der Mar^chal de Cr6quy, nach seiner
Disgrace aber Mr. de Nancr6 und Duc d'Elboeuf in zwei Corps
commandiren sollen, wie auch von den Garnisonen und den neuen Wer-
bungen alle Monat in dieser Campagne 8000 M. zu Refraichirung der an-
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Grockows Bitte nm AbberaftiDg. Ef. gew&hrt ne. 83
deren Arm^eo kommen lassen/' — Bitte nm Verhaltnngsbefehl; ist zn des
Kf. Dienst hier nicht mehr nütze.
P. 8. „I. Dnrchl. der Markgraf y. Ansbach brechen heute von
hier auf, nm über Strassbnrg nach Ansbach zn gehen. Es ist gewisslich
ein Herr von sehr gntem Verstände nnd von gatem Oemüthe, welcher sich
wol qualificiren wird, wann er mehr in Oesellschaft kömmt. Alhier hat er
meines wenigen Erachtens etwas gar zn still nnd einsam gelebet/'
Der EurfilrBt an v. Crockoit. Dat Coelln a. Sp. 30. April
1672.
[Auf die Relation vom 19./ 29. April. Jean Beeck.]
. . . Weil Wir daraus ersehen, dass der König von dannen aufge- 10. Mai.
brochen, und Ihr nunmehr aldar zu Unserm Dienst nichts werdet ver-
richten können, als befehlen Wir Euch hiermit gn. , aldar von der Kö-
nigin Euern Abschied zu nehmen, |: unter dem Vorwand, dass weil wegen
Ihrer K. M. Ihr aldar weiter nicht negotiiren könntet, Ihr dannenhero
Euch von dannen begeben und, nach Euren eigenen Privatgeschäften
zu sehen, eine Reise nach Teutschland thun wolltet, :| und könntet Ihr
die Königin ersuchen, dass sie Euch einen Pass ertheilen möchte.
|: Wenn Ihr nun Euren Abschied also erhalten, könnet Ihr Euren Weg
auf Frankfurt a. M. richten und von dar Euch förderlichst anhero be-
geben. :|
P. 8. „Auch haben Wir bei dieser Post Unserm Agenten Beeck
eine Post Geldes zn seiner Schnidenbezahlung zn übermachen befohlen
nnd ihn darbenebst seine Dienste erlassen. Ihr habet ihm aber anzudeuten,
dass es nur zum Schein geschehe, damit ihm nicht einige Ungelegenheit
entstehen möge; nnd dass Wir wol zufrieden, dass er der Unseren oder
anderer Reichsst&nde Negotia aldar treiben möge"; unterdess aber solle
er nach als vor mit allen Posten unter der Eaufleute Convert fleissig cor-
respondiren nnd wöchentlich die Zeitungen einschicken ^).''
V. Crockow. Relation. Dat. Paris 20. Mai 1672.
[Nachrichten von der Armee. Feucquieres. Dringende Bitte um Abberufung.]
Hat mit letzter Post keinen Bericht erstattet, weil seit des Königs 20. Mai.
Abreise gar nichts Schriftwürdiges passirt ist. — In den Provinzen dauern
die Werbungen fort. Die französische Flotte ist vor Portsmouth ange*
langt, wo sie der Englische König besichtigt hat; man hat aber noch keine
') Dieser Aufgabe hatte sich Beeck bisher unterzogen. Die Zeitungen, ge-
druckte wie geschriebene, befinden sich im Geh. St. -Archiv.
6*
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84 I- Zar Torgeachichte des deatteh-franiöiisoheD Krieges. 1671. 1672.
Nachricht, dass die Kriegsschiffe aas der Themse aasgelaafen seien. —
Absicht, Nancy — wie ans Lothringen geschrieben wird — ,,mit 17 Royal-
Bollwerken zu fortificiren^^ — Verweist aaf die Zeitungen von der Armee,
welche Kf. viel näher ond gewisser über Cöln hören werde. Die Armee
marschirt znm Rheine^ sodass Wesel und Rheinberg zngleich werden atta-
qnirt werden.
Marquis de Fencqnidres soll, wenn er seine Qesandtsohaftsreise
durch Dentschland beendet hat, dann an Conrtins Stelle nach Schweden
gehen. — Cr. bittet dringend um seine Abberufung. „£& würde mir höchst
praejudicirlich und überaus schmerzlich sein, wann ich alhier müssig bleiben
sollte, zu dieser Zeit, da alle Ew. Ch. D. Bediente und Unterthanen Ge-
legenheit haben, Ew. Ch. D. ihrer Schuldigkeit nach unterth. Dienste za
leisten. Es würde mir am hiesigen Hofe selbst despectirlicb sein, wann
ich bis I. K. M. Wiederkunft alhier bliebe.'* Im Fall Kf. wünscht, dass er
der Armee folge, so bittet er, durch Michael Matthias das ihm
Restirende zu zahlen, auch „zu seiner Mundirung nöthige Mittel zu ver-
ordnen".
V. Crockow. Relation- Dat. Paris 12./ 22. Mai 1672.
[Auf das Rescript vom 30. April. Schwierigkeit hinsichtlich seines Fortkommens.
Verdacht bezfiglich des Grafen von Hanau.]
22. Mai. Er wird morgen nach S. Oermain fahren, um bei Le Tellier anzuhalten,
dass er ihm bei der Königin Audienz verschafft. Jedoch befürchtet Cr.
aufgehalten zu werden, da die Königin sein Ansuchen wahrscheinlich dem
Könige unterbreiten und dessen Antwort abwarten werde; ohne' Ab-
schiedsaudienz wird er eben nicht fort können. „Es ist ein Spanischer
Envoy^ alhier, um das Compliment de condolöance wegen der kleinen Ma-
dame abzulegen, welcher nach verrichteter Commission seinen Abschied
nehmen wollen. I. M. die Königin aber haben ihm denselben nicht ertheilen
wollen, bis der Courier, welchen Sie deshalben an I. K. M. geschicket,
wieder zurückkommen^ dannenhero ich dergleichen befürchte.^'
|: Sonsten habe ich diese Tage erfahren, dass der Ftlrst von Tu-
renne mit dem Grafen von Hanau correspondiret, und dass ged.
Oraf einen Franzosen bei sich hat namens Beaujoly, welchen ich
alhier gesehen. Derselbe ist öfter als ein Espion nach Teutschland
geschicket. Ich befürchte, man werde sich der Faiblesse des Grafen
bedienen und etwa suchen , sich der Festung Hanau zu versichern.
Dafern ich den Baron von Schoenborn antreffe, werdeich mit ihm
davon reden.
Alhier werden noch täglich Commissiones ausgegeben und neue
Mittel, Geld aufzubringen, vorgenommen, und sagt man, es wird ein
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AbschiedsaadieDS bei d. Königin. Vaugnion in Berlin. 85
Ediet ausgehen, dasB ein Jeder sein Silbergeschirr ausser einer ge-
wissen und gar geringen Quantität in die Hflnze bringen soll, welches
albier ein Unglaubliches austragen wird. :|
Oute Wünsche für des Ef. Pläne.
Nach dieser Relation reiste Crockow ab. Eine nene Gesandtschaft nach Paris,
an welcher die Instraction d. d. Ooelln a. 8p. 90. Jnni 1672 (Gonc. Schwerin)
mnndirt vorliegt, kam nicht snr Ansfährang.
b. Die zweimalige Sendung des Grafen de laVauguion nach
Berlin,
cc. Die erste Sendung.
König Ludwig XIV. an den Kurftirsten. Dat Rheinberg*)
7. Juni 1672.
[Greditif för den Grafen Tangnion.]
MoQ fröre. Comme j'ay jag6 qu'il estoit man intöreet d'estre informö 7. Juni,
plus particaliörement de Yos sentiments dans la coDJonctnre präsente , j'aj
choisy le Siear Comte de la Vangalon non sealement poor Vous tes-
moigner le dösir qae j'ay qoe Voas yonliez bien me les faire cognoistre par
Iny, mais encore pour me rapporter incessamment la response qae Voas luy
aurez rendue. Je dois me promettre qu'elle sera teile que je la dois attendre
de Yostre amiti6 et des marques qae j'ay estö bfen aise en toates rencon-
tres de Voas donner de la mienoe. Yens youlez donc adjoaster one creance
entiöre a ce qae le dit Siear Comte de la Yaogaion Yons dira de ma
part, et sar ce je prie Diea qa'il Yoas ayt, mon frdre, en sa sainte et digne
garde. Yotre hon fröre Lonis.
Mittwoch den 5. Jani 1672 trifft der Abgesandte za Colin a. Sp. 15. Jnni.
ein. Der Kurfürst ist verreist. Der Gesandte wird veranlasst, obschon er
darauf dringt Seiner Darchlaacht zu folgen, die Rückkehr abzuwarten,
welche Sonnabend den 8. spät Abends erfolgt. Aadienzen am 9. und 10.
Tags darauf wird eine Conferenz anberaumt mit dem Oberpräsidenten
Frhrn. v. Schwerin und dem Kanzler von Hinterpommern Geheimen
Rath V. Somnitz.
Erste Conferenz am 11. Juni 1672 Morgens um 9 in des Herrn 21. Jnni.
Oberpräsidenten Wobnnng auf dem Schlosse. Yauguion macht geltend:
der König habe vernommen, dass S. Ch. D. sich mit den Holländern ver-
bündet, Geld von ihnen genommen, auch sonst am KaiserL Hofe wie mit
verschiedenen deutschen Kur- und Fürsten ünterhandlang gepflogen habe.
Der König glaube zwar diesen Gerüchten nicht; dennoch aber wolle er „am
der Freundschaft willen so Sie zu Sr. Ch. D. trügen^ wissen, ob Kf. in der
1) Haaptqnartier des Königs nach Brobemng der BheinfestangeQ.
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86 I. Zur Torgeschichte des deatsoh- französischen Krieges. 1671. 1672.
Neutralität verbleibe, oder ob er etwas wider Ihrer K. M. Interesse
vornehmen wolle. Er begehre eine positive Erklärung über die Haltung
des Kurfürsten in dieser Gonjunctur. „Des Königs Intention wäre diese,
den Frieden im Reich unverbrüchlich zu halten, in welchem auch enthalten,
dass Niemand des Königs Feinden Assistenz leisten solle. Sollte es dem-
nach von einem und andern geschehen» würde es der König vor eine
Ruptur halten und alle Gousortes pacis Westphalicae zur Garantie
rufen."
Die Gommissarien wollen zunächst Sr. Gh. D. Rapport thun.
Soviel wüssten sie allerdings, dass es den Kurfürsten befremden würde,
dass I. M. von seinen Gesinnungen zu wissen verlangen, da er (Deroselben)
nicht den geringsten Verdacht erregt hätte. „Hingegen hätten sie (die
Gommissarien) wol verspüret, dass 8. Gh. D. nicht wenig empfunden: dass
der König contra tenorem Instrumenti Pacis mit einer so grossen Krieges-
macht in Sr. Gh. D. Land gegangen, dasselbe jämmerlich verheeret und
grossen Schaden darinnen verursachet, die festen Plätze occupiret und Volk
hineingeleget, absonderlich Emmerich, welches von den Holländern ganz
verlassen und von den ünsrigen besetzet gewesen, dennoch mit französi-
scher Garnison beleget und Sr. Gh. D. Völker herausgeschaffet, hofften aufs
wenigste, dass er Gommission haben würde, Sr. Gh. D. dieselbe wieder zu
offeriren, und dass Deroselben zugleich wegen des erlittenen Schadens Er-
stattung geschehen werde.''
Vauguion: Der König habe die Plätze darum eingenommen, weil er
seines Feindes Garnisonen darin gefunden ; allen, die es begehrt hätten, sei
Salvegnarde erteilt worden; wenn Schaden vorgekommen, wie das bei solchen
Unternehmungen natürlich, so wäre das gegen die Ordre geschehen. Das
zu Emmerich Vorgegangene sei ihm unbekannt. — Der Gesandte bittet,
ihn baldigst abzufertigen, da er stricten Befehl habe, sich nicht aufhalten
zu lassen. Die wiederholte Anfrage wegen Restituirung der Plätze lehnt er
dahin ab, dass sein Auftrag nur laute, „positive Resolution von Sr. Gh. D.
zu begehren, wie Sie Sich bei diesen Gonjuncturen betragen wollten^^
22. Juni. ^^^ 12. Juni 1672 referiren die Gommissarien im Geheimen Rath.
Darauf erfolgt diese Resolution des Kurfürsten :
Kf. nimmt es mit Dank auf, dass der König den Gerüchten ebenso wenig
Glauben schenke wie er den Nachrichten über die Pläne des Königs. Es sei
Grockow von Paris schon unterwegs; der sollte mit dem Abgesandten, wenn
dieser solange verziehen möchte, zugleich zum Könige gehen, falls nicht, ihm
folgen. — Die Beschwerden über sein Verhalten weist der Kurfürst zurück.
„Was die Holländer belanget, so ist weltkundig und Ihrer K. M. genngsam
bekannt, dass S. Gh. D. und Dero Hochlöbliche Vorfahren mit denen
Staaten fast ein ganzes Saeculum her in steter Allianz gestanden, und die
letzte Allianz, woraus sie Sr. Gh. D. Hülfe suchten, durch I. M. eigene Be-
förderung gemacht, das Geld, so ansgezahlet, auf eine Obligation aufge-
nommen, in Hoffnung (weil S. Gh. D. eine Anforderung an sie haben, die
jetzt im Process hänget), dass solches daran gekurzet und compensiret
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GonfereDsen mit Vaugnion. 87
werden solle; daun 8. Cb. D. haben an keinem andern Ort Geld bekommen
können, gleichwol dessen bei itzigen Zeiten höchst benöthiget gewesen. Die
Deliberationes, so za Wien and an einigen fürstlichen Höfen gehalten, sein
ZQ Conseryation des Friedens im Reiche angesehen, welches I. M. nicht
fremd finden könnten, aldieweil S. Ch. D. wegen Dero tragenden Chnr-
fürstlichen Amts dazu verbanden!, die Armatar aarh, so S. Ch. D. itzo
thun , za nichts als Maintenirong des westphäliscben Friedens angesehen.''
Der Abgesandte werde bezengen, dass der Earfürst die Nentralität
bewährt and nicht einmal die ez foedere schaldige Hilfe den Holländern
geschickt habe, während doch Spanien den Holländern helfe, and gleichwol
die Frenndschaft mit Frankreich fortdauerte. Kf. erwartet von I. K. M.
Schadenersatz and Wiedereinräamnng der genommenen Plätze.
^Nachdem anch I. K. M. sich znm öfteren gegen S. Ch. D. höchst-
löblich vernehmen lassen, dass sobald Sie Ihrer Gloire einige Satis-
faction von den Holländern wegen empfangener Offensen erhalten, Sie den
Frieden wieder restitniren wollten, so ersachten S. Ch. D. den König gleicher-
gestalt, Deroselben wissen zn lassen, ob es Ihro angenehm, dass Sie (Ef.)
ihre Officia hiernnter anwendeten. Sie hielten davor, dass es itzo die beste
Occasion für I. M. wäre und Dero hohen Ruhm unsterblich machen würde,
wann Sie bei itzigen Deroselben glücklichen Progressen den Frieden zn
restitniren Ihro gefallen lassen wollten. S. Ch. D. fnndirten Sich bei diesem
ihren Sachen auf I. M. eigene gethaoe Offerten und Promessen und ver-
sicherten Sich demnach gewünschter Erklärung.^ Im übrigen wird auf
Crockow verwiesen.
Den 13. Juni 1672 morgens 10 Uhr wieder Empfang beim Ober- 23. Juni
Präsidenten. Dem Gesandten wird die Kurfürstliche Resolution erteilt.
„Er hatte zwar angefangen, dieselbe zu protocolliren, aber bald darauf sehr
gebeten, man möchte sie ihm nur schriftlich zustellen.^ Das geschieht,
,Jedoch nur als ein Eztractus protocolli'' ^). — Dann Abschiedsaudienz beim
Kurfürsten.
Den 14. Juni 1672 bei früher Tageszeit erfolgt die Abreise des Ge- 24. Juni,
sandten.
Der Kurfürst an König Ludwig XIV.^ Dat Coelln a. Sp.
13. Juni 1672.
[Recreditif für den Grafen Vaugnion.]
Le Sr. Comte de la Vaugnion s'est si dignement acquitt^ de sa 23. Jaoi.
commission et m'a si bien fait entendre le d6sir de V. M. que je ne fais
nul donbte, qu'il ne rapporte de mesmes les trdshumbles ressentiments que
je luy ay tesmoign^ avoir de Fhonneur qu'il plait a V. M. me faire. C'est
dans cette confiance que j'ose La supplier d'adjouster une enti^re creance
Das fraozöB. Mundum dieses Eztracts liegt bei den Acten,
^ Conc. Graf Christian Albrecht zu Dona.
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88 I. Zar VorgeBchichte des dentsch-fraDSÖsischen Krieges. 1671. 1672.
i ce qne le dit Sr. Comte Loy ezpliquera de mes seDtiments snr la ean-
jonctnre präsente, en laqaelle je croys avoir donn^ de telles preaves de
moQ zdle poor le bien da service de V. M. qa'fiUe en reetera pereaad^e de
ma trdshamble recogDoissance.
ß. Die zweite Sendnog.
König Ludwig XIV. an den Kurfürsten. Dat. BoxteP)
23. Juli 1672.
[Creditif für den Qrafen Vanguton.]
23. Jali. Les mesmes raisons qui m'ont desja port^ i dösirer d'estre ioform^ de
Vos sentiments dans la conjonctare präsente des affaires göo^rales me con-
viant encores ä Yoas en demander une communicatioD qai responde fl ce
qae je dois attendre de Vostre amiti^ et aox preaves qne j'ay tonjonrs
estö bien aise de Vous donner de mon affection, j'ay jag6 devoir faire passer
une seconde fois anprds de voas le Sr. Comte de la Vaugnion non
sealemeDt par la confiance enti^re qae j'ay en Iny, mais eocores par la satis-
faction qae Voas m'avez fait paroistre de sa condaite dans les affaires qae
je le chargeay il a pea de temps de Voas exposer en mon nom. Voas
Yoadrez donc bien adjoaster toate creance i ce qa'il Voas dira de ma
part, et comme j'attends par son retoar ane cognoissance certaine de Vos
intentions, je ne feray la präsenter plas longae qae poar prier Diea qa'U
Voas ayt, mon fröre, en sa sainte et digne garde.
3. Ang. Am 24 Jali 1672 erscheint Graf de la Vaagaion zam zweitenmal
in ßerlin. Da am 25. der Spanische Oesandte Baron de Bergeick'),
Mittagp, seine Abschiedsaadienz nimmt, so kann Vaugnion erst am 26.
empfangen werden. Es findet dann anch anter den gewöhnlichen Cere-
monien die Audienz bei Sr. Ch. D. statt ^vor dem Bette, weil Sie am
Schenkel incommodiret gewesen^'). Nach der Audienz zur Mittagstafel bei
den Kurfürstlichen Prinzen. — Am 27. betraut der Kurfürst im Geheimen Rath
den Fürsten Johann Georg zu Anhalt^), den Oberpräsidenten Frhrn.
y. Schwerin and den Kanzler y. Somnitz mit der Leitung der Gonfe-
renzen. Zugleich wird die Antwort an Vauguion aufgesetzt, nachdem sie
vorher dem Kaiserlichen Gesandten Freiherrn von Goes vorgelegt
worden.
6. Aug. £r8te Conferenz am 27. Juli bei dem Fürsten zu Anhalt, welcher
Hauptquartier (an der Dommei, Nordbrabant).
^ Gieng um dieselbe Zeit aach an die Hofe von Gassel und Celle.
^ Vgl. hierza die Depeschen Vaagnions ans Berlin bei Mignet N^gocia-
tions IV, 128fgg.
*) Anhalt war gegen Ende Juli von seiner zweiten Wiener Qesandtschafi
zurückgekehrt. (Vgl. unten Abteilang 4.)
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CoDferenseD mit VangnioD. g9
den Gesandten ersncht, seine Proposition zu wiederholen. Das geschieht,
wenn auch nach einigem Zaudern.
Vangnion: ^Der König hätte ihn vor einiger Zeit an S. Ch. D.
geschicket, nm positive Erklärung zu haben, was 8. Gh. D. für Sentimenten
bei gegenwärtigen Gonjunctoren hätten, und was sich der König zu S. Gh.
D. versehen sollte: er hätte aber keine positive Antwort erlangen können,
ihm wäre gesagt, dass 1$. Gh. D. den Herrn Grockow ihm sofort nach-
schicken und sich bei dem Könige ferner expliciren wollten. Als aber der-
selbe nicht gekommen und I. M. erfahren, dass S. Gh. D. so viel Volks
nach Lippstadt geschicket und überdem soviel Schickungen an alle Höfe
im Reiche gethan, so hätten I. M. nach Ihrer hohen Prndenz nicht nitheilen
können, dass weil S. Gh. D. Sich wegen der Nentralität nicht erklären
wollen, solches zu Ihrem Besten angesehen wäre. Ueberdem so hätte Herr
Brandt in Schweden ein Memorial eingegeben und darinnen repraesen-
tiret; dass Ghur-Göln fremde Völker ins Reich kommen Hesse und den
Krieg m Westphalen zöge, und dargegen Hülfe gesuchet. Weil nun der
König seine eigene Tronppen darbei hätte und solches nicht länger leiden
könnte, so begehrten I. M. Esclaircissement, wessen Sie Sich zu Sr. Gh.
D. zo versehen. Sie hätten an Ihrem Ort alle Tentativen gethan, eine Neu-
tralität zu erhalten, solches aber nicht erlangen können, begehreten also
nochmals eine positive Resolution; dann Sie wüssten gar eigentlich, was S. Gh.
D. mit den Staaten tractiret hätten, und dass alle Sr. Gh. D. Armatur denen-
selben zum besten geschehe, und das Reich nur zum Praetext dienen müsse.**
Nach diesem Eingange entspinnt sich eine lebhafte, zum Teil erregte
Debatte, in welcher der Sprecher Schwerin die von den Franzosen im
Glevischen verübten Schäden (Herausdrängung der kurfürstl. Truppen aus
dem Schlosse Oennep und der Stadt Emmerich) betont, der Gesandte
dagegen immer wieder auf des Kurfürsten Unternehmungen zurückkommt:
„das Memorial, so in Schweden übergeben, die Alliauce mit den Staaten,
davon man in Holland laut predigte (pronoit) oder viel Geschreies machte, Sr.
Ch. D. Mouvements oder Zurüstungen könnten seinem Könige praejudicirlich
8ein% und die Restituirung der Plätze durch den König ungewiss lässt'). —
Eine Neutralitätserklärung wird vor der Hand von den Gommissarien nicht
abgegeben. — Es wird noch ansdrücklieh angemerkt,. dass der Gesandte
„1. zuweilen ziemlich hitzig redete und fast nicht hören wollte, wann
man ihm sagte, warum S. Gh. D. auf dem Pnncte der Nentralität nicht
anders als Sie allzeit gethan sich erklären könnten;
2. drang er allzeit auf eine Erklärung auf seine Proposition, auf die-
jenige aber, so von selten Sr. Ch. D. ihm vörgestellet ward, wollte er nichts
oder nichts rechtes antworten;
3. antwortete er zuweilen etwas gelinder, als wann er sagte, er wüsste
nicht was sein König thun wollte bei den Sachen. Einmal sagte er doch,
der König müsste zusehen, was ihm zu thun, und die Wurzel des Uebels
*) Dem entgegen unrichtig Pafendorf Gomm. XI, 53 (ed. 1733 p. 636),
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90 I* Zar YorgeBchichte des deutsch- fraDatosischen Krieges. 1671. 1672.
heben (couper laracine); item dass der König solche Dinge, als fürgingen,
nicht länger leiden könnte;
4. zuweilen erhub er des Königs Macht hoch, nnd wie alles bei ihm
in Bereitschaft wäre, im Reiche aber von Zusammenkünften, Yerfassnngen
etc. . . . geredet würde, nnd dass der König wol wüsste, was darauf za
geben. Bald redete er wieder wol von S. Ch. D. Milice, lobete sie nnd
sagte, man wüsste wol, dass wann S. Ch. D. was thnn würden, das würde
nicht sein ein conp de novice, wie er dann allzeit von Sr. Ch. D. mit
sonderbarem Reepect sprach.^
10. Aug. Am 31. Juli 1672 erfolgt die nächste Conferenz unter Beteiligung
derselben Persönlichkeiten ohne den Fürsten zu Anhalt. Dem Wunsche
des Kurfürsten entsprechend wird die (für den Gesandten schriftlich aufge-
setzte) Resolution ihm vorgelesen und zugestellt, ,,damit er alles recht wol
und eigentlich einnehmen könnte^. Sie präcisirt noch einmal die branden-
burgischen Aoschaunngen und Forderungen. Vanguion will sie dem
König übersenden. Er wisse hierauf vorderhand nichts anderes zu sagen
als dass er sehe, wie man noch immer bei dem vorigen verbleibe.
21. Aug. Weitere Audienzen am 11. August zu Potsdam und am 29. August
zu Halberstadt ^). Der Kurfürst besteht auf dem Verlangen nach Restituirung
der Cleviscben Plätze und Entschädigung für die erlittenen Verlnste. Seine
Massregeln beträfen nur den Schutz der Ruhe im Reich und Verteidigung
8. Sept. seiner Lande. In Halberstadt macht Vanguion Anzeige, dass der
König, „weil er aus allerhand umständen und Nachrichten nunmehr ver-
sichert worden, dass der Marsch Sr. Ch. D. Armee und anderer Truppen,
welche sich damit conjungiren möchten, nacher Westphalen und dem Rhein
wärts gerichtet, und also wider den König und dessen Alliirte, in specie
Münster und Cöln, angesehen, sich ans allen politicqnen Rationen und um
Ihr Interesse, Grandeur uud Ehre zu beobachten, gezwungen gefunden,
den Mar^chal de Turenne zu beordern, dass er Holland verlassen,
die Armee über den Rhein ziehen nnd Sr. Ch. D. damit entgegen gehen
solle. I. M. wollten in der Freundschaft gegen das Reich zwar continuiren,
könnten aber Ihre Alliirten nicht abandonniren, wiewol Sie ungern und mit
D^plaisir Ihre gegen Holland angefangenen Desseinen quittirten, auch Sich
anerböten, sobald S. Ch. D. Ihre Trouppen von des Königs Conquesten
und Alliirten zurückziehen würden, Sie auch Ihre Arm6e wieder nacher
Holland marchiren lassen wollten.'' Die kurfürstliche Antwort gibt ihrer
unverhohlenen üeberraschung über diesen Befehl („on plutost la clarigation^')
Ausdruck. Kf. hofft sich eines anderen versehen zu dürfen: „S. A. E. espdre
que S. Maj. ne voudra pas renverser la paix n'y Tempescher de faire ce a quoy
son devoir Toblige et dont pas un prince nest responsable ä qui que ce soit.^
Dort war der Karfürst am 25. August aDgekommen. Vaugnion wie auch
der Gesandte der Generalstaaten Amerongeo schlosseD sich dem Hauptquartier
an. Id Bezug auf dies Ultimatum Frankreichs vgl. die Einleitung zu Abschnitt
n. dieses Bandes.
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Frankreicht Ultimatum. Vaagnione letzte Audienz. 91
König Ludwig XIV. an den Kurfürsten. Dat. Versaillea
23. September 1672.
[Abberafang des Grafen Vangnion.]
Voas aurez recen parle Comte dela VaagaioD 'lorsqae je Tay 23. Sept.
eoYoy^ aaprez de Yons, dod senlement les assearaDces de ofiOD amiti6 mais
les tesmoignages encore da d^sir que j'avois de Voas en donner des mar-
qoes solides sar le sujet des places que mes armes ODt occupö snr les Hol-
landois dans Vos estats. II continuera i Yoqb faire cogDoistre, lorsqae
je le rappelte aaprez de moy, qae je seray toajoars bien aise que Voas me
mettäez en estat de Voas donner de Doayelles preaves de mon affection,
qae je soahaitte qae Voas voaliez tenir d'elle aprös la gaerre, qae j'ay est^
Obligo d'entrepreadre, les mesmes avantages qae je Voas ay offert avant
qae la commencer, sartoat que Voas soyez aassy toach6 qae je le seray
toajoars da repos de TEmpire et de la conser?ation des traittez de West-
phalie. Sar ce je prie Diea qa'il Voas ayt, mon fröre, en sa sainte et
digne garde.
Am 29.September 1672 Abschiedsaadienz des Gesandten za Witzen- 29. Sept
bansen an der Werra. Vangaion proponirt, dass der König ihm anbefohlen
babe, noch einmal zn versichern, ,,da88 I. M. beständig resolviret wären,
den Westphälischen Frieden exacte zn observiren and dawider nicht zn
handeln; und gleich Sie bei Anfang dieses Kriegs Sr. Gh, D. solche Ver-
Eicherung gethan, auch Ihro daneben allerhand Satisfaction and Advantagen
offeriret, also verharreten I. K. M. dabei nochmalen, insonderheit was die
CleFische Festangen und Städte und deren Restitution belangete. Die-
weil anch der König vemommen, dass nipht allein S. Ch. D. mit einer
Armee im Anzug begriffen, sondern dass man anch wegen £mmerich und
dessen Oecnpation allerhand ungleiche Dinge ausbrächte, also hätten I. K.
M. nötig ermessen, an Chnr-Bayern und andere Stände des Reichs Abge-
ordnete zu schicken und denselben von seiner gegen das Reich führenden
guten Intention und untadelhaften Conduite behörige Intention zu geben.
Der Abgesandte producirte dabei die Abschrift einer Requisition des Lieu-
tenants Tettau, worin er um einen Pass für die bei sich gehabte Chur-
brandenburgische Völker in Emmerich angehalten, wie auch des Passes,
welchen der Prinz de Cond6 darauf ertheilet.^ Dann überreicht er das
Schreiben Sr. Majestät und zeigt an, dass er befehligt sei, seinen Abschied
zu nehmen. Der Kurfürst bezeugt seine Freude über des Königs Gesin-
nungen hinsichtlich des Westphälischen Friedens. Emmerich anlangend,
so hätte der Kurfürst allerdings allen Grund zn klagen, wie auch darüber,
dass man in seinen Landen dergestalt hauste, seine Städte und Häuser
demolirte, wovon er jedoch für jetzt absehen wolle. Unter Dankesbezen-
gungen an S. K. M. wird der Gesandte entlassen.
Recreditif des Kurfürsteu für den Grafen de laVanguion d. d. du
camp a Witzenhausen au pais de Hessen le 19/29. Septembre 1672. 29. Sept.
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Wh
92 I- Zur Vorgeschichte des cleiitBeh-franBOBiBchen Krieget. 1671. 1672.
2. Die französischen Alliirten Kurcöln (Strassburg)
und Münster,
a. Aus Blaspeils Berichten.
3. Nov. [o. 0.] d. d.'y^^^~. 1671 befiehlt Kf. demGesandteo Werner Wil-
helm Blaspeil in Göln^), sich nochmals zam Karfürsten Mazmilian
Heinrich Yon Cöln za verfügen und die ^Remonstration dahin zn wie-
derholen , dass der Friede im Rom. Reich nicht gekränket, noch Unsere
Clevische Lande in einige Ungelegenheit impliciret werden möchten*^. Des-
gleichen hat er auch die Intention des Bischofs von Münster in der
Cölnischen Sache zn vernehmen.
19. Nov. ^* ^* Bonn 19. November 1671 meldet der Knrcölnische Geheime
Secretär Caspar Lariz an Blaspeil, es würde seinem Eorförsten lieb sein,
wenn Bl. am nächsten Samstag Festi Beatae Mariae Yirginis Abend oder
sonst am Sonntag erschiene. „I. Ch. D. wollen auch Ihrer Hochf. Gn.
zn Strassburg, welche Sich annoch zu Brühl aufhalten, darab Part geben,
am etwa pro re nata in einem nnd anderen zn conferiren.^
Blaspeil an den Kurfürsten. Dat. Cöln a. Rh. 20./30. November
1671.
30. Nov. Unterredung mit den Ku|^mainzischen Delegirten über die Mittel, wie
bei der drohenden Kriegsgefahr S ichers tellung des Rom. Reichs zu erzielen
sei. Die Delegirten empfehlen dazu die vom Kurfürsten von Mainz mit
dem Kaiser, Kurtrier, Kursachsen und Münster aufgerichtete Farticular-
dcfensivallianz'), insbesondere den Eintritt Kurbrandenburgs und der
Brannscbweigischen Häuser in dieses Bündnis.
1. Dec. d. d. Cöln a. Rh. ^^;^^^^ 1671 berichtet Blaspeil dem Kf. von der
bei Kurcöln abgelegten Froposition.
Anlage.
Kurbrandenburgische Proposition an Kurcöln, abgelegt zu
Bonn am 16. /26. November 1671.
Blaspeil verweist auf seinen letzten Vortrag zn Brühl am 29. Septem-
ber 1671 und die darin enthaltenen Abmahnungen K Brdbgs.
') Seine VerrichtaDg daselbst Eiol. S. 8.
') Oemeint ist das sogen. «Marienbnrger Bandnis'', welches dann anter dem
22. Januar 1672 veröffentlicht wurde.
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Blaspeil beim Enrförsten von Göln. 93
£w. Cb. D. haben solche meines gn. Herrn treuherzige ... Er-
innerung nicht allein sehr wol aufgenommen, sondern auch Sich dar-
aaf dermassen genereus, friedfertig und freundlich erkläret, dass Die-
selbe alle Ihre deshalb geschöpfte Bekttmmernis schwinden lassen;
gleichwie nun höchstged. S. Gh. D. Sich solchem nach versichert ge-
halten, dass an Seiten Ewrer Gh. D. nichts wttrde vorgenommen
werden, daraus einige Ungelegenheit oder Weiterung zu befahren:
also haben Sie auch I. Kais. M., auch andere dessen versichert
and bei Derselben befordert, dass die Kaiserlichen Regimenter,
welche Sie nach diesen Quartieren zu schicken gesonnen waren, zu-
rttckgeblieben und contramandiret worden, auch zufolg der damals
Ewrer Gh. D. durch meine Wenigkeit beschehener Versicherung
bei den Herren General -Staaten es dahin zu richten angenommen,
«dass nicht allein Ew. Gh. D. davon Sich nichts Widriges würden zu
befahren haben, sondern auch zu völliger Benehmung aller Anlass und
Ombrage das also genannte Holländische Regiment') aus der Stadt
gegen anderwärte derselben genügsame Versicherung genommen werden
möchte; und wann auch solchem allem nnerachtet dennoch gegen Ew.
Gh. D. oder Dero Erzstift von einem oder andern etwas Thätliches
vorgenommen werden sollte, dass S. Gh. D. Sich dessen gleich Ihrer
eigenen Sache annehmen und dieses Erzstift nicht weniger als Ihre
Lande und Leute vor aller Gewalt schützen zu helfen Ihre höchstens
würden lassen angelegen sein.
Wie nun höchstged. S. Gh. D. Sich hierauf keine andere Gedanken
gemachet, als dass in diesen Quartieren weiter keine Unruhe zu be-
fürchten wäre, kommt Ihre anjetzo desto unvermuthlicher vor, dass
gleichwol noch zu dieser Zeit, da sich die Sachen mit der Stadt Göln
Gottlob sehr wol anlassen, solche grosse Anstalt und Kriegspraepara-
torien in diesem Erzstift bei dieser winterlichen Zeit fast öffentlich zu
grossem Nachdenken der Benachbarten gemachet werden, wodurch
Ihre vorige Bekümmernis nicht nur resuscitiret, sondern auch merklich
vermehret werden, indem nicht allein Sie sondern Jedermänniglich in
den sorglichen Gedanken stehen, dass dadurch sedes belli dieser Ends,
da man des Friedens am meisten und besten versichert zu sein ver-
meinet hätte, wol gar hingqiflanzet werden dürfte, sowol auf den
unvermutbeten Fall, da Ew. Gh. D. etwan Selbsten ein oder anders
vorzanehmen gedenken, als auch da Dieselbe sonsten geschehen lassen
■) Regtraent Bampbield.
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94 !• Zur Vorgeschiobte des deutsch- franEÖBiBcheD Krieges. 1671. 1672.
und zugeben wollten, dass Andere sich der bereits vorhandenen und
täglich zunehmenden Miliz und Magazine zu Ausführung eines oder
andern Desseins möchten gebrauchen, weil zu besorgen stehet, dass
derjenige, dem es gelten oder treffen möchte, diesen Erzstift, als in
welchem solche Praeparatoria gemachet werden, vor Feind halten und
entweder praeveniendo seinem Unglück vorzubauen oder doch her-
nacher sich des Schadens quovis modo zu erholen gedenken und be-
wirken möchte.
Zwar ist Niemand unbewusst, was etwa von einer Ruptur zwischen
den Benachbarten spargiret und befahret wird. S. Gh. D. mein gnä-
digster Herr hält aber davor, dass Ew. Gh. D. sowol als Sie mit den
Herren Benachbarten bisher in solcher guten Verständnis gestanden,
dass Sie Sieh ihrer Freundschaft vielmehro zu versichern als einiger
Widerwärtigkeit (wenn nur dazu keine Ursach gegeben wird) davon
zu befürchten haben sollten, wissen auch nicht anders, als dass Ew.
Gh. D. in Terminis einer aufrichtigen Neutralität zu bleiben Sich jeder
Zeit erkläret, und sind höchstged. S. Gh. D. dannenhero um soviel
mehr wegen der vorgem. Armatur in diesem Erzstift bekümmert, nicht
so sehr, dass Sie zu penetriren suchen, was Ew. Gh. D. damit etwan
intendiren und vorhaben mögen, als weil Sie besorgen, dass bei
jetzigen Gonjuncturen die Unruhe dadurch vorgemeltermassen in
diesem Erzstift und der Nachbarschaft erwecket und dadurch auch
Ihre Glevischen Lande mit eingefiochten werden möchten.
Dahero Sie als ein Ghurfürst des Reichs, als ein interessirter
Nachbar, und als Ew. GIj. D. treuer Alliirter und rechtschaffener
Freund und Bruder Ihrer Schuldigkeit zu sein erachtet, solche fast
unausbleibliche Gefährlichkeiten Deroselben wolmeinentlich vorstellen
zu lassen, und gleich wie bei jüngster Audienz als auch jetzt noch-
mals Ew. Gh. D. freundbrüderlich zu belangen und zu ersuchen,
solchem allem beliebig vorzubeugen und vielmehr bei Dero hochrühm-
lichen Friedensgedanken, deswegen Sie bei männiglich einen unsterb-
lichen Namen erlanget, zu continuiren, auch hiebei Dero hocherleuch-
tetem Verstände nach Selbsten gn. zu ermessen, was ein grosses Be*
schwer es sein würde, wenn ohne einige Noth zu dergleichen Unruhe
und Gefährlichkeiten, wodurch diese Lande ruiniret und etliche Tau-
send unschuldige Unterthanen leiden und zu Grunde gehen würden,
über alles Verhoffen einem oder anderm Anlass gegeben werden sollte.
Dann auch und dafern es zu blosser Defension dieser Ihrer Landen
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Die KnrbraDdeDbnrgische Propotitioo. 95
angeschen, so halten S. Gh. D. mein gn. Herr dafBr, dass es ja keiner
80 nachdenklichen Anstalt bedürfe. Ew. Gh. D. wissen auch gn.,
wann Jemand Sie unverschuldeter Dingen angreifen wollte, dass der-
selbe es mit dem ganzen Römischen Reich zu thun und E. Gh.
D. desfalls die im Instrumento Pacis fest gestellete allerkräftigste
Garantie vor sich haben würde, wie denn auch zu mehrer
Dero Versicherung S. Gh. D. mein gn. Herr den Accessions-Becess ^)
zu der Bielefeldischen Alliance stündlich zu ratificiren bereit sind,
wann nur zuvörderst alle vorgem. weit aussehende Anstalt, so die
Nachbarschaft vorbedeutetermassen alarmiren und zu Unruhe Anlass
geben kann, eingestellt und alles in dem Stande, wie es die jetztgem.
nirgends anders als zu Erstattung des Friedens zählende Alliance
indigitirt; gesetzet werde.
Höchstged. S. Gh. D. sind auch nochmals erbötig, wann Ew. Gh.
D. dem Vorgange von Jemand ohne Ursach sollten überfallen, be-
schädiget oder beunruhiget werden, dass Sie Sich selbst dabei inter-
essiret achten und Ew. Gh. D. neben Dero Erzstift nicht allein nach
Anleitung vorberührter Alliance und mit der darin versprochenen
Mannschaft sondern auch mit allen Ihren Kräften vor aller Gewalt
retten zu helfen, Ihre nebst anderen Beichs-Ghur-Fürsten und Ständen
äusserst werden lassen angelegen sein. Sie suchen und wünschen
ein mehreres nicht als mit Ew. Gh. D. und anderen Beichs-Ständen
wie bishero zu allerseits höchstem Vergnügen als auch ferner unzer-
trennlich zusammen zu stehen, damit das Römische Beich durch Sie
insgesammt bei dem theuer erworbenen Frieden erhalten, und den be-
nachbarten Potentaten mit dem Beich oder einigen dessen Gliedern
zu zerfallen oder dawider etwas zu attentiren weder Ursache noch
Anlass noch sonsten einige Ombrage gegeben werden möge; ersuchen
dannenhero Ew. Gh. D. nochmals freundbrüderlich bei vorigen Ihren
hochrOhmlichen friedsamen Maximen ferner unverrückt zu beharren,
damit also mehrgem. Friede im Beich beständig conserviret, auch
die Glevische und angehörige Landen in keiner Ungelegenheit
impliciret noch in Schaden gesetzet, und folglich ofthöchstgem.
Seiner Gh. D. durch alsolchen Schaden zu keiner Unlust, weniger
Sich dessen zu erholen Ursach gegeben werden möge. Inmassen
solchen unverhofften ja unvermutheten Falls dessen Ersetzung viel
höchstged. Seiner Ghurfürstlichen D. vorzubehalten ich gn. beordert bin.
<) EiDleitQDg S. G.
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96 I- Zur Vorgeschichte des dentsch-franBÖsischen Krieges. 1671. 1672.
Bitte aber dabei unterth. und zweifele auch zumalen nicht, Ew.
Gh. D. werden mir solches um so viel weniger ungn. ausdeuten, weil
mein gn. Herr zu Ew. Ch. D. und zu Dero weltberühmten friedlie"
benden Gemüthe das feste freundbrttderliche Vertrauen tragen, die-
selben werden Ihren jederzeit zu gemeinen Ruhe und Wolstand rühm-
lich bezeigten Eifer und geführten Consiliis auch ferner inhaeriren.
Von Ew. Gh. D. werde hieraus Dero gewürige gn. schriftliche
Erklärung ich mit unterth. Bespect zu dem Ende erwarten, auf dass
meinem gn. Ghurffirsten und Herrn ich dieselbe förderlichst ein-
schicken, Sie dadurch esciairciren und mit einer angenehmen Resolution
erfreuen möge.
23 Dec. d. d. Coeln a. Sp. 13./23. December 1671 überseudet Kf. an Blas-
peil zur EenatnisDahme eiQ Schreiben des Earfürsten Maximilian Hein-
rich mit der Weisung an den Gesandten, sich za äassern, falls er auf die
wider ihn erhobene Beschwerde etwas zu seiner Rechtfertigang vorzabringen
habe.
1672.
Blaspeil an den Kurfürsten. Dat. Cöln am Rhein 5. Januar
1672.
[Rechtfertigt sich gegen den Vorwarf der Parteilichkeit für die Stadt Cola.]
5. Jan. Antwort anf des Ef. Schreiben vom 23. Dezember 1671. Er bat das-
selbe vor acht Tagen gerade bei Abgang der Berliner Post erhalten, daher
mit seiner ^nnterthänigsten Verantwortung zeitlicher nicht einkonameo
können.^
Ich halte sonsten dafbr, dass Ihre Churf. Durchlaucht, als welche
der Humor ja nicht sind, dasB Sie wissentlich jemanden Unrecht thun
sollten, von einigen, welche entweder ttbel informiret oder die Strei-
tigkeiten zwischen Ihre und dieser Stadt ungeme, wenigstens noch
sobalde nicht beigelegt gesehen hätten, zu Führung dergleichen Be-
Bchwers müssen sein veranlasst und bewogen worden, und hätte
wünschen mögen, dass solche Angeber nicht in terminis generalibus
geblieben, sondern in specie berührt hätten, wannen ich doch einige
Parteilichkeit vor die Stadt bezeiget haben sollte; daran aber hat es
ihnen ermangelt, und werden sie dessen nie das geringste beibringen
können.
Die Instruction, womit der Kreis mich und andere anhero ge-
schickt hat, haben die Chur-Gölnische auf dem Kreistag zu Bielefeld
Google
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Blaspeils Recfatfertigang. 97
mit berathen und einrichten helfen, und weil wir uns allesamt steif
und fest daran gehalten, so wUsste ich nicht, worinnen die angege-
bene Partialität bestehen könne, und warum allenfalls ich mehr als
meine CoUegen, welche mit mir, gleichwie ich mit ihnen, jederzeit in
Omnibus et singulis einig gewesen, zu beschuldigen sei; dass ich aber
öfters das Wort geführet, und, als man uns von Chur-Cölnischer Seite
(daran jedoch I. Gh. D. wol keine Schuld haben) allerlei Obstacula
in den Weg geleget und uns das Werk dadurch sehr verdriesslich
gemachet, meine CoUegen angestärket, dass sie darum von ihrem
angefangenen guten Eifer nicht ab — noch den Muth sinken lassen
möchten, solches habe ich wegen des führenden Directorii thun mUssen,
dabei aber ist der Bespect, so Ihrer Ch. D. gebühret, nimmermehr
ausser Augen gesetzet noch Deroselben in Ihren Juribus zu nahe ge-
treten worden. Ich habe michs gleichwol desto leichter zu getrösten,
dass man an der Seiten auch über mich geklaget, weil ich alhier noch
keinen gesehen, der es den Ghur-Gölnischen zu Dank machen könne.
Ueber den Kaiserlichen Enyoyä Marquis de Orana, über die Ghur-
Mainzische und Trierische Subdelegirten, über den Pfalz -Neubur-
giscben Oberkanzler Freiherrn von Oise und mehr andere*) sind
fsBt ebenmässige Beschwer geführt worden, ungeachtet sie sich der-
gestalt betragen, dass man sie vielmehr dafür danken und ihre Dienste
rühmen sollen.
Dass auch ferner in dem Ghur-Cölnischen Schreiben an Ew. Gh.
U. hinzugethan wird, man könne sich meiner Assistenz gar nicht be-
rühinen, muss ich dem an Seiten der Stadt über mich geführten Be-
schwer, dass ich ihnen zu hart gefallen, entgegen setzen. Es wissen
aber die Ghur-Gölnische sehr wol, dass vorberührte Instruction mich
nicht, sie zu assistiren, sondern mich unparteilich zu be-
tragen angewiesen, und glaube ich, wann man entweder I. Gh. D.
in dieser Streitsache hätte assistirt, oder der Stadt nicht ein wenig
hart zugesprochen, es wäre nimmermehr zum Vergleich kommen. Ich
'} Die DepütirteD für den Cölner Recesa waren für K Mainz: Friedrieb
Oreiffenclau von Vollraths und Constantin Bertrams, far KTrier:
Anton Sohler, fdr Brandenburg: neben Blas peil (dieser zugleicb far die
CleviBchen Stande) Conrad von der Reck und Ezechiel Spanbeim;
endlich Caspar Philipp von Eetteler für Paderborn, Johannes de
Beyer für Nassau, Johannes Brandt für Werden und Dortmund. Für den
Kaiser fangirte der im Text erwähnte Marchese di Orana; für Pfalzneuburg
der Kanzler von Gise.
Uater. t. Qescb. d. O. Kurfürsten. XUI. 7
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98 !• Zur Vorgeschichte des deatoch-franEosischen Krieges. 1671. 1672.
und andere aber, gnädigster Churfttrst und Herr, hätten yielmehr Ur-
sacb, uns zu besehweren, dass man uns öfters bald mit diesen, bald
mit jenen nichtigen AusflOchten drumher geftlhret, unsere Arbeit
schwer gemacht und dadurch verursachet hätte, dass der Vergleich
nicht ein paar Monat zeitlicher, da es ebenso wol hätte geschehen
können, getroffen worden, diesmals zu geschweigen, wie fremd vor
und nach die Kreisdeputirte begegnet worden.
Wir lassen uns aber gerne damit begnügen, dass wir denen allen
uneracbtet noch endlich zu unserem Intent kommen sind und wol
hoffen, sowol an Seiten I. Gh. D. als auch diese Stadt werden je
länger je mehr begreifen, dass ihnen wol geschehen, und also ihr
Unwille Aber uns sich endlich in einer danknehmlichen Erkenntnis
verwandeln.
Blaspeil. Relation. Dat Cöln 5. Januar 1672.
(ZusammenEiehnngeD französischer Trappeo. Loavois auf Schloss Brühl. Ge-
plante Entrevne mit Pomponne. Lonvois' Besuch in Cöln und Ünterrednog mit
Blaspeil daselbst. Verhältnis des Karfursten sn den Generalstaaten. Lonvois'
Anslassnngen über die Haltung Frankreichs, die Stellung der Spanischen Nieder-
lande, den Succurs an Kurcöln, die Sicherung der Stadt Cöln.]
5. Jan. Verweist aaf Berichte v. Crockows') über die ZusammenziehuDg der
französischen Trappen.
Marquis de Loavois') ist nach Flandern gereist Nun ist
aber gem. Marquis de Louyois sechs Tage hernacher, nemblich
am 2L/31. selbigen Monats (December), zum BruiP) angelanget, hat
sich auch daselbsten beim Herrn Bischof von Strassburg und
dessen Herr Bruder Prinz Wilhelm, wie dem Mr. Verjus, bis noch-
zu aufgehalten mit dem Vorgeben, dass er heute wieder zurück zum
Könige verreisen würde. Er ist vorgestern, Sonntag, mit Prinz Wil-
helm und Mr. Verjus in diese Stadt gewesen und eine Nacht darinnen
verblieben, da ich nicht unterlassen ihm die Visite zu geben; und wie
ich von Anderen vernommen, solle er sich mit Mr. Pomponne, so
Vgl. oben die einschlägigen Relationen Grockows aus Paris.
*) Le Tellier Marquis de Louvois der Jüngere. Oben S. 37. 44.
') Brühl, das kurfürstlich Gölnische Lustschloss n. w. von Bonn, damals
zugleich ein Lieblingsaufenthalt des Fürstbischofs von Strassburg und der Für-
stenbergischen Bruder,
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Lonvois in Göln. Unterredung mit Blaspeil. 99
auf die Rückreise aus Schweden begriffen *), irgendwo in der Nähe
zu abboucbiren Vorhabens sein, und scheinet fast, dass die meisten
Sachen, selbsten auch die Audienz') von dem holländischen Ambassa-
deur de Groot, welche der König differirt hat, auf diese Entrevue
Yomehmlich beruhen, und mag wol sein, dass auch der Bath-Pensio-
naritts de Witt, welcher die Correspondenz mit gem. Pomponne bis-
her unterhalten, davon dass diese Zusammenkunft an die holländische
Grenzen geschieht, einige Wissenschaft und er auf seine vorige Ge-
danken, wie die Spanische Niederlanden unter Frankreich und Hol-
land vollends mögen vertheilet werden, nach wie vor sein Absehen
habe. Jedoch sind dieses nur Muthmassungen, darauf eigentlich nicht
zu gehen ist.
Er kommt Jetzt auf seinen Besach bei Louvois. Es war im späten
Abend, als ichs erfuhr, dass der Marquis hier in der Stadt war,
Bchickete darauf zu Mr. Verjus und Hess demselben sagen, dass ich
vernommen, der Herr Marquis wäre bei ihm und würde des folgenden
Morgens gar zeitlich wieder verreisen. Nun wttsste ich nicht, ob er
bekannt sein wollte, auch Ansprach erleiden könnte, sonsten wünschte
ich wol, die Ehre zu haben ihn aufzuwarten. Worauf ich zur Ant-
wort bekam, dass es demselben lieb sein würde, wann ich alsofort
hinkommen wollte; wie geschehen.
Der Marquis fragte alsbald, nach abgelegten beiderseits Curialien,
wieweit die Tractaten zwischen Ew. Ch. D. und den Herren Staaten
avanciret wären. Ich antwortete darauf, dass ich von keinen Trac-
taten im geringsten wüsste, weniger dass desfalls gehandelt würde,
könnte ihn aber versichern, dass Ew. Gh. D. gleichwie zu der Zeit,
da I. Eon. M. Ihr zum erstenmale Ouvertüre von Dero Vor-
haben geben lassen, also noch auf die heutige Stunde freie Hände
hätten. Sie stünden von vorigen Jahren noch in Bündnis mit denen
Herren Generalstaaten und wären verpflichtet, dieselbe, wann sie atta-
quiret werden sollten, mit einiger Mannschaft an Hand zu gehen,
wovon Sie Sich auf solchen Fall schwerlich würden entschuldigen
1) Aroanld d'ADdilly Marqnis dePompoDoe kehrte damale von seiner
zweiten Negotiation ans Stockholm zarnck, woselbst er, nm den französischen
Allianzentwarf zn stände za bringen, noch verblieben war, als nach Lionnes
Ableben (f 1. Sept. 1671) Ludwig XIV den Entfernten znm Minister des Ans-
wärtigen ernannt hatte. Sein Nachfolger in Stockholm Conrtin zeichnete dann
das Schntzbundnis vom 4./14. April 1672. Vgl. S. 45. Anm. 1.
») Oben S. 43.
7*
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100 I- Zur Vorgeschichte des deuUch-fraDEösiBcheD Krieget. 1671. 1672.
können. Er sa^e, dass sie die Nachrieht von einigen Tractaten zwar
nur aus dem Gerüchte hätten, die Holländer debitireten es aber über-
all als eine bereits ausgemachte Sache. Er wollte aber aus der
Ewrer Gh. D. zutragender Affection ein besseres von Sie hoffen, Sie
würden Sich nur dadurch des Unglücks dieser Leuten, darinnen sie
sich Selbsten stürzeten, ohne Noth theilhaftig machen. Es würde
zwar dem Könige wol am angenehmsten sein, wann Ew. Gh. D. mit
Ihrer Kon. M. zuhalten wollten; weil Sie aber dabei Bedenken fänden,
wären Sie auch zufrieden, dass Ew. Gh. D. Sich nur neutral hielten,
dessen müssten aber I. M. wol versichert sein; auf die Weise würden
Sie Ihre Städte wieder bekommen, ohne dass Sie deswegen einen
Pfenning Unkosten bedürften anzuwenden; und weil er von Mr. Ver-
jus vernommen, dass ich der Meinung wäre, es könnte dieses ohne
Landsverderb und Ruin der Unterthanen nicht zugehen, so würde der
König in dieser Stadt oder an einem anderen Orte sattsam Gaution
stellen, dass wann einiger Schaden geschehe, Ewrer Gh. D. und Dero
Unterthanen derselbe alsbald wirklich ersetzet werden solle. Ew. Gh.
D. wären gar nicht verbunden, dem Staat aus vorigen Foederibus
einige Hülfe zu senden, weil er beides der Krone Frankreich und
England mehr denn zuviel Ursach zur Buptur gegeben.
Wie er nun bei diesem allem mich ersuchete, wann ich einige
Dubia hätte, dieselbe unbeschwert vorzubringen, er liebete diejenige,
so ihre Meinung frei heraussagten und ihm das obstat hielten, so habe
ich ihm geantwortet, dass es auf meine Dubia und Meinung gar
nicht ankommen würde; auch hätte ich in dieser Sache gar keine Ordre
und wüsste davon ein Mehreres nicht als dass Ew. Gh. D. gerne sehen
sollten, dass der Krieg verhütet bliebe und wir den Frieden behielten.
Wobei Blaspeil umständlich remonstrirt, was nach seiner Meinang ans
diesem Kriege für Ungelegenheiten zu gewärtigen seien; wie bedenklich es
doch wäre, „wenn man einen so mächtigen Potentaten in sein (des Kf.)
Land ziehen und alles anf dessen Wort*) ankommen lassen sollte^ da man
wol wüsste, dass ratio statas und ratio belli öfters nicht zageben, dasjenige
was zngesagt wäre zu praestiren^.
Er bemühete sich mir alle Scrupulos zu benehmen, und war sein
vornehmster Grund, dass der Krieg inevitabel wäre, und wenn gleich
einige Incommoditäten dabei vorfielen, so wünscbete er doch und
wollte dahin arbeiten, dass dieselben Ew. Gh. D. am wenigsten treffen
Nämlich: entweder für FraDkreicb — oder für die also vorgeschia-
geoe Neutralität (für eine Neutralität wie sie vorgeschlageD).
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ErbietuDgen der Holländer. Stand der Verhandlangen mit Schweden. 101
möchten; Ew. Ch. D. mOssten sich der Regel gebrauchen und ex
duobus maus das geringste erwählen. England wäre mit Frankreich
dergestalt einig, dass der Herr Downing, ehe dann ein Monat yor-
bei, Holland den Krieg ankündigen würde. Der Krön Schweden, dass
dieselbe still sitzen würde, wäre man schon versichert. So zweifelte
man auch an dem Kaiser und Spanien nicht, denn obzwar yor
weniger Zeit zwischen Spanien und dem Haag etwas geschlossen,
so wäre solches doch auf eine alte Vollmacht und Ratification zweier
Monaten geschehen, und würde England wol dafür sein und zusehen,
dass solche Ratification nimmermehr erfolgete« Dieses stünde fest,
und wäre die Zusage an England geschehen, dass der König der
Krön Spanien alle Satisfaction geben würde, als unter anderem in
der Limitstreitigkeit, da Frankreich auf Condä renunciiren,. die Festung
Linck rasiren und sonsten weiter thun würde wie es Spanien Verlan-
gete. Dabenebens wollte Frankreich die Scheide öffnen, damit
alle Commercien wieder auf Antwerpen kämen, auch andere Avan-
tages im Brabantischen zukommen lassen, und endlich sollten der
Kaiser, England und Schweden Garanteurs der Spanischen Nieder-
lande sein; da nun die Spanische solches annähmen und sich neutral
hielten, würde alles gut sein; im widrigen Fall wäre der König re-
solvirt sie alsbald k vive force anzugreifen.
Blaspeils Einwände — „zafolge der mir vorhin gegebenen Freiheit*' —
gehen dahin , dass Kf. .sich nicht erklären könne, ohne die Massnahmen
Englands und Spaniens abgewartet zu haben. Louvois, der alles wol auf-
nimmt, endet mit dem Wunsche, dass Blaspeil nur Ordre hätte, „ein
oder anders auf Ew. Ch. D. gn. Oenehmhaltnng zu schliessen^. „Es würde
bald zu Papier stehen, und Ew. Ch. D. ohngezweifelt Ihre Rechnung dabei
finden.«
Er fieng diesen nächst an, auch von der Proposition, so ich neu-
lich zu Bonn bei I. Ch. D. zu Cöln abgeleget'), zu reden, da ich
ihm ins Wort fiel und sagte, dass vornehmlich dieser Ursachen halber
ich Gelegenheit gesuchet, mit ihm zu sprechen, weil der v. Crockow
mir geschrieben, dass gemelte Proposition vom König nicht am besten
aufgenommen.
Beurteilung derselben von beiden Seiten. Bl. macht geltend, es habe
sich, solange Kf. „bei den Friedensgedanken bliebe«, mit dieser Proposition
nur darum gehandelt, über die lutentionen Kurcölns Communication zu '
erzwingen, die jedoch nicht erfolgt sei. Louvois lenkt schliesslich ein —
Oben S. 92.
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102 I- ^^r Vorgeschichte des deutsch-franzosiBchen Krieges. 1671. 1672.
weil mir von den Ghur-Gölnischen die Ouvertüre nicht geschehen, so
wollte er mir bekannt machen, dass der König Ihre Ch. D/) bei
Dero Land und Leute quoviB modo zu mainteniren gedächten, und
weil I. M. besorgeten, dass L Ch. D. Ihre Oerter und Plätze, Bonder-
lieh Neuss und Dorsten mit denen auf den Beinen habenden Völkern
(deren etliche nicht viel nutz wären) nicht verteidigen könnten, so
Hessen Sie in Kraft der mit Ihr gemachten AUiance 1500 zu Pferd
und einige zu Fuss aus Ihrer Garde anhero marehiren, welche in
Ghurffirstlichen und des Thumb-Gapitels Dienst und Pflichten treten
worden, und da I. Gh. D. deren noch mehr haben wollten, so würden
sie Ihre gleichfalls zugeschicket werden.
Er, Marquis, wäre expresse diesertwegen anhero kommen und wttrde
die Marche gem. Völker aufgehalten haben, bis die Gölnische Diffe-
rentien beigelegt, oder er dieser Stadt genugsam Versicherung gegeben,
dass dieselbe wegen gem. Völker sich nichts zu befahren hätte. Die
Stttcke, welche zu Neuss ankommen, hätten L M. Ihrer Gh. D. gelehnet,
die Magazine aber giengen den König an, und wttrde die Königl.
Armee etwa 4 Monate damit zukommen können. Sie macheten Staat,
mit -^ Mann nach den Niederländischen Quartieren zu kommen, da-
von ^ vorerst zusehen, und die ttbrige agiren würden, hätten sonsten
—Tp-PT- Mann auf die Beine, und beliefe es sich über 80 Millionen,
welche der König angelegete, nur allein die Holländer in ihrem un-
erträglichen Hochmuth ein wenig zu demüthigen, ohne dass I. M. ein
anderes als nur diese Glorie davon haben oder tragen würden: dass
Sie Anderen wieder zu dem ihrigen verhelfen hätten.
Der Vergleich mit der Stadt Göln scheint dem Marquis — in Rück-
sicht nämlich auf die Beseitigung weiterer holländischer Anschläge, die er
zur Folge hat — lieb zu sein. Er fragt , ob er dem Könige aufs Wort
versichern könne, „dass das Holländische Regiment *) nunmehr herausziehen
und keine andere Staatische wieder hineinkommen würden?'^ Bl. bejaht.
Abschied. Gomplimente.
Kurcölo.
^ Ohen S. 93 Anm. 1.
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Marsch franzöB. Völker in d. Ersetift von Lonvois motiTirt. 103
P. S. Blaspeil Relation. Dat. Cöln 5. Januar 1672.
[SpaniBche Resolntion. Französisehe AbsichtoD anf Neuss nnd Dorsteo. Con-
ferens mit dem Ffirstbischof voa Münster. Marsch der französischen Völker.
Was dabei brandenbnrgischer Seits zu berücksichtigen. — Bedenklicher Disput
zwischen dem Kurfürsten von Cöln und seinem Beichtvater.]
Er bat bei seiner Relation noch za erinnern, ^dass ich den Marqnis de 5. Jan.
Lf ou vois sehr resolnt and offenherzig gefandeo, nnd als ich ihn hinwiederum
anf die Art begegnete, gieng er mit mir desto confidenter, und konnte ich
verspüren, dass er über die Resolution der Spanischen, indem dieselbe sich
mit dem Staat eingelassen, etwas versetzt stnnd^. Die spanische Resolu-
tion folgt anbei.
Mir kam es auch etwas nachdeuklich vor, dass die Französische
Völker, so anitzo anhero kommen und in der Marche begriffen sind,
auch in des Thumb-Gapitels Pflichten treten sollen, und glaube ich,
es sei solches alles vornemblich dabin angesehen, dass die Krön Frank-
reich sich der beiden Plätze Neuss und Dorsten nur desto mehr
versichern möge, und dass deswegen zwischen Deroselben und Gbur-
Cöln davon pacisciret sein müsse. Ich werde in solcher Mei-
nung um so viel mehr gestärket, weil auch Münster seine in Dorsten
habende Völker daraus nimmt, wenigstens diejenige, welche vor ihre
Quote zu den Ereisvölkern in dieser Stadt Cöln sollen eingelegt
werden. Der Pfalzneuburgische Oberkanzler Freiherr von Giese
und ich haben mit itzhöchstged. Ihrer F. 6n. zu Münster am yer-
wichenen Donnerstag aus der also genannten grande affaire weit-
läufig geredet, und muss ich meinestheils aus vielen Umständen be-
sorgen, I. F. 6n. seien mit Frankreich ziemlich weit enga-
giret, und ob Sie gleich einen Schlag um den Arm gehalten, Ihre
gleichwol solches nicht sehr viel zu statten kommen dürfte, wenn
nicht Andere Sie daraus helfen. Bei unseref Conferenz vernahmen
wir unter anderm, wiewol es I. F. Gn. nicht so positive sagten als
wol discurs- und exempelsweise anfahrten, dass die Krön Frank-
reich Holland wol angreifen könnte, ohne Ew. Gh. D. Clevische Lande
zu berühren; wenn aber den Franzosen daraus zum ersten einige
Uostilität zustossen sollte, man alsdann auch dem König nicht würde
verdenken können, seinen Feind hinwieder in gem. Landen zu suchen
und anzugreifen; sonsten würden gem. Franzosen zu Kaiserswerth
den Rhein passiren, durch das Werdische und Essendische auf Dorsten
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104 I- Zur Vorgeschichte des deutsch-französiBchen Krieges. 1671. 1672.
und von dannen durch das Münsterische bis an die Grenzen von
Groeningen, Friesland, Overyssel und Grafschaft Zutphen kommen
können. Und als wir darauf remonstrirten, eine wie gefährliche Sache
dieses fQr I. F. 6n. und der ganzen Nachbarschaft sein wollte, ver-
meineten Sie, es würde Ihro noch gefährlicheif und gar nicht zu rathen
sein, einem so mächtigen Potentaten sich zu widersetzen und den
Durchzug zu verweigern, und mochten gerne von uns wissen, ob und
wie doch solches zu thun wäre. Wir regerirten, dass darauf zu ge-
denken stünde, und hielten dafür, wann man nur kein ander Absehen
dabei hätte, sondern ohne einige Praeoccupation solche Deliberation
antreten wollte, dass sich alsdann vielleicht ein oder ander Mittel, so
uns noch zur Zeit unbekannt wäre, finden dürfte.
Sollte nun, gnädigster Churfürst und Herr, das französische Augen-
merk dahin gehen, sich obbedeuteten Weges zu gebrauchen, wie dann
zu solchem Ende alle Nothdurft zu einer Schiffbrücke bei Kaisers-
werth zusammengebracht wird, so würde zu bedenken stehen:
1. wie man es mit Werden und Essen zu machen, darüber Ew.
Ch. D. Schutzherr sind;
2. ob man nicht mit allen hiebei interessirten Benachbarten,
denen es treffen kann, in Zeiten dahin zu reden, wie etwa zu
verhüten, dass man hierdurch nicht gewähret werde; und
3. wie man es dahin zu richten, dass auf allen unverhofften
Fall aus dem Glevischen keine Hostilitaet geschehe, noch selbige
Lande dadurch in diesen Krieg «mit eingeflochten werden.
Im übrigen ist mir von guter Hand anvertrauet und mit vielen
Umständen referiret worden, was massen Ihrer Ch. D. zu Cöln von
Dero Beichtvätern, so ein Jesuit ist, vorgehalten sei, in was
Gefahr und Ungelegenheit Ihre Lande und Leute sowol als die ganze
Nachbarschaft durch solche Gonsilia, wie itzund an Dero Hof gefOhret
würden, nothwendig gerathen müssen; dass gem. Beichtvater den Zu-
stand aller Sachen und was vorgehet Ihro umständlich remonstriret
und dabei angewiesen, dass solches alles auf I. Ch. D. Verantwortung
und Gewissen vornehmlich ankäme. Worauf Dieselbe geantwortet,
Sie wüssten und sähen es wol^ was vorgienge, wären aber dermassen
tief ins Werk und engagiret, dass Sie nicht zurück könnten, ob Sie
gleich wollten; ausserdem wären Sie fast bei jedermännlich in den
Ruf, als wann es Ihr an genügsamer Resolution und Herzhaftigkeit
ermangelte. Sie wollten sich aber aus solchem Namen bringen und
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Event. Gegenmaesregejo. Mit d. Pfalzneub. Kanzler beim Bischof von Münster. 105
nicht mehr yexiren lassen, wie es fast schiene, dass ein jedweder zu
thun sich unterstünde.
Auf Bl.'s Frage, ob er dies dem Ef. übermitteln dürfe, wird ihm das
mit dem Beding zugestanden, ,,daB8 es gleichwol, soviel möglich, mesna-
giret werden möchte. Es wäre soosten anch an S. Eaiserl. M. gebracht.^
Aöf die Art erkläre sich übrigens die Vergeblichkeit der an Kurcöln ge-
thanen Remonstrationen.
Nach dieser Relation gieng Blaspeil nach Cleve auf seinen Posten als
Clevischer Regierongsrath zurück.
Blaspeil. Relation. Dat. Cleve 10./20. Januar 1672.
[Reise nach Berlin. Beabsichtigte Audienz beim Fürstbischof zu Munster.
Dessen Gesinnung hinsichtlich eines Kreistages. — Ludwig XIV. an die General-
Staaten. Downing im Haag. — Besorgnis vor der Nahe der Franzosen.]
Blaspeil ist vor wenig Tagen ans Cöln wieder eingetrofifen. 20. Jan.
Dem Befehle des Kfn. gemäss — er hat solchen aus einem Schreiben
des Oberpräsidenten Freiherrn v. Schwerin ersehen — wird er noch
in dieser Woche die Reise nach Berlin antreten ^), auf dem Wege aber den
Fürstbischof von Münster wegen Ausschreibung eines nenen westphälischen
Kreistages angehen. Hoffentlich mit mehr Glück als bei den Audienzen in
Eendenich und Cöln. Der Bischof werde sich, zwar auch diesmal zunächst
ungeneigt erweisen, ^da S. F. Gn. leichtlich erachten könnte, dass die Zu-
sammenknnft der Ereisstände Ihrem Vorhaben und vermuthlichen Engage-
ment mit Frankreich mehr entgegen als zuträglich sein dürfte^; Blaspeil
ist «ein nnd anderes davon vorkommen^ wovon er mündlich berichten wird.
Die Ernennung des Prinzen von Oranien zum Capitain und Admiral
general ,,durch die gute Partei*^ wird Ef. ja erfahren haben; «man machet
sich hieraus diese Hoffnung, alles werde hinfüro besser als vorhin zugehen.^
Ueberschickt eine Abschrift von dem Schreiben König Ludwigs XIV.
an die Generalstaaten (Lettre du Roy Treschr^tien ä Messienrs les Estats
G6n6raux d. d. S. Germain le 2. janvier 16*72)^). «Die Antwort scheint den
') Blaspeil selbst hatte dies längst als Wunsch zu erkennen gegeben: „ich
finde — bei dem erwarteten Anrücken der französischen Völker — für Ew. Ch.
D. Clevische Lande solche Gefahr, dass ich längstens die Gedanken gehabt
Selbsten hinüber zu reisen und desfalls ein und anders untherth. mündlich vor-
zustellen, so sich alles nicht so umständlich schreiben lasset; und weil die
Mechelsche Sache auf eine Zeit lang ausgestellet worden, diese Cölnische
anch nunmehr verhoffentlich bald zur Richtigkeit gelangen wird, und ich also
dieser Endes in publicis nichts versäumen wurde, werde mit Ew. Ch.D. gn. Per-
mission ich mich ungeachtet dieser unbequemen winterlichen Zeit für eine geringe
Frist hin begeben.« (d. d. Cöln 14./24. Novbr. 1671.)
^ Die einschlägigen Schreiben bei Mignet a. a. O. Vgl. oben S. 35.
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106 I. Zur Vorgeschicbte des deutsch-fraDSÖsiBcheo Krieges. 1671. 1672.
Compass wieder zu verrücken^; Kf. werde sehen, ^wie alles auf SchraabeD
gesetzet ist and man daraus nicht abnehmen kann, was der König mit einer
60 ungewöhnlichen grossen Armatar vorhabe.^ — Gerüchte über des Königs
Absichten. ^Der Dauphin solle Römischer König werden.^ — D o w n i n g's ')
Gesandtschaft im Haag. Wohin sie ziele, weiss Niemand, de Witts Freund
(das weiss BI. aus Downing's früherer Gesandtschaft) ist er nicht. Man
müsse, sagt Bl., die Sachen noch mit ansehen. ^So sind wir in diesen
Quartieren zum wenigsten damit gefähret, dass wir die Franzosen in unserer
Nachbarschaft zu Neuss, Kaiserswerth und Dorsten haben, da ich nicht
sehe, wie man ihnen in der Güte wird loswerden können.^
Blaspeil. Relation. Dat. Lippstadt 17./27. Januar 1672.
[Audienz £o Coesfeld. Der Färstbischof einem Kreistage abgeneigt. Schmieing
geht nicht nach Berlin. Blaspeil rat, aaf Paderborn und Lüneburg zu wirken.
Militärisches. Befestigungen im Bistum Münster.]
27. Jan. Er hat sich von Cleve direct nach Coesfeld begeben. — Der Fürst*
bischof war — am 25. — nicht mehr dort, sondern „wegen Gonversionis
S. Pauli als des Stifts Patroni^ in Münster. Festlichkeiten mit den Domherreo
daselbst nahmen ihn in Anspruch; der Vormittag war mit Processionen
und anderen „bei den Römischen gewöhnlichen Ceremonien** ausgefüllt.
Erst am Abend kommt EL zur Audienz. Er stellt die Nothwendigkeit
eines Kreistages Yor und remonstrirt —
dass das Directorium denselben auszuschreiben gehalten wäre erst-
lich, weil es die zu Göln gewesene Ereisdeputati, wie dann insbeson-
dere die Stadt Göln, begehret und darum angehalten hätten; zwei-
tens weil es auf dem jüngsten zu Bielefeld gehaltenen Kreistag
concludiret, auch der Instruction in der Cölntschen Sache ausdrücklich
einverleibet worden; dahero zu besorgen stünde, wann das Directorium
darinnen ermangeln sollte, dass die Herren Kreisstände ungeduldig
werden und sich Selbsten verschreiben und zusammenthun dürften.
Der Fürstbischof replicirt, dass er „lange nicht eigentlich wÜ8Ste> wohin
Ew. Gh. D. Ihre Gonsilia richten und was Sie für eine Resolution fassen
würden^ (worauf Bl. entgegnet, des Kf. Intention gienge dahin, „dass
dieser Kreis in Frieden und Ruhe erhalten werden möchte^), giebt über-
haupt hinreichend zu verstehen, dass er dem Kreistage abgeneigt ist: er
werde denselben verhüten, werde auch den Domdechanten v. Schmising
nicht, wie er einst beabsichtigt, in dieser Sache nach Berlin senden. Bl.
ist privatim der Ansicht, der Kreistag Hesse sich wol zu stände bringen,
wenn nur Pfalzneuburg und Knrbrandenburg hierin einig blieben.
Das meint auch derBischofvonPaderborn, der bisher „auf einen Kreis*
*) Englischer Gesandter im Haag. Vgl. oben 64. 101.
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Der Bischof dem penen Kreistage abgeneigt. 107
tag habe treiben lassen^. Er (Blaspeil) möchte ihn daher gern en passant
begrüssen and sondiren^ anch in Celle bei Herzog Oeorg Wilhelm vor-
sprechen. ^Paderborn nnd Lüneburg hätten (wie sich zu Bielefeld gezeigt)
einen grossen Anhang.*^ — ^Ew. Ch. D. wollen es nnr in Ungnaden nicht
vermerken, dass ich dieser wichtiger Ursachen halber etwas Umweges nehme.
Ich werde sonsten meine Reise so viel immer möglich beschlennigen und zn
Berlin kommend Ew. Gh. D. von allem gute Rechenschaft geben.^
P. S. BI. hat gehört, ^dass I. F. On. Ihren Antheil der znr Be-
setzung der Stadt Cöln destinirten Kreisvölker in termino, so künftigen Mon-
tag einf&llt, anf das Rendezvons zu Mühlheim a. Rhein unfehlbar stellen
werden*'. Alle Mannschaften sind nen gekleidet. Bl. hat deswegen an Oberst
Syberg nach Hamm geschrieben, wobei er annimmt, dass die Branden-
bnrgischen, die zum Redezvons ^ sollen, ebenfalls gut eqnipirt sein werden.
— Ans Dorsten ziehen die kurcölnischen und münsterischen Völker aus, es
werden französische Schweizer hineingelegt. Die anf münsterischer Seite
genaachte Schanze wird der Fürstbischof mit eigenen Lenten besetzen lassen.
— Das Yest Kecklinghansen soll mit Franzosen fast ganz angefüllt sein.
Sollte man von ihnen „einiger Widerwärtigkeit^ zn befahren haben, so mnss
die Garnison in Lippstadt verstärkt werden.
Borken, Coesfeld, Rheine und noch andere Plätze hat der Fürstbischof
„trefflich versehen lassen*^
Im Lanfe des Februar ist Blaspeil In Berlin. Für den Rückweg giebt
ihm Rf. einen Befehl an den Generalmajor von Eller „wegen des Aus-
schusses im Mindischen und Ravensbergiscben, auch anderer Sachen halber^'
mit; da er (Blaspeil) Eller „nicht zum Sparenberg getroffenes hat er ihm
den Befehl schriftlich hinterlassen.
BlaspeiL Relation. Dat. Hamm 29. Februar/10. März 1672.
[Erwartet Nachrieht aber den Aufenthalt des Fürstbiachofa von Münster. —
Militärische Mitteilungen. Werbaogen Kurc51o8 and Münsters nnd deren
Resaltate.]
. . . Als ich nun von dannen — Sparemberg — weiter gereiset und 10. März,
albie angelangt bin, habe ich mich fleissigst erkundigt, wo doch I. F.
D. zu Münster, welche fast nichts thun als von einem Orte zum an-
deren zu gehen und wenig stille zu sitzen, anzutreffen sein möch-
ten. Da ich aber solches nicht erfahren können und bei diesen
überaus bösen Wegen, sonderlich im Jtfünsterischen, ungerne und mit
Zeitverlust drumher laufen mögen, habe ich heute einen Expressen
d. d. CoellD a. Sp. 14./24. Decemb. 1671 hatte Kf. gemeldet, dass er daza die
in Hamm stehenden 200 M. vom Kannenbergiscben Regiment beordern laaaen werde.
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108 I- Zur Vorgeachichte des deutsch-franEOBischen Krieges. 1671. 1672.
mit Schreiben an einen der Mdnsterischen Bäthe abgefertiget, der
mich auf Cleve folgen und die Nachricht, wo künftige Woche I. F.
D. Sich aufhalten werden, mitbringen würde. Sobald ich dieselbe
erlangt, werde ich mich dorthin verfügen und, was Ew. Ch. D. mir
gn. anbefohlen haben, treufieissigst in Acht nehmen.
Indessen habe ich mich hin und her auf der Keise, wo Ss die
Gelegenheit gegeben, so nach den Churcölnischen als auch Münsteri-
schen Werbungen, und was sie sonsten machten, erkundiget und von
einem dieses, von einem anderen jenes erfahren; unter anderm, dass
Ghur-Göln an verschiedenen Orten werben lasse, und sich sehr be-
fleissigen solle alte erfahrene Officirer an Hand zu haben. Im Hil-
desheimischen lassen sie zu Ross und zu Fuss werben. Das Fürsten-
bergische Regiment, so neulichst aus Frankreich kommen und
mehrentheils in Teutschen bestehet, liegt hier in der Nähe in dem
Herzogthume Westphalen und hat sein Hauptquartier zu Werl zwischen
Soest und Unna, ist 2000 Mann affective stark und wird mit des
Generalwachtmeisters von Landsberg Regiment ad 1000 Mann
conjungiret, und aus den beiden eins gemacht, welches hinflihro Ghur-
Gölns Leibregiment sein solle. Es finden sich darunter ungefähr
150 Zimmerleute und Grenadiers^). Gem. Fürsteubergisches Regiment
hat sowol im Littauischen als an anderen Orten für Geld zehren
müssen, und weil dazu keine Anstalt gemachet war, viel Ungemachs
und Elend alda erlitten.
,;Id Dorsten liegen noch die vorige Völker, nnr dass sie täglich stärker
werden, und halten sich die französische Schweizer noch In und bei Neuss
auf. An die Dorsten^sche Yestnng wird anitzo wieder mit aller Macht ge-
arbeitet nnd die Magazine daselbst ?on Tag zu Tag mehr und mehr versehen.^
I. F. D. zu Münster haben unter dem Obristen Wolf Ramsdorf
eiü Regiment Dragoner und eins zu Fuss richten lassen, so complet
sein sollen; noch sollen sie zwei Regimenter unter einem Rhein-
grafen (wer derselbe sein mag, weiss ich nicht) werben lassen, auch
eins unter einem Obristen Bilnitz, item noch eines unter dem Obristen
Knie. Der Ruf gehet, Sie hätten für -^ Mann zu Fuss Patenten
ausgegeben und allerorten Ihre Leute zu werben ausgeschicket; in
Cöln aber sollen Sie gar wenig aufthun, und Lothringen weit mehreren
Zulauf haben, Sie lassen sonst verlauten, ob wollten Sie neutral
Original: Granadiers.
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Werbangen Knrcolas nnd Munsters. 109
bleiben und nur Ihr Land verteidigen. Inmittels ist bekannt, dass
im MOnsterischen, iD speeie zu Coesfeld, Manster, Meppeu, Warendorf,
Rheine und mehr anderen Orten überaus grosse Magazine, und zwar
Beiseins Französischer Commissarien, welche die Aufsicht darüber
haben, aufgerichtet werden, und dass allerlei Anstalt zur Attacque
und Belägerungen nicht weniger als zur Defension, beides im Cöl-
nischen und Mttnsterischen, gemachet wird. •— Auch hat man mich
versichern wollen, dass der Herr Graf von Waldeck Georg Frie-
drich') für Lothringen ein Regiment Dragoner und eins zu Fuss
werbe, und auf diese 8, auf jene 20 Rthlr. für jeden Mann auf die
Hand gebe. Nicht weniger ist mir vorkommen, ob sollte der von
Podewils im Hannoverischen nicht zu Rechte kommen und nun-
mehr sich bemühen, einige Teutsche hohe Officirer in Französische
Dienste zu bringen.
Desgleichen. Dat. Hamm 29. Februar/10. März 1672.
[BUspeiis Vorschlage io Bezag aaf die Brässeler NegotiatioD. Der GölDische
BesideDt Donffet nach Spanien.
Fragt an, ob er noch in Brüssel mit dem Grafen Monterey') unter- 10. März,
bandeln solle, „nach Anleitung dessen so Ew. Gh. D. zn Wien würden
negotiiren lassen'S und ob er auch „dahin za gedenken hätte, ob nicht zu
Formirnng einer gnten Armee einige Snbsidien zu erhalten sein möchten'^
Ueber die (erwartete) Ankunft des kaiserlichen Gesandten, des Baron
de Ooes, zn Berlin ist ihm eine Instruction in Bezog anf diese Angelegen-
heit nicht zugekommen').
„Sousten habe ich zn Hildesheim im Durchreisen bei dem Vicekanzler
daselbsten, Herrn Nicolarts, Briefe von dessen Brüdern ans Brüssel ge-
sehen, darinnen er schreibet, dass Spanien die Ratification über den im
Haag gemachten Tractat dergestalt restringiret, dass es die Hülfe allererst
6 Monate nach der beschehener Requisition leisten wolle, wornach man sich
dann allenfalls zn Brüssel würde richten müssen.*^
Bl. bittet um Instruction, in specie — ob nicht die Sache dahin
zu nehmen, dass Ew. Gh. D., als Sie vernommen, dass die Krön
Der ehemalige kurbrandenburgisohe Minister, seit 1672 Feldmarscball im
Dienst der General Staaten.
^ Gouverneur der Spanischen Miederlande.
*) Bei Ueberweisung des Creditifs an Monterey hatte Kf. Blaspeil ange-
deutet, dass er die Negotiation zu Brüssel „ohne Esclat, nnd unterm Schein der
Mechelscben Sache, und zwar nach Anleitung dessen, so S. Ch. D. zu Wien bei
I- Kais. M. wurden negotiiren lassen*, verrichten solle.
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110 I- Zar Vorgeschichte des dentach-fraDsosischeD Krieges. 1671. 1672.
Spanien den mit dem Staat eingegangenen Tractat, aber alles Ver-
muthen der Krön Frankreich, ratificiret und nicht zweifeln wollten,
I. Kais. Majestät, darauf Sie jederzeit reflectiret gehabt, würde Sich
damit conformiren, Sich solcher der Krön Spanien genommenen tapfern
Resolution zum höchsten erfreuet, und ob Sie gleich auch vorhin,
denen weitaussehenden französischen Desseinen, insonderheit als weil
dieselbe gegen das Römische Reich und dessen Nachbarschaft ange-
sehen sein möchten, zu begegnen das Ihrige beizutragen entschlossen,
dass Sie dennoch nunmehr weniger Bedenken tragen würden, Sich
desfalls etwas öffentlicher herauszulassen, bevorab wenn Sie auch der
Kaiserlichen Resolution möchten versichert sein; dass Ew. Ch. D. in-
mittels nöthig ermessen, diese wichtige Sache, und was Ihro dabei zu
thun stttnde, mit Ihrer Exe.') zu überlegen und darinnen Sich einer
Meinung mit derselben zu vergleichen, damit man nicht einen Scopum
zu erreichen verschiedene Wege eingehen möchte; dass dieses das
eigentliche Subjectum meiner Abfertigung w&re^ darauf ich Ihr. Exe.
hochvernUnftiges Gutachten erwarten wollte. Hierbei nun könnte der
Krön Frankreich dergestalt gedacht werden, dass dieselbe, wann
etwas davon auskäme, keine befugte Ursach hätte, es für eine Offense
zu nehmen.
Ich könnte auch, wann es Ew. Gh. D. also gn. gutfttnden, gleich-
sam als aus mich selbsten dabei vorstellen, oder wenigstens I. Exe.
auf die Gedanken bringen, dass die Sache hierauf wol sonderlich an-
kommen würde, nemblich ob Ew. Gh. D. Sich nun alsbald und pure
vor den Staat, welcher durch den Herrn von Amerongen darum
anhielte, zu erklären, oder ob Sie damit annoch anstehen oder, gleich-
wie Spanien gethan, Ihre Resolution auf eine gewisse Zeit zu restrin-
giren hätten; wobei dann ferner discursweise angeffihret werden
könnte, dass auf den ersten Fall Ew. Gh. D. zwar alsbald einige
Subsidia von dem Staat zu Richtung Ihrer Armee zu gewarten, hin-
gegen aber auch allerlei Incommoditäten, so in Dero Preussischen und
Westphälischen Landen, zu befahren haben würden; und dass Sie auf
den anderen Fall besorgen müssten, dass Sie mit Ihrer Armee nicht
wol aufkommen würden. Dann obzwar Ew. Gh. D. einige Gelder
dazu auf Ihre eigene Domainen negotiiren zu lassen albereits Ordre
ertheilet, so würde doch solches nicht zureichen, dahcro Ew. Gh. D.
auf solchen andern Fall Ihre Zuflucht zu der Krön Spanien würden
^) Graf Monterey.
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Negotiation nach Brüssel beabsichtigt Blaspeils Vorschläge. Hl
nehmen und davon begehren müssen, dass Ihro mit einer erklecklichen
Summe Geldes, es wäre auf Abschlag der hinterher versprochenen
^^ Thlr. jährlich, oder per modum subsidiorum, oder auch leihes-
weise, bis hernacher der Staat es refundirte, an Hand gegangen
würde.
Bl. verspricht nach empfangener iDstractioa sein Möglichstes.
P.S. ,»Herr Yicekanzler Nicola rts sagte mir aacb, dass Char-Gölos
D. Ihren Residenten zu Brüssel Herrn Donffet mit eben dergleichen In-
struction nach Spanien abgefertigt, als Dero Rath Boeckhorst mit aus
Wien genommen, und Ew. Ch. D. commnniciret worden ist.^
Blaspeil. Relation. Dat Cleve 6./16. März 1672.
[Morgen aaf den Weg zam Fürstbischof. Grana wanacht Blaspeil bei sich in
Göln ZQ sehen. Stimmen aas Holland. Was bei der drohenden Kriegsgefahr
aus Blaspeil nod seiner Familie werden soll? Olevisches Archiv.]
Der vor acht Tagen an den Fürstbischof abgesandte Expresse hat die 16. März.
Nachricht zurückgebracht, dass der Bischof sich die ganze nächste Woche
über in Coesfeld aufhalte. Bl. wird sich daher morgen dorthin begeben.
Erwartet im Pnncte der Brüsselschen Gommission des Kf. Ent-
scheidung.
Inmittelst hat der Marquis de Grana, dem ichs bekannt gemacht,
dass ich vermuthlich in der Statischen Schuldsache nach Mecheln reisen
und bei der Gelegenheit auch hochgem. Grafen de Monterey wol
sehen und die Beförderung dieser Schuldsache recommandiren dürfte,
mir sub volante ein Adressschreiben an hochgem. Herrn Grafen zu-
geschicket und dabei die Stiftung guter Intelligenz zwischen der
Krön Spanien und Ew. Gh. D. sehr hoch recommandiret, sähe daneben
auch gerne, dass ich die Reise über Cöln nähme, weil er aus ver-
schiedenen Sachen mit mir zu communiciren hätte. Ohne Ew. Gh. D.
gn. speciale Verordnung gedenke ich meinen Weg dahin nicht zu nehmen.
Sonsten hat man einige Tage in Holland ziemliche gute Hoff-
nung zu England gehabt. Ich kann aber nicht finden, dass es
grossen Grund habe, sondern glaube vielmehr, dass England die
Ruptur mit Holland anfänglich befordern und in puncto der Gom-
mercien und des Gesags auf das Britannische Meer seinen Vortheil
aus diesem Krieg suchen, hernacher aber die Hände daraus ziehen
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112 I« Zar Vorgeschichte des deatsch-französischen Krieges. 1671. 1672.
und ehender gegen Frankreich gehen als zusehen werde, das» der
Staat über einen Haufen geworfen oder in französische Gewalt ge-
rathen sollte. Zum wenigsten wtirde Frankreich, wann England schon
anitzo anfinge umzusatteln, auf solch Praesuppositum nicht mehr
bauen weil wir die Neutralität, so es von Ew. Ch. D. begehret, darauf
nach wie vor gründen.
So flattiren sich nun etliche im Staat damit, ob fienge Frankreich
an, seine Desseins zu ändern und andere Mesures zu nehmen, nach-
dem Spanien sich durch die neuliche Ratification genugsam vor Holland
erklärt gehabt; und dass es dahero ehender die Spanische Nieder-
landen als Uniirte Provinzen angreifen, ja dass es in specie die Stadt
und Vestung Luxemburg, um dem Rom. Reiche desto näher zu sein,
belägern, zu solchem Ende seine Völker aus dem Erzstift Coeln theils
wiederum zurückziehen, auch einigen Vorrath aus denen alda aufge-
richteten Magazinen veräussern würde. Ich finde aber dieses noch
weniger als das vorige gegründet, und ist es fast insgemein die Art
der Holländischen Nation, dass sie sich gar leichtlich Muth machet,
auch denselben wiederum sehr bald schwinden lasset. Es gehe aber
Frankreich am ersten auf die Holländer oder auf die Spanier los, so
stehet doch zu besorgen, dass hiesige Ew. Ch. D. Lande den ersten
Anstoss und vielleicht den meisten Schaden dabei leiden und
empfinden werden; wie solches, wann es nöthig, mit mehrem augen-
scheinlich dargethan und angewiesen werden könnte.
„Wie nnn, gnädigster Chnrfurst und Herr, bei alsolcher Bewandtniss in
diesem offenen Ort zn bleiben sehr gefährlich sein wird, bevorab vor Ew.
Ch. D. Bedienten, also weiss ich fast nicht, wohin ich meine Menage Zeit
währenden Troublen transferiren boII.*^
Zwar haben Ew. Ch. D. hiesigen Dero Vicekanzlem Roms-
winckel und mir die Haagische Verrichtung dergestalt gn. aufgetragen
und anvertrauet, dass wir uns von Monat zu Monat oder von Quartal
zu Quartal abwechseln, unser einer jedesmal in gem. Haag und der
andere hierselbst Ew. Ch. D. Dienst und Interesse respiciiren sollte.
Wir haben auch zu dem Ende unser absonderliche Haushaltung noch
bis auf diese Stunde alda; wir wissen aber nicht, wie sich die Trac-
taten mit dem Staat schicken werden, weniger ob und welchergestalt
Ew. Ch. D. gn. wollen, dass wir beide zugleich oder separatim im
Haag continuiren sollen; und hätte ich meines wenigen Ortes vor-
berührter Ursachen halber wol unterth. zu bitten, weil an französi-
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stimmen aus Holland. 113
sehen Seiten noch zu den bevorstehenden und befahrten Hostilitäten
allerlei Anstalt tftglieh weiter gemachet wird, zu solchem Zweck auch
noch gar neulich, vor ein Tag oder 6, abermalen eine Million Bthlr.
in Neuss ankommen ist, und die Zeit im Felde zu agiren je länger je
mehr herannahet, dass Ew. Gh. D. gn. Willensmeinung ich wissen möge,
ob ich im Hage oder wo sonsten in auswärtigen Verrichtungen em-
plofiret werden oder ob ich mich in hiesigen Quartieren verhalten
und Dero gn. Befehl unterth. abwarten solle, damit ich mich in Trans-
ferirung meiner Familie darnach in etwan richten könne.
„Was Ew. Ob. D. mir sonsten wegen hiesigen Archivi mit des Herrn
StatthaltersFürstl.On. zn reden mündlich anbefohlen, daraus habe ich bei
S. Fiirstl. Gn. Absenz mit Dr. Wüsthauss geredet (und berichten wir
davon absonderlich, woranf mich nnterth. beziehe) *).*'
P. S. Relation. Dat. Cleve 6./16. März 1672.
[Umschlag der Meinungen im Haag. Amerongen. Erteilte Information bezüg-
lich der Clevischen Plätze.]
„Anch werde ich ans dem Haag berichtet, ob sollte bei vielen Regenten i6. März,
daselbsten nicht nur zu Evacairnng der Stadt Orsoy sondern anch dazu,
dass man Ew. Gh. D. wegen der anderen Plätze eine oder andere Satis-
faction geben möchte, sehr gnte Disposition gewesen, solche Gedanken aber
bemacher auf die alda einkommenen Advisen, als wenn die Handlung mit
£w. Cb. D. sich ohne das wol schicken würde, wendig worden und geän-
dert sein.^ . . . ; dass man auch im gen. Haag das Werk gar andersten
als dann vorhin und zwar dahin nehme, als wenn Ew. Gh. D. bei
dem französischen Kriege mehr Interesse hätten als der Staat und
Ibro dannenhero wol am meisten an des Staats Freundschaft gelegen
wäre, und habe ich derhalben nicht stille stehen können, hierbei
unterth. zu erinnern, dass als der Herr von Amerongen von Göln
nacher Holland reisen und die Abschickung nach Berlin alda befor-
dern wollen, er sich aber eingebildet, dass vorgem. Glevischer Plätze
halber ausser Zweifel etwas vorgehen würde, gem. Herr von Ame-
rongen die Information, was es doch mit solchen Plätzen eigentlich
f&r eine Beschaffenheit haben möchte, von mir zu haben begehret
Der Inhalt wird aus S. 123 (oben) ersiehtlich.
Matex;. t. Oescb. d. G. Kurfuraten. XIIT.
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114 1. Zar Vorgeschichte dee deatech-fmnsöeischen Krieges. 1671. 1672.
hätte, inmaaseii ilun aach dieselbe alsbald gegeben worden. Wie
ich nun fast zweifle, ob man solohe Information bei Ew. Ch. D. zar
Hand haben werde, dieselbe aber bei den C!onferenzen mit dem Herrn
yon Amerongen dienen könnte, so werde ich gem. Information aus
der Niederländischen in Hochdeutscher Sprach übersetzen und Ew.
Ch. D. bei n&chster Post unterth. zusenden.
Der KorfUrst an Blaspeil. Kesolution. Dat. Potsdam.
9./19. März 1672. Conc. F. Meinders.
(Ebenso an Romswinckel.)*)
19. März. Erwartet Bericht über die Audienz in Münster. — Bl. hat sich schleu-
nigst nach Brüssel zubegeben — und was daselbst fttrgehe und wohin
man auch über die bereits mit dem Staat gemachte und ratificirte Allianz
inclinire, besten Fleisses zu beobachten, insonderheit aber den Guber-
nator soviel immer möglich dahin zu bewegen, damit der Kaiserliche
Hof immer mehr und mehr animirt werde, sich des Werks mit Ernst
anzunehmen und zu Restabilirung des allgemeinen Friedens eine nach-
drückliche und vigoureuse Resolution zu ergreifen.
. Blaspeil. Relation. Dat Cleve 13./23. März 1672.
[Audienz za Coesfeld. Yeraioherongeo des Faratbischofs.]
23. März. Ist am 17. März, wie er angekündigt, in Coesfeld gewesen.
Ob ich zwar nicht andersten vorgegeben, als dass ich hinkommen
wäre, I. Fttrstl. Gn. nur bloshin aufzuwarten und meiner Zusage, dass
bei meiner Rttckreise von Berlin ich weiter zusprechen würde, ein
Gnügen zu thun, so haben I. F. 6n. mich bei meiner Ankunft alsbald,
und ehe ich mich noch angeben lassen, durch Dero Hofmeistern den
von Schade im Wirthshause verwillkommen und meiner Protestation
ungeachtet durch Dero Leibkutsche mit sechs Pferden, so von sechs
Hellebardierer, acht Heyducken und etliche Lakaien begleitet ward,
hinauf zu Schloss holen, unten an der Treppe durch die sämmtliche
*} Der bezügliche Befehl an Rom^wiackel lautete natürlich auf den Haag.
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Blaspeils Audienz sa Coesfeld. GesinnaogeD d. Müosteres. 115
Cavaliere, so Btoh bei Hof fuoden, empfangen und also nach dem Oe-
mach, da ich mein Quartier haben sollte, flihren lassen. Ich habe
daraus nicht anders abnehmen können, als dass Sie mir diese äusser-
liche Ehre yornehmlich darum erweisen liessen, damit die Leute so-
wol in der Stadt Coesfeld als bei Hof daraus abnehmen möchten, dass
zwischen Ew. Ch. Durchl. und I. F. Ob* annoch eine sehr gute Ver-
ständnis wäre.
Folgt eine lange Beschreibung der Audienz. Blas peil ersählt von seinea
Versuchen, den Fürstbischof zq treffen. Bischof: Domdechant Schmi-
sing hätte, wenn er nicht bettlägerig geworden wäre, nach Berlin gehen
sollen, des Kf. Intention zu vernehmen. Er (Bischof) sei der Meinung, dass es
daranf ankomme sich zunächst über den Modus zu vergleichen, wie solcher
Zweck (Friede im Reich) am füglichsten zu erreichen. „Sie (F. Qn.) könn-
ten zwar der Krön Frankreich transitnm innoxinm nicht verwehren, nach-
dem Ghur-Trier, Chnr-Cöln nnd Andere ihr solches nicht versagt,
wären auch allenfalls nicht bastant, sich einer solchen Macht, ohne Ihr
Land und Leute in Hazard nnd höchste Gefahr zu stellen, zu widersetzen;
hätten aber dieselben nie einnehmen wollen, wie Ghur-Cöln gethan, wür-
den auch nicht unterlassen, den mit dem Staat gemachten Clevischen Frie-
den unverbrüchlich zu observiren, ungeachtet Sie davon noch immerhin stark
bedreuet würden. Sollten Sie nnn davon attaqniret oder Ihro einige Unge-
legenheit zugefügt werden, so verliessen Sie Sich auf I. Kais. M., Frank-
reich, Ew. Ch. D. und andere, welche gen. Clevischen Frieden gemacht
and garantirt hätten. . . ,"
P. S. Dat. Cleve 13./23. März 1672.
[Kriegaan stalten und Werbungen im Bistum Munster. Franzöusche Comiiiis-
sarien in Coesfeld. Der Fürstbischof far Frankreich, dessen erster Stoss die
kfUcben Lande treffen wird.]
„Auch werden sich Ew. Ch. D. gn. erinnern, dass die ürsach, warum 23. März,
ich mich zu I. F. Gn. von Münster verfügen sollen, vornemblich diese
gewesen, dass ich sondiren möchte, wohin 1. F. Gn. eigentlich zieleten nnd
was Sie für Anstalt macheten. Nnn hatte ich, solches zu erfahren, Ew. Gb.
D. Richtern zum Hamm zur selben Zeit, als ich zu Coesfeld war, dorthin
zu erscheinen veranlasset, in Meinung, durch denselben von Einigen, wobei
ich mich ohne Verdacht selbsten nicht angeben können, auszuforschen, was
I. F. Gn. für Obristen im Dienst hätten, auch was und wo Sie werben
Hessen. Das Unglück aber bat gewollt, dass gen. Richter eben mit einem
Catharren überfallen nnd davon dermassen incommodiret worden, dass er
sein Hans und Cammer verwahren müssen, derowegen ich mich selbsten, so-
viel thnnlich gewesen, bemühet ein und anderes zu erfahren, und
8*
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116 I* Zur Vorgeschichte des deatsch-fraozösischeD Krieges. 1671. 1672.
habe ich verooromeo, dass I. F. Gii. weit und breit in- und ausserhalb
Landes werben und recraitiren lasBcn, dass aber ein Officier von dem
anderen kaum wisse, dass innerhalb Landes mehrentheils einfache
Compagnien von Landsassen zu Ross und Fnss geworben würden,
ohne dass noch znr Zeit bekannt wäre, ob sie unter andere Regimenter
gestochen 0) oder absonderliche Regimenter davon formiret werden sollten.
So würden anch alle alte Compagnien mit 15 Mann recrnitiret und der
Aussohnss in jedem Amte mit einer neoen Compagnie verstärket, dass end-
M
lioh die Anstalt auf eine Armee von -^-^ Mann gemachet würde, wenn
nemblich alle Regimenter und Compagnien, darauf die Patenten ausgetheilet
wären, complet sein würden."
Obrist Post passirte am verwicbenen Sonnabend mit einer schönen
neugeworbenen Compagnie Reuter von 100 Köpfen Coesfeld. „Aach
fanden sich alda zwei französische Commissarien, so die Ammunition
und Nothdurft zu den Magazinen einkauften und bestelleten, und als ich von
dannen wieder zurückreisen wollte, kam ein Obrister aus Lothringen von
dem Marschall de Cr6quy alda an.'' Dessen Anbringen hat Bl. nicht
erfahren.
^I. F. On. macheten zwar Ihre Werbungen selbsten nicht sehr gross
und sagten mir, dass dieselbe nur bloshin zur Defension Ihres Landes an-
gesehen wären. Wie ich es aber meiner Einfalt nach begreife, gehen Ihre
Gedanken viel weiter und dürften mit Frankreich wol eine Linie ziehen.
Dass England ehestens auf Holland losbrechen würde, stelleten Sie ausser
allen Zweifel, und ist aus allen Umständen nichts anders abzunehmen als
dass der erste Effort'^.. sehr gross Fein und die kf liehen Lande am ersten
und härtesten treffen wird, „bevorab dader Prinz von Cond6 Generalissi-
mus der Armeen am Rhein sein soll". Hoffentlich wird „der Staat die
Treue, so Ew. Ch. D. nun wiederum daran erweisen, besser als vormals
begreifen und erkennen und solches bei gegenwärtiger Handlung in der
That verspüren lassen'^
Relation d. d. Cleve 20./30. März 1672.
30. Miirz. l^es Kf. Befehl vom 19. März ^) vorgestern mit der Berliner Post er-
halten. Hat an Romswinckel nach Mors, wo sich dieser aufhält, einen
Expressen geschickt und ihn ersucht, sich ohne Zeitverlust hierher und von
da hinunter nach dem Haag zu verfügen. Hoffentlich findet Romswinckel
„die Qemütcr disponirt, des Kf. billigen Postniatis entgegenzukommen und
zu consideriren,
») Original.
^ S. 114.
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AuslassQDgeo des Mäusterers. Blaspeil geht nach Brüssel. 117
1. dass £w. Ch. D. den Staat zu retten und zu Sahiren Ihre west-
phälische Landen in Gefahr stellen nnd gleichsam daran wagen;
2. dass Ew. Ch. D. so viele rechtmässige Praetensiones, als Sie wegen
Dero Clevischer Städte nnd sonsten daran haben, gleichsam übersehen und
bei Seite setzen;
3. dass wann die Sachen wol succediren, Ew. Ch. D. für Sich selbsten
nichts dabei profitiren oder gewinnen können, vielmehr zu Formirung nnd
Unterhaltung der Armee ein Grosses aus Ihren eigenen Mitteln werden
beitragen müssen; dahingegen wann es übel ausschlagen möchte, £w. Ch.
D. zehn, ja zwanzig mal mehr verlieren könnten, als all dasjenige, so der
Staat an Subsidien und Zuschub geben wird, sich ertragen mag; und was
dergleichen Motiven mehr sind . . .''
Blaspeil. Relation. Dat. Cleve 26. März/5. April 1672.
[Romswinckel im Haag. Hoefysersche Schaldsache. — Deputation der Stadt
Wesel. Deren Anbringen und Blaapeils Bescheid.]
Romswinckel ist abgereist und wird mit nächster Post über die ö- April,
staatischen Erklärungen referiren.
Bis. Reise wird „um so weniger Aufsehen machen, als man uns von
Mecbeln geschrieben, wir möchten doch unausgestellet hinkommen, weil die
Relation in der Hoefyserschen Schnldsache von dem Referenten völlig ab-
gelegt, und wir vermuthlich noch vor Ostern Definitivum haben dürften^.
Er bat es daher für nötig ermessen, „sich mit den Sportulis zu versehen*',
und daher die Abreise ein Tager vier verzögern müssen.
Im übrigen, gnädigster ChurfÜrst und Herr, kann ich hiebei
unterth. nicht verhalten, wasmaBsen die Deputirte der Stadt Wesel
alhie bei mir gewesen und sehr darüber doliret haben, dass obwol
nicht allein die gemeine Gerüchte liefen, sondern auch die Briefe aus
Paris es mit brächten, dass der Prinz von Cond^gem. Stadt am ersten
attaquiren nnd belagern würde, der Staat dennoch so wenig Sorge
daf&r trüge, dass er auch noch unlängst einen guten Theil des Garni-
sons daraus genommen, anstatt dass sie yerhoffet, itzgem. Garnison
würde sein verstärket geworden; so mangelte es alda auch an grobem
Geschütz und an allerlei Ammunition, ungeachtet man im Hagen eine
geraume [Zeit] hero einständigst darum angehalten.
Auf die Frage der Deputation, wie sich die Bürgerschaft im Falle
einer Belagerung zu verhalten habe, weist Blaspeil anf das Holländische
Schutzversprechen hin, schlägt aber zugleich eine Eingabe an die Cleviscbe
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11g I. Zur Vorgeschichte des deuUch-fraiiBöusohen Krieges. 1671. 1672.
Regierong zur Kenntoisuahine des Kf. vor. Man bittet ihn, die Angelegeo-
heit dem Kf. so recommandireD.
Das Verhalten der Oeneralstaateo ist allerdiogs verdächtig. Während
sonst noch ^in der jüngst mit Ew. Ch. D. aofgerichteten Defensivallians ver-
sprochen, alle Clevische Städte, darinnen er (der Staat) seine Oarnisonen hat,
dergestalt zo versehen, damit dieselbe für allen Ueberfall genugsam versichert
sein können/ ') so hat er die Garnison ans Wesel zn einem Theile heraus-
genommen und das Geschütz, ,,6o man einmal nacher Wesel destiniret and
bereits eingeschifift gehabt^, zoruickgefordert. — Auch das Magazin in Rees
soll sehr schlecht versehen sein.
Blaspeil. Relation. Dat. Brössei l./U. April 1672.
[Seioe Brüsseler Verricbtoog.' Eine Kondgebung des Grafen Mooterey über
Spanien, Frankreich nnd England. Montereys Fragen. EinquartirtiDg wechsels-
weise Staatischer and Spanischer Volker in den FesUingen.}
11. April. Seine Commission an den Spanischen Gouverneur abgelegt Wenig-
stens die Substanz derselben will er hiermit durch Expressen befördern,
damit dieser die Berlinische Post in Cleve noch erreiche, und der Kf. acht
Tage eher die Nachricht habe.
Graf Monte rey zweifelt nicht, ^es würde I. Kais. Maj. die awischen
Spanien und Holland gemachte Ligue, welche weiter als auf eine blosse
Assistenz gieng, mit antreten.** Dazu stimmten die kaiserlichen Erklärungen
von einer Defension der Spanischen Niederlande, auch die kaiserliche Ordre
an den Spanischen Botschafter, ferner auch die nachdrückliche Ordre an
den am kaiserlichen Hofe residirenden Spanischen Botschafter, da dann
ferner hinzukäme,
dass der Eron Spanien Intention und Gonsilia dabin gingen, (woran
dann Ihrer Kaiserl. M. nnd dem ganzen Reich eben so hoch gelegen)
dasa man mit der Krön Frankreich, so alle Benachbarte nur in Alarm
hielte, auf unerträgliche Kosten brächte und damit ausmergelte, ein-
mal einen rechtschaffenen Krieg führen oder einen bessern und be-
ständigeren Frieden, *als vor wenig Jahren gemacht worden, treffen
müsse. Hocbgem. Herr Graf füget dabei, dass in Frankreich die
Gelder schon anfingen zu ermangeln, dass er gewisse Nachricht hätte,
dass der König keine -jr— M. zusammen ins Feld bringen könnte.
In dem ratificirten Vertrage findet sich ein solcher Paragraph nicht.
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Au8föhrlieber Beriekt aber die ÜnlerredoBg mit Monterey. 119
und dasB unter den Neugeworbenen viele schleehte Eneobte irftnui^
woknit wenig wMrde aasznriobten sein; dass England resolviret bfttte,
mit ibrer Sehiffsflotte nicbt auBsuiaufen, Frankreich bätle dann den
venproebenen zweiten Termin bezahlet.
Es folgen Fragen des Gouvernenrs, als er ▼ernommei), es läge an
den Staaten, dass sie mit dem Kf. noch nicht ^inig seien:
1. „ob er (MoDterey) die hier anwesende Depntirte wol darüber zn«*
Bprechen möchte?''
2. ;,waDD Frankreich die Stadt Cöln attaquiren oder auch die Stadt
Neuss mit Macht für sich mainteoiren würde, ob das fiöm. Reich solches
also zugeben und nichts darwider thnn wollte?^' — worauf Blaspeil repli-
cirt: das erste zu begehren, sei er nicht beordert; auf das zweite vermöge
er nicht zu antworten.
P. S „Oleich wie Staatische Völker in hiesigen Oamisonen gelegt
werden^ also werden hinwiedernm die Spanische in Staatiseben Städten
geleget, nnd sollen zu Mastriebt schon einige in der Stadt eingezogen seio.'^
Blaspeil. Relation/) Dat. Cleve 1Ö./20. April 1672.
[Ergänzender Bericht über die Unterredung mitMonterey. Frankreichs Fläoe.]
In Mecbeln hat er einige der Richter begrüsst, den Präsidenten 20. April.
aber nicht angetroffen; er ist daher genötigt gewesen ihn zn Brüssel zu
anehen, „bei welcher Occasion dann auch den Herrn Gaberoatoren zu
complimentiren und die Mechelsche Sache 3) zu recommandiren ich nicht er-
mangeln wollen und zugleich ihm meine Commission eröffnet, welche ihm
sehr angenehm.^^
Die erste Vorstellong in genere: Friedensbestrebongeu des Kf.
Wunsch, dass Kf. nnd Reiehsfürsten mit gutem Beispiel vorangehen.
Monterey antwortet ebenfalls in generalibus, berührt aber dann den Trac-
tat zwischen Kf. und den Staaten. Er begehrt zu wissen, worauf es
damit beruhe.
Diesea ward aber dergestalt vorgestellet^ daes es fast seUene, ale
wann die staatisehe Ministers, welche zu Brüssel sein, Ew. Ch. D.
deshalb beschuldigt hätten; daraus ich Occasion nahm, Ton diesenl
Punct etwas ausführlicher zu discouriren, und sagte, dass der staatische
Envojä nunmehr an die drei Monat zu Berlin gewesen, nnd ob zwar
Ew. Ch. D. Sich alsbald herausgelassen und eine Armee von zwanzig
^) Zam gröesten Teil chiffrirt.
*) Die Hoefysersche Schnldeache.
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120 1- Zur Vorgeschichte 4e8 deatsch-fraDZÖsischen Krieges. 1671. 1672.
tausend Mann darzustellen sich erboten, nur möchten die Staaten drei
fünfte Theil davon unterhalten, hätten sie nicht dazu verstehen wollen,
auch Ew. Gh. D. einige Ihrer Städte wiederzugeben difficultiret; daran
haftete es annoch. Der Herr, als er nun Ew. Ch. D. Fundamenta
von mir verstand, konnte sich über der Holländer Art nicht genugsam
verwundern, improbirte dieselbe und fund Ew. Gh. D. Fostulata der-
massen billig, dass er sich anbot, sein Werk davon zu machen und
die Staaten solches einzugehen zu bewegen, wenn ich es begehren
würde. Ich sagte, darauf keine Ordre dazu zu haben, wüsste aber,
dass es Ew. Gh. D. sehr angenehm sein würde, wenn Er I. Kais. M.
zu einer guten Resolution würde disponiren können. Wessen er sich
nun darauf erkläret, habe ich aus Brüssel unterthänigst berichtet.
Gespräch über die französis eben Pläne. Monterey meint, „dass Frauk-
reich lieber alles würde lassen über sich gehen als noch zar Zeit mit Spa-
nien brechen — weil es wüsste, dass es wider das Interesse der Krön
England liefe, und dieses eine Gondition wäre, darauf Frankreich mit
England tractiret. Man wüsste aber auch wol, wie Frankreich Wort
zu halten pflege, darum er sich wol in Acht nehmen würde. Ew»
Gh. D. möchten dergleichen thun und sonderlich Ihre Lande in West-
phalen wol verwahren, weil nichts gewissers als dass Frankreich sich
davon Meister zu machen suchen würde. Nicht weniger gienge Frank-
reichs Äugenmerk auf die Stadt Göln, und haben wir weitläufig mit
einander davon geredet, wie solches etwan möchte zuvorzukommen sein.
Die französische Armee unter Dac de Cr6qaj sei ,,wol sonderlich
auf England angesehen, nm dem König aufm Nothfall zu helfen^'.
Das Recreditif wird Bl. über Hambnrg schicken, wobei er „von der
Materie der Stadt Göln*^ aasführlicheren Bericht ?erheisst.
Bald nachdem Blaspeil nach Cleve zurückgekehrt ist, beginnt nuu der
Krieg. Es erfolgt der Einbruch der Franzosen in das Herzogtum, die
Erobernng der Rheinfestungen, die Flucht der Glevischen Beamten aus dem
Lande, wovon die folgende Relation^) fesselnde Mitteilungen bringt.
*) Dieselbe hat, wenn sie gleich Bekaontes enthält, um ihres lebendigen
Tones willen hier eine Stelle gefanden. — üeber firoberaog der Rheioplätze vgl.
die Berichte im Diariom Europaeom XXV. Appeod. 2, 17fgg.
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Uebergabe der Rhein festiiD gen. Vorstoss der fraozösischeo Armeen. 121
Blaspeil. Relation. Dat. 's Glavenshage 3. /l 3. Juni 1672.
[Nachrichten vom Kriegflschäuplatze. Fürstbischof von Strassburg. Schilderang
der Bedrängnis im Land Cleve].
Hat unter dem 26 Mai /5. Juni aas Cleve (Rel. fehlt) die Uebergabe 13. Juni,
der beiden Plätze Orsoy und Büderich an die Franzosen gemeldet —
„darinnen aber geirret, als wenn Büderich sich auf eine raisonnable Capita-
latioD ergeben hätte; denn wie ich hernacher erfahren, hat der König die
üebergab selbiger und aller anderen Plätze im Clevischen andergestalt nicht
als aofGnad undUngnad annehmen wollen, inmassen auf die Weise
die Stadt Wesel noch am selbigen Tag, da ich jenes berichtet habe,
(Rbeinberg aber auf Gapitulatlon den folgenden Tag) und Rees bald
darauf sich ergeben haben. Die Bürger sowol als die Miliz werden in den
meisten eroberten Plätzen ein- und aufgehalten, dass Niemand herausser
mag, dahero man nicht recht wissen kann, wie sie gehalten werden und
was die Franzosen damit im Sinne haben. Yielleicht wollen sie zuforderst
erwarten, was Ew. Ch. D. dem Cavalier, so der König Ihr zugeschicket
hat, für eine Antwort geben werden."
Der Fürstbischof von StrassburgO hätte Blaspeils Kommen gern
gesehen. Bl. hat es abgelehnt und sich damit entschuldigt, dass ohne des
Kf. expresse Bewilligung er sich nicht anders wohin verfügen dürfe. Alles
Weitere und des Bischofs Schreiben hat er unbeantwortet gelassen. Das
Schreiben folgt anbei. Später noch eines, welches ebenfalls folgt (Aul.
A u. B).
Soviel BL weiss, ist im Clevischen von allen Festungen Emmerich
der einzige Ort, der noch nicht in den Händen der Franzosen ist. Das
hat aber seinen Grund darin, „dass etwan ein oder zwei Stunden vorher,
als sie diesen Platz attaqniren wollen, die Staatische Miliz ausgezogen und
35 Mann aus Calcar den Ort wieder besetzt haben (wovon Ew. Ch. D.
die Particularitaeten zweifelsohn anderen Orts her unterth. werden hinter-
bracht sein); wodurch denn nicht wenig Ungelegenheit abgewendet worden,
indem nicht nur rings umher an beiden Seiten Rheins, wo sich sonsten die
französischen Läger würden hingeschlagen haben, die Bauersleute und das
Getreidig auf den Aeckern noch einigermassen conserviret worden, sondern
es continuiren nun auch annoch die Evangelische so Lutherischer als Re-
formirter Religion in denen bis daher eingehabten Kirchen; ob aber und wie
lange Frankreich diese Stadt in diesem Zustande lassen werde, ist wol un-
') Franz Egon von Füratenberg. Mit ihm hatte Bl. im letzten Herbat
von Cöln aus wiederholt verhandelt. „Ich habe spuren können, dass S. F. Gn.
von Münster mit dem Herrn Bischof von Strassburg ziemlich einig, und .
wird es hart halten Dieselbe zn versetzen oder anf andere Gedanken zu bringen*
(Blaspeil an Kf. d. d. 24. Nvbr. 1B71). Vgl. dessen Briefe an Schwerin unten
8.127fgg.
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122 I* Zar VorgeschichU des deoUch*f^«D8dti8cbeD Krioget. 1671. 1672.
gewiss, und möchte ich wünschen, £w. Ch. D. b&tten ein tausend Mann
vier oder fünf darein und setzten aldorten und zo Galcar einen festem Foes,
so möchte sich alles übrige mit der Zeit auch schicken.
Die französische Armeen an beiden Seiten Rheins marchiren indessen
weiter und weiter hinunter und erwartet man t&glich, wie es mit der
Schenkenschanz, Nymwegen und anderen Plätzen an dem Maas-
Waal- und Tsselstrom ablaufen, und wie die Franzosen sich mit den
Unterthanen und Eingesessenen dieser Provinzen verbalteu werden. In
der Gegend von Rees sind den Cleviscben Unterthanen an die 4000 Stück
Kühe und Rinder weggenommen, soll aber mebrentheils durch die Münste-
rische geschehen sein.**
Was nun dieser so unerhörter geschwinder und glücklicher Progress
der Fra'nzösischen Waflfen, iudem der König beinahe in vier oder fünf
Tagen Zeits alle Vestungen im Cleviscben erobert und sich dadurch gleich-
sam Meister vom ganzen Herzogthum gemachet, für einen Alarm nnd
Schrecken bei allen und jeden Unterthanen und Einwohnern verursachet
hat, ist mit keiner Feder zu beschreiben. Alles was nur gekonnt, hat an-
gefangen sich zu retiriren aus Beisorge, die Franzosen möchten sich ihrer
ermächtigen nnd solange, bis sie Ew. Ch. D. eigentliche Resolution nnd
Erklärung hätten, aufhalten und übel tractiren.
Ich meines wenigen Orts bin zwar von allen Räthen, ans Noth, der
letzter gewesen, so sich von Cleve begeben, weil meine Eheliebsr« am
selbigen Tag, da sie aufbrechen wollen, in die Wochen kommen. Sobald
ich aber vernommen, dass auch die Stadt Wesel sich ergeben, habe ich
mich mit der Kindsbetterin und Kinder von Cleve weggemacht, nachdem
vorher bei der Canzley und unter deren Bedienten, so aus Mangel entweder
nötiger Reisemittel oder anderer Gelegenheit bleiben mussten, eine nnd
andere Anordnung, wie sie sich auf einen oder anderen Fall zu verhalten,
gemacht und hinterlassen worden.
Indem ich dieses schreibe, bekomme ich Nachricht, dass die Franzosen
ebenso wol in Emmerich als Rees sein, muss dahero fast daran zweifeln,
ob die 35 Mann aus Calcar, die Possession davon in Behuf Ew. Ch. D.
zu nehmen, hineingeschicket oder frühe genug angelangt oder von Frank-
reich respectiret sein, und wird mir dabei geschrieben, dass auch fast alle
Magistratspersonen die Stadt Cleve verlassen haben, also dass keine Ordre
mehr darinnen sei. Ich habe einen Canonicum von Cranenburg Stalpart
genannt, welcher einige Jahre des kaiserlichen Ministri Friquets Capellan
gewesen und uns in verschiedenen Gelegenheiten viele Dienste erwiesen hat,
darum dass ihm die französische Sprach und Hnmoren Ziemlichermassen
bekannt sein, dahin disponiret, dass er sich bei währenden itzigen Troublen
zu Cleve aufhält und dasjenige, was Ew. Ch. D. angebet, soviele thunlich
in Acht nimmt und Sorge dafür trägt. Derselbe schreibt mir vom l./ll.
hnj., als der Mareschal de Tureniie mit etwan 10 000 zu Pferde vorbei die
Stadt Cleve an der Linden passiret, dass er zu ihm geritten, ihn namens
der Regierung complimentiret und anneben was in der Stadt an Vivres
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Sebrecken und BedräDgnis im Lande Cleve. Verlegenbeit d. Rate. 123
io Vorrath wäre praesentiret hätte, welches der Marschall sehr wol aaf-
genommeD ond ihm Dank dafür gesaget hätte. — Ewrer Gh. D. haben DeroRatfa
Wüsthaus Qod ich hiebevorn schon berichtet^), wie wir es mit dem ArchiTO
zu halten gemeinet, welches anch also geschehen. Glciohergestalt sein die
vornembste Nachricht nngen ans der Cammerregistratnr in ein Schiff gethan
und dem Amts-Gammer-Secreiario und Registratori Schlechtenthal an-
vertrauet, welcher uebens meinem Schiff binnuter gefahren und sich solange
mit den Schriften aufs Wasser yerhalten wird, bis man einen Ort weiss,
wo sie wol verwahrlich und in Sicherheit hingebracht werden können.
Dieses, gnädigster Kurfürst und Herr, ist nngefähr der itziger Zustand
Dero Herzogthnms Gleve, und wissen diejenige, welche auf solche Weise
Hans, Hof und alles verlassen müssen, wol nicht, ob und wann sie wieder
dazu kommen werden. Wie beschwerlich nun und mit wie vielen Sendern
und Thränen denen Meisten diese Flucht ankommen sei, ist kaum auszu-
reden. — Die Freiherren von Heiden und Lottnm sind nach Her-
zogenbnsch, der von Hüchtebrnch nach Gampen, der von Morrien zu
Galbeck nach Yenloo, der von der Reck mit etlichen Jnstizräthen, Secre-
tarien und Rechenmeistern nach Bommel, andere verschiedene Räthe nach
Dordrecht, und in summa der eine hierhin, der andere dorthin geflüchtet
Ich habe keinen anderen Ort zu erwählen gewusst als diesen, weil anitzo
meine Vices sind, £w. Ch. D. Angelegenheiten dieser Endes zu respiciiren.
Die meisten haben zwar ihre vornembste Mobilien mit in diesen Quartieren
salviret; geschiebet aber den Franzosen nicht bald ein guter nachdrücklicher
Widerstand, so möchten dieselbe dieser Oerter weniger als im Glevischen
sicher und verwahret sein.
Der Pöbel ist Meister und kann derselbe leichtlich gegen die Geflüchtete
aufgewiegelt und angehetset werden, dass sie weder ihres Lebens noch
Güter versichert sein, insonderheit wann sie sollten vermeinen oder ihnen
ins Haupt gebracht werden, dass Ew. Gh. D. sich des Staats nicht genug
aaaähmen, worüber dann unserer etlich albereits Viele murmuriren und
leichtfertige Worte hören, dieselbe aber mit Geduld verschmersen müssen.
— So laufen wir auch an der anderen Seite Gefahr, dass Frankreich, wenn
es mit Ew. Gh. D. Erklärung und Condnite nicht zufrieden wäre, uns
rappelliren, das Acbivum haben wollen, und wo wir nicht erscheinen noch
pariren würden, unsere Güter confisciren und in Feuer und Rauch aufgehen
lassen möchte. Wir setzen unser Vertrauen nächst Gott auf Ew. Gh. D.,
den Allerhöchsten bittend, Er Deroselben solche Gedanken von oben
herab inspiriren wolle, wodurch Dero Lande nnd Leute conserviret und
wir bald wieder zu denen Unsrigen gelangen mögen. Es sind einige gnä-
digste Rescripte von Ew. Gh. D. einkommen, und werden der Vicekanzler
Romswinckel nnd ich die nächstbeigesessenen Räthe hierhin veranlassen,
mit denenselben die Rescripta vornehmen und darinnen thun, was Ew. Gh.
D. Dienst und dieser Zeiten Zustand erfordern und zugeben werden.
») Oben S. 113.
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124 I< 2^ur Vorgeschichte dee deutech-französischen Krieges. 1671. 1672.
Endlich sind gem. Romswiockel and ich entschlosBen, nachdem durch
obberührte Eroberang aller Vestongen im Clevischen die Sachen in einen
andern Stand gerathen sind^ mit einigen von hiesigen Regenten darans zn
reden und zn conferiren, nm von ihnen zu vernehmen, wie sie vermeinen,
dass nunmehr die Sachen anzugreifen sein, und werden nicht nachlassen,
£w. Ch. D. mit nächstem alles getreulich unterth. zu hinterbringen.
Von dem Durchbrechen der Franzosen in die Betuwe, Eroberung der
Stadt GroI und dergl. mehr berichtet der Secretarius Campmanu.^
11. JuDi. P. S. Dat. Haag 4./14. Juni. Das Gerücht, dass der König von Frank-
reich in Oleve auf dem Sch!oss übernachtet habe, bestätigt sich nicht. Er bat
bisher in keine Stadt kommen wollen, sondern überall Zelte aufschlagen
lassen und in den Zelten Quartier genommen. Nach diesen jüngsten Cle-
vischen Briefen sei er verwichenen Freitag Nacht in Rees, die folgenden
Nächte in Emmerich gewesen. Auch dies wird wol grundloses Gerede sein.
^Sogleich da die Post abgehen will, kommt Zeitung, als sollte des
Prinzen von Oranien Hoheit die Französische Tronppes, welche vor*
gestern Nacht unter Lobith durch den Rhein in die Betnwe eingebrochen ')9
wiederum zurückpassiret und geschlagen haben; ob dem also, wird man
bald vernehmen.^
A 11 1 a g e n.
A.
Fürstbischof Franz Egon von Strassburg an Blaspeil. Dat.
Heideck 6. Juni 1672.
6. Juni. Fest bcHonderfi Lieber. Derselbe wird zweifelsohne vernommen
haben, wie es zu Orsoy, Wesel und BOderich ergangen. Gott ist be-
kannt, wie eifrig ich cooperiret — und werden es die armen Bürger
Selbsten Zeugnis geben — damit sie nit gebrennt und geplündert.
Inmittels bezeugt der König grosse Inclination, mit des Herrn Ghnr-
fürsten zu Brandenburg Ld. in guter Verständnis zu stehen, schicket
zu dem Ende heut einen Gavalier') expresse zu Deroselben, um zu
wissen, ob Dieselbe neutral oder gegen Dieselbe oder mit Ihro be-
ständig zu verbleiben deelariren, also dass Wir dafür halten das beste
zu sein, dass Sie es mit dem grössten Haufen halten, damit Sie Dero
') Der vielverherrlichte Rheinübergang vom 12. Juni. Die Berichte Roms-
wiuckels aus dem Haag sind reich an Nachrichten vom französisch-Diederländischen
Kriegsschanplatz. Dieselben bedürfen jedoch keiner Aufnahme in die Urk. u. Act.
^ Vauguion. Oben S. 85.
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Wie der Strassburger die Lage aaffasst. 125
Land und Leute umsonst wieder bekommen mögen. Uns würde ab-
sonderlich lieb sein, wann Derselbe Sich zu Uns anhero begeben
könnte, angesehen Wir zweifeln, ob Deroselbe Uns alhier finden werde,
weilen man diese Nacht und heut kein Sehiessen mehr höret, also dass
Wir verhoflFen, Rheinberg werde den Weselschen Accord acceptiret haben.
Und wir bleiben demselben mit Gnaden beigethan.
B.
Fürstbischof Franz Egon von Strassburg an Blaspeil. Dat.
Alpen 9. Juni 1672.
Demselben berichten Wir, gleich Er auch ander wärtig, her ver- 9. juni.
nommen haben wird, dass dieser Endes noch alles wol hergehet und
in gutem Stand ist, auch von des Herrn GhurfUrsten zu Brandenburg
Ld. alleinig dependiret, Ihre Land und Leute zu recuperiren, zumal
nunmehr alles bis auf die Schenkenschanz und das Genneper Haus in
Königlich französischen Händen. Wir sind wol recht k propos kom-
men und also mit befördern helfen^ dass die Königliche Völker die
Einwohner der Städte Rees und Emmerich nit Qbel tractiret sondern
solchen Accord gegeben und in Protection genommen, wie sie es ver-
langet, auch bei ihren Privilegien zu mainteniren versprochen, unan-
gesehen doch der Garnison sich auf des Königs Discretion und als
Prisonnier de guerre ergeben.
Unterdessen wird hoffentlich vorhöchstgem. Herrn Churfürst zu
Brandenburg Ld. und männiglich spüren, dass Gott der Allmächtig
dieses Wesen sonderlich segnet, um dadurch gegentheiligen Hochmuth
zu dämpfen. Wir haben alles treulich vorgesagt. Hätten S. Ld.
Unserm geringen Rath gefolget, so würden Sie vielleicht in ein und
anderem mehrers Satisfaction erhalten und die Plätze in ihren Händen
haben. Wir erbieten Uns, alles dasjenige zu befürdern, was Wir und
immermehr zu S. Ld. und Dero Landen Besten thun und praestiren
können; und weil Wir übermorgen, geliebts Gott, zu Emmerich,
Wesel oder der Ends sein werden, so würde Uns absonderlich lieb
sein, wann Wir Ihn daselbst sprechen könnten. Morgen werden Wir,
geliebts Gott, in Unseres lieben Brüdern Prinz Mauriz^) Behausung
*} Der Statthalter von Cleve.
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126 ^' 2^"r Yorgesokiehte des d^utoch-franzosiBohen Krieges. 1671. 1672.
zu Wesel PoggesBion nehmen and seine Gerandheit alda trinken,
Vorgem. Prinz Mauriz hat Uns uniftngst verwiesen, dass Wir gewettet
haben sollen, in sechs Wochen wtirden alle diese Oerter fiber sein.
Es ist ja in Wahrheit also, und sind gem. PUtze gleichsam in 6 Tagen
emportiret worden.
Gestern und heutigen Vormittag hat man zu Grol stark cano-
niret, weil aber seiter heut Nachmittag um 2 Uhren nichts mehrers
gehört worden, so glaubt man diesseits, dass der Ort entweder mit
Sturm übergangen und sonsten zu capituliren angefangen. Schliesslich
wäre jetzo die rechte Zeit, wenn einer oder ander aus dem Reich
sich fttr Holland declariren wollte.
Wir vermeinen aber besser zu sein, dasg man beim groggen
Haufen bleiben, die Beute mit theilen und dahin cooperiren verhelfe,
dass in Zeiten Fried gemachet werde, und Wir sind Demselben mit
gn. Willen wol beigethan.
Der Kurfürst an Blaspeil.
Dat. Coelln a. Sp. 12./22. Juni 1672.
22. Juni. Bl. wird ermächtigt sich zam Fürstbischof von Strassbnrg zu fer»
fügen, aber erst nach genommener Rücksprache mit den staatischen Regenten.
Diese Reise kommt nicht zur Ansführnng. Blaspeil bleibt im Haag.
In der zweiten Hälfte Aagast begiebt er sich auf Wnnsch des Pfalznen-
bargischen VicekanzUrs Stratman (laut Schreiben d. d. 's Oravenhage
6/16. August 1672) nach Cleve, um dort mit Str. za Yerhandeln, ehe dieser
die ihm aufgetragene Qesandtschaft an den Kf. antritt. Dieser Besprechung
war die Entrevne') zwischen König Ludwig XIV. und dem
Pfalzgrafen von Nenbnrg und dessen Nentralitätsvertrag ') mit Frank-
reich vorangegangen: ^anf solchen Fnss nnd mit solchen Bedingnissen, als
Ew. Ch. D. Selbsten gerathen nnd gn. gntgefanden hätten.^ (d. d. Cleve
14./24 Augost 1672.)
^) Za RavensteiD. Vgl. das Schreiben d. d. Düsseldorf 2. Angust 1672.
Correspondenz mit Pfalsneuburg unten.
») Vom 7. Juli 1672. Zeitschrift für Bayern, Jhrgg. 1816, IV, 200.
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KoQdgelraogen d. Forttbiscbofs v. Strassburg in d. GoloiaelMD Sache. 127
b. Schriftwechsel Kurbrandenburgs mit den französischen
Alliirten.
Fürstbischof Franz Egon von Strassbarg an den Freiherrn
von Schwerin. Dat. Brühl 12. December 1671.
[Die Sadt Colo ist nicht zn bewegen, die Erklärung des Kurfürsten zu accep-
tiren. Auch die von Munster angegebenen VorBchläge sind nicht genehm. Des
Kurfürsten Sicherheit womöglich gefihrdet. — Was von Amerongen und Bam-
pbield bekannt geworden.]
Wir haben immerzu verhoflft gehabt, Wir würden Demselben bei 12. Dec.
dieser Ordinarii haben beriehten k^nen, wie dass alles mit der Stadt
CSln verglichen und beigelegt, bevorab da Ghur- Brandenburg sowol
als auch Ghur-Mainz und Trier, ja mftnniglich, so die Churfarstliche
endliche Erkl&rung gesehen, selbe approbirt. Dannoch aber so ist
die Stadt, selbige zu acceptiren, nit zu bewegen, weil man dafOr
haltet, dass die Herren Kreis- Deputirte, absonderlich der Chur-Bran-
denbnrgischer Geheime Rath Blaspeil der Stadt nit, wie es dies Orts
verlangt und aufgegeben wird,' zuspricht sondern vielmehr in allem
Beifall giebt und die Ghurfttrstliche erhaltene Befehle in Favor der
Stadt auslegen will; und bestehen halt die Hauptdifficultäten darin,
dass die Sache zu Göln instruirt werden solle, so man dies Orts da-
rum suchet, weil man an seit der Stadt genugsam erweiset, dass man
allein Verzögerung suchet, und dies Orts aber hingegen bald gern
draus wäre, indem man sich gleicbwol seines habenden Rechtens so
weit begeben muss, dass hiesiger Herr Ghur fürst auf die bei dem
seinigen sich zu manuteniren habende Privilegia durante Processu
renuntiirt; inmittelst die Stadt mit ihren Eingriffen immerzu continuirt
and die Sache nacher Speyer, um alda die Brief zu tragen, verweiset.
Dieses aber hat man den Ereis-Deputirten gestern ins Mittel gebracht
uud vorgeschlagen, dass man endlich zu Instruirung der Sache eine
uehere Zeit benennen solle, Welche dann auch in den Reichs- Abschie-
den also schon versehen, und dann, dass das Kammergericht zu Speyer
zwei Unparteiischen Gommissionem geben könnte, so die Sach zu
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128 I- Zur Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges. 1671. 1672.
Cöln mit Assumption vier unparteiischer bewährter Recbtsgelehrter
vornehme, so ohne das bräuchlich und öfters geschieht, ohnangesehen
des Herrn Ghur fürst en Vorschlag also beschaffen, dass die Stadt
dabei im geringsten nit befahrt sein kann, weil sie sowol ihre Syn-
dicos als Bürgermeister, und wen sie wollen, dazu nehmen können,
also dass sie Ghur-Göln Ld. pari gehen. Es ist ihnen aber, gleich man
aus allem abnimmt, nichts recht, wo man die Sache auch angreife.
Zweitens können sie die Benennung der Zeit, wann das Wesen
ausgemacht werden solle, nit vertragen, sondern wollen, dass der
Richter die Terminos in infinitum nach Belieben verzögern und er-
theilen möge, welches dann sich also leichtlich begeben könnte, indem
wir Exempla haben, dass hiesigen Erzstifts Clerus mit dem Magistrat
der Imposten halber 130 Jahre in Disput, 60 und mehr Jahre in sub-
missis stehet; und als mau nun einen Expressen vor einem Jahr nacher
Speyer hinaufgeschickt, um diesen Process zu völliger Endschaft zu
soUicitiren, ist zur Antwort gegeben worden: es sei noch nit de tem-
pore. Eben auf diese Weise könnte es auch mit dieser Sache er-
gehen. Nun wollen darauf sowol die Kreis-Deputirte als auch des
Herrn Bischof von Münster Ld. ohnverrichter Sach wieder abreisen,
und treiben hingegen die Herren General -Staaten bei dem Magistrat
darauf, noch mehrere Völker in die Stadt zu bringen, wie denn die
Brembtische und Beverwertische Regimenter schon zur Abmarche
in Bereitschaft stehen, nebens 5 Regimenter zu Pferd, um die Infanterie
zu convoyiren, wie denn auch 50 Gompagnien Spanische Völker, um
eine Diversion zu machen, in der Nähe stehen.
Derselbe kann nit glauben, was grosse Partialität, wie hiesiger
Herr Ghur fürst berichtet wird, bevorab bei den Kreis- Deputirten,
für die Stadt bezeigt wird. Dahero denn auch Dieselbe gezwungen
werden, zu mehrerer Ihrer Sicherheit Hilfe zu suchen, so sonsten nit
geschehen sein würde; denn es würde ja hiesiger Herr Ghurfürst
Ld. in Dero eigener Residenz nicht sicher sein, wenn Sie in der Stadt
Göln solche Garnison leiden sollte. Man hat ja dies Orts nichts er-
winden lassen sondern alles, was nur mensch- und möglich gewesen,
und noch mehreres als begehret worden nachgegeben und in Puncto
Securitatis für die Stadt alles resolviret, wie sie es verlangt, der
Kreis sich auch zur Garantie und Versicherung offerirt Wa6 hat die
Stadt sich dann zu besorgen und Ursach, mehrere fremde Völker ein-
zunehmen? Wir besorgen aber, die Stadt oder Theils derselben sein
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Des Bischofs v. Strassbarg Klagen über die Stadt Golo a. d. Ereisdepatirten. 129
ZU weit engagirt, wie denn der Herr von Amerongen dem ein-
langenden Bericht nach mit 100 Mille Reichsthaler, um selbige bei
der Stadt unter Einige zu spendiren, ehestens zu Göln wieder anlangen
solle'}. Es haben sonsten die tiberschickten Staffetten und Befehle von
Chur-Brandenburgs Ld. bei den Ihrigen wenig verholfen. Uns wird
auch aller Orten sehr die Versicherung gegeben, dass yorm End der
andern Woche die Staatische Völker nach der Stadt marcbiren, auch
einige andere Anschlag gegen Uns obhanden sein sollen. Wie denn
der Obrist Bamphield selbst hin und wieder schreibt, dass er seinen
Kopf zu Pfand setzen will, dass er die Völker in die Stadt Göln
bringen und einnehmen machen wolle; so wir Demselben nit verhalten
wollen . . .
Fürstbischof Franz Egon von Strassbarg an den Frhrm.
V. Schwerin. Dat. Brühl d. 22. December 1671.
[Beschwerde über die von Blaspeil abgelegte Eurbrandenburgische Proposition.]
Soviel aber die auf des Blas peil gethane Proposition dieser 22. Dec.
Seite ertheilte Resolution anlangen thut, möchten Wir wünschen, dass
Wir die eigentliche Intention des Herrn Churfürsten zu Branden-
burg Ld. so wol damalen gewusst hätten, als maus au^ diesem letz-
teren Schreiben, auf welches Wir mit verwichener Post geantwortet
haben, abnehmen können, so würde die Gegenerklärung auf eine
andere Weise eingerichtet worden sein, obschon man diesseits, die
Wahrheit zu melden, nit sieht, was sie härteres in sich haltet als die
Proposition, worauf sie gegründet ist. Denn Wir lassen Denselben
seinem wol erleuchten Verstand nach judiciren, ob gem. Proposition
wann sie in der Staaten Hände gerathen sollte, nicht genugsam Ur-
sach geben könnte Uns unter dem Praetext einer Partialität anzu-
gi*eifen, dann Wir hingegen Unserer Seits nichts zu thun noch in
dem geringsten vorzunehmen gedenken, welches des Herrn Chur-
fürsten zu Brandenburg Ld. billigmässigen Anlass geben könne
Sich gegen Uns zu beschweren. Derselbe meldet, beide Herren Chur-
fürsten zu Cöln und Brandenburg versiren nicht in gleichen Ter-
1) Auf seiner GeaandtBchafUreite ao den Berliner Hof. Vgl Eioleitaog
S. 10.
Haler, i. Qeacli. d. Q. Kurfuxiteo. Xm. 9
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130 I* Zar Vorgeschichte des deatsch-firaDEosischen Krieges. 1671. 1672.
minis. Er wird Uns aber erlauben zu sagen, dass Wir den Frieden
nicht weniger hier denn zu Berlin verlangen, auch nit wol begreifen
können, warum des Herrn Churfttrsten zu Brandenburg Ld.
mehrere Ursach haben sollen einigen Gewalt zu besorgen denn hie-
siger Herr Churfürst, welcher ja dergleichen vor Augen hat. Die
starke Negotiationes der Herren General-Staaten, um das Accommode-
ment mit der Stadt Cöln zu verhindern, geben solches an Tag, zumalen
es gewisslich nicht geschieht, um den Krieg aus diesen Landen zu
halten, aber wol, da möglich, von sich abzuwälzen. Wir ersuchen
Denselben freundlichst gn., Er wolle doch bei sich selbsten ermessen,
ob des Herrn GhurfBrsten zu Cöln Ld. von Seinem gn. Herrn mit
mehrerem Fug könnte verdacht werden, wann Sie auch schon die
Stadt Rheinberg als das Ihrige suchen und (dazu jedoch Dieselbe bis
herzu noch nit resolvirt gewesen) belagern sollten, als wann von des
Herrn Churftlrsten zu Brandenburg Ld. Frankreich verwehrt
werden wollte seine Feinde in den Churbrandenburgischen Städten
anzugreifen, welches diesem Erzstift weit mehrere Ungelegenheit und
Schaden nach sich ziehen würde, denn des Herrn Churfürsten zu
Brandenburg Ld. Lande, wann Wir die in Unserem Land gelegene
Stadt Rheinberg belägern sollten, empfinden dürften.
Wir können dahero nit wol urteilen, dass man eben so sehr befugte
Ursach habe sich auf selbigen Fall vorzubehalten, an dem Herrn Chur-
fttrsten von Cöln zu erholen, was dieserhalb für Schaden dem Lande
von Cleve könnte zugefttgt werden, zumalen dann auch dasjenige, so
in Unserer Resolution enthalten, fttr keine Bedrohung kann aufgenom-
men werden, wenn man nit haben will, dass dasjenige, so von Chur-
Brandenburg seither vorgangen, nicht eben massig dafür solle ge-
halten werde. P. S. Betrifft Durchmarsch 5 Kcöluischer Compagnien
(ans dem Hildesheimischen) durch das Märkische.
Fürstbischof Franz Egon von Strassburg an den Frhrrn.
V. Schwerin. Dat. Brühl 5. Januar 1672.
[Nochmalige Beschwerde and Rechtfertigung. Pompoones Rückkehr aus Schweden].
1672.
5. Jan. Obzwar Wir grosse Ursach gehabt haben nit allein den Chur-
brandenburgischen Geheimen Rath Blaspeil sondern auch andere
Deputirte der Stadt-Gölnischen Sachen suspect zu halten, weil uneracht,
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Beschwerde über die RurbrandeDburgische Proposition. 131
dass man Chur-Gölnisehen Tbeils fast alles was verlangt worden nach-
gegeben, die Stadt gleich wol nichts eingehen wollen, so sind doch
Wir'nunmehr nach eingenommenem genügsamen Bericht, soviel ob-
gem. Blaspeil angehet, einer anderen Meinung, hoffen auch, dass,
nachdem anitzo der Vergleich unterschrieben, am künftigen Freitag
die Ratificationes ausgewechselt, auch an Seiten äer Stadt Göln alles
exequiret und die Holländische Völker hinausgeschafft 'werden sollen,
wie Wir denn Unserer Seits mehrgem. Stadt gewisslich wider den
getroffenen Vergleich in dem geringsten nichts zumuthen noch dem-
selben contraveniren werden; weil aber fast stündlich aus Holland
solche Avisen zukommen, die Uns nicht geringe Sorge und Nachdenken
verursachen, ja wider Unsern Willen benöthigen mehrere Mannschaft
an Uns zu ziehen, so haben Wir nicht unterlassen wollen, Demselben
in hergebrachtem Vertrauen hiermit zu berichten, dass höchstgem.
Herrn Churfürsten Ld. drei bis vier Tausend Mann zu Ross und
Fuss von der Krön Frankreich vermöge der im Jahre 1669 mit Ihro ge-
troffenen Alliance an Sich zu ziehen, in Dero Pflichten zu nehmen und
in Dero Erzstift in wenig Tagen zu verlegen entschlossen, und er-
suchen nun Wir Denselben zugleich gn., des Herrn Churfürsten zu
Brandenburg Ld. davon zu informiren und annebenst zu versichern,
dass dadurch Niemandem der geringste Anlass zur Feindseligkeit ge-
geben, viel weniger den benachbarten Chur- und Fürsten einige Un-
gelegenheit zugefftgt werden solle.
Die von hiesigem Herrn Churflirsten auf verm. Blaspeil Propo-
sition ertheilte Besolution betreffend, lassen Wir Ihn selbst vernünftig
erkennen, ob eine andere Antwort hätte erfolgen können; dafern
man es aber Ghur-Brandenburgischen Theils bei der vertraulichen
Communication und Gonferenz gelassen hätte, würde man sicherlich
alle Satisfaction erhalten und gesehen haben, dass man diesseits nichts
als Friede, Ruhe und gute Verständnis suche und sich an die Biele-
feldische Alliance zu halten gedenke, inmassen man sich dann bei der
zu Eendenich') gehaltenen Gonferenz zu aller Vortrefflichkeit und
annebenst, da man mit anderen in keiner Offensive- sondern allein'
Defensive-Bündniss begriffen, dahin erboten, dass, wenn an einem
oder andern einig Engagement gewonnen würde, man solches den
übrigen eröffnen wollte. Wir wissen dahero nicht, wie man sich ver-
treulicher bezeigen sollte, der Hoffnung lebend, man werde hinführo
J) Dorf im Kr. CöId.
9*
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132 I- Zar Vorgetcbichte des deatscb-französischen Krieges. 1671. 1672.
besser zusammenstehen, zumalen solches die Noth erfordert, und wird
Er sich auch annoch erinnern, was Unsers Brüderlichen Prinz Wil-
helmen Ld. bei seiner jttngsten Anwesenheit zu Berlin in Vertrauen
communieirt hat
Nachrichten ans Schweden. ^Obschon Pomponoe wider Hoffnung
von Hambarg io der Stille hier vorbei, ohne bei einigen Chur- and Fürstlichen
Höfen anzusprechen, grad nach Paris verreiset, so haben Wir dannoch an-
derwärts so viel vernommen, dass seine Negotiation sehr avantageose für
Frankreich aasgefallen, aber gewisser erheblicher Ursachen halber auf eine
Zeit lang annoch in geheim gehalten werden solle. Als viel aber die Krön
England betrifft, glauben Wir nicht, dass dieselbe 6 Wochen oder läng-
stens 2 Monat nicht anstehen lassen werden, der Repablik von Holland
den Krieg anzakünden, welches aber Derselbe in höchstem geheim zu halten
belieben wolle.^ P. S. (eigenhändig) „Ans Polen wollen d. Zeitungen
nicht znm bcBten lanten.^
• Kurfttrst Maximilian Heinrich von Cöln an den Karftirsten.
Dat Bonn 12. Januar 1672.
[Einbrach staatischer Völker zu erwarten. Zweck der von Karcola an sich ge-
sogenen französiscbeo Trappen.]
12. Jan. Wir mögen Ew. Ld. in hergebrachtem Vertrauen nicht verhalten,
wasgestalt uneraehtet des aujetzo getroffenen und ratificirten Stadt-
Gölnisehen Vergleichs die Staaten von Holland deren Völker nicht
allein auf Unseres Erzstifts Grenzen liegen, sondern dieselbe noch
mehrers verstärken lassen, dieselbe auch, dem unter ged. Völkern
gehenden Gespräch nach, ehist in Unsern Erzstift einen feindlichen
Einfall zu thun gemeint sein.
Nun müssen Wir diesen Zeitungen um so viel mehrers Glauben
beimessen, weil nicht allein erm. Staaten sich bisherzu äusserst be-
mühet, das Bamphieldische Regiment in erm. Unserer Stadt Cöln
zu behalten und darüber noch mehrere Völker hineinzubringen, son-
dern Wir auch von unverdächtigen und gewissen Orten berichtet und
gewarnet sind. Uns deshalb wol in Obacht zu nehmen; und haben
Wir Uns dahero genothigt befunden, nicht allein Unsere wegen ge-
dachter Stadt- Cölnischen Streitigkeiten auf die Beine gebrachte
Völker ferner zu behalten sondern auch noch mehrere von Un-
seren Mitalliirten, absonderlich der Eron Frankreich, vermög der
mit ibro vor zweien Jahren aufgerichteter Defensiv- AUiance, an
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Evrcöln zieht franzosische Trappen an sich. 133
Uns zu ziehen. Wir thuen aber dabei Ew. Ld. hiermit versichern,
dass ein solches zu Unserer Benachbarter Ungelegenheit nnd Schaden
gar nicht, sondern allein zu Unserer Landen Rettung und Sicherheit
angesehen sei, und werden Wir dahero diese Völker, sobald Wir nur
von denen Benachbarten gegen allen Ein- und Ueberfall versichert
nnd ausser Gefahr gesetzet, zu licentiiren nicht unterlassen. In-
massen Wir deshalb an I. Kais. M. eine expresse Schickung zu thun
Vorhabens ^).
Von dems. Dat. einschreiben des Fürstbischofs von Strassborg
an den Frhrn. v. Schwerin, welches den Abschluss des zu Cöln ge-
troffenen Vergleichs bestätigt. Anliegend Schreiben des Freiherrn von
Lisola und des Ritters von Grampricht an den Kurfürsten von Cöln
d. d. Haag 22. December 1671 und Knrcölns Beantwortung d. d. Bonn
2. Januar 1672. Dabei Gruss an den Kurfürsten von Brandenburg mit dem
Bemerken: „ob nit dieses Verfahren und Schreiben Ursach genug an Hand
geben^ sich und seine Lande in genügsame Sicherheit zu stellen').''
d.d. 10. Januar 1672 (Conc. v. Schwerin) gratulirt Kf. dem Kur- 20. Jan.
fürsten Maximilian Heinrich zum Abschluss des Recesses — „dass Ew. Ld.
ounmebro Ihre Sicherheit dergestalt erhalten, dass Sie ausser Weiterung in
guter Tranquillität Ihrem Erzstift wie bishero also auch künftig mit gleichem
Ruhm vorsein und dasselbige von übriger Miliz nnd also von Betheurnng
befreien können, gestalt Wir dann auch wol gewiss glauben, dass Ew. Ld.
Sich von dem Staat keine Attaque oder Ueberzugs befahren, sondern wann
nur sonst alles in ruhigem Stande bleibet, Sie deshalb wol keine Sorge zu
tragen haben.*'
Fürstbischof Franz Egon von Strassburg an den Freihrm.
V. Schwerin'). Dat. Bonn 15. Januar 1672.
Gesinnnngsphrasen. Hofft den Krieg abgewendet zu sehen . . . ,)Wei! 15. Jan.
aber die göttliche Vorsichtigkeit es nunmehr also verhängt, so muss man
Es ist die Gesandtschaft Boeckhorsts. S. anten d. Gorrespoodeoz mit
dem Kaiser.
') Wie das ProtocoU der auf dem Hanse Kendenich in Gegenwart des
Bischofs von Münster gehaltenen Gonferenz ausweist, habe man sich damals (wie
S. 131 angegeben) von Seiten KCÖlns höchst aufrichtig erboten.
*) Diese folgenden wiederum nur in einer Auswahl hier mitgeteilten Briefe,
welche sachlich nichts neues enthalten, sind gerade durch ihren Ton äusserst
charakteristisch.
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134 t 2iur Vorgeschichte des denisch-fransösischen Krieges. 1671. 1672.
dessen abwarten, unterdessen aber dahin gedenken, wie man sieb, aach sein
Land und Lent conserviren und in solchen Stand setzen möge, dass man
der Zeit nnd was es etwa geben möchte abwarten könne . . . Wir kommen
wol anschuldig in dieses jetzige Geschrei and so grosse Verfassung, haben
es aber Niemandem zu danken, als der Stadt Cöln und dann denjenigen,
welche sie zu dergleichen Procedere angereizet haben. Hätte mehrgem.
Stadt sich in den Schranken des gebürenden Respects gehalten und nit zq
sehr unterstanden, des hiesigen Erzstifts Jura über einen Haufen zu werfen,
so hätte man dies Orts niemalen an dergleichen Verfassung gedacht. Weil
Wir aber gesehen, dass Unsere Herrn Nachbarn, welche auch dieses Wesen
ganz nit angangen, sich dessen so eifrig angenommen nnd sich dieses Han-
dels bedienen wollen, so haben Wir auch endlich auf andere Mittel bedacht
sein müssen, welches Uns gewiss nicht nur eine Tonne Goldes gekostet hat.
Wer wird Uns aber die deshalb beschehene Ausgaben und Schaden wiederum
ersetzen? — Wir haben sonsten gewisse Nachricht, dass man zu Brüssel
und in Holland über die Zeitung des Cölnisrhen Accommodements nit
wenig bestürzt worden."
„Dass der Königl. Französische Abgesandter ^j daselbst alle Satisfactioo
gegeben, solcheb hören Wir absonderlich gern, haben es auch dem Mar-
quis de Louvois, welcher eben hier war und hier durch passiret, um
wegen der erwartender Auziiiarvölker, ihrer ordentlichen Verpflegung halber
und sonsten nöthige Anstalt zu machen, hinterbracht, so ihn nit wenig
consoliret, gestalt er der gänzlichen Hoffnung lebet, solcher werde an da-
sigem churfürstlichen Hof nit weniger als der Mr. de Pomponne am
Königl. Schwedischen Hofe mit aller Satisfaction abgefertiget werden.
Wir bedauern den guten Herrn von Amerongen, dass er bei diesem
schlimmen Wetter dergestalt herumreisen muss, und wo sonsten Niemand
▼on seinen Herrn Principalen hin will, er solches übernimmt, zumaten Wir
dann versichert sein, wann alle von solchem Estat wären als wie £r, dass
sie gewiss wol keine solche Ungelegenheit, als wie es anjetzo wol kommen
dürfte, zu gewarten haben würden.^
Anbei die Antwort des französischen Königs auf das „Submissions-
schreiben^* der Oeneralstaaten. „Ist gewiss sehr köstlich/^ — Desgleichen
die Proposition des Englischen Gesandten im Haag. „Es wird aber von
den Particnlarpetitis noch viel geredet werden und den Herrn Staaten hart
und schwer fallen solche zu resolviren. Von Brüssel haben Wir Nachricht,
dass diejenige, so den in dem Haag zwischen Spanien und Holland ge-
machten Tractat') befördert haben, sehr perplex sind und an der Spanischen
Ratification mächtig desperiren.'^
Anlagen.
Die Gen.-Staaten an den König Ludwig XIV. d. d. Haag 10. Dcbr. 1671.
1) Graf St. O^ran.
*) Vom 17. Decemher 1671.
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Eigentamliohe Aoschannogen des Strassburgers. 135
Der König an die Oen.-Staaten d. d. S. Germain en Laye 6. Jan. 1672 >).
DowningB Proposition an die Gen.-Staaten d. d. 30 December 1671.
^ ^ 9. Januar 1672. ^
Der Fürstbischof von Strassburg an ' Schwerin. Dat. Bonn
26. Januar 1672.
Möchte die an den holländischen und den französischen Gesandten 26. Jan.
erteilte Resolntlon erfahren. Mit Schweden wie mit England scheint
Frankreich einig zu sein — ^und vermeinen die Herren Holländer, sie wollen
noch mit ihrem Geld das Werk hindern und die besorgende Ungelegenheit
von sich, ab nnd anf andere wälzen. Zu wünschen aber wäre, wann man
Fried nnd Ruhe erhalten könnte; aber es scheinet wol, dass die Sach zu
weit kommen. Dies Orts ist man wegen vieler empfangener Bedrohungen
und verspüreter so eifriger Assistenz gegen Ghur-Cöln in dem Stadt-Göl-
nischen Wesen, und dass man dadurch Chur-Cöln in unwiderbringlichen
Schaden nnd Kosten gesetzet, verursachet worden Uqs in eine andere Postnr
zn setzen, dass man dem Werk mit Sicherheit zusehen und abwarten kann,
ob vielleicht Gott der Allmächtig noch einige friedliebende Gemüther schicken
und erwecken möge. Es haben bisanhero die Herren Staaten der Ver-
einigten Frovincien der Niederlanden die Benachbarte nichts geachtet und
gar keine Reflexion aut sie gemachet, also auch, dass sie sich deren bis
dato wenig haben angelegen sein lassen, sondern es kommt Uns deren Train
vor, gleich wie die Spanier vor etlichen Jahren ergangen: indem sie ge-
sehen, dass Frankreich sie attaqnirt, haben sie sich in keine Oegenpostur
gesetzet, sondern allein sustiniren wollen. Jedermann solle lanfen und rennen
ihnen zn helfen um ihres eigenen Interesse wiUen, dann wann die Nieder- ^
landen oder sie verloren, würde es das Reich und die benachbarte Landen
auch gelten. Sie haben aber darüber etliche ansehnliche Platz und guten
Theil der Niederlanden verloren, nnd damit war der Friede gemacht, nnd
dürfte ein gleichmässiges Unsers Dafürhaltens den Herren Holländern auch
widerfahren. Mit^ dem guten Prinzen von Uranien thun sie wol seltsam
umgehen, wollen einen Interims- Capitain und Admiral-General aus ihm
machen, also dass wann er das geringste versehen würde oder ein Unglück
haben sollte, wie dann dergleichen bald durch Anderer Fahrlässigkeit ge-
schehen könnte, so werden alle Crucifigel gegen ihn rufen nnd seine Feinde
sich dessen desto« mehrers gegen ihn bedienen, wie dann so wol gem. Prinzen
als deren bei sich habender Generalität Instruction also eingeschränket werden
solle, dass sie von einem Kerls*), welche von den Herrn Staaten darzn de-
pntiret werden sollen, völlig dependiren sollen. Was nun bei sogestalteq
Sachen für ein köstlicher Krieg erfolgen wird, lehret die Zeit.^
J) Vgl. oben S. 105. Anm. 2.
*) Formaiien. Theatr. Bnrop. X, 551.
«) Origin.
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136 I- Zur Vorgeschichte des deatsch-französischeD Krieges. 1671. 1672.
Der Fürstbischof von Strassburg an Schwerin. Dat Bonn
30. Januar 1672.
30. Jan. Antwort auf ein Schreiben vom 19 ten.
Schwerin werde über den Abschluss des Vertrages mit Cöln erfreut
sein. Jetzt gelte es die zwischen Holland und Frankreich obschwebenden
Misshelligkeiten zu keinem offenen Kriege ausbrechen zu lassen sondern in
Güte beizulegen ... um so mehr . . . ^als Wir nit wol sehen, wie Wir Uns
widrigenfalls werden neutral halten können, solang als Wir nit versichert
sind, dass Uns die Herren Staaten Rheinherg restitniren, auch für keine
Feindseligkeit ausdeuten werden, wann Wir der Krön Frankreich durch
hiesigen Erzstift den freien und unschädlichen Pass, auch danebens ge-
statten, aus demselben an Yivres, Munition und sonsten alles dasjenige
ziehen mögen, was sie ums baare Geld und ohne hiesiger C hurfür stlichen
Unterthanen Schaden ziehen können, znmalen dann hiesiger Herr Churfürst
dieses alles Ihrer K. M. durch eigene Abschickung weitläufig remonstriren
lassen.
Zu wünschen wäre, dass die Herren Staaten dasjenige, was sie anjetzo
resolvirt sind, für einem halben Jahr hätten thun wollen. So würde viel-
leicht die Krön Frankreich, welche unterdessen mehr dann bei die 30 Mil-
lionen extraordinari Unkosten angewendet wie nit weniger auch dies Orts
ebenmässig in grosse Schuldentast und Spesen sich gesetzet, zu einem
anderen zu disponiren gewesen sein, anch vielleicht Andere mit selbiger
Krön sich nit so weit, als anjetzo bereits geschehen, engagiret haben.
Demselben ist aber und der ganzen Welt bekannt, dass hiesiger Herr
Churfürst mehrers nichts als Dero Land und Leute in Frieden und Ruhe-
stand zu regieren desiderirt. Es begeben sich aber bisweilen solche Con-
juncturen, dass unmöglich in Frieden zu stehen. Hätten die Herren Staaten,
nachdem Unsers Brüdern Prinz Wilhelms Ld. zu Berlin gewesen,
Cburbrandenburgs sowol als auch hiesiger Herrn Churfürsten Ld. Ld. die
. Ihnen von Gott und Rechts wegen zustehende Plätze wieder restituirt, so
würde sicherlich die Sach nit soweit kommen sein.^ Vielleicht wende Gott
den Krieg noch ab.
Die Krone Frankreich hat mit dem König von England, „auch appa-
renter mit Schweden ihre Bände fest gestellet'^ Es verlautet ausserdem,
„dass der Spanische Hof den zwischen dem Comte de Monterey und
den Herren Staaten in dem Haag getroffenen Vergleich >) improbiren thue
und neutral zu stehen willens sei, weil der König in England nebens der
Krön Frankreich sich conjungiren thut, dass auf solchen Fall nit allein de
facto den Dependenz- oder Limitenstreit zu Satisfaction der Krön Spanien
endigen wollen, damit also kein einiger Praetext zu einem neuen Streit übrig
sein möge, sondern sogar mit Holland keinen Frieden zu treffen, bis daran sie
') Vgl. S. 134.
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Eigentümliche AoschanungeQ des Straesbiirgers. 137
der Stadt Antwerpen nnd übrigen Spaniscben-Niederländiscben Städten das
freie Commercium wie vor diesem gestattet baben werden/'
Im übrigen bleibt die Krone Frankreich dabei, alle etwaigen Er-
oberungen diesseit Maas nnd Waal herauszugeben.
Ob St. Oöran und Amerongen noch keine Resolution vom Rf.
empfangen haben?
Der Fttrstbischof von Strasaburg an Schwerin. Dat. Bonn
20. Februar 1672.
Hat aus dem letzten Schreiben des Kurfürsten von Brandenburg an 20. Febr.
Kurcöln ersehen, dass der Ef. der Meinung sei ,,a1s thäten erm. I. Ld.
einen Krieg anfangen, da man doch ein solches dieser Orts niemalen im
Sinn gehabt, sondern vielmehrers, dass man bei jetzigen Conjuncturen nit
allein dasjenige, was so unbilliger Weise hiesigem Erzstift vorenthalten,
wiederum verlange, sondern auch die dem Erzstift vor und nach zugefügten
ond verursachten Schaden und Unkosten wiederum ersetzet haben will,
ond weil man dafür gehalten, dass Schweden mit Frankreich nit einig und
geschlossen, England auch andere Mesnres nehmen dürfte, so habe Dem-
aelbeu hierbei in Abschrift comniuniciren wollen, was mir gestern über
Brüssel zukommen*), gestalt ich dann ebenmässig von guter Hand berichtet
worden, dass, obschon die Herren Spanitr den durch ihren Envoyö
Emanuel de Lira in dem Haag gemachten Tractat ratificirt, dennoch ge-
meint sind sich neutral zu halten, um dadurch ihre Monarchie in Sicherheit
zu setzen, weil ihre Oerter und Plätze noch in keinem Stand, viel weniger
die Mittel vorhanden sind dergleichen schwere Krieg auf sich zu laden,
insonderheit, da man von ihnen noch Geld begehret, und sie hingegen
Selbsten solches vonnöthen haben.
Ich höre sonsten von Niemanden, der sich mit den Herren Staaten-
General offensive eingelassen haben solle, ohne Zweifel darum, weil man
nit sieht, mit was Nutzen solches geschehen könne. Es wäre aber zu
wünschen, und thue ich meines Orts dazu cooperiren, dass man sich inter*
poniren möge, damit der Krieg, so viel möglich, verhindert oder wenigstens
es dahin gebracht werde, dass der zwischen beiden Kronen und den Herren
Staaten gleichsam resolvirter Krieg sich bald endigen und nit über ein Jahr
dauern möge, damit man desto bälder dessen End und also einen bestän-
digen Frieden erleben und sehen möge, unterdessen kann ich mich gar nit
entsinnen, wo doch die böse Officia, so hiesiger Herr Chur fürst Chur-
BrandenburgLd. beider Krön Frankreich geleistet haben solle, herrühren
müsse. Ob es vielleicht darauf gedeutet wird, dass man sich dies Orts be-
schweret und dem Monsieur Louvois communiciret hat, was für eine harte
^) Fraozösiecbe Zeitang d. d. Brüssel 15. Februar 1672.
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138 I- Zur Vorgeschichte des deatoch-franBÖsiaohen Krieges. 1671. 1G73.
Protestation durch den Herrn Blas peil hiesigem Herrn Chnrfürsten so
münd> als schriftlich beschehen? Derselbe sei versichert, dass ohne der-
gleichen Protestation Wir gewiss dasjenige nit würden gethan haben, was
Wir thnn müssen, weil Wir dadnrch gleichsam gezwungen worden ander-
weitig (jedoch bei Unseren Freunden und Alliirten) Hilfe zu suchen, indem
Wir dies Orts nichts zu hoffen gehabt, und man alles dasjenige, so Wir aus
friedliebendem Gemüth und zu Unserer mehrerer Sicherheit gethan und vor-
genommen haben, als eine Ruptur und keine Neutralität gehalten hat. Zu-
dem haben des Herrn Pfalzgrafen Herzogen zu Neuburg Ld. Sich
damalen dabin vernehmen lassen, wann Wir wirklich angegriffen und Uns
einiger Schade von Unseren Feinden zugefügt würde, dass Sie alsdann auf
diesseitig Ersuchen Uns beistehen und Assistenz leisten wollen.
Des Herrn Bischof zu Münster Ld. zu der Zeit also schwach
und in solchem Stand waren')) dass Wir von dorten aus nit viele Hülf
zn hoffen, dabero endlich alle Stund in Unsicherheit stehen und erwarten
müssen, dass man mit Uns nach eigenem Belieben umgangen wäre,
alles mehreren Inhaltes meiner vor und nach an denselben abge-
lassenen Schreiben. Im übrigen halte ich dafür, dass viel guts bei
der Sache thun würde, wenn hochgem. Herrn Cburfürsten zu Brandenburg
Ld. die Ratification der Bielefeldischen Allianz Ihres Orts auch einschicken
thäten'), indem diesseitige dem Herrn Blaspeil zugestellt, und von ihm
daselbst nunmehr wird überantwortet worden sein; denn ich nit sehe, wie
und warum beide Herren Cburfürsten zerfallen sollten. Wenn auch schon
CburbrandenburgsLd. den Holländern, vermög etwa habender Defensiv-
Allianz, mit einigem Volk assistiren wollten, so ist doch nie nötig, dass Sie
dieserhalb mit Jemandem brechen, sondern gar wol gute Freund bleiben
kann, dafern aber vorhochbem. Herrn Cburfürsten zu Brandenburg Ld.
Sich aller Assistenz und Einmischung entschlagen wollten, würde es besser
sein und sicherlich zu deroselben Ghurhaus, auch allgemeinen Wesen Besten
und dahin gereichen, dass man so viel mehreres Hoffnung zum Frieden hat.
Demselben ist bekannt und zwar besser als ichs Ihm vorbilden kann^
dass die Herren Staaten viel lieber was mit Gewalt verlieren, als dass sie
dasjenige, so sie einem oder anderem Stand so lange Jahre wider alles
Recht und Billigkeit vorenthalten haben, auf gütliche Weise wiederum zu-
rück geben sollen.
Mit nächstem werde ich demselben einen gewissen von einem Tertio
gemachten Tractat communiciren, welcher curios ist und gewiss viel Lichts
geben kann. Mich dünket, dass alles dieses Wesen eine rechte Fatalität
sei, dahero man auch gegen Gottes unabänderliche Disposition nichts zu
thun, sondern dieselbe zu erwarten sein wird."
Original.
*) Einleitnng S. 6.
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Seine Ansicht von den Hollandern. 139
Der Fürstbischof von Strassburg an Schwerin. Dat. Bonn
23. Februar 1672.
[Verwickelte Conjuncturen. Gebahren der Holländer. Orsoy.]
Hat mit letzter Post nichts von Schwerin vernommen, nimmt aber an, 23. Febr.
dass dieser wie anch der Ef. selbst wieder wohl ist.
Unterdessen laufen allerhand Nachrichtungen ein, welchen man
aber keinen Glauben beimessen kann. Die Gevatterschaft kommt
theils suspect vor, bevorab bei diesen Conjuncturen; inmittels bleibt
alles noch in vorigem Stand, und ist man in England in völliger
Armirung begriffen. Hingegen thut Holland auch das seinige, und
dürfte der Erbfeind auch, wie es scheinet, sich herbeinahen. In
Summa, es will sich ein jeder dieser Conjuncturen bedienen.
Kurbrandenbnrg solle bei den Generalstaaten uro Restitution seiner
Plätze nachsuchen; indes würde Holland „Chnr-Cöln Chnr- Brandenburg
gleichhalten und es bis auf die letzte sparen*'. Das beste wäre, wenn es
doch sein sollte, dass man gesamter Hand dahin strebe und „ohne vieles Blut-
vergiessen die Herren Staaten zur Raison anweise^, dass sie ien zugefügten
Schaden erstatten oder billige Satisfaction geben.
P. S. Er hört —
dass die Herren Staaten Orsoy wiederum restituiren wollen
wann Chur-Brandenburg hingegen Ruhrort einräumt, und dass sie
solches fortificiren mögen. Es wäre ein hübscher Tausch, und scheint
wol, dass Gott diese Leut verblende.
Den Inhalt eines Schreibens des Kf. d. d. 10./20. Februar 1672 ergiebt
folgende Antwort.
Kurfürst Maximilian Heinrich von Cöln an den KarfUrsten.
Dat. Bonn 1. März 1672.
[Beharrt anf der Rückforderung Rheinbergs. Impertinente Verteidignng seiner
Ansprache nnd Massregeln.]
Complimente. Wir thuen zugleich Ew. Ld. r- 1. Mär«.
nicht bergen, welchergestalt Wir nicht wol begreifen können, warum
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140 I- ^Snr Vorgeschichte des dentsch-franBösischen Krieges. 1671. 1672.
Ew. Ld. als ein yomehmer Churflirst des Reichs, und so oho allen
Zweifel die Billigkeit allen anderen Eespecten jederzeit vorziehen
werden, nicht ehender vermeinen Ursach zu haben, zu Verhütung
fernerer Verschimpfung der allerhöchster Kaiserlicher Autoritaet und
des Roem. Reichs Hoheit, auch Beförderung der lieber Justiz, die
Herren Staaten von Holland zu vermögen und anzuhalten, damit die
so Viel Jahren hero Uns und Unserem Erztstift widerrechtlich vor-
enthaltene Stadt Rheinberg, und nachdem von Uns und Unseren Vor-
fahren die Restitution derselben mit so vielen grossen Unkosten viel-
faltig gesuchet, aber allezeit schimpf- und spöttlich abgeschlagen
worden, dermaleneins wieder restituirt werde, als Uns, wie die
Formalia des Schreibens lauten, zu ermahnen, in die Wiedergabe al-
solcher Stadt zu dringen, damit das Reich und die Benachbarte da-
durch nicht in einen blutigen Krieg implicirt werden mögen. Dann
obschon Wir billig dahingestellt sein lassen müssen, mit was für Fun-
dament die Herren Staaten Dero Städte und Vestungen besitzen, auch
was Dieselbe für vordringende Motiven haben mögen, solche Städte
und Plätze in der Staaten Händen und Gewalt zu lassen, so sehen
Wir doch nit, warum Wir Uns dieserhalb verhindern lassen sollten,
die Stadt Rheinberg zurückzufordern, indem Wir nicht allein keine
Apparence sehen, dass diesertwegen der zwischen den Kronen Eng-
land und Frankreich, sodann Holland befahrender Krieg vermieden
bleiben werde, sondern dass Wir auch weder Raison noch Force genug
haben würden, von der Krön Frankreich diese Stadt wiederzubekom-
men, wann sie selbige einmal mit dem Schwert ihren Feinden würde
abgenommen haben. '
Sollten die Herren Staaten aber, wie Ew. Ld. vermeinen, Willens
sein, sowol Uns Unsere Stadt Rheinberg unverlängtwiedereinzuhändigen,
als auch genügsame Versicherung zu geben, dass uneracht der viel-
faltiger öffentlich- und heimlicher Instinuationen und Bedrohungen dero
Ministrorum Sie Uns für keine Feindschaft ausdeuten wollen, wann
Wir schon zwischen Frankreich und selbigem Staat eine gleichförmige
Neutralität halten würden, so thut Uns nicht wenig verwundem, dass
sie bis hieherzu keine ordentliche Abschickung zu Uns gethan haben,
zumalen Wir nicht würden unterlassen haben, Uns solchergestalt zu
erklären, wie es die Billigkeit, Chur-Fürsten und Ständen des Reichs
Reputation und Unsere Ehr und Gewissen zulassen kann.
Versichert die Ehrlichkeit seiner Absichten, wie er andererseits an-
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KarcolD verteidigt seioe Ansprüche auf Rheioberg. 141
nimmt, Kf. werde der Fürsten nnd Stände Interesse dem fremden Interesse
vorziehen. In diesem Sinne wird er gebeten, von Kurcöln die Meinung
festzuhalten ,,dass Uns Oott mit genügsamen Verstand versehen hat, um
Uns durch Niemanden seines particulier Interesse halber wider Unser und
des gemeinen Wesens Bestes verleiten noch ums Licht führen zu lassen^.
Zq weiterer Gommnnication ist er erbötig. Kf. möge angeben, wie,
wo and wann solches geschehen könne. Folgen patriotische Versicherungen.
d.d. Bonn 2. März 1672 intercedirt der Fürstbischof v. Strassburg 2. März,
für die Aebtissin von Essen ^), „weil Dieselbe Uns gar nahe beschwägcrt
und verwandt ist^.
Kriegsanssichten. Man glaubt nicht, „dass sich die Kronen England
nnd Frankreich anjetzo mit deren Holländern Submissionen begnügen
können*^. Wenn Holland veranlasst würde, die 'Plätze abzutreten, so würde
der Krieg für Deutschland vermieden werden. Die auswärtigen Könige nnd
Potentaten „möchten sich dann gleichwol mit einander schlagen und zanken,
als es ihnen gefällig**.
Der EurfÜrBt an den Karfürsten Maximilian Heinrich von
Cöln. Dat. Potsdam 9. März 1672.
Den Vorschlag einer Conferenz der Räte nimmt Kf. an. Sein Ge- 19. März^
heimer Rat und Kammerpraesident Raban von Ganstein geht gegen
den 21./31. März nach Brannschweig, der Reinsteinischen Sache')
halber; mit ihm könne sich der kurcölnische Vicekanzler Nicolarts,
dem der Kurfürst Befehl und Instruction erteilen möge, über einen Ort
der Zusammenkunft vereinbaren. — Zu deliberiren werde über nichts an-
deres sein, als „wie man die Sachen dergestalt anzustellen, dass beiderseits
Leute in einen fremden Krieg nicht eingemischet, sondern dieselbe davon
gänzlich verschonet und befreiet werden mögen^.
In einem eigenhändigen Schreiben an R. v. Canstein d.d. Hildesheim
- . \ — TT- 1672 meldet der Vicekanzler Nicolarts, dass er einen Befehl zu 4. April.
Anna Salome (II), Gräfin von Salm-Reifferscheid. Sie hatte sich bei
KCöId beschwert, dass die Glevische Regierang ihr ,,eine CompagDie Pferd, um
eine solche zq erbalten, zngeschickt."
*) Droysen, III, 3. 8. 240.
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142 f> Zur Vorgeschichte des dentsch-fransosischeD Krieges. 1671. 1672.
der UDterrednng noch nicht erhalten habe, und wünscht zu wissen, wie
lange Canstein noch in Brannschweig oder doch in der Nähe zn bleiben
Termeine.
7. April. d. d. Bonn 7. April 1672 meldet der Kurfürst Max Heinrich, dass des
Ef. Schreiben vom 9. März st. ▼. am 31. März eingetroflfen, damit also der
benannte Termin verstrichen sei. Ob Kf. einen anderen Ort, „nnd etwa
dieser Ends in der Nähe^, zn einer Gonferenz ansersehen wolle ? Er werde
alsdann jemand, ^welcher von ^i^sen jetzigen Conjnnctnren wol informirt
sei, so Wir sonsten nicht weit von Uns entfernen mögen,^ dorthin abordnen.
•25. April. d. d. Colin a. Sp. 15./25. April 1672 antwortet Kf., dass „der Ends"
keiner seiner Minister sei, der von den gegenwärtigen gefährlichen Con-
jnnctnren gründliche Information habe, und er von hier ans einen so weiten
Weg Niemanden seiner Räte schicken könne. Die Sache müsse bis anf
weiteres anstehen, da ohnehin „negotiornm pnblicornm halber ein nnd andere
Zusammenkunft zn vermuten sei^.
Der Fürstbischof von Strassbnrg an Schwerin. Dat. Bonn
15. April 1672.
[Die Motive wamm französische Hülfe angeDommen. Haltong der übrigen
Staaten. Lippstadt nicht durch Eurcoln besichtigt.]
15. April. Antwort anf Schwerins Brief vom 6. dieses.
Ist mit ihm einer Meinung, dass m.-in sich in eine „gute Verfassung
setze** nnd wol überlege, „wohin^^ selbige zn verwenden sei.
Unterdessen hat das Spargement, dass man von 20 bis 30,000
Mann naeher Lippstadt schicken, selbige der Ends herum in an-
derem Land campiren und ein Läger schlagen wolle, wie auch andere
von theils Ministris beschehene Bedrohungen bereits verursachet, so
yielleicht sonsten hinterblieben wäre, zumalen fiberall bekannt, dass
die Kronen Frankreich und England, auch deren Alliirte an des Herrn
Churf&rsten zu Brandenburg Ld. und Dero Haus nichts zu praeten-
diren; dafern auch auf die zu Eendenich wolmeinend geschehene
Proposition, dass man nämlich sich gegen einander wegen deren itziger
und damalen vorgesehener Conjuncturen vertreulich expectoriren und
die Bielefeldische Allianz ratificiren möchte, eine annehmliche Antwort
und wegen deren damalen nicht dieses Kriegs sondern deren Göl-
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Voraussichtliche Haltung der übrigen Staaten. 143
nischer Unruhe halber aufgerichteter Magazine, auch ob man des
Herrn ChurfÜraten zu Cöln Ld., da die Staaten von Holland Sie und
Dero Erzstift diesfalls als auch sonstefi hemächst feindlich anfallen
würden, vigore foederis und welchergestalt assistiren wollte, eine will-
fährige Erklärung erfolget oder wenigstens eine fernere Conferenz
veranlasset wäre, so würde man sicherlich von der Krön Frankreich,
vermöge mit Dero habender und damals producirter Defensiv-Ällianz,
keine Volk— Hülf begehret, viel weniger angenommen haben, dazu
dann die anstatt willf&hriger Antwort geschehene schriftliche Pro-
testation und nachdenkliche Declaration, sodann des Baron de
Lisola im Haag geführete Gonsilia, und des Marquis de Grana
Bedrohungen mehrere Anlass gegeben, und ist seither von den Kai-
serlichen Ministris, in specie von dem Kanzler Hocher, den chur-
colnisehen Abgeordneten so übel begegnet, dass dergleichen einem
treuen Reichs-Churfttrsten geschehen zu sein nie erhört worden, dero-
wegen man billige anderwärtige Hülf suchen müssen.
In England und Frankreich^ ist der Krieg bereits öffentlich de-
clarirt; dies Orts aber wird man publiciren, auch denen Staaten selbst
vortragen lassen, dass des Herrn Ghurfürsten zu Cöln Ld. und die
in hiesigem Erzstift liegende Auxiliarvölker dabei nichts zu schaffen,
auch solange die Herren Staaten mit Seiner Ld. gute Nachbarschaft
pflegen, in Erwartung verlangender Satisfaction über die ihnen so viel
malen vorgetragene Beschwernisse, und solange besagte Völker im
Land sein werden, nichts feindseliges vornehmen werden.
üeber die Vorgänge in Schweden wird Schwerin selbt bessere Knnde
haben.
Man berufet sich aller Orten auf das Instrumentum Pacis, dass
nemlich vermöge dessen keinem Ghurfürsten und Stand des Reichs
erlaubt sei, denen Holländern gegen Frankreich zu assistiren, in-
massen dergleichen bei letzt zwischen Spanien und Frankreich vor-
gewesenem Krieg des Burgundischen Kreises halber bei dem Reichs-
tage declariret worden.
Wir wissen zwar nicht, wessen sich die Krön Spanien resolviren
werde, sind aber versichert, da sie sich wol comportiren und, wie es
scheinet, nit darunter mischen, es deroselben nicht übel ergehen
werde, dessen sie die mit England suchende Allianz vergewissigen
kann. Wir sehen auch nit und gebttret Uns nichts zu sagen, ob das
Hier am 7., dort am 8. April.
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144 t* Zur V(»rge8cbichte des deotach-franzosischeD Krieges. 1671. 1672.
Reich hierunter so interessiret sei, dass dieserhalb die Neutralität ein-
zugeben und Churbrandenburgs Ld. sich dieserhalb auf das Reich zu
beziehen, ausserhalb dass man in Güte oder mit Gewalt dahin zu
sehen, wie dasjenige, so dem Reich abgezwackt und weder vom
Kaiser noch dem Reich durch Tractaten weggegeben, wieder herbei-
zubringen; und kann demselben nichts praejudiciren, was etwa von
der Eron Spanien geschehen.
Dass ein knrcölnischer Ingeniear die Werke von Lippstadt besichtigt
habe, ist nicht der Fall. £s wird wol Jemand gewesen sein, welcher Werl
oder die beoachbarten Orte in Bezug auf ihre Brauchbarkeit zur Landes-
verteidigung geprüft hat. Vielleicht habe auch einer von den „daherum
liegenden Oificieren^ in dortiger Gegend gekandschaftet, den man für einen
Ingenieur gehalten.
„Das bewnsstes Tractatlein >) ist Uns von unbekannter Hand mit Ver-
tröstung des Erfolges zukommen. Dafern Wir nun ein Mehreres erhalten,
werden es Demselben communiciren.^
25. April. Dat Bonn 25. April 1672 übersendet der Knrfürst von Coln sein
beim Regensbarger Reichstage abzugebendes Votum, als Antwort anf das
sowol beim Kaiser wie beim Reichstage eingebrachte Memorial der Oeneral-
staaten.
Kurfürst Maximilian Heinrich von Cöln an den Kurfürsten.
Dat. Neuss 27. April 1672.
[Ausbruch der Feindseligkeiten. Holländischer Ueberfall bei Hülst.]
27. April. £r wiederholt wie er sich stets bemüht habe, den Zwist um Rheinberg
„durch gut nnd billige Wege hinzulegen^, auch die zwischen der Krone
England, dem Bischof Ton Münster nnd den Generalstaaten entstandenen
Streitigkeiten aus dem Wege zu räumen. Trotz vielfacher Gesandtschaften
nach dem Haag, trotz kaiserlicher, bei seinen Vorfahren und seiner Regie-
rung „eingewendeter Interposition" sei ihm eine Satisfaction nicht wider-
fahren. Nun aber die Generalstaaten, nachdem Wir ihnen beiliegende
Unsere auf die von beiden Kronen Frankreich und England gegen die-
selbe beschehene Kriegsverkündigung denen in Unserm Erzstift zu
dessen Sicherheit von der Krön Frankreich yermöge mit dero haben-
der Defensivalliance eingenommenen und verlegten Auxiliaryölkem
gegebene Erklärung und Ordre nicht allein selbst durch Unseren
Residenten im Haag präsentiren sondern auch deren in der Nähe ge-
legenen Gubernatoren durch Unseren Generallieutenant Grafen von
Oben S. 13«.
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Einbruch der Holländer in das Erzstift. 145
Chamilly communiciren und in Unserem Erzstift überall publlciren
lassen, dannoch vorgestern Morgens in der Frühe, als Wir Uns eben
aas Unserer Residenz auf die Anheroreise begeben wollen, in be-
sagten Unsern £rzstift mit etlichen tausend Mann zu Ross und zu
Fuss gewaltsamlich eingefallen, die Schlagbäume und Landwehr auf-
und eingehauen, die Vorwachten und auf denen Grenzen liegende
Compagnieen zurückgetrieben. Unsere Unterthanen mit Schlagen,
Stechen und sonsten übel tractiret, verwundet, geplündert, gebrand-
schatzet und ein Haus vorsätzlicher Weise in Brand geschossen, auch
die auf ein gewisses in besagtem Unserem Erzstift gelegenes adlichesHaus
von Unserer Generalitaet zur Wacht verordnete 1 1 Mann zum Abmarche
gezwungen, mit denenselben ordentlich, wie hiebei zu ersehen, capi-
tulirt, und also gegen die von Uns mit ihnen, Staaten, gepflogene und
ferner zu unterhalten gesuchte gute nachbarliche Correspondenz und
Zuversicht, ohne einige dazu gegebene rechtmässige Ursach, diese
Feindseligkeiten in mehrgem. Unserm Erzstift verübet, dergleichen sie
dann mehrere vornehmen dörften —
so wird Kf. ersucht „vermöge der Cbarfürstlichen Verein, auch denen
ReichscoDstitutionen und jüngerem Friedenscbluss gemäss^ einige Mann-
schaft za senden, auf die Restitution der Stadt Rheinberg und „Reparation
aller diesem Unserem Erzstift von 80 und mehr Jahren her verursachter
Kosten und Schaden^ zu dringen und dnrch seine Gesandten beim Reichs*
tage die knrcölni sehen Intentionen unterstützen zu helfen.
Anlagen.
Das Manifest Kurcölns d. d. Bonn 16. April 1672, französisch und
deutsch, durch welches den französischen Eriegsvölkern im Erzstift einge-
schärft \?ird, gegen die Generalstaate n, ihre Städte und Unterthanen nichts
Feindliches vorzunehmen. (Theatr. Enrop. XI, 4.)
Darstellnng des holländischen Ueberfalls bei Hüls ^) am 25. April.
Die Bescheinigung, die Capitulation der kurcölnischen Musketiere be-
treffend :
„S. Exe. Grave van Nassau, Lieutenant Qenerael van der Caval-
lerie van Haer Hochraogende, hebbende genomen gevangen een Sergeant
met tien Monsquetiers ende deselven laeten passeeren ende genomen in
genaden ende deselven genereux weder gerelaxeert sonder ransoen
Wolrad Gomte de Nassau.
Pro copia cum sno origiaali coUatioData et concordante Matth.
Haen Notar, publ. et Secretar. Civitatis Novesiensis.''
*) Oestlich Kempen, an der Grense der (neutralen) Grafsch. Mors, halb auf
Btaatischem, halb auf stiftiBchem Gebiete gelegen.
Mater, b. Ge§ch. d. G. Kurfürsten. XIII. 10
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146 ^' Zor Vorgeschichte des dentsch-franzosischen Krieges. 1671. 1672.
KurfUrst Maximilian Heinrich von Cöln an den Kurfürsten.
Dat. Bonn 4. Mai 1672.
[Droht mit anderen Resolutionen.]
4. Mai. Die ^Eriegspartejen aus Dero Stadt Wesel^ ^ dorchstreifen das Herzog-
tum Gleve, und ^unangesehen wie Eurcöln mit den Herren Generalstaaten
annoch in keiner Feindschaft begriflfen^, nehmen sie korcölnische Unter-
thanen gefangen and dismontiren sie; nnd wenn sie anch die Personen der
Gefangenen anf freien Foss gesetzt haben, so werden ihnen die Pferde
und was man sonst bei ihnen gefunden bis zur Stunde rorenthalten. Es
ist darüber an den staatischen Gommandeur Grafen Wolrad zu Nassau-
Saarbrücken, geschrieben worden.
Wiederum wird Kf. ersucht, „Uns bei so gestalten Sachen nit stecken
zu lassen^ und — wie im vorigen Schreiben —
Hilfe zu senden; da indesBcn, wie es scheint, die Generalstaaten sich
Uns je länger je mehr in Feindschaft zu nähern Vorhabens, so werden
endlich auch Wir eine andere Resolution zu fassen genöthiget werden,
unterdessen aber [möge er] Uns nit ftlr übel nehmen, wann Wir, Gewalt
mit Gewalt zu steuren, Deroselben Lande zu berühren gemttssiget
werden.
KurfUrst Maximilian Heinrich von Cöln an den Kurfilraten.
Dat. Bonn 9. Mai 1672.
[Wünscht die Versichemng, dass die nach Westfalen marschirenden branden-
burgischen Trappen nicht gegen ihn nnd seine Lande gebraucht werden.]
9. Mai. In Beantwortung zweier Schreiben des Kf. vom 27. März st. y. und
2. April st. V. teilt er mit, dass er den nach Lippstadt commandirten Bran-
denburgischen Völkern zu Fuss und zu Ross „durch Unser Stift Hildes-
heim den freien unschädlichen Durchzug nebest einem Nachtlager^ gestattet
hat; da die Völker aber — gegen die Versicherung — nicht gezahlt hätten,
„ihrem Vorgeben nach aus Ermangelung des Geldes, so etwa von den
Gfficieren den Soldaten vermuthlich nicht gereicht sein mag^, so möge Ef.
die Verfügung treffen, dass ins künftige den Einwohnern billigmässige Zah-
lung widerfahre.
Weil nun die Staaten von Holland, wie Ew. Ld. bereits wissig sein
wird, gegen L Kais. M., das Reich und Uns sowol dann des Herrn
Bischofen von Münster Ld. declariret haben, dass sie nit zugeben
^) Es ist die Staatische Garnison in Wesel gemeint.
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K CoId droht mit entschiedeDen Resolationen. 147
könnten, dass Wir den Franzosen den Pass in Unseren Landen ge-
statten noch zugeben thäten, in demselben Viyres und Munition zu
erkaufen und niederzulegen, sondern auch wirklich in dem Erzstift
Cöln und dem Vest Recklinghausen feindliche Einfall und Angriffe
sonder geringste dazu gegebene Ursach gethan haben: als thun Wir
Uns zu Ew. Ld. freundvetterlich versehen, Dieselbe Ihro nit zuwider-
sein lassen werden, Uns die Versicherung zu geben, dass Dero nacher
Westphalen durchmarchirende Völker, dem gemeinen Ruf nach, nicht
gegen Uns und Unsere Landen gebraucht noch den Staaten von
Holland fiberlassen werden sollen . . . Versichernagen.
Dat. Goelln a. Sp. 13. Mai 1672 dankt Ef. und erklärt: dass er die 23. Mai.
durchziehenden Völker „zo Unser and Unserer Lande und Unterthanen
Sicherheit und Conservation ond also zugleich mit zu des heil. Rom. Reichs
und der nächst gelegenen Kreise Besten gebrauchen werde; sind auch nicht
gewohnet, Unsere Miliz jemand anders zu überlassen'^.
Kurftirst Maximilian Heinrich von Cöln an den Kurfürsten.
Dat. Bonn 14. Mai 1672.
[Abmahnang, für die Qeneralstaaieo Partei zq ergreifen.]
Antwort anf das Schreiben vom 15. April st. y.^). Hat den Wunsch, die 14. Mai.
berührte Conferenz zu Stande kommen zn sehen, weswegen er dem Ef. an*
heimstellt —
weil I. E. M. in Frankreich nunmehr in der Nähe und bei Dero-
selben Dero Rath yon Crockow') sich ungezweifelt annoch befindet,
ob Sie demselben Commission ertheilen wollen, mit den Unsrigen, so
sich etwa der oder dieser Ends ebenfalls einfinden möchten, vertrau-
liche Communication zu pflegen; und dafern Wir auch bei höchsterm.
S. Maj. Ewrer Ld. und Dero Landen etwas zum besten negotii ren
und beitragen lassen können, thun Wir Uns darzu freundvetterlich
erbieten. Dieselbe zugleich aber hiermit ersuchen, in reife Consideration
zu ziehen, was für grosse Gefahr nicht allein Ihro und Ihren Landen
sondern auch dem ganzen Rom. Reich zuwachsen könne, dar Sie bei
diesen Conjuncturen und Lauften sich directe oder indirecte für die
General-Staaten der Ver. l^iederlande erklären und denselben Assistenz
«) Oben S. 142.
'0 Crockow verliess Paris, ohne dem Hofe ins Feld zu folgen. Oben S. 85.
10*
^igitizedby Google
148 I* Zur Vorgeschichte des deutsch -französischen Krieges. 1671. 1672.
leisten sollten, wozu auch die mit ihnen etwa habende Allianeen, in-
dem sie, die Generalstaaten, gegen Uns sowol als des Bischofs von
Münster Ld. die Feindseligkeit zum ersten angefangen, und also
Aggressores sein, keine Ursach geben, und dahero Sich davon genug-
sam entziehen können, gestalt Wir dann auch Unsers Theils mit der
Krön Frankreich nichts anders als eine pure Neutralität geschlossen
und selbige zu unterhalten intentioniret gewesen.
Den Truppen möge der Durchmarsch durch das Westfälische in keiner
Weise behelligt werden.
Der Fürstbischof von Strassburg an Schwerin. Dat. Bonn
18. Mai 1672.
[Vorrücken der franzosischen Armeen. Ef. möge den Völkern des sächsischen
Prinzen Durchzug verstatten. Erinnert nochmals an die Neutralität. Nahen des
Königs. Allarmirende Nachricht aus Münster.]
18. Mai. . . . Zwar ist aueh nichts Sonderbares vorgefallen, ausser allein, dass
der König aus Frankreich nunmehr mit allen seinen Armeen unweit
Mastricht in dem Staatischen und StiftLQttichschen stehet und, wie ^
scheinet, deliberiret, ob er sich etwa an einem oder andrem Ort auf-
halten oder aber gerade fortgehen werde, denen Herrn Holländern
eine Visite zu geben, insonderheit weil, wie spargiret wird, die Flotten
auch an einander gewesen sein, und die Staatische hart gelitten haben
sollen.
Da nun zwar noch keine gewisse Nachricht einkommen sondern
mit morgiger Ordinari erwartet wird, und weil Wir, gleich Demselben
bekannt ist, nichts bergen oder schweigen können, wann Uns was
vorkommt, welches zwischen beiden Herren Churfttrsten einig Disgusto
geben kann, so müssen Wir Demselben auch in Vertrauen berichten,
wie dass verlautet wird, ob sollte Kf. denen chur-cölnischen Regimentern,
welche S. Ld. durch des Herren Administratoris zu Magdeburg Ld.
zweiten Prinzen') vermög mit demselben getroffener Capitulation
werben lassen, den Pass oder Durchmarsch nicht allein nicht gestatten,
sondern sogar auch diese Werbung hindern wollen. Es thun vorgem.
Herren Churfürsten zu Cöln Ld. Sich ganz eines andren versehen und
^) Prinz August zu Sachsen- Weissenfeis, Sohn des Administrators August
Vgl. J. 0. Opel. Die Wiedervereinigung des Herzogtums Magdeburg mit Kur-
brandenburg. 1880. S. 19. 20.
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KCölo nod Strassborg mahnen von der Aesisteoz an Holland ab. 149
halten festiglich dafhr, hochgem. H. Ghurfttrst zu Brandenburg werde
yiel ehender dazu contribuiren und mit befürderen, oder wenigst nicht
hindern (wann Sie etwa selbsten Bedenken haben sollten, S. Ld. gegen
die Herrn Staaten als Aggressores zu assistiren), dass andre Chur-
f&rsten dasjenige thun und prästiren, wozu sie kraft der Reichs-
Constitutionen schuldig sein oder ihnen zu thun und zu lassen frei
stehen möchte. Schliesslich wäre nun die rechte Zeit, die vorge-
schlagene Neutralität mit grossem Vorteil zu negotiiren, weil der
König, wie es scheint, ehester Tagen selbsten in die Nähe kommen
oder sein dürfte. Wann Wir capabel sein sollten, hierzu was zu
contribuiren, so wollen Wir von Herzen gern es thun, um nach Mög-
lichkeit alles dasjenige bef&rderen zu helfen, was zu gemeiner Ruhe,
hingegen aber auch zu einiger Mortification der Herrn Staaten ge-
reichen kann, dann deren widriges Verfahren und fiberaus grosser
Hochmuth gar nit zu gedulden, sondern billig etwas moderirt werden
muss.
Einliegend eine yertranliche Notiz vom Bischof von Münster. Wenn
dem also, wie nit zu zweifeln, so ist nit mehr Zeit zu fragen, ob Wir
einander assistiren sollen und ob die Herrn befugt sind, die Glevische
Garanteurs oder die Quadruple-AUirte zu Hilfe zu rufen, sondern
haben sich dieses alles selbsten verlustig gemacht
Anlage.
Schreiben des Fürstbischofs von Münster d. d. Coesfeld
13. Mai 1672. „Es sind Einige ertapfet, welche die Magazinhäaser ein-
zuäschern Stadt und Dörfer verräterischerweise abbrennen und meiner
eigenen Person nachstellea wollen. Ich werde gegen dieselbe den Rechten
gemäss verfahren lassen.^
Der KarfUrst an den Kurfürsten Maximilian Heinrich von
Cöln. Dat Ooelln a. Sp. 13. Mai 1672. Conc. F. v. Jena.
[Antwort auf das Schreiben vom 4. Recapitnlation des Inhalts die Weseler
GarniBon betrefifend.]
Anfänglich so möchten Wir von Herzen wünschen, dass Ew. Ld. 23. Mai.
die vor diesem von Uns aus rechtem Deutschen ') Gemttth geschehene
^) Original.
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150 I- Zur Vorgeschichte dee deute ch-fransösischeo Krieges. 1671. 1672.
wolmeinende EriniieniDg etwas bei Sich hfitten gelten lassen, so wür-
den Ew. Ld. dieses Ihres Beschwerungsschreibens ohne Zweifel nicht
bedurft haben. Ihr Erzstifl hätte in gutem Frieden und Ruhe bleiben
können, und andere unschuldige benachbarte Reichs-Ereise und -Stände,
welche mit allem Eifer und Mühe den Frieden zu erhalten gesuchet,
würden in keine dergl. Unsicherheit, Noth und Gefahr gerathen sein,
in welcher sie sich doch nunmehr wahrhaftig und unleugbar befinden.
Es scheinet aber, dass das Verhängnis nicht anders sein solle, und
haben Wir zu dem lieben Oott noch die feste Hoffnung und Zuver-
sicht, er werde sich der Friedliebenden gnädig annehmen und es
alles noch zu einem guten Ende anschlagen lassen.
Sollte die Oamison in Wesel etwas Unrechtes fürnehmen, so
wollten Wir der unvorgreiflichen Meinung sein, Ew. Ld. hätten es bei
denen Staaten General zu suchen, welche sodann ohne Zweifel sich
darauf, wie es recht und billig, erklären würden. Wir Unsers Orts
können bei so bewandten Umständen wenig bei der Sache thun, weil
die Garnison vermöge alter Verträge unter Unserem Gommando nicht
stehet, dieselbige sich von vielen Jahren, wie bewusst, nicht wider
Unseren, auch nicht des Reichs Willen darinnen befindet, denen zu-
wider auch in dem deutschen Friedenschluss nichts verordnet; und
haben Wir dabei zu Ew. Ld. das freundvetter- und brüderliche Ver-
trauen, dass wann Sie ja auch mit öffentlichem Krieg für Sich wider
die Vereinigte Niederlande losbrechen wollen, Sie werden Unsere un-
schuldige Lande und Unterthanen verschonen und denenselbigen durch
die Ihrige keine Ungelegenheit, Bedrängnis oder Schaden zufügen
lassen.
Sollte Korcöla widerrechtlich von Jemand angegriffen werden, so
wisse Kf., wozu die Reichsconstitotionen ihn anweisen.
29. Mai. d. d. Bonn 29. Mai 1672 übersendet der Kurfürst von Cöln das Mani-
fest gegen die Generalstaaten d. d. Bonn 27. Mai 1672 *).
Er hat dasselbe publiciren lassen^ weil die fortdauernden Feindselig-
keiten der Holländer ihn nunmehr nötigen, „die von Gott, der Natur und
dem Westpbälischen Friedenschluss erlaubten Mittel zu ergreifen^.
Theatr. Europ. XI, 5-7.
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WoImeineDde ErinneniDg des Ef. KriegserkläroDg CCoIds u. Mänsters. 151
Fürstbischof Christoph Bemard von Münster an den Kar-
fürsten. Dat. In Unser Residenz St. Ludgersburg
31, Mai 1672.
[Kriegserklärang an die GeneraUtaaten.]
Constatirt die Feindseligkeiten der Holländer. Dass sie des Friedens- 31. Mai.
brochee schnldig sind, erweist die Anlage „Enrtzer Bericht wasgestalt
an Seiten Ser Vereinigten Niederlanden der zu Cleve im Jahr
1666 den 18. April mit Ihr. Hochfürstl. Gn. zn Münster ge-
schlossener Friedt, fast in allen Articulen ond Poncten ge-
brochen. Getruckt im Jahre 1672. 4.^(2OS.)0
Trotzdem ihnen zwei mächtige Könige gegenüberstehen, sind die Hol-
länder nicht ^za milderen Gedanken veranlasst worden, nnd —
Wir müssen zu Unserem höchsten Leideswesen erfahren, dass Wir
nnd die Unsrige sogar zu selbiger Zeit, da die Generalstaaten einen
aas ihren Deputirten zu Feld zu Uns geschicket und Fried und Freund-
schaft contestiren lassen, in allen Oertern mit feindlichen Actionen
angegriffen werden. Derowegen Wir ein anders nicht thun können,
als Uns aller Mflglichkeit nach darwider zu setzen und zu defen-
diren, haben auch Unsere Miliz, dieWir sonsten des Herrn Chur-
fbrsten zu Göln Ld., in kraft zwischen den Erz- und Stiftern Göln
und Monster von uralters hergebrachter Erbvereinigung wegen be-
schehenen feindlichen Einfall der Staatischen Armee in das Erzstift
Cöln und wegen verweigerter Restitution der Stadt Rheinberg zu Hülf
geschickt, nach so vielfältig vorgangenen Rupturen und feindlichen
Angriffen beordert, nunmehr auch in Unser eigenen Sache zu agiren.
Wie Wir dann nicht weniger wegen des violirten Clevischen Frieden-
schlusses zu I. Eon. M. in Frankreich und des Herrn Churfttrsten
zu Göln Ld., als welche desselben Guarantie mit allergnädigstem Vor-
wissen Ihrer Kais. Maj. übernommen und anitzo wider die Vereinigte
Niederlande ohne das armiret sein, Unsere Zuflucht nehmen müssen.
Zu Ew. Ld. tragen Wir die feste Zuversicht, gleich Wir Uns und
Unsere Land und Leute andergestalt nicht retten können, Sie
werden also Unseren gerechten Wapfen Beifall geben und auf Er-
suchen zu assistiren geneigt sein.
Ein anderes Exemplar in der Biblioth. d. Altertamsvereios zu Münster.
S. Tückiog, Geschichte des Stifts Mäoster unter Christoph Bernard von Galeq
1865. S. 178. Daselbst auch die übrigen Manifeste des Farstbischofs«
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152 I- Zar Vorgeechichte des deutsch-franzoBiBchen Krieges. 1671. 1672.
Kurfürst Maximilian Heinrich von Cöln an den Kurfürsten.
Dat. Schloss Linn 6. Juni 1672.
[Antwort anf des Kf. beide Schreiben vom 13. Mai st. v.^]
6. Juni. , , . Dafern nun von Ew. Ld. die Verordnung geschehen wird,
dass Unsere Landen mit dergleichen schädlichen Durchzügen hin-
führo nicht beschwert werden sollen, so wollen Wir das Verwichene
gern nachgeben. Es befremdet aber Uns auch nicht wenig, dass Ew.
Ld. denen von des Herrn Administratoris zu Magdeburg Ld.
zweiten Prinzen*) zu Unserem Behuf angeworbenen beiden Regimentern
den Pass durch Dero Landen nicht gestatten wollen, da jedoch Wir
Uns jederzeit gegen Ew. Ld. in allem so willfährig erzeigt haben.
Wohin Korcöln gegen die Staaten sich zu entscheiden genötigt worden,
hat sein jüngster Brief bereits erwiesen.
Wir lassen auch alles daraus entstehende Unheil zu deren Ver-
ursacher Verantwortung hingestellt sein und leben der Hoffnung, Ew.
Ld. werden Sich auf die von dem König in Frankreich an Dieselbe
gethane Abschickung') (damit er nemblich wissen möge, wessen er sich
eigentlich gegen Ew. Ld. zu verseben) also erklären, auf dass zwischen
Churf&rsten und Ständen alle Zerrüttung verhütet und das Roemische
Reich in einen gefährlichen Krieg nicht miteingefiochten werden möge.
Wir Unsers Theils werden Uns in alle Wege dahin befleissen, haben
auch zu dem Allmächtigen das feste Vertrauen, dass Wir durch dessen
Beistand eine billigmässige Satisfaction ohne Vergiessung vielen
Menschenbluts (wie dann bei Eroberung Ew. Ld. Städte Wesel, Bü-
derich, Orsoy solches verhütet worden, und ein gleichmässiges von
Unserer Stadt Rheinberg heut zu vernehmen erwarten) von denen
Oeneralstaaten, welche fast alle Könige und Potentaten schimpflich
tractirt, auch Cbur- und Fürsten des Reichs fast weniger dann einen
von ihren geringsten Bürgermeistern geachtet, dermalen erlangen mögen.
Kurfürst Maximilian Heinrich von Cöln an den Kurfürsten.
Dat. In Unser Stadt Deventer 20. Juli 1672.
20. Jali. Hat des Kf. Schreiben, worin um Verstattung des Darchzages durch
das Hildesheiraiscbe für zwei weitere Regimenter nachgesucht wird, durch
seine Hildesheimischen Räte empfangeD.
S. 147. 149.
^ S. 148 Anm. 1.
^ Vauguion, Oben S. 85,
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Abweisende HaltoDg EGölns. Brandenbargische SenduDg an K Mainz. 153
Da IndesseD von allen Seiten Berichte einlaufen, dass diese Truppen
ZQ einer Assistenz der Generalstaaten und zur Bekämpfung Kureölns und
Münsters verwendet werden sollten, so steht der Kurfürst an, den Pass zu
gewähren, ehe nicht Ef. eine nähere Erklärung gegeben hat. Hierüber er-
wartet er des Kf. Willensmeinung.
Der Kurfürst von Cöln an die Landgraefin von Hessen-
Cassel. Dat. Zwolle 30, August 1672.
Uebersendet das CircnlarBchreiben an des Niedersächsischen Ereises 30. Aog.
ausschreibende Fürsten, worin gebeten wird, (den Marsch der vereinigten
Truppen) solch „wider den allgen^einen Friedenschluss, Eaiserl. Wahlcapi-
tulation und Reichsconstitutionen laufendes*' Vorhaben zu hintertreiben.
3. Die Haltung der Neutralen,
a. V. Marenholtzs erste Sendung an Eurmainz.
Der Kurfürst an den Freiherrn Cqrt Asche von Marenholtz*)
nach Regensburg. Dat. Coelln a. Sp. 14. Februar 1672.
[Befehlschreiben bezäglich seiner Abschickung an den Kurfärsten von Mainz
nach Wärzburg^.]
Rf. befiehlt ihm, diese seine Sendung an Kurmainz soviel immer mög- 24. Febr.
lieh geheim zu halten. Marenholtz mag sagen, dass er mit des Rf. Erlaubnis
eine Reise in eigenen Angelegenheiten nach Halberstadt antrete, wie er
denn auch, wenn er scheinbar privatim dem Kanzler in Würzburg seine
Aufwartung gemacht, sich dorthin und erst von da zum Kf. zurückzu-
begeben hat.
Er darf keine Ceremonien oder Tractamente annehmen, auch von
seinen Aufträgen Niemandem ausser dem Kanzler selbst Eröffnung geben.
Den ersten Vortrag soll er „in genere thun'', aber sobald er sich von der
Geneigtheit der Intentionen von K.Mainz überzeugt hat, das Uebrige an-
zeigen und — speciell in des Kf. Namen — um vertrauliche Meinungs-
äusserung bitten.
„Ihr habet die Reise also fort aozutreteu und Euch nichts denn Gottes
Gewalt abhalten zu lassen.*'
Gart Asche von Marenholtz (dies die aathentische NameDSchrei-
bnog) vertrat mit Gottfried von Jena den Kurfürsten beim Regeneburger
Reichstage.
^) Johann Philipp von Schönborn, Rorfärst seit 1647, zugleich
Bischof von Wnrzbnrg und Worms. Diese Gesandtschaft Pafendorf, Comm. XI, 44.
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154 I- Zur Vorgeschichte des deatsch-französisohen Krieges. 1671. 1672.
Instruction wonach sich Unser Gebeimer Rath Präsident Unseres
Fflrstenthums Halberstadt, Kämmerer, Hauptmann zu Gattersleben und
Grottorf, auch Gesandter auf jetzigem Reichstage zu Regensburg...,
Gurt Asche Freiherr von Marenholtz bei seiner Abschickung an des
Herrn Ghurftirsten zu Mainz Ld. zu achten. Dat. Goelln a. Sp. 14. Fe-
bruar 1672. Conc. Friedrich v. Jena').
24. Febr. Die InstructioQ weist anf die dem Reiche aus den französischen ünter-
nehmoDgen erwachsende Gefahr. „Darch einseitige Gonsilia und Resolntiones
werde dem Werke nicht geholfen oder gerathen'^ schon im letzten Kriege
sei das singiUi pugnant, universi vincuntur „zu des Vaterlandes und der Teut-
sehen Fürsten unüberwindlichem Schaden practicirt worden'^ Eine Com-
munication mit Karmainz ist dem Kf. von besonderem Wert, weil schon zu
Cöln „I. Ld. Räthe von Deroselben gute und heilsame Intentionen vor das
Vaterland nnd Dessen Interesse gegen die Unsrige sonderlich und bestän-
dig contestiret, überdem aber Uns Ihrer Ld. dem Reich als unserem gemeinen
Vaterlande zutragende ungefärbte Liebe und Affection bekannt^'.
„Es wäre wissend, was der König von Frankreich wider die Vereinigte
Niederlande vorhätte, und wären Wir von demselbigen durch dessen Ab-
geschickten ^ ersuchet worden, entweder Partei mit dem Könige zu nehmen
oder aber neutral zu bleiben nnd deshalb gewisse Pacta aufzurichten. Noch
zur Zeit hätten Wir Uns zu nichts hauptsächlich erkläret und würden auch,
wenn Wir Uns zu etwas verstünden, dasselbige dergestalt einrichten lassen,
dass Wir weder dem Reiche dadurch praejudiciren, noch auch sonsten
etwas Nachtheiliges schliessen würden. Zwar hätten Wir Unsere Mediation
und, auf des Staats Belieben, dem Könige alle billigmässige Satisfaction
angeboten, es hätte aber solches alles bis auf diese Stunde nichts ver-
fangen noch von dem Könige angenommen werden wollen, und wäre Uns
nunmehr alle Hoffnung dazu benommen. Dahero Wir nicht ohne grosse
Ursach befahren und besorgen müssen — es laufe auch die Sache aus,
wie sie immer wolle — es werde das Reich seine Sicherheit nicht erhalten
sondern dergleichen Blosse bekommen, dass hernachmals ohne grosse Mühe
und Force demselbigen beizukommen.'^
„Wir ersuchten demnach I. Ld. freundbrüderlich, Sie wolle in diesem
grossen Werke auf nichts anders als auf die Wohlfahrt des Vaterlandes
Ihr Absehen richten nnd Uns Dero hocherleuchtete Meinung und Gutachten
unbeschweret wissen lassen. Wir wären über vorige Ursachen auch darum
mit zu dieser Schickung veranlasset worden, dass Wir vernommen, wie I. Ld.,
auf Begehren und Instanz des Königs in Frankreich, den Freiherrn von
') Kanzleinotiz des Secretärs Sturm: «Wann H. Hippel das Creditif von
Char-Mainz abzuschreiben gegeben, so wolle er ihm [dem Schreiber] sagen, dass
er Niemand das Geringste davon sage, auch das Goncept dem H. Hippel aleo-
bald zustelle, dass es nicht laut werde, dass Herr Marenholtz dahin gehet*.
^ Gomte de St. G6ran.
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lostraction far Marenholtz. 155
Schönborn') an den Kaiserlichen Hof geschicket, and dass ged. Freiherr
von Wien aas Ihrer Kais. M. Resolntion nacher Paris selbst tiberbringen
sollte."
Der Gesandte soll sich auslassen oder an sich halten, je nach dem er den
Kanzler geneigt findet „Wann er aber sehen wtirde, dass I. Ld. die Sache
wie es nöthig begriffe and von denen Mediis, welche etwan za Conservation
des Reichs Secnritaet nöthig, Erwähnung thäte, so hat er anzuzeigen, dass
wol freilich nöthig, dem Unglück in Zeiten, und zwar nicht einzeln son-
dern mit zusammengesetztem Rath und That, vorzukommen und
nicht zu erwarten, bis dem Heil. Römischen Reich der Yortheil entzogen,
die beste Avantage benommen, und dasselbige dergestalt entblösset, dass
bernachmals demselbigen gar leichtlich beiznkommen, und vollends unter die
Fasse gebracht und untertreten werden könne. Gott hätte noch Mittel genug
verliehen, solchem allem entgegenzutreten und dergleichen Gefahr abzu-
kehren, wann nur Alle und Jede oder doch nur die Vornehmsten ihnen das
Werk einen rechten Ernst sein und die Zeit nicht vorbeigehen liessen.
Wir wollten von Herzen gerne alles und jedes willig und gern beitragen,
was Unser Churfürstliches Amt und die dem Heiligen Rom. Reiche schul-
dige Pflicht erforderte, wären auch dahero entschlossen. Uns in mehrer
Verfassung zu stellen und an allem was Uns möglich nichts zu versäumen."
„Zwar sähen Wir wol, dass Wir in Unseren Glevischen Lande für
allen anderen was sonderbares leiden und die Landen würden lassen
ruiniren müssen. Wir stelleten aber I. Ld. reiflich zu bedenken, dass ob-
gleich der Staat mit Unserem guten Willen nur blos die Garnison in .eini-
gen Unseren Städten hätte, ein ander Auswärtiger dieselbige Reichslande
und Städte mit Gewalt überziehen, belägern und andere dergleichen Thät-
lichkeiten mehr, unbeschadet des Westphälischen Friedens und der Reichs-
constitutionen, fürnehmen könne, und ob Uns nicht auf solchen Fall das
Reich vermöge des Westphälischen Friedens und der Reichsconstitutionen
zu assistiren schuldig und gehalten."
,>Gleichwie er aber dieses alles ehender und anderergestalt nicht vor-
znstellen, es sei denn dass er I. Ld. Inelination und Meinung mit der Unsri-
gen conform findet, also hat er auch Dieselbige zu versichern, dass Wir
dabei beständig verharren und nichts überall thun oder vornehmen werden,
was dem Heiligen Römischen Reiche auf einigerlei Weise oder Wege nach-
theilig sein könnte. Und weil Wir wüssten , dass I. Ld. mit dem Kaiser-
lichen Hofe in guter Correspondenz und Confidenz stünden, so ersucheten
Wir Dieselbige, Sie wollen auch daselbst für das Vaterland gute Officia
anwenden und I. Kaiserl. Maj. zu Ihrem Kaiserlichen Amte und nöthiger
annachlässiger Vorsorge für das Heilige Rom. Reich aufmuntern und Die-
selbige dabei aller getreuen Ghurfürsten, Fürsten und Stände getreuer
Beitretung und Assistenz versichern."
Da dem Reiche und absonderlich dem Westphälischen Kreise an dem
^) Des Kanzlers Neffe und Hofmarschall.
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156 ^' Zur Vorgeschichte des deutsch-fraDSosischen Krieges. 1671. 1672.
Geschick der Stadt Cöln das höchste liege, so möge man aof ConserYation
eines so wichtigen Platzes bedacht sein. Wie es heisst^ snche der Bischof
von Strassbnrg in Ansnntznng der Conjnnctnren das KnrfursteDtQin
Cöln an sich zn bringen.
Der Kanzler möge solches alles „secretiren^'. Dem Gesandten wird
Behutsamkeit empfohlen; er ist gehalten, nichts Schriftliches zu geben, aber
den Wunsch einer ferneren Correspondenz mit Knrmainz auszusprechen.
I.März. d. ± Regensburg 20. Februar 1672 meldet v. Marenholtz- den
Emfang des Ef.lichen Rescriptes mit der Notiz, dass er sich morgen auf
die anbefohlene Reise machen werde.
y. Marenholtz an den Kurfürsten. Dat WUrzburg 26. Fe-
bruar/7. Maerz 1672.
[Ankauft and Aufnahme im Schlosse zu Wurzbarg. Audienz beim Kanzler.
Dessen Eröffnungen über den Stand der Verhandlungen and Vorschlag eines
Bündnisses; Unzufriedenheit mit dem Verhalten des Kaiserhofes; Auskunft über
die Abmachungen mit Paris und Wien. Cölo. Oravels Argwohn ]
7. März. Des eingetretenen Thauwetters und der schlimmen Wege halber hat
er nicht eher als gestern in Würzbnrg eintreffen können.
S. Ghurf. Gn., weil ich meinen Namen von mir geben mttssen,
schicketen also bald herunter und Hessen fragen, ob ich der Maren-
holtz, der bisher zu Regensburg gewesen, und ob bei Deroselben was
anzubringen? Ich gab zur Antwort, dass auf gnädigst erhaltene Per-
mission von Ew. Gh. D. in meinen Privatgeschäften nacher Halber-
stadt reisete, und weil bei einem Fränkischen von Adel, dem von
Riedesel, eine Post Geldes ausstehen, und derselbe seine Güter von
hier nicht weit, wäre mein Weg hieraufzu gangen. Bei S. Ghurf. Gn.
hätte zwar nichts zu verrichten, weil aber vernähme, dass Sie Sich
meiner noch gnädigst erinnerten, würde die Schuldigkeit erfordern,
Deroselben unterthänigst aufzuwarten.
Als auf das Schloss kommen, traf den Herrn Hofmarschalln an
und andere Gavaliers, welche zu Regensburg und Mainz gekannt.
S. Ghurf. Gn. hatten befohlen, dass mir sofort ein Zimmer eingegeben,
und daroben logiret werden sollte. Ich entschuldigte mich aber und
bat nur, dass mir die Residenz und Festung, auch was sonst zu sehen,
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RrBfiTanDgen des Karfürsten v. Mainz über die Lage. 157
möchte gezeiget werden, da dann in das Zeughaus, welches nicht
weniger als der Weinkeller wol versehen, geführet ward.
S. Ghurf. 6n. Hessen mich bald darauf vor Sich kommen, em-
pfiengen mich gar gnädigst, sagten, dass Sie sich meiner nicht ver-
muthet, wollten ja nicht hoffen, dass man also vom Reichstage ohne
Abschied ziehen würde. Die itzige Laufte wären dergestalt be-
schaffen, dass man eher zusammenkommen als von einander gehen
sollte. Ich antwortete, dass Ew. Gh. D. mir nur eine Reise nach
meinen Gütern in dem Fflrstenthum Halberstadt zu thun erlaubet,
und weil S. Gh. Gn. in Dero Gemach ganz allein, übergab Dero-
selben das Greditif. Ich musste mich alsobald setzen und merkete
wol, dass S. Gh. Gn. sehr verlangeten was ich anbringen würde.
Der Gesandte stellt nun vor, wie sehr seinem Herrn daran gelegen sei,
mit dem Kanzler über „die itzige weitaussehende GonjuDctaren*' zu com-
mnniciren. Er betont das Geheime seiner SenduDg: als er von Regens-
bnrg abgereist sei nod der Kaiserliche CommisBarias za ihm geschickt,
habe er nichts anderes sagen lassen, als dass er in Privatis nach Halber-
stadt verreise und sich ehester Tage wieder einfinden werde; wie er denn
aach alle seine Sachen dort gelassen and Mietpferde genommen hat.
Nach vielen Betenernngen , „was Sie vor Estime vor Ew. Gh. D.
Freundschaft, Gondoite^ Vermögen und Eriegserfahrnng macheten^, giebt
der Kanzler seiner Freude über des Kf. Vertrauen und seiner eigenen auf-
richtigen Gesinnung Ausdruck —
Nun wäre reichskundig, wie vielfältig S. Ghurf. Gn. den Punctum
securitatis publicae zu Regensburg in den Gollegiis vorzunehmen und
auszumachen proponiren und urgiren lassen; wie schlecht aber solches
beobachtet, und wie langsam alles hergangen und noch gienge, wäre
nicht weniger bekannt als zu beklagen, und wüsste ich selbst, was
passiret, auch wie die Sache so oft sich gestecket und aus ein und
anderen Respecten aufgehalten worden. S. Gh. Gn. hätten, dies
nöthige Werk zu befodem, unterschiedliche Abschickungen, insonder-
heit an Ew. Gh. D., gethan und gehindert — wiewol Sie deswegen
gar schlechten Dank verdienet und erfahren müssen, in was Goncept
Sie Prinz Wilhelm von Fürstenberg bei Ew. Gh. D. bringen wollen
— dass die Rheinische Alliance nicht prorogiret worden. Voritzo . . .
wären Sie auf eine Alliance bedacht, darinnen Kaiserl. Maj., Sie selbst,
Chur-Trier, Ghur-Sachsen, die Sächsische Häuser, Branden-
hurg-Gulmbach, Sachsen-Lauenburg, Münster begriffen'). Ew.
») Oben S. 92.
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158 ^ Zar Vorgeschichte des deatsch-fraozösischen Krieges. 1671. 1672.
Ch. D. wäre auch solches alles sattsam wissend. Wenn nun Dieselbe
gleichfalls darinnen sich begeben wollten, wäre dieses Foedus desto
redoutabler, und würden die Braunschweigische Häuser Ew. Ch.
D. Exempel gewiss folgen.
S. Ghurf. 6n. apprehendirten die Gefahr, welche dem Reich von
des Königs in Frankreich Macht, allem Vermuthen nach, bevorstünde,
rechtschaffen, sagten darauf, Sie kttnnten über des Bischofen von
Strassburg Bezeigungen, als eines deutschen Reichsfürsten, Sich
nicht genugsam verwundern noch die Consilia fassen, imgl. dass S.
Ch. D. zu Co In so fromm, dass Sie sich dergestalt einnehmen Hessen.
Ew. Gh. D. wüssten vorhin, was Dieselbe vor Oerter dem König in
Frankreich überlassen. Münster würde sich zwar auch wol bei
diesen Zeiten in einige Verfassung stellen und wäre denen Holländern
aus dem alten Groll nicht gar affectioniret. Dass es aber feste Plätze
denen Franzosen einräumen sollte, wären S. Churf. Gn. versichert,
dass es nimmer geschehen würde. S. Ch. Gn. hätten noch allezeit ge-
hoffet, dass Ew. Ch. D. Mediation von I. K. M. in Frankreich würde
angenommen werden. Indem Sie aber aus meinem Vortrag ver-
standen, dass Ew. Ch. D. nunmehr gar daran zweifelten, und ganz
keine Apparence dazu, künnten S. Ch. Gn. leicht raisonniren, dass
wenn Sie Sich zu dergleichen, wie bereits geschehen, ferner offerirten,
solches so viel weniger würde consideriret werden. Zumalen denn
aus diesen Discoursen, auch S. Ch. Gn. Minen, soviel abnahm und
merkete, dass Dieselbe der Franzosen Desseins sehr apprehendirten.
Hatte kein Bedenken, Ew. Ch. D. gnädigsten Befehl nach mich weiter
herauszulassen und fragete, was doch der Kgl. Französische Envoyä
Mr. Heiss (welcher ein Clevischer und Ew. Ch. D. Unterthan sein
soll) proponiret, was S. Ch. Gn. Demselben vor eine Antwort er-
theilet, und was Dero Hofmarschall, der Freiherr von Schönborn
(welcher vor zwei Tagen wiederkommen) zu Wien ausgerichtet.
S. Ch. Gn. giengen darauf zu Ihren Schreibtisch, holeten vorge-
dachten Mr. Heissen Vortrag, item was S. Ch. Gn. darauf geant-
wortet, imgleichen die Resolution, welche von I. Kais. M. der Freiherr
von Schönborn mitgebracht, und sagten: ich möchte nur alles laut
lesen. Des Mr. Heissen Anbringen bestand vornemblich in dem:
I. K. M. in Frankreich versicherten Sr. Ch. Gn., dass Sie das
Reich oder einige Churfürsten und Stände nicht attaquiren, son-
dern ob dem Münster- und Osnabrückischen Frieden festhalten
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Sein Bescheid an Frankreiefa. Kaieerliche BesoIutioD. 159
wollten. Auch hätte eich Spanien vor Ihren Waffen nichts zu
befahren, wenn es Dero Feinden nur nicht Hülfe leistete. Sie
wären erbötig, gegen die Hollaender eine offensive Ligue mit
gedachter Krön Spanien zu schliessen: que Tintention de Sa. Maj.
n'estoit autre que d'attaquer les Hollandois, pour les punir de
leurs insolences lesquelles leur fönt oublier ce qu'ils estoient,
youlants d^cider de toutes les affaires de TEurope et tyranniser
toutes les nations dans le commerce, pour satisfaire k leur ava*
rice; que S. M. vouloit de plus les obliger k vendre k tous les
Princes de TEmpire, leurs voisins, les places qu'ils ont usurp^es
pour eux^). I. K. M. yerhoffeten, England, welches die Holländer
auch gerne gedemttthiget sähe, würde Ihr nicht zuwider sein.
Die Gonservation der Vereinigten Provincien gienge auch I. Kais.
M. nichts an, au contraire ihr Abaissement würde Deroselben
und dem Roem. Reiche nützlich sein. Diesem allem nach ver-
langeten I. Eönigl. M. von Sr. Ob. 6n., Sie möchten bei I. Kais.
M. sich ef&cacement bemühen, dass Dieselbe in die Sache sich
nicht mengeten, sondern den König mit den Holländern die Que-
relle demesliren und ausmachen lassen. Auch ersuchete I. K. M.
S. Gh. 6n. um freie Passages auf dem Rhein u. s. w.
Die KarmaiDzische Antwort an Heiss bezeagt die OenagthanDg des
Kanzlers, dass I. Kön. M. mit dem Römischen Reiche Friede halten wolle:
Sie wünscheten, dass I. K. M. eine raisonnable Satisfaction von
den Herrn Generalstaaten verlangen möchten, wären erbötig hiezu
gerne zu cooperiren, damit ein so blutiger besorgender Krieg
vermieden bliebe. Sollten aber I. K. M. gegen die Staaten-
General ja was vorzunehmen bewogen werden, erkläreten S. Gh.
Gn. Sich hiermit: qu'Elle ne S'en mesleroit pas, si ce n'estoit qu'il
y eust ou arrivast quelque chose qui pr^judiciast k la conser-
vation commune de la seuretä de l'Empire et du traitä de West-
phalie ou k quoy les constitutions de TEmpire et son debvoir
comme Archichancelier et Directeur d'aucuns autres cercles
d'iceluy Tobligeroient *).
Die Kaiserliche Resolution ist sehr allgemein gehalten. Man ver-
läset sich auf die Versichernngen Franiireichs, wird im übrigen dem Münsteri-
schen Frieden nachleben und, wenn es die Not gebietet, mit Kurfürsten
nnd Ständen über die Reichswolfahrt in Beratung zn treten nicht unter-
So der gereinigte Text. Die Copie ist an verschiedenen Stellen fehlerhaft.
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]60 I- Zur Vorgeschichte des deutsch- französischen Krieges. 1671. 1672.
lassen. Diese Resolation wird, da der französische König einen Expressen
wünscht, Frhr. v. Schönborn nach Paris überbringen; indes wäre sie
— nach des Kanzlers Meinung — so eingerichtet, dass sie sehr wol mit der
ordinär! Post geschickt werden könnte:
Es gienge am Kaiserlichen Hofe sehr schläfrig und langsam her,
man refleetirte da mehr, was gegen Polen möchte vorgenommen wer-
den als was Frankreich thäte. Daher ich Gelegenheit nahm zu er-
wähnen, ob denn nicht Sache, dass S. Ch. 6n., weil Dieselbe am
kaiserl. Hofe in so guter Correspondenz und Confidenz stünden, I.
Kais. M. zu Ihrem hohen Kaiserl. Amt bei itzigen Gefährlichkeiten
aufmunterten; S. Gh. Gn. kttnnten dabei aller getreuen Churfürsten
und Stände Beitretung und Assistenz versichern. S. Ch. Gn. ant-
worteten, dass Sie nichts mehr, als was Sie bisher gethan, zu thun
vermöchten. Sie schicketen und schrieben, es verfienge aber wenig.
Als der Freiherr von Schoenborn abgereiset, hätte I. Kais. M. noch
nicht gewusst, dass Spanien sich so wol vor die Herren Staaten er-
kläret, und machte vielleicht dieses die Consilia ändern und reveilliren.
Ich fragte hierauf: ob denn S. Gh. Gn. nicht vermeinten, dass wenn
Ew. Gh. D. Reichslande und Staaten (worin mit Dero guten Willen
die Vereinigte Provinzen nur blos die Garnison hätten) ein ander
Auswärtiger überziehen und belägern sollte, das Reich auf solchen
Fall obligiret und gehalten, vermöge der Reichs-Constitutionen Ew.
Gh. D. zu assistiren? S. Ch. Gn. antworteten, dass bei Ihr solches
ausser allem Zweifel, und wenn Ew. Ch. D. auf dem Reichstage dieser-
wegen was proponiren lassen wollten, hätten Sie Sich Sr. Ch. Gn.
Votorum in einem und andern Collegio zu versichern.
Wegen der Stadt Cöln, ob dieselbe genugsam versehen, hielten
S. Ch. Gn. davor, dass sie ausser Gefahr, und sich niemand an die-
selbe machen würde. S. Ch. Gn. hätten zwar ohnlängst vorschlagen
lassen, dass die gewesene H. Mediatores auch einige Mannschaft darin
legen sollten. Sie wären aber auf andere Gedanken kommen, und
wenn es ja noch geschehen sollte, müsste die Stadt darum anhalten
und solche Völker verpflegen. S. Ch. Gn. hätten genug zu thun, dass
Sie Ihre Plätze besetzten. — Von dem Bischof von Strassburg kam
en discourant vor, dass er wol gerne Coadjutor des Erzstifts Cöln wäre.
Unter ferneren Beteuernngen mahnt der Kanzler nochmals, Kf. möchte
doch in die obenerwähnte Allianz eintreten nnd auch die Braunschweigi-
Bchen Häuser zum Beitritt veranlassen. „Es würde zu vielem dienen, und
man könnte desto besser und öfter zusammenkommen und -schicken.^' Auch
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Marenholtzs zweite Sendang an Kurmainz. 161
möchte Kf. dem, wenngleich schon lange währenden, Reichstage noch
ein wenig nachsehen und za seiner Aaflösung keine Ursache geben, ehe
naan wüsste, was der Sommer offenbaren würde. Die Auffofderung zu fer-
nerer schriftlicher Verbindung nimmt der Kanzler mit Dank an, wobei das
Secretnm gewahrt bleiben solle.
Mr. de Gravel, der Bruder des Regensburgischen Gesandten, am
Hofe zu Mainz Königl. Französischer Resident, soll sehr fleissig nachgefragt
haben, ob bei Sr. Ghurf. Gn. etwas negotiirt worden; er wird aber wol
nichts erfahren; denn soviel Marenholtz in dieser kurzen Zeit hat merken
können, sind die Mainzischen Minister nicht gerade gut französisch gesonnen.
Morgen reist er direct nach Halberstadt und wird von da dem Kur-
fürsten zu Berlin aufwarten.
Anlagen.
Gopie de Tinstrnction donn^e de la part du Roy trös chrestien a
Sieur Heiss, s'en allant vers son Altesse Electorale de Mayence. o. D.
Resolution que Son Altesse Electorale a ?onln donner par escrit an
Sieur Heiss, s'en retonrnant ä la Cour de France, sur Textraict de son
instruction. o. D.
[Kaiserliche] Antwort auf das von dem Herrn Churmainzischen Ab-
geordneten wegen der Krone Frankreich beschehenes Anbringen, o. D.
Den wesentlichen Inhalt aller drei ergab die vorstehende Relation.
b. V. Marenholtzs zweite Sendung.
Instruction Dat. Coelln a. Sp. 26. April 1672.
Conc. V. Somnitz.
Der Gesandte soll wie bei seiner ersten Sendung „keinen Gharacter 6. Mai.
prätendiren^. Die vertraulichen Aeusserungen KMainz's veranlassen wei-
teren Austausch über die zu treffenden Sicherheitsmassregeln.
,,Weil nnnmehro Reichs- ja weltkundig, wie dass fremde Armeen auf
des Römischen Reiches Boden geiühret, damit desselben Frontierstädte, wie
auch im Reich belegene Oerter besetzet und fortificiret, auch Gitadellen
darin gebanet, die beste Mannschaft für Fremde weggeworben und denen-
selbeu zugefübret, ja wann Ohur- und Fürsten etwa znsamra'enkämen, auf
dieselben sofort ein Argwohn geworfen, auch wider Dero Verfassungen,
wann sie einige fürnehmen sollten, bedräuliche Reden ungescheut geführet
und ausgeschüttet, auch wann einige Ghurfürsten am Rhein wegen ihrer
Befugnis auf selbigen Strom Erinnerung thäten, damit übel abgewiesen
würden: so stelleten Wir Sr. Ld. zu bedenken, was dahero ins künftige und
wol in kurzem zu gewarten, und ob demnach den Dingen also zuzusehen,
Mater, s. Gescb. d. G. Kurfursteu. XIII. 11
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162 I- Zqc Vorgeschichte des deatsch-französischen Krieges. 1671. 1072.
oder aber Dicht viel mehr^ bei Ihr. Kaiserl. M. die nötigen Massregeln
n. t». w. zum Schatz und zur Gewährleistong des Friedens anzuordnen seien.
^Wir hätten sonsten nicht unterlassen zn erwägen, ob und welcherge-
stalt durch die Alliance, so die Rom. Kais. Maj. mit einigen Chur- and
Fürsten aufgerichtet, den Sachen gerathen sein möchte. Es wäre aber
offenbar, dass die Hülfe, so darin versprochen, fast geringe, und die Er-
höhung von einigen AUiirten nicht leicht zu Tennuthen. So wollten anch
Viele zu des Bischofs von Münster Ld. ein schlechtes Vertrauen setzen
und dafür halten, dass die AUiirten ehe was Widriges als einige Hülfe
zu gewarten. Einige Alliirte, so am Rheinstrom belegen, wären dergestalt
unter fremder Macht begriffen, dass sie für ihr Vaterland nichts thun dürf-
ten oder könnten. Bei einigen anderen würde noch 2ur Zeit keine Ver-
fassung oder Aubtalt dazu verspüret. Wenn aber dennoch I. Kais. Maj.,
wie Wir von dem anhero gesandten Reichshofrath, dem Baron deGoes')
vernehmen, darauf^ bestünden, dass Wir mit darin treten möchten, so wären
Wir auch hierin I. Raserl. M. Satisfaclion zu geben nicht ungeneigt; allein
wäre offenbar, dass ein so langsam und schwaches Mittel dem vor der Thür
stehenden grossen Unheil nicht steuern könnte, und wäre also nun so viel
desto mehr dahin zu gedenken, wie zu der Sache besser und schleuniger ge-
rathen werden möchte. Wir wären I. Ld. hochverbunden, Dero rechtmässi-
gen Sentiments wegen, da Sie dafür gehalten, dass wann Unsere Clevischen
Lande von auswärtiger Gewalt sollten angegriffen werden, das Reich schul-
dig und verbunden wäre, selbige zu retten und zn vertheidigen. Nun wäre
es an dem, dass solche Oerter in grosser Gefahr, attaqniret zu werden,
stünden. Wir müssen anch vernehmen, dass einige Uns zustehende Plätze
von fremden hohen Officirern recognosciret, und Churcölnische Ministri sich
vernehmen lassen, dass Seine des Ghurfiirsteu von CölnLd. eine alte
Praetension auf die Lippstadt hätten, die doch ganz unbegründet ist. Wann
nun bei solcher Bewandtnis sothane Unsere Plätze und Ijande in kurzem
überfallen werden sollten, das doch Gott verhüte, so könnten Wir nicht ab-
sehen, wie Wir der Assistenz vom Reiche, so I. Ld für billig erkannt, und
zumalen zu rechter Zeit, zu gewarten hätten.^ Nochmaliges Ersuchen, „die
Verfassung** zu befördern.
Zu Regensburg in particulari einzukomroen ist überflüssig und unzweck-
mässig. Die Stadt Co In schwebt in grösserer Gefahr als früher. Die
einliegenden Truppen sind teils Kurcöln teils Münster zuständig: es ist
leicht ersichtlich, was von deren Defension zu halten sei.
Der Gesandte soll des Kanzlers Gedanken über eine Particular-Allianz
mit den Generalstaaten sondiren. Am Eaiserhofe ist man nicht der Ansicht,
dasB diese dem Friedensinstrument zuwider läuft; „worin denn auch aus-
drücklich enthalten, dass singulis Statibus zugelassen sein sollte, nach dem
einmal zwischen Frankreich und Spanien getroffenen Frieden, einer oder
anderen Krone zu assistiren^.
*) Siehe unten S. 172.
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KMaiDZ in Yerlegeoheit gegenüber der drohenden Gefahr. 163
Aaf Wunsch des Earfürst-Erzbiscbofs von Trier soll v. M.
aoch mit den Trierischen Delegirten am Reichstage verhandeln. Der Erz-
bischof ^) hat wegen der bedrohlichen Haltung der Französischen Alliirten,
^die sich in auswärtige Händel mischten und seinem Stift grosse Ungelegen-
heiten zuzögen^, ein Schreiben an den Rf. gerichtet.
C. A. von MarenhoH^ an den Kurfttrsten. Dat Würzburg
6./16. Mai 1672.
[Empfang und Audienz. Des Kanzlers Verlegenheit gegenüber der drohenden
Qefahr. Französische Resolation. Gerächte aus Paris. Bescheid auf die ein-
zelnen Materien der Marenholtz'schen Instruction.]
Der Kanzler steht im Begriff, mit dem gesamten Hofstaat ins Erzstift 16. Mai.
abzureisen^ hat ihn aber nichtsdestoweniger gleich nach seiner gestern Mit-
tag erfolgten Ankunft empfangen. — Die Ablegung der Cnrialien wie bei
der ersten Gesandtschaft.
Der Kanzler erbietet sich, Schreiben in dem vom Kf. vorgeschlagenen
Sinne, absonderlich an den Kais er, abgehen zu lassen; er wird auch ^seinem
Directori zu Regensburg befehlen, den Gesandten am Reichstage
die vor Augen stehende Gefahr auf das beweglichste zu repraesentiren und
die Ausmachung des Puncti securitatis angelegentlichst zu befördern^. Es
wäre recht und billig, dass das Reich dem Kurfürsten von Brandenburg bei
einem Anfall auf seine Clevischen Lande Beistand leiste. Aber wie wolle
man einer Macht von 180 000 Mann, wie der französischen, widerstehn? Er
wisse nicht, was zu thun sei. Wegen seiner Länder schwebe er in nicht
geringerer Gefahr als Kf.
V. Schönborn hat neulich die Antwort vom Französischen Hofe
gebracht*). L Kon. M. wollten das Reich weder in genere noch in
Bpeeie (wie diese Art zu reden gebrauchet worden) nicht attaquiren,
stünde aber dahin, was hierunter zu trauen. Und als S. Ghurf. 6n.
nochmaln eine Mediation zwischen L K. M. und dem Bstat offeriret,
hätte man geantwortet, es wäre nunmehr zu lang gewartet: L M.
kannten auch vermöge des Foederis, so Sie mit England aufgerichtet,
den Lauf Ihrer Waffen nicht sistiren und hemmen lassen.
Redereien bezüglich Wesels. Deir König habe Absichten auf diese
Stadt, von denen wol v. Crockow gemeldet haben würde»): „er könne keinen
Feind auf dem Rücken leiden. Ewrer Ch, D. sollte ja lieb sein, dass Sie den
Platz wieder zu Ihrer Devotion und in Ihre Gewalt kriegten^ zumalen I. M.
denselben nach der Eroberung Ewrer Ch. D. alsobald übergeben wollten..."
^) Carl Caspar 70D der Leyen (1652-1676). Das Schreiben d.d.
3. April 1672.
») Oben S. 160.
^ Oben 8. 66. 66.
11*
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164 I- Zar Vorgeschichte des deutscb-französischen Krieges. 1671. 1G72.
S. Churf. Gn. vernähmen auch sehr geiii, dass Ew. Ch. D. in
die ProviBional-AlIianz zu treten nicht ungeneiget. Von den Conditionen
und, wie das Quantum zu erhöhen, würde zu reden sein, und mQsste
man dieser wegei^ zusammenkommen. Ihres Theils wären Sie mit
der Mannschaft, so Sie zu stellen versprochen, allemal bereit. Sonst
müssten sie wol gestehen, ktlnnten es auch Ewrer Ch. D. nur schrei-
ben, dass Sie dem Bischof von Münster selbst nicht traueten und
nicht wüssten, was man sich zu ihm zu versehen.
Die PraetensioD der KaroölDiscben auf Lippstadt findet der Kanzler über
die Massen befremdlich. Prinz Wilhelm von Fürstenberg, der neu-
lich hier gewesen, habe sich davon nicht das Geringste merken lassen.
»^Dergleichen Sachen, nnd wenn ein Stand des Reichs auf den anderen ja
was zu sprechen, müsse gerichtlich nnd nicht dnrch die Waffen ansgemachet
werden.'' Die Stadt Cöln hält EMainz für ausser Gefahr. Wollte man
jetzt noch Völker hineinlegen, so „würde es viel zn thau und grosse Om-
brage geben, ja wenn es die Stadt nicht selbst suchete, könnte es in der
Gemeine gar einen Anf stand erwecken^.
Ich nahm auch Gelegenheit bei S. Churf. Gn. zu sondiren, wohin
Dero Gedanken wegen der Particulier-Alliirung mit den Staaten giengen,
ob Sie nicht vermeineten, dass solche dem Instrumento Pacis, nicht
zuwider? S. Churf. Gn. aber wollten weder ja noch nein sagen,
und als ich vorstellete, es wäre gleichwol in dem Friedensinstrument
enthalten, dass dergleichen singulis Statibus zugelassen sein sollte,
antworteten S. Churf. Gn., dass dieser Passus bekannt und Einige
denselben vor Sich anzögen; Andere aber allegirten hingegen einen
anderen § aus dem Instr. Pac, nämlich: et ut eo sincerior etc. ..;
stünde also dahin, welcher recht hätte.
Mit der Reise ins Erzstift eilt es; der französische Resident Gravel
fährt mit. Mareuholtz hat demnach nichts mehr zu verrichten. — Zaletzt
bat der Kanzler noch geäussert, man müsse unbedingt eine Mediation zwi-
schen Frankreich und Holland durchsetzen nnd dürfe Holland nicht ver-
lassen.
Kurfürst Johann Philipp von Mainz an den Kurfürsten.
Dat. St. Martinsburg in Unserer Stadt Mainz, 20. Juni 1672.
[Das französiflch-schwedische Bündnis ist durch Arenten übermittelt worden.
Des Kanzlers Ansicht davon.]
20. Juni. Bezieht sich anf ein Schreiben des Kurfürsten vom 28. Mai, welches
von dem Anbringen des Schwedischen Bnvojös Hermann Wolfrath,
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M.arenholtzs dritte Sendung an Kurmainz. Ii65
betreffend das zwischen Schweden und Frankreich abgeschlossene Bündnis,
und von der mit den brandenburgischen Räten abgehaltenen Conferenz be-
richtete. Aach in Mainz ist ein Schwedischer Abgeordneter, Rat Johann
Arenten, erschienen und hat gleichmässige Communication gethan. Der
Kanzler findet das Bündnis sehr wichtig, auf eine Interpretation des In-
stmmenti Pacis biuanslaafend ; wogegen die Krone Schweden höchlich con-
testirt hat, dass es darauf abziele, neben der Erhaltung des Westphälischen
Friedens das in den Niederlanden bestehende Kriegsfeuer „durch eine güt-
liche Interposition, dass es nicht weiter um sich greife und die Nachbar-
schaft mit inficire, zu dämpfen". KMainz verspricht, sich beim Reichstage
den nunmehr aufzustellenden Propositionen für die Beilegung des Nieder-
ländischen Krieges nicht zu verschliessen ^).
c. y. MarenholtzB dritte Sendung.
Instruction. Dat. Coelln a. Sp. 25. Juni 1672.
Conc. V. Somnitz.
Der Gesandte erscheint „ohne Character" wie das letzte Mal. Als 5. Juli.
Beweggrund dieser erneuerten Abschicknng dient, dass „nach der Zeit die
Sachen in einen viel gefährlicheren Zustand gerathen. Wir aber doch nicht
yernähmeu , dass auf dem jetzigen Reichsconvent darauf reflectiret, noch
dass der gemeinen Ruhe wegen und zu Erhaltung derselben etwas gethan
würde*'.
Ganz besonderen Anlass aber geben die Proceduren im Clevischen') —
als worinnen der König von Frankreich verachiedene Plätze, die
auch zum Theil mit Staatischer Garnison nicht besetzt gewesen, be-
sondern durch Unsere eigene Soldaten (wie in Emmerich geschehen)
verwahret worden, occupiret, die Einwohner in Eidesgelübde genom-
men, auch wol andere Diener als Zöllner angestellet. Wie dann Sr.
Ld. auch nicht unbekannt sein könnte, wie der Flecken Lobith am
Rhein, auch sonsten verschiedene im Lande gelegene Höfe und
Häuser in Brand gesetzet, die Bürger in den eingenommenen Städten
gebrandschätzet und zur Redemption ihres von allerlei Metall ge-
machten Hausgeräthes gezwungen, und sonsten überall das Land
übel zugerichtet und Männiglichen ein grosser Schaden zugefüget und
*) Anbei folgt das ProtocoU der Verhandlungen mit dem Schwedischen Ge-
sandten Johann Arenten. Dat. Mainz, Lnnae 24. Mai 1672.
^) Die Gapitnlation der Stromfestungen des linken Ufers war in den ersten
Janitagen erfolgt (vgl. den Bericht Blaspeils oben S. 132); aaf der rechten
Rheinaeite war die Arm^e Conde's erobernd vorgedrungen
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166 I. Zur Yorgeachichte des deutsch-französischen Krieges. 1671. 1672.
um seine zeitliche Wolfahrt gebracht. Wie dann auch die in besagten
Landen vorlängst von Unseren Vorfahren, denen Herzogen von Cleve,
zu Orsoy, wie auch denen Spanischen Völkern und Unseren eigenen
Unterthanen anderweit gemachte Fortificationes ohne einige Rück-
sprache demoliret worden. Wir erinnerten Uns wol, wie 1. Ld. solche
Dinge schon längst, ehe sie passiret, fQr Infractiones des Westphäiischen
Friedens geachtet, und zu aller guten Assistenz sich willfährig, wie
auch noch neulich durch den v. Crockow') erboten.
Der Gesandte soll KMainz's Assistenz nachsocheo nnd in Erfabrang
bringen , ob für den Kf. auf Schadenersatz zo hoffen, und wie dem Brach
des Westfälischen Friedens vorzubeugen sei; wobei von einem Memorial an
die Reichsstände die Rede ist. Der Kaiser hat gegen den Fürsten von
Anhalt Förderung des Werkes versprochen, dazu jedoch die Assistenz der
übrigen Reichsstände requirirt. Diese betont auch Ef., „damit nicht dem
Reiche dasjenige widerfahren möchte, was den Vereinigten Niederlanden
geschehenes
Sollten I. Ld. zu einigen Particularverfassungen rathen als mit
dem Kaiser und anderen, so hat Marenholtz zu erwähnen, wie man bei
Niemand von denenjenigen, die fttr die gemeine Ruhe sorgeten, einige
Verfassung spUrete, die doch nöthig wäre, wann ja einige Zusammen-
thuung geschehen sollte, und dahero auch bei diesem Punct zu bitten,
dass I. Ld. ftlrschlagen möchten, welchergestalt solche Verfassung zu
befördern. Klagen über die lässige Haltung des Reichstages.
Hiernächst hat er auch zu vernehmen, wohin L Ld. Gedanken
wegen der Stadt Cöln giengen? und ob nicht zu befahren, dass sie
einen Anstoss noch vor Winters, wann die Sachen (wie zu befahren)
im Niederlande gethan sein möchten, leiden dürfte? Und ob nicht
nöthig, dass man dahero bei Zeiten darauf gedächte, wie besagte
Stadt mit mehr Garnison und aller Nothdurft versehen werden
möchte? Es hätte zwar der Westphälische Kreis längst dafür ge-
sorget, und möchte auch wol dazu gute Anstalt gemacht sein, wann
der Bischof von Münster die zu dem Ende angesetzte Tagfahrten
nicht gehindert hätte oder ohne einige Ursache rückgängig werden
lassen. Und weil nunmehro am Tage, in was ftlr einen Zustand es
mit ihm gekommen, so wäre keine Hoffnung übrig, dass die Kreis-
conventus angestellet, oder dass in diesem Puncto auf selbigen etwas
^) Auf seiner Rückreise vom französischen Hofe war Cr. vom Karfürsten
von Mainz empfangen worden.
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ErbietoDgeo des Kaozlere. 167
Erspriessliches möchte verhandelt werden. Würde demnach auf andere
Wege f&r der Stadt Sicherheit zu sorgen sein.
^So hat er auch von I. Ld. zq vernehmen, was für Sentimente Sie über
Char-Cöln nnd des Bischofs von Münster Actiones führen, und wie
Sie vermeinen, dass, nachdem sie durch ihre Völker zu Unserer Lande Rnin
geholfen, Wir von denselben Satisfaction deswegen erlangen möchten''.
Nach seiner Gesandtschaft verfügt sich M. wieder nach RegensbnrgO
Unter dem Datum der Instruction rescribirt KL an v. Marenboltz, dass 5. Juli,
er „sich sofort, jedoch ohne gross Aufsehen, auf den Weg nach Würzburg
zu begeben habe^.
d. d. Regensburg 4. Jnli 1872 antwortet v. Marenholtz: er werde 14. Jali.
sich noch heute auf die Reise machen.
V. Marenholtz an den Kurfürsten. Dat. Würzburg
8./18. Juli 1672.
[K Mainz' geneigte Aensserungeo. Brande obargiBcbee Memorial an die Reichs-
etände. Coln. KMainzisches Truppenquantam. Schoenborn nach Paris. Ein-
zelne Reichs färsten. Qravel. Gremonville.
Empfang bei S. Churf. 6n., „welche vor wenig Tagen wieder anhero lö.Jali.
kommen und noch vom Podagra incommodiret sein". Sie danken für die
weiter gepflogene vertrauliche Correspondenz , beklagen, dass in Puncto
secnritatis zu Regensburg nichts verrichtet; G,nicht einmal geredet, viel
weniger deliberiret") werde, nnd äussern Ihr höchstes Befremden über das
Vorgehen der Franzosen im Glevischen, „welches ja wider alle Sincera-
tiones, welche der König von Frankreich gethan.^' — „Man müsste cansam
comrounem daraus machen'^ Entschädigung des Knrfürsten halten Sie für
recht und billig; wer sie freilich geben soll, ob sie von Frankreich, Göln
oder Münster zu fordern sei, das wollten Sie nicht decidiren. Einen An-
trag des Kurfürsten beim Reichstage sähen Sie gerne, wollten ihn durch
Ihr Yotnm anfs beste unterstützen.
Ich nahm daher Gelegenheit, das Concept des Memorials'), welches
Ew. Ch. D. an die Stände des Reichs wollen abgehen lassen, Sr. Churf.
6n. zu tibergeben mit der Anzeige, dass Ew. Gh. D. zu sonderbaren
Gefallen gereichen würde, wenn S. Ghurf. 6n. einige Erinnerung
dabei thun wollten, auch daneben den jetzigen Zustand sowol im Reich
als S. Ghurf. D. Landen Ihrer Kais. M. in einem beweglichen Schrei-
Greditif vom gleichen Datam wie die Instruction.
*) Ueber dasselbe s. die Einleitung IL
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168 I. Zar Vorgeschichte des deutsch-frauzosischen Krieges. 1G71. 1672.
ben repraesentiren. S. Churf. 6n. lasen besagtes Memorial mit son-
derlicher Attention, sagten, dass es gut eingerichtet, wussten nichts
dabei zu erinnern, und wäre wol gethan, dass Ew. Ch. D. von
dem holländischen Wesen abstrahiret und nur Ihre Angelegenheiten
und, was Dero Land und Leuten widerfahren, vorstelleten. Sie
wollten alles, wie Ew. Ch. D. es verlangen künnten, mit Ihren Votis
secundiren, auch an Kais. M., wie begehret worden, schreiben und,
damit Ew. Ch. D. es selbst lesen möchten, solches Schreiben sub
sigillo volante (wie Sie denn auch gethan und dasselbe hierbei kommt)
mir zustellen, Ew. Ch. D. anheim gebend, wann Sie es an Kaiser).
M. schicken wollten.
Mit CöId hat es seine grossen Schwierigkeiten. Mehr Völker hinein*
zalegen würde Aufsehen machen, „und der gemeine Mann würde dasselbe
nicht leicht nachgeben, viel weniger solche bezahlen wollen. Sr. Churf. 6n.
fielen Ihre Garnisonen schwer genug zu unterhalten, müssten allezeit auf
der Hut stehen, und wäre die Situation derer Erz- und Stifter bekannt.
Vermeineten, man kunnte mit gedachter Stadt es ansehen und dem Ver-
gleich, welcher mit Kurcöln getroffen, trauen. Der Pöbel wäre wunderlich."
Für eine Piirticularallianz erbietet sich Kurmainz zu einem Simplum
von 2000 M. zu Fuss und 500 M. zu Boss, will bich aber noch mit einem
grösseren Quantum gefasst halten. — Der König yonFrankreich hat die
Qebnrt eines jungen Prinzen angezeigt. In Folge dessen soll Hofmarschall
V. Schönborn nach Paris gehen und dabei einiges sondiren. — Mit dem
Bischof von Münster unterhält der Kanzler keine Correspondenz. — Man
▼ermutet, dass der König von Frankreich sich mit dem Kurfürsten von
Trier wegen des Zolls verglichen habe und diesem Kurfürsten jährlich
6000 Rtblr. zahle. — Der Kaiserliche Envoy^ v. Meier sberg logirt noch
auf dem Schlosse, wird aber nächstens in die Stadt ziehen und ,, wegen
Ihrer Kaiserlichen Maj.^' am Hofe bleiben. — Oravel soll sehr fleissig
nachgefragt haben^ was Marenholtz angebracht habe.
,,Es ging eben ein Courier von Wien hierdurch, welchen der Gr6mon-
ville an seinen König abgefertiget , und sich beschwerete, dass an etz-
liehen Orten daselbst angeschlagen worden, er der Gr6monviile wäre
derjenige, welcher die Unruhe in Ungarn und Polen anrichtete, man sollte
ihn mit Steinen zu Tode werfen*). Oberwähnter Französischer Resident
hätte dieses Sr. Churf. Gn. mit sonderlicher Esmotion erzählet, auch da-
neben gedacht^ es wäre nunmehr genugsam bekannt; dass I. Kais. M. mit
seinem Könige brechen würden".
Das Memorial an die Reichsstände kommt nebst der Instruction zurück.
25. Juli. d. d. Coelln a. Sp. 15. Juli 1672 übersendet Kf. an v. Marenholtz
V *) Vgl. dazu unten die Relation Anhalts d. d. Wien 10. Juli 1672.
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Grandloses Gerücht von einem Abkommen des Kf. mit Frankreich. Iß9
seine Antwort an KMainz, ,,ob hätten Wir mit Frankreich einige Pacta,
das jetzige Unwesen belangend, aufgerichtet^^').
Anlage.
Der Kurfürst an den Kurfttrsten Johann Philipp von Mainz.
Dat. Coelln a. Sp. 15. Juli 1672. Conc. v. Somnitz.
Kf. tritt dem Gerücht entgegen, als habe er mit Frankreich etwas Be- 25. Jali.
stimmtes abgeschlossen. Dem Kanzler wären seine Consilia bekannt. Er
habe einerseits der Krone Frankreich keinen gegründeten Anlass zur Offensive
gegeben; andererseits sei selbst die notwendige Beschwerde über die
Drangsale im Clevischen so abzufassen, dass nichts darein gesetzt werde,
was zu einer begründeten Qegenbeschwerde dienen könnte. Obgleich seine
Clevischen Lande dem Feuer am nächsten, auch endlich zuerst davon er-
griffen worden wären , so gienge die Sache nicht ihn allein sondern das
ganze Reich an
dahero Uns nicht gebflren wollte, in einer gemeinen Sache fttr
Uns einigen Traetat einzugehen und zu schliessen, allermassen alle
diejenige, so die Kon. M. zu Frankreich an Uns gesandt, mit solcher
Erklärung versehen und von Uns dimittiret worden. Solchem nach
versichern Wir Uns, Ew. Ld. . . . werden Uns niclit allein nichts Un-
gleiches beimessen, sondern auch in Vertrauen eröffnen, woher die
oberwähnete Nachrede Deroselben von Uns zugekommen.
Kurfürst Johann Philipp von Mainz an den Kurfürsten.
Dat. Schloss Marienberg ob Würzburg, 10. August 1672.
[Klärt den Sachverhalt auf.]
Bekennt, dass ihm von einem Fact zwischen Kf. und der Krone Frank- 10. Aug.
reich nichts zu Ohren gekommen sei. „Allein dieses ist von einer gewissen
und Ew. D. Selbsten bekannten Person vorbracht worden, ob hätte selbige
ein eigenhändiges von der Frau Landgräfin zu Cassel Ld. an des
H%rrn Landgrafen E.rnstenszu Hessen-Rheinfels Ld. abgangenes
Schreiben gesehen und gelesen, darin Sie der Frau Landgräfin Ld. in ver-
traulicher Wolmeinung avisirt hätte, wasmassen £. Ld. sich nunmehr auf
des Königs französische Gesinuen für neutral und, sich in das hoUändische
Wesen keineswegs zu mischen, erklärt hätten, welches Uns dann aus der
Der Befehl an den Gesandten, über das Ergebnis der Unterrednog mit
dem Kanzler (nach Inhalt der Anlage) za berichten, erledigte sich darch das fol-
gende Schreiben des Kanzlers.
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170 I- Zur Vorgeschichte des deatsch-fransoBischen Krieges. 1671. 1672.
Ursachen sonderbar angenehm zn hören gewest, weil Wir der gänzlichen
Hoffnung gelebet, es würde Deroselben von Seiten Frankreichs bereits alle
verlangende Vergnügung gegeben worden sein.**
Im übrigen bezieht er sich auf Marenholtzs Gesandtschaft und die
Kurmainzischen Zusichernugen beim Regensburger Reichstage, die Resti-
tution der Glevischen Plätze und Indemnisation des erlittenen Schadens
betreffend.
d. Verhandlungen mit Eursachsen.
Der Kurfürst an den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen.
Dat Coelln a. Sp. 4. Februar 16720-
[Der Vorschlag eines ZnaammeDschlasses der beiden Kreise ist abzuweisen. Cf.
entscheidet sich vielmehr mit E Mainz sustimmend für das Bünduis einzelner
Reichsstaude. Dissens in der Wahicapitulationsfrage zwischen den beiden CoN
legieo. An die Gesandten Frankreichs und Hollands noch nichts resolvirt]
14. Febr. Dank für den Bescheid an die Abgesandten. Ef. giebt sein Urteil über
die Dresdener Propositionen ab. Die erste^ „ob eine Zusammensetzung der
beiden Ereise zu befördern^ scheint an sich practicabel; aber bei der Art
wie es auf den Ereis Versammlungen hergehe, wird davon nicht viel zu
hoffen sein. Zeit und Kosten wird man erfolglos verlieren. — üebrigens
möchte es nicht nndienlich sein, dass der Eurfürst von Sachsen alle wich-
tigeren Plätze im Obersächsischen Ereise gut in Aufsicht nehmen liesse,
ob sich etwa fremde Völker dort einlagerten: für den Niedersächsischen
verspreche er selbst, die gleiche Anmahnnng thun.
Dagegen stimmt Ef. dem zweiten Vorschlage: „wenn einige nahe An-
gesessene sich vereinigten, wozu dann das von Chur^Mainz ins Mittel ge-
brachte Foedus nicht undienlich sein möchte**, billig bei; nur möge das
Büudnis so eingerichtet werden, „dass die darin mentionirte Hülfe dem
gegenwärtigen Zustande proportionirlich gemachet würde^. Seine, die
brandenburgische, Antwort auf diese Mainzische Allianz folgt anbei').
1) Ans Aolass der i,gefährlicfaeD Coojanotnreo* war im Jannar voo Seiten
K Brandenburgs eine Abschickncg nach Dresden erfolgt, nod zwar die des Frei-
herrn Otto von Schwerin d. J. und des Kammergerichtsrats Hasso Adam
von Wedeil. (lostr. u. Nebeoinstr. d. d. Goelln a. Sp. 3. Januar u. 6. Jan.)
Man hatte jedoch nichts Bestimmtes vereinbart. Von K Sachsen war nur
ein engerer Zusammenschluss der beiden in Frage kommenden Kreise, des Ober-
und NiedersächsischeD, vorgeschlagen und dabei der Vermitteluug von K Mainz
gedacht worden. Auf beides bezieht sich das obige Schreiben. (Die auf dieser
Gesandtschaft verhandelte Zerbster Beligionssache gebort nicht in diesen Zu-
sammenhang).
^ Schreiben des Kf. an Kurmai dz d. d. 22. November/ 2. Dezember 1671
auf die Mitteilung des Marienburger Bündnisses.
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Vorschlage vod Seiten K Sachsens. 171
„Sonsien wollen Wir nicht hoffen, dass einige von den Fürsten, welche
sich gegen das Ghnrfürstliche Collegium in po. Capitnlationis bisher so hart
bezeiget, hierunter sich widrig erweisen werden^ weil sie ja wol sehen, dass
dieses die allgemeine Sicherheit and Wolfahrt des Reichs betriffti und ob-
besagter pnnctns Capitnlationis dennoch wol ansgemacbet werden kann^.
^Was Char-Mainzens Ld. wegen jetzt berührten Pnncti Capitnlationis
an Uns geschrieben, nud wie es fast scheinet, dass Sie dem Fürstlichen
Collegio beipflichten wollen, als wäre Ihre Intention in Instrnm. Pacis fnndiret,
solches sehen £w. Ld. gleichfalls ans beikommender Abschrift 0- ^^^ weil
dieses die Praeeminenz des Ghnrfürstlichen Collegii hauptsächlich concerairet,
und Wir Uns dann erinnern, wie tapfer und rühmlich Ew. Ld. Sich allemal
die Maintenirung derselben angenommen, als verlangen Wir Dero Sentiment
hierüber zu yernehmen und wünschen Unseres Orts nichts mehr, denn dass
zwischen beiden hohen Collegiis gute Einigkeit und Vertrauen gestiftet
werden könne, halten auch dafür, dass von selten der Herren Ghnrfürsten
albereit soviel nachgegeben, dass das Fürstliche Collegium sich daran wol
vergnügen könne. Denn wie dasselbe sich schon erboten, dass bei künftiger
Wahl eines Römischen Kaisers nichts adcapituliret werden sollte, so dieser
perpetaae Capitulationi entgegenliefe, also sehen Wir nicht, wie von den
Fürsten mit Fug begehret werden könne, dass sie nicht über dem in Kraft
habenden Juri capitulandi dasjenige, was sie zu des Reichs Wolfahrt zu-
träglich ermessen, ohne dass solches auf einem ganzen Reichstag geschehen
müsse, beobachten mögen. Jedoch wollen Wir auch hierüber Ew. D. Ge-
danken und Meinung in hergebrachtem Vertrauen vernehmon und mit Dero-
selben Uns gerne conformiren*.
P. S. Wird dem Kurfürsten, wenn es soweit ist, gern Nachricht erteilen —
was mit denen Französischen and Holländischen*) Gesandten
alhier tractiret wird. Wir versichern aber Ew. Ld., gleichwie die
Sache von grosser Wichtigkeit ist, also Wir Uns bis auf diese Stunde
KU nichts resolviren können, sondern nur die fttrgewesene Gonferentien
dahin richten lassen, ob die eingeriBsene Missverstände und Streitig-
keiten nicht durch gütliche Wege entschieden und der besorgende
gefährliche Krieg verhütet werden könne. Zu dem Ende Wir dann
Unsere Interposition anerbieten lassen, stellen auch Ew. Ld. freund-
brüderlich anheim, ob Sie nicht zu Erhaltung allgemeinen Friedens
dergleichen thun wollen.
Schreiben des Karfürsten von Mainz d. d. 20. Januar 1B72. Den luhalt
ergiebt die obige AuslassiiDg.
*) St. G^ran and Amerongen. Eiol. S. 10.
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172 1- Zar Vorgeschichte des deatech-fransösischen Krieges. 1671. 1672.
Kurfllrst Johann Georg von Sachsen an den Kurfürsten.
Dat. Dresden, 26. Febr. 1672. Eigenhändig^- •
[Erwartete Ankaoft des Frhro. v. Goes. Welches Verhalten gegen Holland za
beobachten.]
T.März. ^Ich habe aus £w. L. vom 2J. Februar au mich gethanes Scbreibeu^)
verstanden, dass bei £w. L. der Baron de Goes') ehstens mit Kaiser-
licher Commission anlangen wird, und befinde mit Ew. L. vor rathsam^ dass
die Anfsetzung des bewussten Schreibens und AbschickuDg so lange ^ bis
er sein Anbringen abgeleget, zurückzuhalten. Ich verho£fe auch iamittels
von Ihrer Maj. Intention mehr Nachricht zu bekommen, welches ich [in]
hergebrachtem Vertrauen communicireo werde^^
Durch den Krieg, so mit Holland angefangen werden will, dürfte
dem Reich grosses Nachtheil verursachet werden, und höchst nöthig,
mit £. L. wachsam zu sein; und will ich nicht unterlassen wa^ der
Sachen Notdurft erfordert mit E. L. zu überlegen, und ist wol gefähr-
lich bei dem Anfange sich mit einer Partei zu engagiren, darmit man
nicht der Grossen Schwall aufen Hals bekommet. Jedoch sollte dem
Reich nicht vorträglich fallen, wann die Holländer übern Haufen
gingen oder einen Frieden, so dem Reiche nachtheilig, treffen möchten.
Kurfürst Johann Georg von Sachsen an den Kurftlrsten.
Dat. Wittenberg 8. März 1672,
[SchoeDborn nach Wien Ist einer ZasammeDschickuDg sämmtlicher Ereisstande
zum Zweck der Reichs securi tat abgeneigt Verhandlungen mit KGöln in Sacheu
Rheinbergs, und wie dieselben za erledigen seieu.J
18. März. I^er Kurfürst von Mainz sendet wegen „des von ihm ins Mittel ge-
brachten Verfassongswerkes'^ seinen Oberhofmarschall Freiherrn von
Schoenborn an den kaiserlichen Hof und verspricht über das Ergebnis
dieser Mission nähere Mitteilungen. Indessen hält d. Kurfürst v. Sachsen
den Vorschlag jetzt, bei veränderten Conjuncturen, nicht mehr für zweck-
dienlich; es möchte besser sein, dass jeder einzelne Stand „sich selbst in
Verfassung setze'' und seine Sicherheit wahrnehme, nötigenfalls dem
') Die willkürliche Orthographie des Origio. ist nicht beibehalten.
') Jedenfalls eigenhändig. Concept nicht vorhanden.
^) Der Kaiserliche Reichshofrat Frhr. Johann von Goes traf erst im
April in Berlin ein.
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loBtractioD für Berlepsch nach Dresdeo. 173
Nachbar mit bewaffneter Assistenz die Hand biete. Dergleichen öffent-
liche Zusammenkünfte sind „jetziger Zeit mit Nutz and Saccess kaum
practicirlich, indem solche nicht allein , wann sie von ihrer Vielen ge-
schehen sollen, ehe man sich deswegen mit einander vernommen, viel Zeit
zn erfordern nnd alles langsam darbei herzngehen, sondern anch bei den-
jenigen, so solche Conjunctiones nicht gerne sehen, ein unzeitiges Auf-
merken dadurch erwecket und deren Effect directe oder indirecte zu ver-
hindern nur mehrer Anlass gegeben zu werden pfleget''.
Als Abgesandter des Kaisers hat der Abt Otto von Banz über
die Rheinbergische Sache Eröffnung gethan. Der Kaiser lässt noch stets
durch seine Minister im Haag^) in dieser Angelegenheit verhandeln und hofft
auf gütliche Beilegung derselben. — Mit KurmaiDz hat der Kurfürst darüber
vertraulich coromunicirt und sich Kurcöln gegenüber sogar zur Förderung
erboten. Er unterbreitet dem Kf., an dessen Mitwirkung ihm gelegen, nun
die Frage, ob es nicht zuträglich sei, „dass an Chnr-Cöln ein Charfürst-
liches Collegial-Schreiben (darüber die zu Regensburg anwesende Gesandt-
schaften zu Gewinnung der Zeit mit ehistem zu instruiren) förderlichst ab-
gelassen würde".
Instruction für den Obristen und Schlosshauptmann zu Coelln
a. Sp. Otto Wilhelm von Berlepsch bei seiner Sendung an
den Kurfürsten von Sachsen. Dat. Potsdam 5. März 1672.
Conc. F. V. Jena.
Die Instr. weist den Gesandten an, den Kurfürsten zu bewegen, dasslö.März.
er sich im Hinblick auf die drohende Kriegsgefahr mit Kf. ins Einver-
nehmen setze, welcher auf ihn als „seinen nächst angesessenen und an-
grenzenden Churfürsten sein vornehmstes Absehen mit gerichtet^. K Sachsen
möge Zeit und Ort für eine Zusammenkunft der vertrauten Räte bestim-
men. — Femer liesse Kf. ersuchen, Kursacbsen möge bei dem Gesamt-
hause das Verbot der durch auswärtige Potentaten veranlassten Werbungen
vermitteln; „dabei er in Disenrs gleichsam vor sich zu erwähnen, welcher-
gestalt des Herrn Administrators zu Magdeburg Ld.') nicht nur Unsere
Werbungen im Magdeburgischen nicht gestatten, sondern auch einige Ge-
worbene weg- und abnehmen lassen^.
In beiden Puncten hat er auf „gewierige Erklärung^ zu sehen.
S. 179. Anm. 2.
*) August, Herzog zu Sachsen, des Kurfürsten Johann Georg jüngerer
Bruder, Administrator des Erzetifts Magdeburg.
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174 ^ Z<^c Vorgeschichte des deuUch-französischen Krieges. 1671. 1672.
Otto Wilhelm von Berlepsch an den Kurfürsten. Dat. Dtiben
9. März 1672.
[Der Karfürst 7on Sachsen beabsichtigt eioeD Besuch in Potsdam, ausserdem
Gonferens der beiderseitigen Bäte dringend erwünscht.]
19. März. In höchster Eil kann ich dieses wenige in antecessum unterth.
berichtcD, dass Gh. D. zu Sachsen, welche ich alhier zu Dflben an-
getroffen und Selbiger dasjenige, was Ew. Gh. D. mir gn. aufgetrageD,
gebührend vorgetragen, annoch gesonnen, Deroselben eine Visite zu
Potsdam zu geben, wollen Sich aber erstlich zu Leipzig, dahin Sie
diesen Moment fortgehen, eigentlich entschliessen, welches Tages Sie
daselbsten einzukommen vermeinen, und haben mir zu solchem Ende
anbefohlen, mit hinüber zu reisen. — Einer genaueren Zusammen-
setzung sind Sie buchst begierig und halten in Gonsideration der ge-
fährlichen obhandenen Conjuncturen alle Momenta, so desfalls retar-
diret würden, vor übel angewendet und gleichsam verloren, werden
Sich auch gleichergestalt zu Leipzig des Orts (dazu zwar obiter
Lübben in der Lausnitz in Vorschlag kommen) und der Zeit halber
entschliessen, auch zugleich Dero Bäthe nominiren, so Sie hierzu zu
employiren gedenken.
Zur Einstellung fremder Werbungen sind bereits die Anstalten getroffen.
Des Herrn Administratoris D. Proceduren wollten Sie nicht billi-
gen. Es hätte Ihr selbiger alleine notificiret, dass der älteste Prinz
Augustus, welcher sich itzo in Stockholm befttnde, ein Begiment zu
Pferde von Chur-Goln acceptiret, und solches mit Einrathen und Gut-
finden der Krön Schweden, worin S. Ghurf. D. Sich gar nicht finden
könnten. Es sollte auch der jüngste Prinz, so bei Derselben') zu Dres-
den, das Regiment zu Fuss bekommen, wozu er aber dato noch ge-
ringe Lust hätte.
Wegen Ghur Cöln sind Sie sehr perplex, hätten Sich dergleichen
nicht einbilden können. Der Herr von Amerongen sollte Derselben*)
zu Dresden sehr angenehm sein, und ihm alle Affection und Civilitact
erwiesen werden.
Weil ich die Gnade haben werde, zwischen hier und Leipzig mit
I. Ghurf. D. alleine in Dero Galless') zu sein, will ich mich äusserst
bemühen, ob Sie dahin condescendiren möchten, die Hallischen Wer-
bungen auf eine andere Art verhindern zu helfen.
^) Original: Dieselben.
^ Kalesche.
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Knrfnrst Johann Georg in Potsdam. 175
V. Berlepsch au den Kurfürsten. Dat. Treuenbrietzen
11. März 1672.
[Der Karfurs^ wird am 24 In Potsdam eintreffen. Werbeverbot an den
Administrator.]
Der Obermarscball wird bereits angezeigt haben, dass der Earfürst 21. März.
von Sachsen übermorgen, Mittwoch, bierselbsti Donnerstag darauf in
Potsdam eintreffen wird.
Gespräche mit dem Kurfürsten auf der Fahrt nach Leipzig. Das
Werbeverbot betreffend hat man in den Knrsächsischeu Landen wie im
Alteabargischen*) deswegen Patente angeheftet. Dem Administrator sind
die Werbungen auf das strengste untersagt. — ▼. Berlepsch schlägt vor,
bei der Zusammenkunft der beiden Kurfürsten das Werbeverbot auf den
ganzen Kreis auszudehnen, ^anch sonderlich die kreisverwandten Graf-
schaften und Städte als Stolberg, Schwarzbnrg, Gleichen, Qued-
linburg, Mühlhausen, Nordhausen, auch gar das Erfurtische, an
wetebem die meisten Werbungen vorgingen**, einzusohliessen.
Am li.^ März 1672. a. St. kommt Johann Oeorj^ in Potsdam an. Vom
15. datirt ein Handbillet') an Kf. mit Hervorhebung einiger Punkte: 25. März.
Es sei wol Acht zu haben, „dass man ja behutsam sei, Frankreich als
mächtigen Feind nicht zur Unzeit zu reizen, sondern viel als möglich mit
gotten zu erhalten, jedoch der Holländer Interesse in Obacht zu nehmen
und sie als einen Evangelischen Stand bedenken und in keinerlei Weise
aus den Augen zu setzen, hierbei sich auch bemühen, die drei Evangelisehen
Chronen England, Dänemark und Schweden auch zum wenigsten
als Mediatores zu gebrauchen.^
Kurfürst antwortet: „Die gedancken, so Ew. Ld. führen, sein sehr
vernunftig, undt were zu wünschen, dass man durch interposition der dreyen
Chronen Frankreich dahin bewegen kuntte, selbige anzunehmen. Ich kann
aber Ew. Ld. woll gewisslich versichern, das solches von Konige in Frank-
reich keinesweges wirdt angenommen werden, weill der Konig sich schon
dabin erkleret, dass er keine annehmen wolte noch wurde. Was Spanien
anlanget, so erfodert seines Staadts Sicherheit dass er Sich der Hellender
annehmen muss, kan aber doch nicht schaden Ihn unterderhandt undt in
geheim zu ancoragireu.*' (Eigenh. Conc. mit Beibehaltung d. Orthographie.)
') Jobann Qeorg war Vormund für den unmündigen Herzog Friedrich
Wilhelm (III).
») ürkk. Act. III, 252.
*) Die Orthographie ist nicht beibehalten. Ein ferneres Handbillet Johann
Georgs vom 16. lautet: ,Der angehängte Panct Spanien betreffend ist sehr
raisonnable;' er erachtet ihn auch für sehr nothwendig und wird ihn von Dres-
den aus ausführlicher beantworten; ebenso die Leipziger Conferenz betreffend.
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176
Zur Vorgeschichte des deatsch-fraozöBischen Krieges. 1671. 1672.
Der beiden Kurfürsten Gedanken. Entwurf. Beide Spalten
vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm eigenhändig'). Dat. Pots-
26. März. dam 16. März 1672.
Sachsen.
ChurSachs8en')Ld. consideriren
die gefahr sehr, undt veruieinen
das man sich mitt den anderen
eyangelischen setzen und selbige
mit darzu ziehen mochte, auff dass
man einhellig der Gefahr begege-
nen kuntte.
2.
Bey diessen punct vermeinen
Ch.Ss Ld. das man nicht zugeben
kQntte, das Hollandt untergedrackt
wurde, denn man verlöhre einen
grossen Stein äussern Brede.
3.
Ch.S.s gedancken sein hir-
von, das man behudtsam hirin
verfahren muste, auf das man
nicht bey Unzeitt selbige Chron
für den kop stosen, undt dadurch
verursachen, das der krieg ins
Reich gezogen wurde, begreifn
auch sehr woll dabey, dass wann
Hollandt über ein hauffen ge-
worfen wurde, nachmals ins Reich
gehen und Sein intent ausführen
wurde. Ch.S.s Ld. wollen Sich
von Ghur Brandenburg hirin nicht
separiren.
4.
Befindet Ch.S. hochnottig an
die gesantten nach Regensburg zu
Brandenburg.
Die grosse gefahr worin das
Romische Reich anitzo begriffen
zu remonstriren, undt wie man
selbiger bey Zeitten begegenen
kunne.
Wan Hollandt untergedruckt
wurde, was gefahr darauss den
Evangelischen zuwackssen wurde.
Ob man den Hollendern nicht
beizustehen hette, bevorab da Sie
Sich gegen Frankreich erbotten,
(dass) da Sie den König in einiger-
ley Weisse offendiret betten, alle
gebührende satisfaction zu thun,
den wenn der Staedt leiden undt
über einen hauffen geworffen,
nachmals Frankreich nach seinem
belieben mitt dem Reiche ver-
fahren undt Sich zum meister
darvon machen wurde.
4.
Ob man nicht ein gesambt-
Schreiben ahn Chur Collen von
^) Orthographie des OrigiDals.
^) Des K(. Schreibung variirt zwischen Sackssen und Sachsse n.
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Der beiden Kurfürsten Oedanken.
177
schreiben, das man Sich eines ge-
sambts Schreibens ahn Ghur Colin
alda verglichen mochte; auch
kuntte ahn Chor Ments Ld . ein Schrei-
ben abgehen, dass er solches durch
seine gesantte befördern lassen
mochte.
Gh. S. befindet solches höchst-
nottig. Were auch in Wercke be-
griffen Sich in gutter Verfassung
zu setzen.
6.
Fiat. Das man ein patent auf-
setzen und Sich hiruber vereinigen
solle.
Regenspurg aus abgehen zu lassen
hette, darin er erinnert wurde,
wegen Seines privats interesse
das Reich nicht in Gefahr neuen
Kriegs zu setzen, auch danehbenst^
zu begeren, das er die frembde
Volcker von des Reichs boden
abführen lassen mochte.
5.
Ob nicht hochstnottig sey Sich
bei Zeitten im Reiche in gutter
Verfassung zu setzen.
6.
Das man Sich eines gewissen
patents vergleichen mochte, da-
durch man die frembde Werbungen
in den Kreissen verhinderte.
Ch.S. befindet gleichfalls, dass
die Bundtnus so zwischen den
Kayser Chur Mentz Trier Sackssen
und anderen Fürsten gemacht
nicht sufScient sey, zu dem were
der Bischoff von Munster schon
darauss geschideu.
8.
Diesser punct mflsse woU con-
sideriret werden, weill es ein
haubt punct were. Wolte solchen
weitters nachdencken.
9.
Gh. S. Ld. sein begirig mit
Ghur Brandenburg in nehere Ver-
bundtnus zu trotten, undt ver-
meinen, dass es itzo gegen der
lC«ter. c. Q«scb. d. G. Kurfuntou. XIII.
Wegen des Bundtnussses so
zwischen den Kayser Ghur Meintz
Trier Sackssen und anderen Für-
sten gemacht sey, das solches nicht
sufficient sey.
8.
Ob das Reich nicht angegriffen
wurde, wan man ortter angriffe,
so mitt belieben der herschaft den
Hollendern zu besetzen vergönnet
weren.
9.
Das Ich begirig were eine
Aliance mit Ghur Sackssen Ld.
zu treffen, auf das dass Vertrauen
zwischen uns beiden haussern
12
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178 I- Zur Vorgeschichte des deotsch-fraoEosischeD Krieges. 1671. 1672.
Leipzigermesse ohne viell auf- desto fester gesetzet werden möge,
sehen alda geschehen kuntte. undt das desswegen rahte ahn
ordt und stelle so Ghur Sackssen
beliebig geschickt werden mochten.
Potsdam, den 16. Hart» Ao. 1672.
Eigenh.: Johann Georg Ghurftirst.
Das Ergebnis ferneren Notenwechsels ist die Ansschreibnng einer Con-
ferens nach Leipzig, die jedoch ron selten K Sachsens '} verschoben wird. Dazu
allerlei ziemlich aussichtslose Vorschläge die Beichssecurität betreffend. Gom-
mentirang des franEösisch-schwedischen Bündnisses. Uebersendnng der Proto-
colle der zn Berlin abgehaltenen Gonferenzen mit dem schwedischen Gesandten
Wolfrath. In Aassicht genommener Obersächsischer Kreistag zn Leipzig.
Kurfürst Johann Georg von Sachsen an den Kurfürsten.
Dat. Dresden 8./18. Juli 1672.
(Eigenhändig.)
[Den Tractat zwischen Karbrandenbnrg und dem Kaiser betreffend.]
18. Juli. Dankt für das Handbrieflein vom 30. vor. Moo.^ nnd wird sich in der
neuen Angelegenheit als treuer Mitkarfürst bezeigen. Aus Wien ist ihm
noch keine Nachricht zugekommen , was der zwischen Knrbrandenburg und
dem Kaiser abgeschlossene Tractat enthält').
Der Kurfürst an den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen.
Dat [o. 0.] 9. Juli 1672. Conc. v. Schwerin.
[Kriegerische Stimmnng in den Niederlanden. Prinz von Oranien Statthalter.
Der Knrfärst möge gleich dem Kaiser die Holländische Sache wirksam nnter-
stutzen.]
19. Juli . . . Auch mögen Wir Ew. Ld. nicht vorenthalten, dass unangesehen
aller grossen französischen Progressen im Reich und einigen der
Uniirten Provincien die Herren Staaten dennoch beständig resolviret
haben, den Krieg zu continuiren, gestalt dann die drei m&chtigste
Provincien als Holland, Seeland und Friesland, in welchen die
Franzosen auch noch nichts occupiret haben, sich aufs neue sehr hart
') In dem Schreiben d. d. Dresden 24. April st. v. wurde das plötzliche Ab-
leben des jungen Herzogs von Altenbnrg als Grund angegeben.
3) Concept existirt nicht.
*) Die Defensivallianz vom 23. Juni 1G72.
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Kurfürst JohaDD Georg möge d. Holland. Sache uDterstützen. 179
Terbunden, keinen Frieden einzugehen, wenn sie nicht bei dem ihrigen
verbleiben, auch einhelliglich den Princen von Oranien zum Statt-
halter erwählet und in alle seiner Vorfahren Dignitaeten, Auctoritaet
und Chargen gesetzet, wodurch dann ihre innerliche Dissidia, welche
grösstentheils ihres jetzigen Unglücks Ursache sein, gänzlich gehoben,
und nunmehr mit grossem einmfithigen Eifer alles was zu beständiger
Defension nöthig an Hand genommen wird. Wir hoffen auch ehestens von
dem Herrn von Amerongen, dem wir so wol hie gegenwärtig als fol-
gends durch Schreiben sehr fleissig recommandiret, dass sich der Staat
auch um Ew. Ld. Assistenz bemflhen sollte, und immer gehoffet, er wflrde
auch alhier Ordre bekommen, desfalls zu E. Ld. zu gehen, Nachricht
zu erlangen, wessen sich der Staat desfalls erkläret, da ich dann
nicht zweifle, es werde dieselbe zu E. Ld. Gontentement gereichen,
insonderheit weil Wir vernehmen, dass I. Kais. M. durch Ihre Mi-
uistros im Haag') solches gleichergestalt eifrig urgiren lassen. Zwei-
feln inmittelst nicht, weil Ew. Ld. genugsam sehen, in was Gefahr das
Beich und der Mflnstersche Friede hierdurch geräth, Sie werden auch
unerwartet solcher Resolution, weil die Deliberationes etwas langsam
im Haag [zu] fallen pflegen, nebenst L K. M. Uns und anderen, die
die Wolfahrt des Reichs ihnen zu Herzen gehen lassen werden, die
Hand ans Werk legen und dadurch Ihren hohen Ruhm nicht wenig
vermehren.
Der Kurfürst an den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen.
Dat. Colin a. Sp. 10. Juli 1672.
[Qosafriedenheit mit dem Verhalten des Administrators.]
Die Werbangen für auswärtige Potentaten im Magdebargischeo dauern 20. Juli,
fort. Man bat sogar den brandenborgischen Truppen daselbst, ungeachtet
sie vom Kurfürsten unterhalten werden, die bewilligten Qnartiere verweigert,
ist ihnen, hart und bedrohlich entgegengetreten. Ef. bittet den Knrfürsten,
dem Herrn Administrator gegenüber seine brüderliche Autorität geltend
zu machen und ihm ernstlich und wol meinend vorzustellen, ,)da68 er sich
bei diesen Occarrentien gegen Uns als Ew. Ld. treuen Freund and Nach-
baren, aneh des Lands gehnldigten Erbherren etwas besser bezeigen möge^.
Die ErneDDiing erfolgte am 4. Juli 1672. Archives de la Maison d'Orange-
Naaean 2. S^rie. Tom. V. p. 259.
*) Freiherr von Lisola und Ritter von Crampricht.
12*
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180 I- Zar Vorgeechichte des deatsch-fraDzosieoheD Krieges. 1671. 1672.
24. Juli. d. d. Dresden 14./24. Juli meldet der Kurfürst von Sachsen: Fürst
Johann Georg von Anhalt ist aaf seiner Rückreise von Wien hier ge-
wesen und hat ^neben zwei Handbrieflein^ des Kaisers Meinung übermittelt ;
auf AnhaU bezieht er sich. Sobald der erwartete Kaiserliche Abgesandte')
in Dresden eingetroffen ist, sollen weitere Eröffnungen erfolgen. (Eigen-
händig.)
Instruction und Creditif für den Kriegsrath, Obriaten und
Schlosshauptmann Otto Wilhelm von Berlepsch.
Dat. Halberstadt, 24. August 1672.
3. Sept. Soll dem Kurfürsten die Assistenz der Vereinigten Niederlande ans
Herz legen. — Amerongen werde jedenfalls selbst nach Dresden gesandt
werden . . . und einen Succurs von 6000 oder 8000 Mann yorschlagen.
Jeder Aufschub einer Erklärung sei vom Uebel. Die Generalstaaten wür-
den, wenn sie den jetzigen deplorablen Zustand überwunden hätten, diese
„ihnen erwiesene Freundschaft wol ersetzen^. Erfolge darauf keine Resolu-
tion, so habe er bei allen Räten die gleiche Vorstellung zu thun, auch
den Gesandten des Kaisers, den Grafen von Mansfeld, der jetzt am
sächsischen Hofe weilt, anzugehen.
Otto Wilhelm von Berlepsch an den Kurfürsten.
Dat. Dresden, 30. August 1672.
[ÜDterreduDg mit den Kaiserlichen Abgesandten. Wohin man sich hier am Hofe
erklärt und wie man die von Kf. befürwortete Negotiation Amerongens deutet
Die beiden Abgesandten betonen die Notwendigkeit von Amerongens Herkunft.
Audienz beim Kurfürsten. Conferenz mit Friesen, dessen Einwände durch Ber-
lepsch widerlegt werden.]
9. Sept. Am 28. eingetroffen, hat er vernommen, dass der Graf von Maos-
feld sich bereits zur Abreise rüstet. Nachdem er ihm des Baron de
Goes Schreiben überschickt, hat er sich sogleich auf Ersuchen des Grafen
incognito aufs Schloss begeben und dort mit diesem wie mit dem anderen
kaiserlichen Gesandten, dem Abt von Banz'), conferirt. Der Kurfürst
habe nach vielen Schwierigkeiten sich endlich verpflichtet, innerhalb dreier
Monate 3000 M. auf die Beine zu bringen und unter des Grafen Mon-
tecuccoli Commando zu stellen.
Beide Ministri „hätten sich zwar ihrer Instruction nach äusserst dahin
bemühet, das Werk auf die Art und Weise, wie mit Ew. Ch. D. geschlossen
1) Graf Mansfeld.
^ Von dems. D. ein Schreiben des Kf. an den Freiherrn von Friesen,
worin die Negotiation v. Berlepschs empfohlen wird.
») Oben S. 173.
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Berlepsch nach Dresden. StimmaDg am Hofe. 181
worden, einznrichteD. Man hätte aber gar nicht davon hören wollen son-
dern vorgeben, Ew. Ch. D. hätten ganz diverse Interessen, die sie nicht
mit embrassiren könnten, als Dinge, so sie ganz und gar nicht angiengen;
principaliter wäre auch das Clevische Werk, dabei sie ohnbeschadet ihres
Nachbars nicht beizutreten wüesten. Mit der Kais. Maj. aber wollten sie
sich einlassen, nnd würden Ew. Ch. D. ans dem Tractat, so der Herr
Prälat bei eben dieser Post dem Herrn Baron de Goes zn dem Ende
zusendete, dass er Deroselben commnniciret werden sollte, mehrers ersehen
können, dass obwol dasjenige, so man eigentlich intendiret, mit klaren
Worten nicht specifice ezpriniiret, dass doch nichts destoweniger in re ipsa
gar ein Wenig-es dran ermangele.^ Sie bedauern, dass Berlepsch die Puncte
seiner Instruction geltend zu machen nicht eher in der Lage gewesen ist;
es würde das ihre eigene Negotiation merklich gefördert haben.
Man hätte sich alhier die Impression gemacht, als ob Ew. Ch. D*
den H. Baron von Amerongen selbsten abgehalten anhero zukom-
men, welches sie mordicus widerfechten*) müssen. Eben dieser
Ursachen halber wären sie der einhelligen beständigen Meinung, ich
sollte nichts von dem dritten Theil Werb- und Unterhaltsgeldern, dazu
sich die Herrn Staten allenfalls anerböten, und also gar von keinen
Conditionen gedenken, sondern dieselben dem Amerongen zu seiner
Anherokunft Selbsten zu proponiren überlassen. Ich würde doch unter
der Hand bei den Ministris durch Discurse wol sondiren können, ob
dergleichen Offerten annehmlich und zureichend; inmittelst aber hätte
ich mich nur darinnen zu halten. Ew. Ch. D. hätte es nunmehr da-
hin bracht, dass die Unirten Provinzen unerachtet des deplorablen
Zustandes, darein sie kommen, dennoch ihr Aeusserstes thun und Sr.
Ch. D. nach Müglichkeit unter die Arme greifen würden, worzu E. Ch.
D. noch ferners alle gute Officia zu praestiren erbötig. Solchergestalt
würden Ew. Ch. D. den Verdacht vermeiden, darein Sie die Übel-
intentionirte unfehlbar zu bringen trachten würden, als ob Sie nemb-
lich das Werk mit den Herren Staaten zu dem Ende also concertiret,
damit Sie vor Sich Selbsten so viel desto pinguiores conditiones be-
halten könnten. Sie könnten auch auf diese Weise dem holländischen
Etat bessern Nutzen schaffen, und wann man alhier mit denen Postu-
latis zu hoch hinaus wollte, allemal den deplorablen Zustand ohne
Verdacht zusamt dem itzigen Unvermügen remonstriren lassen und
gleichsaoi Mediatoris Stelle mit guter Erspriesslichkeit vertreten.
Vor allen Dingen aber lassen Ew. Ch. C. sie beiderseits unter-
>) Original.
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182 I- Zar Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges. 1671. 1672.
thänigst und instAndigBt ersuchen, des Herrn Barons von Arne-
r engen Anherokunft so viel mfiglich zu poussiren, damit das Eisen
vollends geschmiedet werde, weil es noch warm, und dann mög-
lichst dahin zu sehen, dass baar Geld bei dem Handel sein möge,
wann es auch anfänglich nur -^ Thlr. sein sollten. Dieses einig und
allein müsste das Werk limentiren, ohne selbiges wäre auch durchaus
nichts zu hoffen; da es aber vorhanden, so getraueten sie die Guarantie
vor Cöln und Bremen zusamt dem völligen Engagement zu erhalten.
Der H. Graf von Mansfeld gienge eben zu solchem Ende in aller
Eil auf Wien, Kais. Maj. dahin zu disponiren, dass Sie auch etwas
bei der Sache thun möchten.
Gestern hat B. eine erste Audienz gehabt und dabei in Uebereinstim-
mnng mit dem Anraten der kaiserlichen Minister von den Conditionen zu-
nächst abstrabirt. Der Kurfürst trägt grosses Verlangen, Amerougen
am Orte zu sehen; er wird sich, rechtzeitig benachrichtigt, za dem Zweck
nach Torgan begeben, unter dem Verwände, in dem grossen Teiche da-
selbst fischen zu lassen, Niemanden mit sich nehmen als den Herrn Prae-
laten von Banz^ nud ein oder zwei der vertrautesten Räte und daselbst
den Handel in Richtigkeit bringen. Zur Werbung wollen S. D. alsbald
Anstalt machen. Sie besorgen aber, es werde ohne Geld nichts erfolgen,
um besserer Correspondenz willen soll die Post bis Mansfeld „mit Einspän-
nigem unterlegt** werden. — Darauf wird der Gesandte zur Tafel gezogen.
Aufgefordert, seine Propositionen schriftlich niederzulegen, hält er dies mit
seiner Instruction zunächst nicht vereinbar; er entschliesst sich aber, da es
ja nicht die Meinung ist „dass er alles in solchem Memorial reveliren solle^,
ein solches einzureichen (Anlage), „welches sie nach ihrem Gusto fiinden.^
Am Nachmittag übergiebt er dem Freiherrn von Friesen das
Schreiben des Kf. mit den üblichen Versicherungen. Der Minister verspricht
Förderung der brandenbnrgischen Intentionen, wobei ihm folgende Einwände
kommen:
„Erstlich so wäre es ein sehr schweres, sich mit Holland als einem
übern Haufen liegenden Etat gegen einen mächtigen und victoriosen König
in Bündnis einzulassen, es könnte auch von Chur-Sachsen sonder Reproche
nicht geschehen. Mit Kaiserl. Maj. aber wäre es ein anders, dern könte
man dahin assistiren, diejenige Reichsglieder, so sich allzu weit wider des
Reichs Interesse vergangen, wieder in ihre gehörige Schranken zu bringen,
auch übrigens Fried und Ruhe erhalten zu helfen. Man hätte sich anch
albereits ziemlich weit mit Ihrer Kais. M. engagiret, und beruhete alles nur
auf des Mansfeld's Wiederkunft und fernerer Kaiserl. Declaration.
Vors andere könnte man nicht sehen, wie der Amerongen bei gegen-
Orig. Pansc,
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Berlepsch befürwortet die Negotiation Ameroogens. 183
wäitigem Zastande seine Person legitimiren wollte, and mit wem man zu
tractiren? ob bei denen ?ielen Revolten auch noch ein Corpus vorhanden, so
den Etat and Magistrat repraesentiren könnte? ob man es mit dem Pöbel
oder allenfalls mit dem Prinzen von Oranien za than haben sollte?*'
leh antwortete, was das erste anlangete, so wttrden sich bei
des Herrn von Amerongen Ankunft schon Expedientia finden, wie
etwa das Kind zu taufen, wann nur der intendirte Zweck erreichet
würde. Was die Legitimation betreffe, so wäre der Staat in
Holland noch lange dergestalt nicht zerrüttet, wie die Gegenpartei
darvon declamirte. Ew. Gh. D. wären von dem itzigen Zustande
exacte informiret und würden schon an Hand zu geben wissen, auf
was Mass und mit wem sicher zu tractiren. Sie würden allenfalls
gut daryor sagen, dass dasjenige, so versprochen, richtig gesehaffet
werden sollte. Worauf ich endlich allgemach auf die Conditiones
digrediret und mich vermerken lassen, ich hätte wol soviel ver-
merket, wann Gh. D. Sich resolviren würden, ein gleiches Gorpo zu
werben und es mit operiren zu lassen, dass die Herrn Staaten auch
einen gewissen Antheil Werbegeldes und Verpflegung darschiessen
würden. Sie wären aber itzo in schlechtem Stande, man müsste es
so genau nicht bei ihnen suchen. Darauf liess er sich heraus, dies
sollte sich wol geben, wann nur erstlich die quaestio an? erörtert und
der Schlüssel geAinden, wie und auf was Weise man dem Werke
beitreten könnte. Heute oder morgen könnte sich der Etat über
solches noch wol recognoissant erzeigen. Auf welches ich das Mal
meinen Abscheid genommen und bei selbigem noch dieses erwähnet,
ich hätte zu meinem sonderbaren Leidwesen vernehmen müssen, dass
von Uebelintentionirten dergleichen Impressiones gemachet werden
wollen, als ob S. Gh. D. den H. Baron von Amerongen Selbsten
von seiner Anherokunft abgehalten. Ich bäte, man wollte nur seriem
rei ansehen, so würde sich alsobald finden, dass dieses falsch. Zu
Potsdam wäre concertiret worden, dass beider Theile vertrauete
Ministri zur Gonferenz nach Leipzig zusammengeschickt werden
sollen. Sothane Gonferenz wäre nicht von Ew. Gh. 0. sondern von
hier abgekündigt worden'). Nächst darauf wären die ganz unver-
muthete monströse französische Progresse erfolget, dadurch der Etat
dahin gerathen, dass er die ganze Zeit mit sich selbtsen genug zu
thun gehabt, sich nur ein wenig wieder zu fassen, worzu auch noch
'} Oben S. 175. 178.
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184 !• Zar Vorgeschichte des deutsch- fransösischen Krieges. 1671. 1672.
von aussen mit allen Kr&ften gearbeitet werden mttssen. Währender
solcher Zeit wäre von Subsidien und dergleichen nichts zu hoffen ge-
wesen. Nunmehro da durch Gottes gnädigen Beistand nun wiederum
ein wenig ein anderes facies rerum erschienen, hätten Ew. Ch. D. durch
emsiges Anregen es dahin bracht, dass itzige Resolution gefasset worden.
Die anderen ^yWolintentionirten^' Minister hat Berlepsch noch nicht ge-
sprochen.
Anlage.
Das von B. eingereichte Memorial ist ganz allgemein „auf Zasammen-
bringen einer hinreichenden Anzahl von Kriegsvölkern, nach Sr. Kais. M.
Ezempel^, gerichtet.
y. Berlepsch an den Kurfürsten. Dat. Halberstadt,
7. September 1672.
[Amerongen soll kommen. Des Residenten Ghassan anmassliohe Proposition
nnd Kursachsens Bescheid auf dieselbe. Beschwerdesohreiben Enrcölns so
guDsten des Administrators. Friesen nnd Geradorff for Holland. Wamm aber
ein Bändnis nicht durchführbar.]
7. Sept Bezieht sich anf seine Relation ans Dresden. — In einer letzten Audienz
hat der Kurfürst sein Verlangen nach des Freiherrn von Amerongen
Ankunft nochmals betont, dem er nach Torgan entgegenreisen wolle, am
ihn dann, zur Vermeidung jeglichen Aufsehens, nach Eilenbarg zu beschei-
den: in Dresden würde der französische Resident Chassan dem Gesandten
keine Ruhe lassen. — Das Werbegeld, falls es wirklich von Holland gezahlt
werde, solle dem kaiserlichen Residenten übermittelt werden und aus dessen
Hand an die Officiere kommen.
Berlepsch empfängt sein Recreditif und das Handschreiben *), welches
er [dem Kf.] in Halberstadt überreicht hat. Der Kurfürst von Sachsen beme^^kte
dabei noch: dass der Resident Chassan ^selbigen Morgen Audienz und ab-
sonderlich dieses begehret, dass alle geheime Räte bei selbiger sein
möchten, da er dann bei einer halben Stunde lang wider der Rom. Kais.
M. und Ew. Ch. D. proniret und Gh. D. zu Sachsen ersucht, Sie möchten
Ew. Ch. D. dahin disponiren, die unterhabende Marche zu unterlassen,
sonsten würde man den Krieg ins Reich bekommen, denn der Mar^chal
de Turenne ezpresse beordert. Selbiger mit 40000 M. recta entgegenzn«
gehen. — Sie hätten ihn aber in generalibus beantworten lassen, man müsste
sehen, was- zu Regensburg in dieser Materie würde geschlossen und gut
befunden werden.^
Es ist dann weiter von einem Schreiben Kur cö Ins die Rede, welches
den Kurfürsten peinlich berührt hat. Ueber den Inhalt könnte er sich nicht
Das Handschreiben, dessen der Text Erwähnung thnt, d. d. Dresden
l./ll- September 1672. Das Recreditif fnr v. Berlepsch ist nndatirt.
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TrotB guDStiger Stimmang sei eio Bandnis mit Holland nicht darchfuhrbar. 185
näher anslasseD. Diesen hat Berlepsch jedoch dnreh die freundliche Ver-
tranlichkeit des von ihm als besonders znyerlässig gepriesenen, auch Ame-
rongen in dem Sinne zu empfehlenden Oberhof marschalls von Kanne er-
fahren :
,,Char-Göln hätte vernommen, dass Ew. Gh. D. den Herrn Administra-
toren sehr übel nnd in vielen Stücken dem Instmmento Pacis gänzlich zu-
wider tracdrten. Nnn wäre selbiger ein vornehmer Fürst des Reichs, den
man nicht lassen könnte. Chnr-Cöln fände sich auch Selbsten verbunden
ihm zu assistiren, weil er zwei Regimenter unter dem mittleren Prinzen
zu seiner Armee geschicket, bäte derowegen, Gh. D. zu Sachsen wollten
eigentlich berichten, wie es um diese Sache bewandt, damit man weitere
Mesures darnach nehmen könnte.^
„Die Antwort darauf wäre diese: £s hätte zwar der Herr Admi-
nistrator vor diesem ein und andere ßeschwerung gegen Ew. Gh. D.
führen wollen. Seit dem aber sei nichts weiters vernommen worden nnd
zu Dresden nichts bekannt, worinnen wider das Instrumentum Pacis des-
falls gehandelt sein sollte.^ — „Dem H. Administrator nun schicke man
das churcölnische Schreiben zu mit beweglicher Ermahnung dergleichen ge-
fährliche Dinge nicht zu suchen und darbei positive zu berichten, was
zwischen Ghur-Göln und Ihme vor Special-Tractaten Vorgängen.^
Der Kaiserliche Resident verspricht Besorgung von Gopien dieser drei
Schreiben.
Er verabschiedet sich dann von den beiden Freiherren von Friesen
und dem Herrn von Gersdorff, welche sich alle sehr wolgesinnt er-
zeigen Nur, meinen sie, müsse „ein Expediens gefunden werden, wie
sonder erpresse Bündnis mit Holland, die sie aus vielen wichtigen Ursachen
nicht eingehen noch darzu raten könnten, der Zweck gleichwol erreichet wurde.
Man könnte auch den Landstäuden, so mit nächstem convociret werden sollten,
nicht zumuthen, zu einem fremden Kriege die Mittel herzugeben, weil
sie nicht weiter als zu Defension ihres Landes verbunden, und gehet in sa.
alles einig dahin, dass Geld, absonderlich zur Werbung, vorhanden sein
müsse. — Der einzige Herr Garl von Friesen gieng etwas weiter
heraus und sagte, der Resident Ghassan hätte noch selbigen Morgen bei
der Audienz so insolent und dictatoriscb gesprochen, dass wol daraus ab-
zunehmen, es würden es die Herren Franzosen auf eine solche Art angreifen,
dass man öffentlich mit Holland würde Bündnis machen können und müssen.
Alle insgesamt aber und zuvorderst Gh. D. selbsten haben sehr wol begriffen,
dass der holländische Staat vor jetzo ein so Erkleckliches nicht dargeben
könnte als bei vorigem Flor, welches ich auch aller Orten wol zu impri-
miren, gn. Instruction gemäss, mich so viel muglich bearbeitet. Bin auch
der Meinung, wann man zu 1000 Pf. und 2000 zu Fuss das Werbegeld,
nnd von dem dato an, da sie ins Feld gestellet, den Unterhalt gäbe, es
dürfte das Werk auf eine solche Art zu erheben sein.^ (Anliegend ein
Project über den Tractat mit Holland. Ohne Bedeutung.)
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186 1* Zur Vorgesohichie dee dentgch-fraDSösiachen Krieges. 1671. 1672.
Des Kf. Ansuchen an Knrsachsen, „sich in Postar zn setzen^, wieder-
holt sich anch nach EröffiiaDg des Feldsnges während des Herbstes 1672.
e. Schriftwechsel mit Pfalzneuburg.
Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Neuburg an den Kurfttrsten.
Dat. Neuburg 18. Februar 1672.
[Bedrohliche Rfistangen Frankreichs. Empfiehlt Neatralitat. Förderang des
ReligicDswerks zwischen Earbraodenbarg nod Pfalzneabnrg.]
18. Febr. Der Pfalzgraf äussert unverhohlen seine Besorgnis angesichts der fran-
zösischen Rüstungen : die Kriegsvorbereitnngen gewinnen von Tag zu Tage
an umfang; die Hoffnung, dass die Misshelligkeiten, durch welche diese
Armaturen veranlasst sind, in Güte beizulegen, schwindet mehr und mehr.
Der Bruch wird kaum vermeidlich sein, und ein etwa auflodernder Krieg
kann grössere Dimensionen annehmen. Die Actionen lassen sich derart an,
dass man, da das Frühjahr naht, auf baldigen Beginn der Feindseligkeiten
gefasst sein dürfte. Was ist zn thnn?
Ew. Ld. sowol als Unsere im Westphälisehen Kreis liegende
Lande sind also situiret und unter den Benachbarten theils inclaviret
oder Tcrmischet, dass Uns das ausbrechende Kriegsfeuer desto mehr
in sorgsame Gedanken setzet, wie Wir Unsere Lande und arme Unter-
thanen in Sicherheit conserviren werden, und sehen Wir demnach
Unseres Theils kein anderes Mittel, als dass man sieh hoc rerum
statu der Neutralität bezeige und dieselbe auf eine considerable Ma-
nier einrichte, damit von Unseren allerseits Landen und Unterthanen
die feindliche Einfäll, Plackereien und dergleichen verderbliche Th&t-
lichkeiten möglichst können abgewendet werden. Wir erwarten dero-
wegen Ew. Ld. hocherleuchtes Sentiment, ob Sie mit Uns nit gleicher
Meinung seien, um so viel eher mit grossem Verlangen, weil sich die
vorstehende Gampagne merklich acceleriret, und man sich derentwillen
noch vorangehenden Operationen wird nothwendig resolviren mttssen.
Er verweist auf die bisherigen Remonstrationen seines Yicekanzlers
Stratman und hofft in allen, ganz besonders in den ihre Lande betreffen-
den Fällen mit Ef. „nach aller Möglichkeit di concerto zu gehen^.
P. S. eigenhändig: „Ew. Ld. bitte ich ganz dienstlich, Sie wollen
Beliebens tragen, das solang ventilirete Religionswerk ^) einst zur vollstän-
digen Richtigkeit unverlangt bringen zn lassen, da die anscheinende Con-
juncturen andere Occnpationes bedrohen, und ich Ew. Ld. generenses Ge-
müth dabin portirt zu sein weiss, dass die einzig noch übrige Sache auch
1) Siehe 8. 187 Anm. 3.
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Pfalznenbarg schlägt Nenträlität vor, . 187
zu ihrer endlichen Richtigkeit gelange, nnd der Znndel den Malevolis ge-
nommen werde, das anter Uns gemachte feste Band zn schwächen.^
Der Eorflirst an den Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neu-
burg. Dat. Coelln a. Sp. 27. Februar 1672.
{Bedenken des Eurfürsten gegen die Neutralität. Hat noch freie Hand.]
Das Schreiben vom 18. Februar bat Stratman eingeliefert. 8. März.
Kf. stimmt diesen Vorschlägen zn, teilt des Pfalzgrafen Besorgnis,
zweifelt aber^ da er neben der Reichs- nnd Ereishilfe kein Mittel der
Rettung sieht, dass der Zweck, Schonung der rheinisch-westfälischen Lande,
durch Neutralität erreicht werde.
Die Verhandlungen mit dem französischen') nnd holländischen')
Gesandten sind im Gange: noch aber habeEf. in jedem Punkte freie Hand,
noch habe er sich an keine Partei engagirt Er rät dem Pfalzgrafen,
sieh nicht etwa durch einen dem Frieden hinderlichen Tractat die Hände
binden zu lassen. Von seinen ferneren Massnahmen ^wird er vertrauliche
Apertur thun, ?on Herzen wünschend, dass der Allerhöchste heilsame Gon-
silia verleihen nnd den so theuer erworbenen Frieden in unserem geliebten
Vaterlande erhalten, alle Gefahr aber und der deutschen Libertät praeju-
dicirliche Fümahmen divertiren und verhindern wolle^.
In der Religionssache beruht alles auf Abfassung eines endgiltigen Re-
cesses^, wozu man unverzüglich schreiten wird.
Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Neubnrg an den Kurfürsten.
Dat. Düsseldorf, 16. Juli 1672.
[Zweck seiner Armatur.]
^^Unsere Armatur betreffend, ist Ew. Ld. Unsere führende Intention 16. Juli,
bekannt, wie sich dann Ew. Ld. sicherlich vergewissern können, dass solche
allein zu Defendirung Unserer Land und Erhaltung allgemeiner Sicherheit
in unserm geliebten Vaterland angesehen sei, gänzlich nicht zweifelnd,
Ew. Ld. werden auch bei Ihrer Armatur solchen heilsamen Scopum vor
Sich haben und Ihres vermögenden hohen Orts cooperiren helfen, damit das
Reich in beständigem Friede- und Ruhestand erhalten werden möge, massen
Wir Dieselben hierzu jederzeit incliniret gefunden.^
Graf St. 66ran.
^ Ameroogen. Vgl. Einleit. S. 10.
*) Der Becess erfolgt am 6. Mai. v. Moerner 8.349. Vgl. Max Leh-
mann, Preussen und die katholische Kirche seit 1640. I, 85fgg. und die ein-
schlagigen Docamente des Textes.
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188 1- Zur Vorgeschichte dee deaisch-fraoiösischeii Krieges. 1671. 1672.
Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Nenburg an den Kurfürsten.
Dat. Düsseldorf 2. August 1672.
[Reise Dach RavensteiD Visite beim König von Frankreich und deren Ergebnis.
Persönliches.]
2. Aug. Der König von Frankreich, welcher früher schon wiederholt des Pfalz-
grafen Vicekanzler Stratmaa — bei dessen Gesandtschaft am Pariser
Hofe — das Verlangen za erkennen gegeben, gelegentlich seines Zuges in
die Niederlande mit dem Pfalzgrafen znsammenzatreffen, hat nnn, da er in
Person mit der Armee an den Grenzen von Berg vorbeigerückt ist, diesen
Wnnsch ernenert. Demselben habe aber der Pfalzgraf, da er ans „seinem
darobigen Fürstenthnm^ Nenbnrg noch nicht zurückgekehrt sei, bisher nicht
willfahren können. Jetzt hat er einen erstmaligen Besuch seiner Herr-
schaft Ravenstein, welche die Generalstaaten evacuirt und ihm eingeräumt
haben, dazu benutzt, dem Könige seine Aufwartung zu machen . . . „eine
Beise dahin getban, auch Uns vollends zu I. Königl. Maj. in Dero Haupt-
läger nacher Boxtel^ ohngef&hr drei kleine Stunden von den Grenzen Un-
serer Herrschaft Ravenstein gelegen ^), begeben und alda I. M. zu sehen und
Uns mit Ihro zu besprechen die Ehre gehabt^.
Die Particularien werden dem Kf. später zugehen; zunächst soll diese
Mitteilung nur als Benachrichtigung dienen. Bei der Besprechung ist nicht
unterlassen worden^ hinsichtlich der Vorgänge im Glevischen beim Durch-
marsch der französischen Armeen, des Kurfürsten und seines Interesses ein-
gedenk zu sein. Der König hat geäussert, falls es in dieser Sache zu
Tractaten komme, „werde er sich als einen genereusen König erzeigen''.
Pfalzgraf bittet um Vorschläge „was hierauf ferners an Hand zu nehmen^*
Auf der Reise hat er das Herzogtum Cleve berühren müssen. Er
dankt für die in der Hauptstadt wie an anderen Orten ihm gewährte gute
Aufnahme, die gewiss auch dem Kf. selbst nicht unlieb sein werde.
P. S. eigenhändig: „Es hat mein älterer') Sohn') in Ew. Ld. Thier-
garten zu Gleve auf Instigation Dero daselbst anwesenden Forstmeisters
die Libertaet genommen ein Damhirsch^) zu schiessen, und muss dahero um
Vergebung bitten, die ich auch hoffe, weil es der erste ist, den er ge-
schossen hat.^
Vgl. oben S. 126, wo irrtümlicherweise Ravenstein selbst als Ort der Zn-
sammenkonft angegeben.
^ Original: Eterer.
^ Der nachmalige Kurfürst Karl v. d. Pfalz, der letzte ans dem Hanse
Simmern.
<) Origin.
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Kf. weist sie zurück. FransÖa. Procedaren im Clevischeo. Ig9
Der Kurfürst an den Pfalzgrafen von Nenburg. Dat. Coelln
a. Sp. 30. Juli/9. August 1672.
[Dank. Bittet am Dähere MitteilaDgen. Freude aber die Aufnahme io Gleve.
Gompliment an den Erbprinzeu.]
Er dankt sehr für die empfangene Nachricht wie für die Wabmng 9. Aug.
seines (des Kurfürsten) Interesses anlässlich jenes Besuchs. Erbittet weitere
Eröffnongen im Einzelnen. — Die dem Pfalzgrafen im Clevischen be-
reitete gnte Aufnahme vernimmt er mit Genugthuung. Hätte er zeitiger
etwas gewnsst, würde er gebürende Anstalt gemacht haben.
^Bs bedarf keiner Entschuldigung, dass Ew. Ld. ältesten Sohnes
Ld. in Unserem Thiergarten zu Cleve ein Stücke Wild gefället. Wir rechnen
Uns vielmehr zu einer Ehre, dass solches das erste ist, und S. Ld, also
Ihre erste Probe daselbst glücklich abgelegt.^
Der Kurfürst an den Pfalzgrafen von Neuburg. Dat. Haupt-
quartier Witzenhausen 17./27. Septbr. 1672.
Conc. V. Schwerin.
[BedrückaugeD durch die FranzoseD im ClevischeD. Man geht soweit, von Deposse-
dimng des EurfursteD zu sprechen. Hilfegesuch auf Grund des Erbvertrags.]
Ew. Ld. umständlich vorzustellen, was vor unsäglichen Schaden 27, Sept.
Unsere Clev- und Märkische Lande von den Königlichen Französischen
Armeen diesen Sommer erlitten, achten Wir unnöthig, weil Ihro solches
nicht verborgen sein kann: und ist es endlich nunmehro dahin kom-
men, dass man französischer Seiten vermittelst Affigirung öffentlicher
Placaten sich der Territorialjurisdiction und der Uns als Landes-
fürsten allein zustehenden Gerechtigkeiten anmasset, Unsere Unter-
thanen nach Gefallen mit unerschwinglichen Auflagen beschweret, von
Unseren Städten und Aemtern eine so grosse Quantität an Victualien
und Fourage bei angedroheter Strafe der Execution fordert, dass den
armen Leuten solches aufzubringen wegen der vielen Märche, so sie
diesen Sommer ausgestanden, und die bereits alles weggenommen,
allerdings unmüglich fallet; wie dann durch den letzteren March über
den Rhein alle Unsere Glevische Aemter dergestalt verderbet und zu
Grunde gerichtet, dass kein Wagen noch Pflug ganz blieben. Und
damit Ew. Ld. gleichsam in einem kurzen Begriff sehen mögen, wie
man den armen Leuten mitfähret, so haben Wir Deroselben die Ab-
schrift einer Ordre, welche der Königlich Französische Gommandant
zu Grave de Beton ergehen lassen, hiebei zufertigen lassen wollen.
Google
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190 1- Zur Vorgeschichte des deatsch-fr&Dzösischen Krieges. 1671. 1672.
worin er die Unsrigen par toutes les rigueurs de gaerre zu unmög-
lichen Dingen zu zwingen drohet; anderer grossen Drangsalen zu ge-
schweigen, welche verursachen, dass Unsere Beamten und die Land-
leute allenthalben austreten, und also eine gänzliche Desolation Unser
Glev- und Märkischen Lande obhanden ist.
Ueber das Andere werden Wir vor gewiss berichtet, als sollten
die franzosische Bediente damit umgehen, dass Unsere Unterthanen
dem Könige zu huldigen, und die sich dessen entbrechen würden, das
Land zu räumen angehalten werden sollen, und hat sich noch neulich
der Gouverneur zu Wesel Comte d' Estrades gegen die Deputirte
aus Unser Stadt Cleve dabin verlauten lassen, dass der Marechal de
Turenne beordert wäre. Uns entgegen zu gehen und eine Schlacht zu
liefern, und würden Wir, wenn Wir dieselbe verlören, aller Unser
Länder verlustig sein.
Nun geben wir Ew. Ld. hochvemttnftig zu ermessen, wie tief
Uns dergleichen harte und feindselige Proceduren, ftlmemblich aber
das Elend Unserer Uns von Gott anvertrauten Lande und Unterthanen,
zu Herzen gehen muss: bevorab da Wir solches nicht verschuldet,
sondern bisbero alle Unsere Actiones und Gonsilia so sorgfältig und
behutsam geführet, dass dadurch der gemeine Ruhestand im geringsten
nicht verletzet, noch Ihrer Eönigl. M. in Frankreich einige Ursache,
Sich mit Fug über Uns zu beschweren, gegeben werden möchte, auch
so gar, dass Wir denen Staaten die Hülfe, welche Wir ihnen ver-
mittelst der verschiedenen Alliancen, so Wir mit ihnen haben, zu
leisten verbunden, noch zur Zeit nicht schicken wollen.
Zwar haben Wir bisanhero angestanden etwas desfalls an Ew.
Ld. zu bringen, des Vertrauens gelebend, man würde endlich fran-
zösischer Seiten Unsere Glev-Lande verlassen, die darin occupirte
Plätze Uns wieder einräumen und wegen des erlittenen Schadens
billigmässige Satisfaction erstatten, worzu Uns Ew. Ld. selber Hoffnung
gemachet. Nachdem aber in allen Abschickungen, so der König an
Uns gethan, davon nicht einmal Erwähnung geschehen, sondern viel-
mehr anjetzo Übel ärger wird, und man vermittelst Exercirung
öffentlicher Feindseligkeit Uns Unserer Clev- und Märkischen Lande
via facti gar zu depossediren drohet, und gleichwol in der zwischen
Ew. Ld. und Uns getroffenen Erbvereinigung der Gulich- und Cle-
vischen Lande Interesse solchergestalt vereinbart, dass wenn ein Theil
derselben mit Verheerung und Kriegsgefahr angefochten wird, das
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Kf. erläest ein HilfegesDoh an Pfalsnenbnrg. 191
andere sich dessen anzunehmen und dasselbe zu vertreten gehalten
sein solle — so können Wir länger nicht umhin, Ew. Ld. um den
Effect solcher Erbvereinigung und also um diejenige Hülfe
und Assistence, so darinnen verglichen, wider den unbil-
ligen Gewalt, so Uns in Unsern Glev- und Märkischen Lan-
den zugefüget wird, freundvetterlich anzutreten.
Ew. Ld. werden Sich zweifelsfrei noch wol erinnern, mit was vor
sonderbarem Eifer und Aufrichtigkeit Wir nach getroffener solcher
Erbvereinigung Dero Interesse in allen Fällen embrassiret und be-
fordert, auch sogar, dass Wir keiner Kosten gesparet, keine Feind-
schaft, so Wir dadurch auf Uns geladen, gescheuet, ja den Nutzen
und Yortel, so Wir sonst hätten haben mögen, gar aus den Augen
gesetzet, damit Wir nur Ew. Ld. in allen Stttcken an Hand gehen
und nicht allein das, worzu Wir vermittelst oftgedachter Erbvereini-
gung verbunden, sondern noch ein Mehres thuen möchten. Und wie
Wir dabei ferner in allen Occurencen zu verharren gemeinet sein, so
versehen Wir Uns ein gleichmässiges zu Ew. Ld. und ersuchen Die-
selbe hiemit freundvetter- und brüderlich, Sie geruhen nach Anleitung
der Erbvereinigung sich Unser hierunter aufs Beste anzunehmen und
Uns mit Hülfe u. s. f. beizuspringen. — Aach soll der Neuborgische
Gesandte in Regensbnrg die karfürstliche Proposition kräftig unterstützen.
4. Die Verbündeten Kurbrandenburgs.
a. Der Vertrag mit dem Kaiser,
o. Correspondenz des Kurfürsten mit Kaiser Leopold.
Freiherr Johann von Goes*) an den Oberpraesidenten Frhrm.
von Schwerin. Dat. Wien 28. Februar 1672.
[Gebort und Tod einer Erzherzogin. — Wird seine Räckreise nach Berlin be-
schleunigen. Ankündigung der Besolntion des Kaisers in der Niederländischen
Sache. Schönbom nach Paris. Was von der Sicherstellnng Cölns zn halten.
Unterstellnng, dass Brandenburg nfit Frankreich einen Tractat geschlossen.]
Antwort anf des Oberpraesidenten Briefe vom 5. and 9. st. v. 28. Febr.
Meldet die Geburt einer kaiserlichen Prinzessin'). ^Diese Prinzessin
ist nns nit lang geblieben, sondern bald nach dem Himmel aufgenommen
worden. Es ward der Hebamme ein grosser Fehler impntirt, dass sie den
*) Der bisherige Abgesandte des Kaisers am Berliner Hof.
*) Marie Anna Amalie geb. 9. f 23. Februar 1672.
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192 I- Zur Vorgeschichte des deatsch-fraosösischeo Krieges. 1671. 1672.
Nabel zu karz abgeschnitten; sonsten hat man alle Viscera bei dieser Prin-
zessin gar gesund gefanden, nnd wird ihr Tod jetztgemeldter Ursach zn*
geschrieben. Ich tröste mich mit der Observation, daraus Ew. Ezc. uns
mit nächstem einen jungen Prinzen prognosticiren. Der liebe Gott wolle
seine Gnad darzn geben !^
^Ich bedanke mich nochmalen ganz dienstl. wegen des mit mir tragen-
den Mitleidens. Mit meiner Gesundheit Hess es sieb zwar zuweilen etwas
besser an, es will sich aber zu keinem rechten Bestand anschicken. Ich
werde doch auf alle Weis dahin trachten, dass meine Zurückreis nach
Berlin soviel möglich befürdere^'.
Von I. Kais. M. habe ich bis dato die Instruction, was ich bei
I. Ghurf. D. zu negotiiren, noch nit erhalten. Sie pflegt uns nur bei
der Abreis zugestellt zu werden. Diejenige, so darvon Beriebt ge-
than, mögen etwa yernommen haben, dass man dieselbe vor der Hand
habe. I. K. M., wie ich heut von Herrn Hofkanzler Ho eher ver-
nommen, werd an I. Ch. D. über die gegenwärtige Conjuncturen schrei-
ben, Deroselben communiciren, was die Herren Staaten an Dieselbe
gelangen lassen und sie j gut befunden, was zu des Reichs und bei-
derseits Landen Securitaet und Wolfahrt gedeihen möge.
Herr von Schoenborn ist heut abgereist'). Der König in Frank-
reich hatte an I. Churf. Gn. zu Mainz begehret, dass Sie I. Kais. M.
zu einiger Dedaration, Sich bei dem obhabenden Kriege nicht zu
wollen interessiren, disponiren wollten, welches I. Gh. Gn. zwar ad
referendum genommen, I. Kais. M. bleiben aber allerdings in terminis
Instrumenti Pacis und der darauf erfolgten anderen Tractaten. Wie
ich das gute Vertrauen zwischen höchstged. I. Ch. Gn. zu Mainz nnd
I. Gh. D. zu Brandenburg, sonderlich bei diesen gegenwärtigen
Conjuncturen, f&r sehr erspriesslich zu des gemeinen Wesens Besten
erachte, als habe ich mich gegen den Herrn von Schoenborn erboten,
meine zwar geringe doch wolgemeinte OfGcia jederzeit darzu zu con-
tribuiren, welches hoffentlich auch I. Ch. D. nit missfallig sein werd.
Mit dem churcölnischen Abgesandten') ist man zwar bis
dato noch nit zur Conferenz kommen. Ich vernimb aber, dass in
Privatvisiten ihm die Meinung all ziemlich klar gesagt worden. Ew.
Exe. muss ich dabei berichten, dass gar hohe und vornehme Stände
des Reichs dafür halten, dass die Stadt Cöln durch den Provisional-
vergleich nit gnugsam versichert und nun in grösserer Gefahr sei als
sie vor demselben nit wäre. Ich meinestheils muss bekennen, dass
1) Seine Ankunft zu Wärsburg obeu 8. 15H.
») ÜDteD S. 194.
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Bescheid ans Wien. Beschwerde der OeneralstaateD. 193
ich die Sicherheit auch nit sehe, zweifle nit, I. Ch. D. werden Sieh
angelegen sein lassen, damit alle Unsere Fürsorg nit eludirt, und die
novissima pejora prioribus werden.
Vom Herrn Bischof von Münster hat man Nachricht, dass
derselbe stark werbe*). Ich vernimb, dass man I. Fürstl. 6n. bei-
bringen wollen, dass I. Ghurf. D. zu Brandenburg einige schon vor
diesem geschlossene Tractaten mit Frankreich haben, derentwegen Sie
nit freie Hand haben wollten. Nun weiss ich wol, was daran ist,
wie auch Ew. Exe. zum öfteren hiervon gesagt. Ich habe doch gut
befunden Sie dessen zu erinnern, damit dergleichen unbegründete
Impressiones nit etwa einige schädliche Effectus veranlassen. I. Kais.
M. haben S. F. 6n. vor einiger Zeit dehörtiren lassen, dass Sie nichts
wider die Glevische Friedenstractaten vornehmen wollten, zumalen
I. H. wie imgleichen viele andere Ghur- und Fürsten Sich zu derer
Garantie obligirt; werd auch nochmalen diese Dehortation wiederholen.
Es dürfte sieb empfehlen, wenn der Karfürst von Brandenburg das
Gleiche thäte.
Kaiser Leopold an den Kurfürsten. Dat. Wien 9. März 1672.
[UehersenduDg von Schriftatäckeo, die Beschwerde der Geoeralstaateo and die
OölnisoheD Unruhen betreffend.]
Die Beschwerde der Generalstaaten (Anlage A.) soll auf dem Reichs- 9. Marc,
tage in Dellberation gezogen werden (Anl. B.). Es ist ein Reichsbedenken
aufzusetzen —
was nit allein desfalls zu thun sondern auch, weil die 'Gefahr sowol
ab Oriente als anderwärtshero sich von Tag zu Tag vermehret, ob
man sich bei sothanen Gonjuncturen in eine allgemeine Reichsver-
fassung, nach Gestalt eines jeden Stands obhabenden Gontingentis,
ohnverlängt setzen solle? auch damit das heilige Römische Reich zu
aller bevorstehenden Gefahr an gehöriger Mannschaft nicht noch
mehrers entblösset werde, ob nicht nothwendig sei, die hin und wieder
im Reich vorgehende fremde Werbungen zu verbieten und einzustellen?
und weil nächst diesem von des Ghurfürsten zu Göln Ld. die
Rheinbergische Restitutionssach pro lapide offensionis gehalten werden
wUl, ob nicht ein anderer Ghur- und Fürst zu benennen und dahin zu
vermögen, dass er sich des Werks mit und nebenst Unseren Ministris
») Vgl. oben S. 108.
Mater, s. Geseb. d. G. KurfurateD. Xin. 23
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194 I. Zar Vorgeschichte des dentflch-rraosösischeu Krieges. 1671. 1672.
im Haag (denen Wir die Reassumirung der gütlichen Handlang ron
neuem anbefohlen) alles Eifers annehme und solches mit befttrdern
helfe?
Kf. wird ersucht, aoeh iu den anderen Punkten, wie sie sich ans den
folgenden Schriftstücken (Anl. C. D.) ergebeoi seine Meinung sn eröffnen:
„was in ein und anderen eu verfügen und wie denen fast aller Orten empor-
gehenden gefährlichen Machinationen zn steuern.^
Anlagen.
A. Die Generalstaaten (gez. Gaspar Schalck und Gaapar
Fagel) an den Kaiser. Dat. Haag 28. Januar 1672.
Beschwerdeschreiben über Durchmarsch und Logirung der französischen
Truppen im Erzstift Cöln.
B. Kaiser Leopold an den Fürstbischof von Eichstaedt^).
Dat. Wien 6. März 1672.
Auftrag an den Bischof als kaiserlichen Principalcommissarins beim
Regensbnrger Reichstage, die staatische Resolution, welche abschriftlich
folgt, den Reichsst&nden per dictaturam zu comrouniciren mit dem Be*
merken, dass auch Kurmainz ersucht sei, „Dero Directorio hierzu auch
seines Orts zu concurriren.^
C. Der Kaiserliche Bescheid an die Korcölnischen Abge-
ordneten. Signat. Wien 4 März 1672.
[lo Form einer Resolution.]
Die knrcölnischen Abgeordneten ?on Meiersheiro und von Boeck-
hörst haben beim Kaiser ihre Hand- und Gredenzschreiben (dat. Bonn
14. 26. 28. Januar) überbracht, einerseits die Streitigkeit zwischen dem
Kurfürsten von Cöln und der Reichsstadt und die darüber verlangte
holländische Versicherung, andererseits die Rheinbergische Restitntions-
Sache betreffend. (Es liegen darüber zwei Memorialien der KCölnischen
Diplomaten vor). Darauf lässt der Kaiser die Deputirten folgendes wissen.
Er hat seinen Gesandten im Haag Befehl erteilt, die Generalstaaten
zu vermögen, dass sie dem Kurfürsten von Cöln die ihm in seinem Erz*
Stift lange Jahre vorenthaltene Stadt Rheinberg cum omni causa restituiren
') Markward II. Scheok von Castell [Farstbischof 1657—85].
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Kaiserliche Resolation io der Bheinbergischen Sache. 195
und ferner geotigende Yersicherang geben, dass bei einem etwa ansbrechen-
den fijriege zwischen Frankreich nnd Holland «wegen Dnrchuige vel alio
qnocnmqne praetextn dem Erzstift und Stiftern nichts Widnges zugefügt,
sondern dieselben in dem verlangenden Nentralstand gelassen werden möch-
ten^. Wogegen gleichfalls Knrcöln bei der Armatnr zur Defension des Erz-
stifts zu keiner Feindseligkeit Anlass geben soll, sondern erbötig bleiben,
„die Yon I. M. mit einigen anderen Chur- und Fürsten veranlasste Yer-
bündnis auch ihres Orts mit einzugehend^ nnd für den Frieden zu sorgen.
Der Kaiser hat es anf sich genommen, nicht nur die Petition der kur-
cölnischen Räte in Erwägung zu ziehen, sondern auch mit dem hier an-
wesenden Residenten der Gen.-Sfaaten in ordine ad promovendnm negotium
Unterredung zn pflegen nnd seiner Principale Bedenken zn vernehmen. Es
hat sich dabei herausgestellt: ,,indem man die von der Krone Frankreich
suchende Verstattung des freien Passes dnrch I. Ch. D. v. Cöln Lande
also beschafifen zu sein befunden, dass solche zu mehrer und grösserer
Weitläuftigkeit Anlass geben könnte, dass allerhöchstged. I. Kais. M. von
tragenden Kais. Amt in alle Wege dahin zu sehen obgelegen sein wolle,
damit das Reich in fremde Kriege nit impliciret werde'^
Die Qeneralstaaten haben die Angelegenheit an den Reichstag gebracht,
wie ja auch der Kaiser seinen Commissarien aufgetragen hat, die Stände
des Reichs um Eröffnung ihres Gutachtens zn ersuchen.
Der Kaiser hat aus dem Schreiben Kurcölns wie aus den Memorialien
ersehen . . . , „können aber im übrigen nit absehen (wasmassen wider Dero
Ministros darinnen einige Klag geführet werden wolle, samb dieselbe beflissen
und bemühet gewesen sein sollen, obbesagte Ihrer M. und des Heiign. Rehs.
Stadt Cöln in ged. Herrn Oeneralstaaten Hände zu spielen und mithin auch
die katholische Religion selbst in Gefahr zu setzen): aus was für Funda-
ment und Ursach I. Churf. D. Dero Eaiserl. M. Ministros^) mit so harten
Zulagen anzuschuldigen bewegt sein mögen. Einmal können I. Maj. solchen
starken Anzüglichkeiten kein Statt geben sondern (wann man der Sachen
wahrer Beschaffenheit änderst sich recht informiren lassen will) der bestän-
digen Zuversicht, man werde mehr besagte Kaiserliche Ministros mit solchen
beschwerlichen Zulagen allerdings verschonen.'^
Schliesslich habe der Kaiser das Vertrauen, es werde „I. Gh. D. Sich
bei obged. Rheinbergischen Restitutionswerk, und was darvon dependiren
möchte, dem gemeinen Vaterland zum besten also friedsam und geneigt
erweisen, damit M^^^^^S^^^^ daraus abnehmen könne, dass Sie an Ihrem
Ort nichts erwinden lassen, was zu Erhebung des von I. Kais. M. bei Voll-
ziehung der gütlichen Handlung intendirenden Zwecks immer mehr habe
erspriessen können."
Die vom Kaiser verordneten Commissarien bei den Gölner Verhandiaogen.
Die betreffenden Schriftstücke vereinigt Londorf Act. Pnbl. IX, 862 fgg.
13^
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196 I- Zur Vorgeschichte des deutsch- französisehea Krieges. 1671. 1672.
D. Der Kaiser an Marquis de Grana^).
Dat. Wien 9. März 1672.
[Betraut ihn mit efner Gesandtschaft an die Färstbiscböfe von Paderborn und
Munster.]
9. Mars. • • . ^Wir haben Dir bei dieeeiD gn. anbefehlen wollen, wann änderst
der dasige Zastand Deine Abwesenheit von Cöln ohne Gefahr and Ver-
abs&umnng des allgemeinen Wesens Dienstes so lang erdnlden kann, dass
Da Dich alsbald za des Bischofs za Paderborn And.*) verfügest
and beweglich vorstellest, in was Gefahr der ganze Stift Münster so wol
circa spiritualia als temporalia sich setzen würde, da selbigen Bischofs A.
die Generalstaaten der Vereinigten Niederlanden (mit welchen sich leichtlich
einige protestirende Chor- ond Fürsten conjungiren machten) zu einem
Krieg veranlassen sollte, nnd wie dannenhero S. A. als Coadjutor zu seiner
Zeit ob dnbinm belli eventnm das Bisthnm entweder gar nit oder wenig-
stens in einem ganz ruinirten Zastand za erlangen haben würde, allermassen
dessen der nächstvorgeweste dreissigj&hrige Krieg genngsame Ezempla vor-
bilden thäte.*'
Die Gefahr soll der Gesandte dann im selben Sinne dem Fürstbischof
von Münster remonstriren, „vorhero aber daraas mit S. des Bischofs za
Paderborn And. vertraalich commnniciren and Sie in Unserem Namen an-
gelegentlich ersachen, dass Sie Ihro belieben lassen möchte, wonicht darch
eine gesamte Abscbickang, wenigst durch ein nachdrückliches Schreiben
Deine an erm. Bischofs za Münster And. obhabende Negotiation zn be-
gleiten^'
„Schliesslich weil Wir glaubwürdig berichtet, wie dass die Stadt Cöln
denen Franzosen zu hundert stark ond männiglich den freien Ein- nnd Aas-
gang ohne einiges Anfragen vergönnet, voller Frembden, so häufig bestän-
dige Quartier bestellet, sich befindet, und also schlechte Obsicht ihrer
Sicherheit haltet, wollest Du gehöriger Orten zu besserer Anstalt und Ge-
wahrsamb einige Erinnerung thun.'*
Der KurfUrst an Kaiser Leopold. Dat. Coelln a. d. Sp.
25. Maerz 1672.
[Erwartet Goes. — Werbeverbot. Ist för gütliche Beilegung der Rheiubergi-
scben Sache.]
4. April. ^^' ^^^^^ ^^^ Kaiser für seine Mitteilungen und für die damit be-
I wiesene Sorge um des Reiches Wolfahrt. Nach der Rückkehr des Fr hm.
I von Ooes, der Ja schon eine Zeitlaug am brandenburgiscben Hofe gewesen
') Kaiserlicher Oommissarius in Cöln.
^ Ferdinand li. von Furstenberg.
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HilA9gesach des Kf. an Kaiser Leopold. 197
18t, mid dessen Wiederkommen man bestimmt erwartet, wird Ef. mit diesem
die Sachen besprechen.
Die y, Verfassung'^ hält Kf. für nötig; so lange es freilich im Reich
damit so langsam daher gehe, solle sich ein Jeder in Postur setzen. —
Die Werbungen hat er in seinen Landen schon untersagt; zweckvoll
würde ein Verbot sämtlicher Werbungen für Answärtige sein. — Die
Rheinbergische Sache mag im Haag, unter Beteiligung anderer Kur* und
Fürsten^ wenn möglich auf gütlichem Wege beigelegt werden.
Der Kurfürst an Kaiser Leopold. Dat. Coelln a. Sp.
3./13. Mai 1672. Conc. v. Somnitz.
[Befärchteter Einmarsch der FranzoBen in seine rheinisch- westfälischen Gebiete.
DriDgendes Hilfegesach. PräteoBion Kurcölne auf Lippstadt.]
Ew. Kais. M. kann ich gehorsamst nicht verhalten, wie dass ich id. Mai.
gleich itzo von meinen Bedienten aus dem Glevischen durch einen
Expressen berichtet werde '), dass die französische Arm6e gar stark in
Anmarsch sei, nnd ein Theil derselben vor die Stadt Göln, um sich
derselbigen zu bemächtigen, und dann vor meine Stadt in der Graf-
schaft Mark, die Lippstadt, selbige gleichfalls zu belägern, anch eine
Schiffbrücke zu Ruhrort im Glevischen zu schlagen, damit sie die
Westphälischen Lande desto besser invadiren können, entschlossen;
gestalt dann des Bischofs von Strassburg Ld. in Schreiben an
Uns Sich vernehmen lassen, dass Chur-Coln eine alte Praetension auf
die Lippstadt machte, welche aber ganz und gar nicht fundiret ist
und nimmermehr zu recht wird behauptet werden können.
Gleichwie ich nun nicht nöthig achte Ew. Kais. M. vorzustellen,
was bei so gestalten Sachen f&r eine Gefahr dem Rom. Reich da-
durch zustehe, und wie die allgemeine Ruhe, Friede und Sicherheit
werde tnrbiret werden, absonderlich wie meine Clev-Märkischen und
Ravensbergischen Länder in Gefahr und äusserste Ruin gerathen, auch
was ftlr grosses Praejudiz nicht allein mir, sondern auch dem ganzen
Westphälischen Kreise und allen denen Benachbarten daraus entstehen
würde, und ich mich dann kraft der mit Ew. Kais. M. getroffenen
Allianz') einer mutuellen Assistenz versichere, als hoffe ich unterthänigst,
Ew. Kais. M. werden mich nicht lassen, sondern in Dero Kaiserlichen
Schutz mich gnädigst halten, auch wann dem Ruf nach die Lippstadt
sollte attaquiret werden, die vermöge solcher Allianz verglichene
Ö^Vgl. oben S. 120 fgg.
s) Die Allians vom 10. Mai 1666.
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198 !• Zur Vorgeschichte des dentocb-fraososischen Krieges. 1671. 1672.
Hülfe mit dem allerforderlichsten ttberschicken, gestalt ich Ew. Kais.
M. desfalls gar inständigst unterthänigst implorire, nicht zweifelnd,
Sie werden allergnädigst gernhen, mir nicht allein auf den Nothfall
damit, sobald immer möglich, aufs schleunigste zu willfahren, sondern
auch die nachdrClckliche Verordnung kraft tragenden Kaiserlichen Amts
an die benachbarte Kreisstände ergehen zu lassen, dass sie aller
fremden Gewalt sich mit gehöriger Macht entgegensetzen und con-
junctis viribus alle Invasiones ins Boemische Reich zurttcktreiben sollen.
Kaiser Leopold an den Kurfürsten. Dat. Wien 30. Mai 1672.
[Auf das letzte Schreiben vom 13. Mai. Sicherang Golns.]
30. Mai. Der Kaiser ist erstaunt and befremdet über den Bericht, ,,da die Ghur-
nnd Stadt- Cöloische Streitsache vermittelst der von mir angeordneten
Kaiserl. Commission darch Chnr-Mainzens, Char-Triers und Ew. Ld. Sab-
delegirte in Nenlichkeit erst provisionaliter verglichen und von mir auf der
interessirten Theilen gebürendes Ansuchen confirmiret worden ; da man auch
an Seiten der Krön Frankreich keine Bescheinigung, viel weniger einig
billige Ursach zu dergleichen Vorhaben ersinnen kann."
Der Kaiser hat in der Sache an Kurmainz und Kurtrier geschrieben,
auch seinem Reichshofrat und bestellten Obristen Marchese de Sarona,
Carretto und Grana aufgetragen, bei einem feindlichen Angriffe die
Stadt Göln zu veranlassen, dass sie die Recess-Commissarien an den
Tbatbestand erinnert; dass also die betreff. Fürsten auf Orund des vom
Kaiser approbirten Provisionalvergleichs ihre eigenen Völker unverzüglich
zu Hilfe schicken.
Des zwischen ihm und dem Kf. aufgerichteten Bündnisses weiss sich
der Kaiser zu erinnern und h< sich hinsichtlich Lippstadts zur Hilfe ver-
pflichtet.
Anliegend Schreiben Kaiser Leopolds an Kurmainz und Knrtrier d. d.
Wien 30. Mai 16*72, welches auf Grund der vom Kf. gemachten Mittei-
lungen das Vorgehen und die Absichten der Franzosen meldet und Hilfe
für die Stadt Cöln empfiehlt.
Der Kurfürst an Kaiser Leopold. Dat. Coelln a. Sp.
3. Juni 1672.
[Gewaltmassregeln der Fransosen im Clevischen.]
13. Juni. ^^m Kaiser ist bekannt, dass der König von Frankreich eine grosse
Anzahl Eriegsvölker auf des Reiches Boden gesandt hat, verschiedene an
den Grenzen des Reichs wolbelegene Oerter befestigen lassen und nun-
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Einmarsch der FraDEOsen. Anhalt nach Wien. 199
mehr mit einer weit grösseren Macht selbst gefolgt nnd ins Reich gegangen
ist; ferner dass sich einige Knrcölnische und Münsterisohe Truppen dabei-
gefügt haben sollen.
Fflr jetzo kann ich nicht umhin Ew. Kais. M. unterth. zu be-
richten, wie dass höehstbem. König in meine Clevisohe Lande ge-
gangen und zwene feste Oerter darin, als Wesel und Orsoy, zur
Uebergabe gezwungen. Auf dem platten Lande besagten Herzog-
tbums sind verschiedene Hausleute erschossen, Häuser ausgeplflndert
und abgebrannt, das Getreide auf dem Feld zertreten und das Vieh
weggetrieben. Dabeneben werde ich aueh berichtet, wie der Herr
Bischof von Mttnster die Grafschaft Lingen mit seinen Völkern be-
leget undt die Einwohner zur Huldigung gezwungen.
Ef. wünscht, dass die Sache vor den Reichstag komme, and er wieder
za dem Seinigen gelange.
P. S. Ef. hat eben erfahren, dass der französische König ,)yon den
Städten, die er eingenommen, einen Eid hat abnehmen lassen.^ ^)
d. d. Wien 8. Juni 1672 nimmt der Kaiser hinsiohtlich der neaenS. Jnoi.
Mntnalassistenz Bezug anf die inzwischen erfolgte Gesandschaffc Anhalts.
ß. Anhalts erste Negotiation nach Wien.
Pnncta so Wir des Dürchleuchtigen Hochgebornen Fürsten
Unsere frenndHchen Heben Vettern, Schwägern, Gevattern,
Statthalters Unserer Chur- nnd Mark Brandenburg und Gene-
ral-Feldmarschalls Herrn Johann Georgen Fürsten zu Anhalt
• . . Ld. am Kaiserlichen Hofe zu negotiiren freundvetterlich
aufgetragen. Dat. Coelln a. Sp. 4. Mai 1672.
Conc. y. Somnitz.
[iDBtmction fnr den Fürsten Jobann Georg von Anhalt-DesBan.]
1. Der Fürst hat in Wien wie nnterwegs nnr seine eigenen nnd seiner 14. Mai.
Schwester, der verwittweten Herzogin zn Liegnitz nnd Brieg An-
gelegenheiten als Vorwand seines Besuches am Eafserhofe anzngeben.
2. ^ünd weil die Sachen durch Fürst Lobkowitz wol am besten
des Orts zn incaminiren nnd zu befördern, als werden I. Ld. selbigem das
Handschreiben, so Wir an ihn abgehen lassen, zustellen und dabei den
Hauptzweck Ihrer Beise eröfifnen, ihn auch daneben ersuchen, dass er bli
I. Kais. M. das Werk, so zu des Kelchs nnd Ihrer Kais. M. eigenem hohen
Dem Schreiben liegen Berichte bei d. d, Dinslaken 6. Juni, Esaen 5. Juni,
Wesel 5. Juni, Essen 7. Juni,
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200 1* Zur Vorgeschichte des deatsch-firanBÖsisohen Krieges. 1671. 1672.
Rahm nod Aafnehmen aogesehen, aafs beste seenodiren und befördern, auch
dergestalt Ihrer Ld. Äudiens za Wege bringen möchte, dass es ohne son-
derlich Anfsehen zngehen und I. L. also angenommen nnd bei M&nniglich
angesehen werden möchten, als wann Sie nnr in Ihren eigenen Geschäften
daselbst so thnn hätten.
3. Bei erlangter Audienz bei L Kais. M. werden I. L. nach Ueber*
reichung Unseres Handschreibens und abgelegten Carialien gebührlich
Deroselben fürtragen, wie Wir nnnöthig achteten, Ihrer Kais. M. die Ge-
fahr, worin das Römische Reich schwebete, fürzustellen.
Welchergestalt I. Kais. M. als das Haupt desselben selbige zq Herzen
nähmen, könnte Uns leicht furstehen, and hätte Uns Dero Beichshofrath
der Baron deGoes deswegen mehrere Nachricht ertheilet. AHein roüssten
Wir beklagen, dass, da nnnmehro eine geraume Zeit hero fremde Völker
auf des Reiches Boden geführet, desselben Frontier-Städte, auch mitten
im Reiche gelegene feste Plätze, mit denselben Völkern belegt und forti-
ficiret würden, die beste Mannschaft in Teutschland für Fremde auch von
Teutschen Fürsten selbst weggeworben und Fremden zugeschicket würden,
dagegen aber keine Mittel zur Sicherheit und Abwendung der vor Augen
schwebenden Gefahr ergriffen würden: So hätten Wir hierunter zu Ihrer
Kais. M. Uns wenden und Dieselbe ersuchen müssen, Sie wollten dergleichen
Gonsilia ergreifen, die dem Römischen Reich erspriesslich, und dadurch
dasselbe für äusserlichem Eintrag und Ueberfali beschützet und die Zer-
gliederung desselben verhütet werden möchte. Und weil Wir Uns, als ein
getreuer Churfürst des Reichs schuldig erkennen, Ihrer Kais. M. hierunter
der Gebühr mit Rath und That an die Hand zu gehen, so hätten Wir das
Werk sorgfältig erwogen nnd dabei nicht unterlassen, auf die Reichsver-
fassung ein Abseben zu haben. Weil aber bekannt, wie langsam es damit
herginge, und wie schwer die Stände zur Einigkeit zu bringen, da der eine
dieses, der andere jenes Absehen hätte, die Gefahr aber, welcher zu be-
gegnen wäre, immer zunehme und also beschaffen, dass die Mittel, womit
selbige abzuwenden, aufs schleunigste es möglich >) an Hand zu nehmen und
zu Werke zu richten, so könnten Wir nichts zuträgiichers ersinnen, als
wann I. Kais. M. resolviren wollten, einige ansehnliche Trappen
näher dem Rheinstrom aufs schleunigste gehen zu lassen, um
daselbst auf des Reichs Sicherheit Acht zu haben. Wir zweifelten nicht,
dass einige wolmeinende Stände des Reichs dergleichen tbun würden, und
Unseres Orts macheten Wir Uns anheischig, Ihrer Kais. M. gebührlich an
Hand zu stehen und gleichfalls einige Truppen dahin zu schicken.
4. Gefiele es auch Ihrer Kais. M. deswegen, und wie sothanes Defen-
sions-Werk anzustellen, mit Uns absonderlich Sich zu vernehmen
und die Praestanda von einer und andern Seite festzusetzen,
würden Wir Ihrer Kais. M. gnädigstem Gefallen Uns hierunter accommo-
diren und in allem Uns also erweisen, dass Dieselbe im Werk erspüren
*) Origin.
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Anhalt! Instraction nach Wieu. 201
möchten, wie Uns Dichts lieben, als Dero wolgemeinte Intention nach
höchster Möglichkeit zn befordern.
5. Wir lassen Uns hiebei fürstehen, I. Kais. M. entweder selbst oder
durch Dero Ministros bei einer Conferenz hierunter einige Bedenken
werden fttrstellen und dabei Sich nichts desto minder auf die Reichs-
Verfassung und auf die Allianz, so Sie mit einigenChnr- und Fürsten des
Reichs getroffen, berufen und Uns gleichfalls verweisen, daneben auch die
Türkengefahr und das Polnische Wesen, und wie darauf zu reflec-
tiren, möchten vorstellen lassen.
6. Was nun die Reichsverfassnng belanget, so ist deswegen al-
schon Erwähnung geschehen und sonsten wol bekannt, dass bis hieher von
den Französischen Mötibus und Attentats im Reiche nicht das geringste
zu Regensburg ins Mittel gebracht, auch solcher wegen auf keine
Gegenyerfassung gedacht, weit weniger etwas zu Werke gerichtet sei. So
hat man auch wegen Churcölnischer, Ghurbayrischer und deren Adhaerenten
starken Contradiction nicht zu hoffen, dass man daselbst, und znmalen so
bald als nöthig, zu einem guten Schlüsse und viel weniger zu wirklichen
Defensionsmitteln gelaogen werde.
7« Die Allianz anreichend, so I. Kais. M. mit einigen Ghur-
Qud Fürsten getroffen, isfs an dem, dass darin ein schlechter Zuschub
und Assistenz an Volke versprochen, worauf nicht sonderlich Staat zu
machen und bei einigen die Erhöhung nicht zu erhalten. Einige Stände
als Chur*Trier und andere sein dergestalt mit Französischen Völkern um*
geben, dass, wo ihnen nicht von einer anderen Seiten oder durch andere
Mittel Luft gemachet und geholfen wird, sie nichts bei der Sache thun
können. Einige als Munster möchten, dem Rufe nach, eher wider als
für die AUiirte ihre Waffen gebrauchen. Einige von den Alliirten, als die
Sächsische und Brandenburgische Häuser, sein in ganz keiner Verfassung.
Doch sein Wir nicht abgeneigt, auch in solch Bündnis mit zu treten und
sobald deswegen eine Zusammenkunft von I. Kais. M. beliebet und inti-
miret wird, auch die Unsrigen dahin zu senden. Wir können aber
nicht absehen, wie angezogener Ursachen wegen auf diese
Allianz Staat zu machen oder daher, sobald als die Conjuuctnren es
erfordern. Hülfe, und zwar zulängliche Hülfe zu gewarten.
8. Die Türkenge fahr belangend ist selbige annoch ungewiss, und
könnte soviel, als I. Kais. M. an Mannschaft nach dem Rhein wärts schicke-
ten, durch das Reich unschwer ersetzet und noch wol ein mehres
dabei gefuget werden; wie Wir dann deswegen alle gate Ofißcia treulich
anwenden wollten.
9. Was das Polnische Wesen betrifft, sein Wir der Meinung, man
hätte zuvörderst dahin zu sehen, dass die Misverständnis zwischen dem
Könige und den Ständen gehoben nnd beigelegt würden, woranf dann die
Defensionsmittel wider den auswärtigen Feind von selbsten folgen würden.
Dabei sein Wir des Erbietens, dass wann der König sich Uns vertrauen
nnd Unsere Preussische Unterthanen, die mit ungegründeten Querelen wider
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202 I* ^^^ Vorgeschichte des deatoch-fraozoli sehen Krieges. 1671. 1672.
die Pacta bei I. M. sich angeben, den Pactis zufolge Yon sich ab- and an
Uns yerweisen würde, Wir bei der guten Partei und die ob dem EidCi so
sie Ihrer M. einmal geleistet, fest halten, wie auch bei denen, so etwa
andere Meinungen führen, Unser äusserstes thun wollten, dass das Miss-
trauen gehoben und gutes Vernehmen wieder gestiftet würde. Wie dann
Ihrer Ld. bekannt, dass Wir gute vornehme Leute im Königreiche Polen an der
Hand haben, die dabei viel gutes thun könnten, auch Unser Einrathen und Er-
mahnen bei der andern Partei nicht so gar aus Augen gesetzet werden möchte.
10. Ueber dem, was die Türkengefahr belanget, so sein Wir ent-
schlossen Ihrer Kön. M. an Mannschaft 1500 guter Soldaten zuzusenden,
worunter 600 Dragoner begriffen, die Wir doch, wann Wir auch den Pactis
schnurstracks inhaeriren wollten, nicht schicken dürften. Haben Uns auch
daneben erboten, I. M. mit einiger Munition gleichfalls eztra Pacta aus-
zuhelfen, sein auch über das nicht abgeneigt, dem Könige erheischen-
der Nothdurft nach aus Unserm Herzogthum Preussen mit
mehrer Mannschaft zu assistiren;
11. und werden solchem nach I. Ld. aufs beste sich bemühen und Ihr
angelegen sein lassen, I. Kais. M. zu Sendung einiger wirklichen
Hülfe oder auch zu einer Particular- Verbi ndung mit Uns, so
anf die jetzige Conjuncturen gerichtet, zu bewegen;
12. wobei dann, wann I. Kais. M. Sich dazu verstehen und aufs wenigste
4000 Pferde und 2000 zu Fuss senden wollten, Wir Uns erbieten, ein
m
Corpus von -r^" Mann dabei zu fügen.
13. Dabei dann Ihrer Kais. M. yorzustellen, dass die Fussvölker,
insonderheit der Stadt Cöln halben, nöthig wären, damit Sie aufn
Nothfall in den Ort geworfen werden könnten;
14. und wann bei Ihrer Ld. Anwesenheit nur die Sendung solcher 4000
zu Ross, wie auch derselbigen schleuniger Aufbruch von I.
Kais. M. resolviret, auch dass sie nnter Unserm Commando stehen soll-
ten, festgestellet, könnte das übrige hernach wol verabredet werden. I. Kais. M.
können von selbst leicht erachten, wie Dero Kaiserliche Autorität und blosser
Name die gute Partei stärken und des Reichs Defension befördern würde.
15. Hiernächst sein auch I. Kais. M. zu ersuchen, bei Ghnr-
Sachsen Erinnerung zu thun, damit Sie Sich in Verfassung setzen
und mit herzutreten möchten.
16. Weil auch die Stadt Cöln nicht wol versehen, wann dergleichen,
wie ihr gedräuet wird, wider dieselbe sollte vorgenommen werden, so ist
Ihrer Kais. M. fürzustellen und Dieselbe zu ersuchen, dass Sie den Ort
mit Ihren Völkern besser besetzen, oder, da es nicht sein könnte, dass
weil aus den Spanischen Niederlanden solcher Ort am schleu-
nigsten secouriret werden könnte, I. Kais. M. solchen Secours
bei dem Gouverneur des Orts*) vermitteln wollteu.
^) Heisst: dem dortigen Gouverneur; nämlich Qraf Monte rey. Vgl. oben
S. 118.
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Anhalts iDstnioüon Dach Wien. 203
17. So ist auch Ihrer Kais. M. za hinterbringeo, wie Wir berichtet
werden, dass auswärtige hohe Kriegsofficirer die Lippstadt
nebst der Gegend daherum fleissig recognosciren^ anch die
Cöinisehe Ministri einer alten Praetension, so Chnr-Göln daranf machen
soll, wiewol ohne einigen Ornnd, Erwähnung thuu, wannenhero Wir in
Sorgen stehen, dass der Ort attaqniret werden möchte; und anf solchen
Fall ersuchen Wir gleichfalls I. Kais. M. Uns mit zulänglicher Hülfe zu
asBistiren, in mehrer Betrachtung, dass dem ganzen Westphälischen Kreise
an dem Orte gelegen.
18. Sollten I. Kais. M. weder zu Absehickung Dero Truppen näher dem
Rhein, um sich mit Uns und anderen, so des gemeinen Wesens sich an-
nehmen möchten, zu conjnngiren, noch zu einer particulieren Allianz, so
auf dieses Wesen einzurichten, verstehen wollen; so seind Sie der Alli-
ans, so Wir mit Derselben Anno 1660 aufgerichtet und Anno 1666
wieder renoviret, zu erinnern und zu ersuchen, weil die Gefahr vor
der Thür, dergleichen Anstalt gn. zu machen, dass Wir der darin yer-
sprochenen Assistenz zu rechter Zeit gemessen könnten.
19. Weichergestalt Sich L Ld. bei dem Französischen, Spanischen
und anderen publicis, wie auch Kaiserlichen Ministris zu be-
tragen, deswegen achten Wir unnöthig etwas zu erwähnen, weil Dero-
selben Unsere Intentiones wol bekannt und Sie ohne das alles Dero hohen
Dezterität nach, Unserm zu Deroselhen gesetzten sonderbaren freundvetter-
lichen Vertrauen zufolge, wol mesnagiren und anstellen werden.
20. Absonderlich werden I. Ld. Fürst Lobkowitz versichern,
dass Wir Uns seine Interessen allerwege wollten aufs beste recommandiret
sein lassen und demselben alle Gefälligkeit erweisen.
21. Sonsten ist bekannt, wie der Ausschlag bei der Wahl Ihrer
Kais. M. auf Uns angekommen, und als Wir denselben für I. Kais. M.
gegeben, Wir dahero bei den auswärtigen Königen grossen Undank ver-
dienet, auch viele Widerwärtigkeit empfunden. Dessen können I. Ld. die
Kaiserlichen Ministros vertraulich erinnern, es ihnen zu Gemüthe führen,
damit an Unsere in der Wahrheit erwiesene Treue gedacht und derselben
wieder bei diesen Occureutien der Gebühr begegnet werde.
22. Endlich werden I. Ld. aus dem copeilich beigefugten Ez-
tract ersehen, was ein vornehmer Reichsrath in Schweden
gegen Unsern Abgesandten, den von Brandtim Vertrauen erinnert^), was
wegen der Churcölnischen Proceduren vorzunehmen sein
möchte, welches dann I. Ld. mit guter Manier, Dero beiwohnenden hohen
Dezterität nach, Ihrer Kais. M. werden zu hinterbringen wissen und Dero
gn. Gutachten darüber vernehmen.^
Von dem gleichen Dat. der Instruction sind die Creditife (eigenh.) an 14. Mai.
Kaiser Leopold, die regierende Kaiserin, die Kaiserin- Wittwe, den Fürsten
Im nächsten Bande; Braadenbar|^ und Schweden,
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204 I* Zar Vorgeschichte des deutsch-fransösiseheD Krieges. 1671. 1672.
Lobkowitz. Desgleichen die kf. liehe AssignatioD auf 1000 Rthlr. zu der
Wiener Reise ans den Legationsgeldern.
22. Mai. d. d. Wien 12. Mai 1672 abends 8 Uhr^) meldet Anhalt karz seine
eben erfolgte Ankunft in Wien.
Anhalt. Relation. Dat. Wien 16./26. Mai 1672.
[BegrüssoDg und eingehende Unterredang mit dem Forsten LobkowitE. Einfluss
der Kaiserin- Wittwe. Markgraf Hermann von Baden hier. Nachrichten vom
Kriegsschanplatse. Lobkowitss Indisposition.]
26. Mai. Der Kaiser verweilt in Lazenbnrg. Anhalt wendet sich hier in Wien an
den Fürsten Wenzel Lobkowitz nnd meldet sich bei ihm znr Visite.
Ehe es dazu kommt — L. hatte sich mit gehäuften Oesch&ften entschuldigen
lassen — begegnen sich beide vor des Gesandten ,,Losement, der weisse
Schwan, welches das nächste Hans an des F. Lobkowitz Hans ist'S ^^
14. nachmittags. Bewillkommnang.
Er empfieng und embrassirte mich mit grossen Freuden, nnd als
er in meine Kammer eintrat, und wir uns beide setzeten, vollbracht
ich gleich Ew. Ghurf. 6n. gn. Befehl und nach abgelegtem Gompli-
ment eröffnete ich ihm den Hauptzweck meiner Anherokunft vermöge
der mir mitgegebenen gn. Instruction, überreichte ihm Ew. Ghurf. Gn.
Handschreiben, welches er mit grossester Veneration empfieng und
solches zweimal kttssete, und eröffnete ihm, was ich im Befehl hätte
Ihrer Kais. Maj. allergehorsamst anzutragen, mit Zuthunng alles des-
jenigen, so meine mir mitgegebene Instruction in sich hielt. Lob-
kowitz dankte und lobte des Kf. „generense Intentionen.''
Hierauf fieng er trefflich an zu raisonniren, von dem itzigen Zu-
stand des Rom. Reichs, von des Königs in Frankreich weitaussehendes
desegno, von der sohlechten Verfassung im Reich, von der Gefahr, so
daraus zu gewarten, und sagte diese Wort, doch in höchstem Ver-
trauen: |:,ich weiss gar wol, dass Frankreich durch diesen Krieg
anders nichts als perniciem S. Imp. Rom. suchet. Unser Hof ist be-
rufen, dass alles gar schl&frig daher gehet. Nachdem wir aber so
von Ew. Ghurf. D. aufgemuntert werden, so wollen wir uns diesmal
aus diesem übelen Ruf bringen.' Ich kann sonsten nicht genugsamb
rtthmen die ttberaus grosse Höflichkeit, mit welcher er mir begegnet,
und mit was grossem Respect er von Ew. Ghurf. Gn. hohen Person
und heroischen Conduite und Actionibus discourirte. Er sagte mir
auch im höchsten Vertrauen, dass an der ausgebrachte Türken [ge-
Anhalts Relationen sind, wo nichts im Texte angegeben, stets eigen-
handig. Die Orthographie ist möglichst gewahrt.
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Anhalt in Wien. Gespräche mit und über Lobkowitz. 205
fahr? fehlt] es nicht viel zu bedeuten h&tte. Ihre Kais. M. würden
noch aufs neue auf -^ Mann innerhalb 8 Tagen Patenta ausgeben,
es würde sich alles wol schicken, nur wollte er treulich anrathen,
dass man fein nach der Ordnung verfahren möchte. Erstlich müssten
festgestellet werden die foedera, darauf die consilia, endlich reme-
dia et operationes.
Ich antwortete darauf, dass dieses mir auch der rechte Modus zu
sein anschiene, inzwischen aber und zur Gewinnung der Zeit würde
höchst nöthig sein, dass der Kaiser die Regimenter zu marchiren be-
orderte :| ; womit er auch ganz einig war und versprach, darzu alle gute
OfBcia anzuwenden. Nach vielen andern Discoursen von Staatsachen,
so recht remarquabel und meines Bedünkens von grosser Prudenz
waren, welche über eine grosse Stunde wfthreten, nahm er gegen
7 Uhr abends seinen Abscheidt und fand für rathsam, dass ich mich
möchte bei dem Obersten Eammerherm dem Grafen von Lam-
berg anmelden lassen, um mich bei Ihr. Kais. M. anzugeben und
Audienz zu verschaffen. Er liess ihm auch sehr wol gefallen, dass
Ew. Churf. Gn. dieses Werk in grösster Geheimb tractiret wissen
wollten, und versprach es dahin zu richten, dass etliche wenige ge-
heimbte R&the, derer I. Kais. M. Sich in den geheimbsten Sachen
zu bedienen pflegten, darzu gezogen werden sollten, weil quae plus
quam tribus nota sunt, non occulta. {:Des Fürsten von Lobkowitz
Erbieten kann nicht besser sein-, Gott gebe, dass die Effecten auch so
folgen mögen. :|
Am folgenden Tage sendet Anhalt einen Cavalier an den Grafen
Lamberg mit dem Handschreiben an S. Maj., hält um Andienz an
und wird auf den n&chsten Tag den 16./26. nachmittags zwischen 2 and 3
nach Lazenbnrg beschieden. Er hält sich zur Ausfahrt fertig und schliesst
jetzt am Mittag, ehe er geht, diese erste Relation. Vielleicht wird er nach
seiner Rückkunft (bis zum Schiuss der Post am 8 Uhr) noch Zelt finden
einiges hinzuzufügen.
Nach jener Unterredung am vorgestrigen Abend ist Fürst Lobko-
witz sogleich gegenüber zn den Kapuzinern gegangen, hat den Pater
Emerich^) abgeholt und ist mit ihm in die Favorite zn der verwittweten
Kaiserin') gefahren, welche dem Bericht nach über Anhalts Ankunft sehr
erfreut sein soll und zn Lobkowitz gesagt hat, als er ihr von dem branden-
burgischeu Anbringen Mitteilung gemacht: ^ambrasciate questa occasione
Des Kaiaers Beichtiger, ein Ungar aus der Familie Sinelli.
>) Eleonore Gonzaga, Wittwe Kaiser Ferdinands III.
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206 I- Zur Vorgeachiohte des deatsch-franzöBisohen Krieges. 1671. 1672.
a dne braccbi^. Markgraf HermanD von Baden hat es mit angehört and
ihm im Vertraaen erzählt.
Erwähnte Kaiserin soll ein überaus gross Pouvoir ttber den
F. Lobkowitz haben, and wann Spanische und Polnische Interesse
darunter versiren, sich sehr eifrig erweisen; sobald als ich werde
meine Audienz erhalten haben, so will ich ihr fleissig aufwarten,
weil sie gern haben mag, dass man sie von Affaires,' sonderlich von
solchen, welche in ihren Kram dienen, sprechen mag; ihr Wort soll
viel bei dem Kaiser und bei den grossen Ministris gelten.
Markgraf Hermann voo Baden — Anhalt hat gestern und vor-
gestern mit ihm gespeist — ist schon acht Monate hier, indem er sich
eifrig bemüht den Kaiser zn bewegen, dass er sich mit Spanien zur Assistenz
für Holland bereit erkläre. (Ein von demselben aof kaiserlichen Befehl
abgefasstes Memorial folgt bei.) — Der Markgraf hat anch erzählt, dass
nach dem Bericht des Mainzischen Residenten hier Marenholtz in Würz-
bnrg angekommen ist^), und zwar znr grossen Freude des Erzbischofs.
P. S. Dem Fürsten Lobkowitz ist der Schenkel diese Nacht
anfgebrochen; er wird daher im Geheimen Rath nm Va 9 Uhr nicht erscheinen.
— Der Reichsvicekanzler Graf Königseck zeigte gestern ein Schreiben
des kaiserlichen Residenten ans dem Haag vom 2./12. Mai, dass man tags
zuvor hätte anf der See stark schiessen hören, so dass man einen Zusammen-
stoss der Flotten vermnten könne. — Heute Morgen hat der Kammer-
praesident OrafSinzendorf ein Schreiben ans Cöln commnnicirt: die
Franzosen hätten sich bereits mit einer Armee vor Mastricht thatsächlicb
engagirt, mit der anderen vor Rheinberg festgesetzt.
|: „Von des Lobkowitz Indisposition kann ich nichts Gewisses iudi-
ciren. Der Graf von Sinzendorf sagte mir im höchsten Vertrauen, der
Kaiser hätte ihm dnrch einen Secretarinm sagen lassen: er wollte nicht
glauben, dass er sich foppete. Liebe hat er wenig, aber bei Allen treff-
liche Furcht.** :|
Der kaiserliche Oberstallmeister hat Anhalt angeboten, sich kaiserlicher
Carossen und Pferde zu bedienen, so oft es ihm beliebe; was er mit Dank
acceptirt.
Der Kurfürst an den FttrBten von Anhalt nach Wien. Dat
Coelln a. Sp. 8. Mai 1672.
[Gute NachriebteD aas Poleo, die hoffentlich der Niederländischen Sache eq
statten kommen werden.]
18. Mai. Ew. Ld. habe ich hiermit nicht verhalten wollen, wasgestalt
diesen Morgen ans Polen gar gute Zeitungen eingelaufen, indem sich
^) Seine mehrfachen Sendnngen oben S. 158 fgg.
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JSiDdrüoke des Eaiserhofes. Audienz io Lazenburg. 207
nieht allein die innerliche Unrnhe stillet nnd die Ukraine sich gänz-
lich accommodiret, sondern auch der Tractat mit Moskau glQcklich
geschlossen, und der Gzar*) den TQrkischen Kaiser') vom Krieg
wider Polen ernstlich abgemahnet, auch auf allen Fall sich mit Polen
wider den Türken zu conjungiren versprochen. Ich zweifele nicht, Ew.
Ld. werden solches alles dort ausf&hrlicher vernehmen, und dannen-
hero in der Ihr aufgetragenen Negotiation desto mehr Facilität finden,
weil die Gefahr vom Türken, wie auch von der bekannten Faction
in Polen, worauf man dorten so grosse Reflexion gemachet, auf diese
Weise fast verschwindet, oder doch von so grosser Importanz nicht
ist, dass sie Ihre Kaiserl. Maj. abhalten könnte^ auf das Werk in
Niederland gebflrende Obacht zu nehmen und einige Völker dahin
gehen zu lassen, zumal man in Polen grosse Ombrage von denen auf
den Polnischen Grenzen stehenden Völkern nimmt und solche von
dannen wegzufahren begehret.
Das besagt im Beischlass: Essentia articalornm instructionis Palati-
natns Cracoviensis (38 articl.)
Anhalt. Relation. Dat. Wien 19./29. Mai 1672.
[AuBführliche Beschreibung der Audienz in Laxenbnrg bei beiden Majestäten.
Oesgleicben bei der KaiserinWittwe in der Favorite. Besuche der Minister.
Unterredungen mit einigen Gesandten.]
Begiebt sich zur Audienz nach Laxenbnrg (am 26.).... Da war der FIuss, 29. Mai.
die Wien, nach zweitägigen ungewöhnlichen starken Regen dermassen
an- und ausgelaufen, das keiner von den Ministris und Hofcava-
lieren sich durchzufahren getrauete, auch alle wieder um nach der
Stadt kehreten. Ich hatte zu allem Glück eine Carosse, die ziemlich
hoch geh&nget war^ mit sechs stattlichen Pferden, und satzete in
Gottes Namen hindurch, zu 5 unterschiedlichen Malen, dass das Wasser
bis in den Sitz hineinlief. Als ich nach Laxenburg kam, waren
alle Brücken weggeschwemmt, und stunden alle Häuser im Dorf bis
an die unterste Fenster im Wasser, dass Keiner als zu Pferd oder
mit Schiffen einer zu dem andern kommen konnte, und war das
allergefährlichste, hart an der Schlossbrücke durch ein tiefes Loch,
welches zwar über 20 Schritt nicht breit, aber wegen des starken
Stroms, so durchfiel, am allerschlimmsten war, zu passiren, gestalt
dann der Strom allerbereits die Kutsche aufhübe, der gute Kutscher
1) Alezei Michailowitsch« Zur Sache Ernst Herrmann, RuBsischer
Staat, III, 693.
^ Mohammed IV.
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208 I- Zur Vorgeschichte des deatsch-fraDEösischen Krieges. 1671. 1672.
aber und stattliche Pferde dennoch sich durchrissen, dass ich also noch
ohngebadet und trocken auf der Brttcken absteigen konnte. Weil
dann niemand sich meiner bei diesem grossen Wasser vermuthet, traf
ich nicht mehr als 8 Trabanten vor des Kaisers Antichambre, alwo
ich hinein gieng, und fand nicht mehr als einen einzigen Gayalier
nebst dem Thürhüter. Als ich nun nach dem Oberkammerherm dem
Grafen von Lamberg fragte, als welcher mir die Audienz auf be-
stimmte Zeit hatte ansagen lassen, so kam er gleich selber in die
Antichambre hineingetreten, empfieng mich sehr höflich und wun-
derte sich, dass ich so glttcklich durchkommen war, sagte, niemand
noch auch I. K. M. hätten yermuthet, dass ich würde haben aus
Wien noch auch hierher kommen können. Bald darauf gieng er
hienein zum Kaiser, kam aber gleich wieder, machte die Thüre auf
und sagte, I. K. M. begehreten, ich möchte nur zu Ihr kommen. Als
ich hienein trat und zur linken Seiten des Schirmes herfBrgieng,
sähe ich den Kaiser ohngef&hr 6 Schritt, weil das Zimmer sehr enge
ist, vor mir stehen. Als ich nun die erste Reverenz machete, giengen
I. K. M. zwei Sehnt entgegen, also dass ich weiters nicht als noch
eine tiefe Reverenz machen konnte. Ihre K. M. hatten Dero Hut
unter den Arm, und die rechte Hand entblösset, weil Sie aber solche
mir nicht reicheten zu küssen, sondern an den Ordre hielten, fing ich
gleich meine Proposition an.
Die abgelegte Propositioo folgt im Wortlaut anbei.
Als ich meine Rede geendigt hatte, fiengen I. K. M. sehr deutlich
und vernemblich an zu sagen: Sie bedankten sich gar sehr vor Ew.
Churf. Gn. treugemeinten guten Wunsch, wären erfreuet, dass Ew.
Gh. 6n. zu dieser Schickung resolviret und Sich meiner Person
hierunter gebrauchen wollen, rühmeten sehr Ew. Churf. 6n. hohe
Sorgfalt bei den itzigen gefährlichen Gonjuncturen, sagten dass Sie
Sich solche sehr Hessen zu Herzen gehen, hätten auch deshalb sich
in bessere Postur gesetzet, bezeigeten ein sonderbares Missfallen, das
auf des Reichs Boden albereits fremde Völker eine geraume Zeit
hero gestanden, und dass theils Reichsstände nicht geringe Anlass
darzu gegeben hätten, hielten Ew. Ch. Gn. treu gemeineten Vorschlag
vor das beste und heilsamste Mittel, und müsse man allem besorg-
lichen Unheil in Zeiten conjunctis viribus consiliis et armis begegnen
und steuern. Sie hätten auch resolviret, Sich in noch weit stärkere
Verfassung ehestes zu setzen, und wäre zu wünschen, dass alle andere
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Audienz bei beiden Majestäten. 209
Churfürsten, Fttrsten uDd St&nde im Reich gleich Ew. Churf. 6n. so
viel Sorgfalt vor das gemeine Wesen Besten^) und so gute Sentimenten
hätten. Sie wollten weiters bei Sich alles dieses der erheischeten
Nothdurft nach überlegen und mit allen Gnaden zugethan verbleiben.
Anhalt dankt für die gnädige Erklärung nnd bittet um Gewährung einer
Resolution, weil das Werk wenig Verzug leidet. Der Kaiser stellt solche
nach gethaner BespreAung mit seinen Leuten in baldige Aussicht. —
Compliment des Gesandten an den Oberkammerherrn wegen zu Wege ge-
brachter Audienz.
. . . Ich Hesse nebst Ueberreichung Ew. 6n. Schreibens durch den
Fürsten von Dietrichstein als Obersten Hofmeister von der re-
gierenden Kaiserin^) mich anmelden und umb Audienz anhalten.
Der kam gleich und begleite mich in der Kaiserin Antichambre, so über
des Kaisers Apartement ist. Als er zur Kaiserin ins Gemach gieng,
kam er bald wieder heraus und sagte, die Kaiserin begehrte zu
wissen, ob ich eine Privat- oder öffentliche Audienz verlangte. Ich ^
sagte, ich stellete alles in Dero allergnädigsten Gutfinden und Belieben,
wornach ich mich allergehorsamst reguliren würde. Bald darauf
kam er wieder und machte mir die Thür auf. Als ich nun hienein
ins Gemach trat, stund die Kaiserin gleich gegen der Thüre über
auf einen grossen Teppicht mit den Rücken dichte an der Wand,
überaus prächtig mit köstlichen Edelgesteinen gezieret, und auf fein
Spanisch sehr artig adjustiret, beide Hände und Arme in einander
geschlagen, rührete sich aber nicht als nur mit den Augen. Als
ich nun das Compliment von Ew. Ch. Gn. und Dero Gemalin Ch. Gn.
auf das beste abgeleget, und ihr mein Ansuchen durch Dero hohen
Credit zu befordern allergehorsamst recommandiret hatte, wurf sie
die Augen auf den Fürsten v. Dietrichstein, und als er zu ihrer
linken Seiten hinzutrat, regete sie ihre Lippen, mochte etwa 6 oder
7 Wort auf Spanisch sagen, jedoch ohne einigen Laut. Darauf machte
mir der Fürst von Dietrichstein in der Kaiserin Namen mit sehr wenig
Worten das Gegencompliment, worauf ich mich dann wieder retirirte.
In der Kaiserin Gemach war niemand bei ihr als die Spanische
Camariere maggiore und der Spanischen Fräulein Hofmeisterin, auch
eine Spanierin. In der Antichambre discourirte ich noch etwas mit
dem Fürsten von Dietriehstein und bekam ein Stück oder 6 von
der Kaiserin ihre Fräulein im Fenster stehend zu sehen. Weil aber
*) Origin .
^ Margarete Theresia, T. König Philipp IV. von Spanien.
Ifater. s. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIII. 14
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210 I* Zar Vorgeschichte des deuUch-franzo Bischen Krieges. 1671. 1672.
das Wasser augenscheinlich wuchs, als hatte ich nicht viel Zeit übrig
zu warten, und musste an eben dieselbe Oerter, alwo das Wasser
einer Hand breit inzwischen höher gewachsen hatte, wieder durchfahren,
welches dann abermals wol^und sonder^ nass zu werden ablief, also
dass ich nach 7 Uhren wieder alhier anlangete.
Des Morgens als den 17./27. dieses Hesse ich durch der ver-
wittibten Kaiserin Obersten Hofmeister den Grafen von Zinzendorf
bei der verwittibten Kaiserin nach Einschickung Ew. Gh. 6n.
Schreibens um Audienz anhalten und bekam zur Antwort, abends
um 6 Uhr wfirden L M. mich in Dero Favorite erwarten. Zwischen
3 und 4 Uhr, als eben der Fürst von Schwarzenberg bei mir
war, kam ein Gavalier von der verwittibten Kaiserin, welche sich
entschuldigen liess, mich selben Tag nicht vor sich kommen zu lassen,
weil eben gegen derselben Zeit I. K. M. von Laxenburg bei ihr an-
kommen und mit ihr speisen würden. Den folgenden Tag aber
' Nachmittag möchte ich kommen, die Stunde, welche mir selber be-
liebte. >- Der Fürst Schwarzenberg') war fast drei Stunden bei
mir und nach vielen Discoursen von den itzigen Lauften verlangete
er sehr zu wissen, woher es doch käme, dass er in allen seinen
Suchen bei Ew. Ghurf. Gn. so unglücklich wäre und alles mit ihm
den Krebsgang gienge. Er erinnerte sich nicht was pecciret zu haben,
wodurch er Ungnade verwürkt hätte, und bäte mich, ihm in Ver-
trauen doch zu entdecken, ob dann gar keine Hoffnung mehr übrig,
in seinen Suchen und Angelegenheiten zu reussiren. Ich gab ihm zur
Antwort, dass ich ihm mit Bestände hierauf nicht antworten könnte,
ich sollte aber doch vertrauen, dass dafern ich bei meiner Wieder-
zurückkunft Ew. Ghurf. Gn. in der That versichern und darthuen
könnte, dass er soviel als an ihm mir eine schleunige und gute
Resolution und Depesche würde mit verschaffen helfen, Ew. Ghurf. Gn.
sonder Zweifel solches consideriren würden. Er sagte darauf: stände
es alleine^bei ihm, so würde der Sachen bald geholfen sein; inzwischen
aber wollte er mich gebeten haben, ihn Ew. Gh. Gn. ganz gehorsambst
zu recommandiren. Ich konnte doch soviel wol abmerken, dass ihm
sehr viel darum zu thun war, und ist kein Zweifel, er wird seinen Gredit
möglichst hierinnen employiren, gestalt er es auch sancte versprochen hat.
Empfängt die Besuche des Fürsten v. Dietrichstein, des Grafen
') Kürst Adolf, Sobo des EurbraDdenbargischen Ministers Adam Schwarzen-
berg (t 1G41), Praesident d. Reichsbofrats.
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Besucbe der Mioister. Audienz bei der Kaiserin- Witt we. 211
Koenigseck, Reichsvicekanzlers, des KammerpraesidenteD von Sinzen-
dorf, des Gen.Lieateo. Montecuccoli. Letzterer empfiehlt sich ganz
besonders ... £r erwähnte unter anderen Discoursen, dass er hoffete
noch einmal im Felde Ew. Churf. Gn. unterthänigst aufzuwarten, hatte
gleich einen Brief bekommen durch einen Couriren vom Gross-Ve-
zier*), welcher alle gute Freundschaft und friedliche Nachbarschaft ver-
sichert. Die Türken seind im vollen Marsch und gehen durch Moldau,
also dass man hier und in Ungarn diesmal ganz sicher zu sein scheinet.
Die Ukraine dürfte wol einen Anstoss leiden. Die Polen verlangen keinen
Saccurs von kaiserl. Völkern, aber sehr nach Geld. Der Feldmarschall-
Lieutenant Heister befiehlet sich auch Ew. Churf. Gn. unterthänigst.
Den 18. abends umb 5 Uhr führe ich naus in die Favorite
und hatte bei der verwittibten Kaiserin Audienz, auch pri-
vatim, waren nur zwei Dames bei ihr im Zimmer. Als ich mein
Compliment geendet hatte, sagte sie zu mir lächelnde, auf teutsch:
,Sie müssen mir vergönnen^ dass ich weltsch') antworte; ich weiss, Ew.
Ld. verstehen das weltsche', machte darauf eine sehr majestätische
Mine und bezeigete in ihrer Antwort, dass Ew. Ch. Gn. guter
Wunsch und Erbieten sehr angenehm war, und wann Sie Ew. Churf.
Gn. nennete, sagte sie allzeit ,1a Sua Altezza elettorale^ Sie trat sehr
nahe zu mir zu und sagte mir mit leiser Stimme: Der Kaiser hätte
ihr Part von meiner Proposition geben, als er gestern Abend mit ihr
gespeiset hätte, lobte überaus Ew. Churf. Gn. treu gemeinten Vor-
schlag, sagte auf weltsch : ,was ihr Herren thuen wollt, das thut nur
bald.^ Ich sagte: eben dieses wäre Ew. Ch. Gn. treues Anrathen,
und ersuchete ich Ihre Maj. allergehorsamst, durch Ihren hohen
Credit und Pouvoir solches zu befördern, welches sie auch gar gnä-
digst versprach, und befahl mir ofte zu ihr zu kommen, so auch schon
geschehen soll. — In die Antichambre redete ich noch etwas mit ihren
Obersten Hofmeister den Grafen von Zinzendorf, welcher ein gar
wackerer Herr zu sein scheinet. Er sagte mir in gutem Vertrauen: der
Kaiser hätte ihm gestern Abend in Gegenwart der verwittibten Kaiserin
gesagt, er wäre mit meiner Proposition überaus zufrieden. Eben dieses
sagte mir auch der Markgraf von Baden, welcher hinzutrat, der Kai-
ser hätte ihm gefragt, ob ich auch mit ihm wol zufrieden wäre und was
ich von seiner Antwort gesagt hätte; weil ich aber mit ihm seiter der
gehabten Audienz nicht gesprochen hätte, hat er darauf zu antworten
') Achmed Köprili.
^ OrigiD.
14*
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212 I- Zar Vorgeschichte des deutsch-französiacheD Krieges. 1671. 1672.
nieht vermocht. — ^Gremonville '), nach allen angewandten Instantien,
hat »och bis dato nicht erhalten können, die Permission zu haben, wieder an
der Ferwittibten Kaiserin Hof zu kommen, ist auch keine Apparenz, dass er
solches jemals erhalten werde. — Der ganze kaiserl. Hof ist nun wieder
hier, welches mir trefiflich zu statten kommt. Der Fürst Lobkowitz hat
ein Geschwür bekommen, dass er nicht wol sitzen kann; deshalb ist er
seit dem 15. dieses nicht im geheimbten Rath gewesen. Der Graf von
Zinzendorf sagte mir im Vertrauen, der Kaiser hätte gesagt, sobald als
der Fürst von Lobkowitz im geheimen Rath wieder kommen könnte, so
wollte er meine Sache fürnehmen ; an fleissigen Sollicitiren soll es nicht er-
mangeln, nnd werde nun diese bevorstehende Woche so wol I. K. M. noch
auch den vier Ministris Lobkowitz, Lamberg, Schwarzenberg,
Hoc her'), mit welchen sie die Staatafifaires zu überlegen pflegen, wenig Rahe
lassen und, wo immer möglich, suchen expediret zu werden.^
„Von frembden Ministris hat sich noch keiner bei mir angegeben, ausser
der Dänische Resident, welcher gestern bei mir speisete; ich habe ihn
Tor diesen in Schwedischen Diensten bei dem Feldherrn Wrangel gekennet.
Der Spanische Gesandte verlanget sehr mit mir zu reden, in loco tertio,
welches auch morgen oder übermorgen geschehen soll, in dem Garten bei
der Favorite, damit es kein Aufsehen haben soll. Auf solche Weise werde
ich auch suchen, mit dem Holländischen zu reden^ dafern er es begehret
gleich als der Spanische. Der Schwedische Pufendorf soll sehr alarmiret
sein, und hat gegen dem Markgrafen von Baden erwähnt, er wollte ja
nicht hofl'en, lidass Ew. Chnrf. Gn. wegen des zwischen Frankreichund Schwe-
den geschlossenen Tractats meine Schickung an hiesigen Hof resolviret hätten.*':!
Empfängt des Kf. Schreiben vom 8/18. Die gute Zeitung aus Polen
ist auch hierher berichtet worden. Man meint hier aber doch, es werde ^die
Ukraine gelten.^ P. S. Eben meldet sich d. Herzog v. Lothringen an').
Der Fürst von Anhalt an die KurfUrstin Dorothea*). Dat
Wien 19./29. Mai 1672.
29. Mai. Hat das Compliment der Kuriürstin an beide Kaiserinnen gebürend
abgelegt.
„Ich befahre mich sehr, man werde mich suchen, nach des hiesigen
Hofs Gebrauch, lange aufzuhalten. Ich werde trefflich dawider pro-
testiren und auf meine Depesche hart dringen.^ Lobkowitzs Unpässlich-
keit verzögert die AflFairen.
') Der franzödiscbe Botschafter. Ueber die Ursachen seiner Uugnade siehe
Adam Wolf Fürst Wenzel Lobkowitz 1869. S. 37K Es sind in diesem Buche
auch die hervorragenderen Persönlichkeiten des Wiener Hofes charakterisirt.
'^ Johann Paul Hocher, Freiherr von Hohengrani Hofkanzler.
^ Der alte (vertriebene) Herzog Karl (IH.).
*) Adresse: A Son Altesse Electorale Madame L'Glectrisse de Brandenburg
ä Berlin. (Ebenfalls eigenhändig.)
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GoDfereoseD mit Hocher and Pater Emerich. 213
Anhalt. Relation. Dat. Wien, 23. Mai/2. Juni 1672.
[ConfereDBen mit Hocher und P. Emmerich. Zareden des Spanischen Gesandten.
Meldungen von OfBcieren. Gremonville. Feier in der Favorite]
Weitere Bemühangen des Fürsten. Man scheiot die Angelegenheit ver- 2. Juni,
schleppen zn wollen. Lobkowitzs Indisposition dauert an. Jedoch dringt
der Kaiser selbst in ihn, die brandenbnrgische Angelegenheit vorzunehmen nnd
zn ezpediren. Anhalt reicht (nach einigem Zögern) ein schriftliches Memorial
eioy welches der Kaiser zu besserer Information erbeten hat. (Folgt anbei.)
Die Wirkung ist eine Conferenz mit von Ho eher. Dieser recapitnlirt
anfänglich den Tenor des Memorials und sagt im Namen des Kaisers, dass
die quaestio an ? bereits festgesetzt wäre, und man die Truppen werde mar-
schiren lassen; Kaiserliche Majestät wünsche nur noch auf einige Einzel-
fragen Bescheid z. B.: ^^wie weit sich der Kf. mit Holland engagirt habe?
was er von Chursachsen, Celle, Gassei und anderen fiirstl. Häusern,
iusooderheit Pfalz-Neuburg, auch von Dänemark zu hoffen habe?^
y^Ah ich ihm nun von allen gebärende Information gegeben hatte, ihm
auch die Gefahr wegen der Stadt Cöln und Lippstadt klärlich fürstellete
und darauf feste bestand, dass kein zuträglicher Mittel ersonnen werden
könnte, als wann I. Kais. M. resolviren wollten, ehestes einige considerable
Trouppen nach £ger wärts marchiren zu lassen, um sich auf erheischeten
Fall mit Ew. Ch. Gn. Armee zu conjungiren, so gab er mir gnugsam zu
erkennen, dass er damit ganz einig, und versprach, I. Kais. M. alles
fideliter zu hinterbringen^. . .. Unter anderen sagte er, „ob ich auch wüsste,
dase Pfalz-Neuburg das Cölnische Wesen durch seinen Gesandten zu
Regensburg öffentlich hätte approbiren und defendiren lassen, auch dass
Frankreich an Pfalz-Neuburg die Clevische und in der Grafschaft Mark
gelegene Lande offeriret hätte, im Fall er sich mit Frankreich setzen
wollte. Dergleichen Offerte wäre auch an Chur-Sachsen geschehen. Ich gab
ihm aber zur Antwort: Ew. Gh. Gn. wären wegen des mit Pfalz-Neuburg
aufgerichteten Successionstractats wegen Dero Lande gnugsam versichert;
auch würde sich Ghur- Sachsen nicht leichtlich verführen lassen, von Frank-
reich etwas anzunehmen, so ihm nicht zukommt, und darüber zu disponiren
Frankreich nicht die allergeringste Macht hat^.
Gestern früh im Eapuzinerkloster Conferenz mit Pater Emerich.
Anhalt verspürt bereits deren guten Effect. — Vorgestern früh empfieng
er die Visite des Holländischen Residenten^), der, wie zu mutmassen,
sich sehr eifrig bezeigte. Am selben Abend in der Favorite, wo man den
Geburtstag der Königin von Polen') feierte. Der ganze Hof in vollem
Glänze gegenwärtig. Daselbst Conversation mit dem SpanischenBotschaf-
ter. — Gestern Morgen um 10 Uhr gab ihm dieser „eine solanelle Visite mit
3 Kutschen, mit 6 Pferden bespannet^. Auf die notwendigsten Eröffnungen
Anhalts riet jener, die Sache mit Eifer zu poussiren und „auf einer ge«
Hamel Brnijninox.
3) Eleonore, Gemalin Konig Michaels, ältere Tochter der Kaiserin Eleonore,
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214 I* Zur Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges. 1671. 1672.
wierigen Resolotion zu bestehen nnd keine Dilation einznränmen^ ; er wisse,
dasB die Sache beim Kaiser bereits 'entschieden sei, die Minister aber ihrer
Gewohnheit nach dnrch allerhand Ränke nnd Einwürfe die Sache nicht so
leicht zum Schlnss kommen Hessen. Einer Verzögerung indes vermeint
Anhalt vorgebaut zu haben^ weil der Kaiser, die Kaiserin* Wittwe and An-
dere mehr jetzt selbst auf Abschluss dringen.
A. hofft, bald „eine gute schlüssige Resolution zu überschreiben^.
P. S. „Ich habe ziemliches Anlaufen von Officirern, welche alle wün-
schen und verlangen, das Avantage zu haben, unter Ew. Churf. Gn. Com-
mandozu stehen. Der Herzog von Lothringen machte mir deshalb auch
ein Compliment und sagte, er wünschete unter Ew. Churf. Gn. Gommando den
Krieg zu lernen. Der Obrist Schmidt aber uud Dünnewald, so beide
itzo alhier sein, bestehen hart darauf, dass ihre Regimenter möchten mit com-
mandiret werden. Ich weise sie aber mit höflichen Worten ab, dass ich ihnen
hierinnen nicht dienen könnte, weil mir von dergleichen noch zur Zeit wenig
wissend ist. I. Kais. M. tractiren dieses Werk sehr secret, und ob zwar Viele
sich tnrmentiren, eines und anderes zu erfahren, so wissen sie doch anders
nichts, als was sie durch apparentliche Muthmassungen ihnen einbilden.
Als die gute Zeitung in des Kaisers Antichambre public gemacht
wurde, dass man dieses Jahr sich nichts vor den Türken zu befahren halte,
waren unterschiedliche Schälke, die dem Gremonville solches mit stach-
lichten Worten trefflich artig anzubringen wussten, sonderlich der Graf von
Windischgraetz. Gremonville antwortete: ,il paroist que le bon Dien
deplojt toujours des miracles pour la maison d'Autriche^ Als er gewahr ward,
dass nach geendigten Rath ich mit dem Fürsten von Schwarzenberg
und anderen geheimbten Räthen geredet, hat er gegen den Hofkanzler Hocher
gesagt: j'espöre queTEmpereur observera religieusement le traitt^ de Munster*'.
P. S. In der Favorite wurde gestern Abend italienische Akademie
gehalten. „Als ich bis 10 Uhr abends in der Favorite die verwittibte
Kaiserin aufwartete nnd der weltschen accademie mit anhörete, alwo von
6 weltschen Gelehrten proponiret und defendiret wurde : ob die Passion der
Liebe oder des Zornes die schädlichste wäre und aus welcher der grösste
Schaden entstünde, plassirte mich die Kaiserin selber zwischen der Fürstin
von Eggenberg und der Cammerpraesidentin, der Herzogin von Hol-
stein 0- Als dieses vorbei, erhielte ich auch die Permission, welche noch nie-
mandem bisher zugestanden worden, mit der Erzherzogin, der Königin in
Polen Schwester'), zu reden: sie ist von 16 Jahren, sehr schön von Gesicht
uud überaus schöner Taille, ist sehr gut von Gemüth, discourirte sehr artig,
war aber doch ziemlich decontenanciret, weil alle Dames und Cavaliers
herzutraten umb mit anzuhören, was sie sagte, weiln ihnen dieses gar was
Neues zu sein erschiene.^
Gattin des Kammerpräsidenten Grafen Ludwig Sinzendorf.
') Marie AnnaJosepha, die spätere Herzogin von Ffalzneuborg, jüngere
T. der Kaiserin Eleonore.
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Geteilte Vota der MiDister hiosicbtlich der Resolatioo. 215
Der Kurfürst an den Fürsten von Anhalt. Dat. Coelln a. Sp.
17./27. Mai 1672.
[Anhalt soll energischer drängen.]
V. Pölnitz ist gestern aas Celle zarückgekebrt und hat berichtet, 27. Mai.
dass der Herzog sich mit Kf. za coüformirea geneigt sei; es hange nnr
daran, dass der Kaiser sich des Werkes aDoehme und zum wenigsten ein
paar Tansend Mann schicke. Der König von Dänemark werde zweifellos
beitreten. Anhalt soll dies alles gebürend vorstellen und dabei reroonstriren
— wie ungleich es Ihrer Kais. M. würde ausgedeutet werden, wenn Sie
um 80 geringer Hülfe willen die gute Parthei und das Reich gelbsten
yerliessen. Wir wollten nimmer verboffen, dass Ihre Kais. Majestät
solches abschlagen oder desfalls Difficnltäten machen würden.
In Kurzem wird auch Graf Wal deck nach Wien kommen nnd sollicitiren.
V. Goes hier beharrt auf seinem Anbringen. Kf. hat ihm geantwortet, ,,da88
wenn Kaiserliche Majestät solchergestalt das Reich verlassen wollten, man
auf andere Mittel bedacht sein müsse^. Anhalt möge alles vorbringen,
^was zur Persuasion gereichen kann; jedoch wird er dieses alles (auch die
Nachricht bezüglich Waldecks) mit Behutsamkeit zu mesnagiren wissen.^
Der Kurfürst an den Fürsten von Anhalt Dat. Coelln a. Sp.
20./30. Mai 1672.
Der schwedische Regiernngsrat Wolfrath ist vorgestern hier ange- 30. Mai.
langt nnd hat gestern in der Audienz den Tractat mit Frankreich com-
mnnicirt'). Später soll der ganze Wortlaut übersendet werden. Zunächst
folgt Artikel 4., „als worin das fürnehmste bei dieser Allianz enthalten'*.
Anhalt Relation. Dat Wien 26. Mai/5. Juni 1672.
[Geteilte Vota der Mioieter hinsichtlich der zu fassenden Resolution. Lobko-
witz und Hocher krank. Unterredung mit Montecuccoli. Gute Intentionen des
Kaisers, welche Anhalt nach Kräften bestärkt. — Das Vorgehen der Franzosen
wird commentirt. — de Souches.]
Neue Audienz beim Kaiser am 2. Juni. Handbillet^) desselben an den 5. Juni.
Fürsten Lobkowitz mit dem Befehl^ die brandenburgische Angelegenheit
vorzunehmen.
In der ^secreten Gonferenz^ bei Lobkowitz am 24. Mai/ 3. Juni, welche
von 4 bis 8 Uhr abends dauerte, votirten mit ihm Schwarzenberg und
Lambergim Sinne schleuniger Gonjunction ; wogegen H o c h e r und Monte-
Das französisch-schwedische Bündnis vom 14. April., Domont C. U. D.
VU, 167.
3} Solche Billets citirt nach den Originalen Adam Wolf a. a. 0. S. 383. 385,
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216 1* Zur Vorgeschichte des deQtsch-rraDzösischen Krieges. 1671. 1673.
cDccoli, wie es heisBt, sich dabin äasBerten: ^der Kaiser sollte sich nicht
moviren sondern allererst erwarten, dass Frankreich eine Raptor im Reich
vorgenoQimen hätte^. — Dnrch den Spanischen Botschafter lässt A*Dhalt
seine Resolution nrgiren. Auch er selber drängt wo er nur kann.
Seine Abreise, die er ursprünglich auf künftigen Dienstag, den dritten
Pfingstfeiertag, angesetzt, verschiebt er bis auf Freitag, um am kommenden
Donnerstag noch deu Geburtstag des Kaisers (9. Juni) mitfeiern zu helfen.
Fürst Lobkowitz ist nicht zu sprechen. Sein Geschwür hat sich
verschlimmert und ist nach Meinung der Aerzte nicht ungefährlich.
Hoch er leidet an Podagra. Im übrigen bekommt Anhalt von allen Seiten
gute Vertröstung, dass er „satlsfait^ von hier gehen werde .... Es ist
wol ein fatal Werk, dass eben zu itziger Zeit der Ftlrst Lobkowitz
mit einem so gefährlichen starken Geschwür und der Hoch er mit
dem Podagra beschweret sein müssen, welches yerursachet, dass die
Negotia nicht so schleunig von statten gehen können.
Gestern Abend spät auf der Hof bürg Unterredung mit Montecuccoli.
Auch dieser vertröstet auf eine befriedigende Resolution. Er meint,
der Kaiser könne sehr wol 5 oder 6 Regimenter zu Ross, ein Regi-
ment Dragoner und ein 8 bis 10,000 Mann zu Fuss schicken, üeber-
hanpt äussert er sich gegen Anhalt sehr geneigt. Andere sind der
gegenteiligen Meinung: wenn er nämlich — so sagen sie — in Person mit-
gehen sollte (wozn er doch keinen Anderen leicht kommen lassen wird),
so müsste er dulden, dass man in seiner Absenz einen Vice-Kriegspraesi-
denten ernennen werde, ^und selbiger hätte alsdann soviel Pouvoir, dass
dafern es ein capabel Subiectum wäre, es dabin zu dirigiren, dass der G.
L. Montecuccoli gleichsam wie von ihm mit dependiren müsste^. Mancherlei
Mitteilungen Montecuccolis die Armee betreffend. Heister würde an seiner
Statt wol hierbleiben als ^la seule personne de laquelle S. M. Imp. se pent
servir dans un conseil de guerre^. Die nächstliegenden Regimenter könnten,
sobald die Kaiserliche Resolution herauskäme, marschiren, nämlich Monte-
cuccoli, Lothringen (der Herzog suchte sehr inständig mit von der Partei
zu sein), Alt-Holstein, Schneidow, Caprara, Zeiss, Schmidt.
Der Kaiser selbst ist dem Werke geneigt. Wenn es nicht zu stände
kommt, |: würden drei Ministri das ganze Odium auf sich laden. ^ :| Hocher
hat den Entwurf des Projectes zugesichert. Fernere Gespräche mit dem
Holländischen Residenten nnd dem Spanischen Botschafter,
die beide dem Eifer der Minister misstrauen, über das Zaudern derselben.
Anhalt kann sich aber nicht überzeugen, dass es ihnen kein rechter Ernst
sei. Sollte er merken, „dass die Ministri nur in Worten und nicht in den
Effecten zu tractiren und zn schliessen ihre Inclination wollen blicken
lassen^, so wird er aus anderem Tone reden und den Modus anwenden, den
Kf. in dem Schreiben vom 27.*) empfiehlt.
S. 215.
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MoDtecnccoH über den Feldeug. Gate AbsichteD des Kaisers. 217
Ich habe zwar bei der letzten gehabten Audienz dem Kaiser
dieses mündlich allerunterthänigst gnugsamb versichert, dass sobald
es esclatiren würde, dass L ENjtf. Sich resolyiren würden, die Hand
selber mit an das Werk zu legen, dass alsdann alle wolgemeinten
ChurfUrsten, Fürsten und Stände ohne einig Bedenken dieses Defen-
sion-Werk mit angreifen und sich engagiren würden. I. K. M.
waren auch der Meinung und habem gewiss die beste Intention von
der Welt, und möchte ich wünschen, dass Sie Ew. Gh. 6n. heroi-
schen Exempel, den Schluss bei Sich selber zu nehmen, resolviren
wollten. Diese Vorstellung will ich zum Stichblatt behalten und es
durch die verwittibte Kaiserin und den Pater Emerich den
hohen Ministris zu verstehen geben lassen, vor meine Person aber es
Ihr. K. M. selber fein deutlich allerunterthänigst hinterbringen und
der ganzen Welt kund machen, dass dafern, wie zu befahren, eine Zer-
gliederung der Stände im Reich erfolgen sollte, keinem als den Kai-
serlichen Ministris wegen ihres Tergiversirens undt Scrupulirens die
einzige Schuld beizumessen sein wird, und werden I. K. M. alsdann
selber sehen können, wie Sie gerathen und gedienet worden sind. —
Der ganze Kaiserliche Hof wünschet undt verlanget nichts anders,
als dass der Kaiser mit Ew. Churf. 6n. sich unter einander wol
verstehen und eine Alliance schliessen möchten, und murmuriren theils
albereits, dass Leute sich finden lassen, die solches zu traisniren
oder gar zu verhindern suchen. Es sagte mir |: Pater Emerich :| vor
etlichen Tagen: ,man hat nun schon gesehen, was solches unnöthige
Gunctiren dem Kaiser vor Vortheil gebracht, indem wir Schweden
haben lassen aus Händen gehen und nun zuschauen müssen, dass sie
einen Tractat mit Frankreich geschlossen.^
P.S. Vorgestern zeigte ihm Reichsvicekanzler GrafKoenigseck
einen Brief aas Lütticb, worin enthalten, dass sich das Domcapite] vor
dem Kaiser über die Procednren der Franzosen beklagt — dieselben haben
sich dreier Städte bemächtigt — und nächstens um Reichshilfe anhalten
würde. — Speist bei dem Kammerpraesidenten Grafen Sinzendorf
in dessen schönem Garten vor der Stadt mit 12 Herren vom Hofe und
5 Geheimen Räten. Alle fragen einhellig, ob man noch länger warten
solle, dass Frankreich das Reich augreifen werde . . . Viele raillirten dar-
über und vermeineten, Gremonville wollte doch susteniren, dass man
solches vor keinen Bruch im Reich ausdeuten könnte, weiln ja einem
jedem Stand im Reich freistünde, seine rebellirende Unterthanen mit
Gewalt zu ihrer Schuldigkeit zu bringen, und hätte dieses Frankreich
als ein AUiirter von Chur-Cöln auf Begehren thun müssen, und
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218 I- Zur Vorgeschichte dea deutsch- frauKÖBischen Krieges. 1671. 1672.
würden diese drei Städte ehestes wieder restitniret werden, welches
der Ausgang dann schon gnag zeigen werde.
P. S. Gestern kam der Feldmarschall de Sonches and lad ihn auf
künftigen Mittwoch zum Mittagsmahl ein. Es scheint, dass Etliche seine
(de Sonches') Anwesenheit zu jetziger Zeit nicht gerade gern sehen.
13. Juni. d. d. Coelln a. Sp. 3./13. Juni 1672 bestätigt Kf. den Empfang der
yerschiedenen Relationen vom 16. 19. 23. 26. Mai a. St. Hat den vom
Fürsten ^angewandten Eifer, Fleiss und rühmliche Condnite mit sonder-
barer Satisfaction vernommen^^ Giebt Nachricht von dem Zustande seiner
Clevischen Lande, über welchen die Beilagen nnterrichten. Der Gesandte
mag beim Kaiser — das Schreiben an diesen folgt anbei ^) — die Hülfe ans
dem Foedere, auch des Reichs wegen weiter urgiren.
Anhalt. Relation. Wien 30. Mai/9. Juni 1672.
[Fernere Audienz. Conferenz an Hochers Krankenbett. Endgültige Feststellnng
des Tenors des Projectes. — Abreise nahe.]
9. Juni. Am 6. Andienz beim Kaiser: der Kf. wolle nicht hoffen, „dass Kaiser-
liche Majestät die gnte Partei oder das Reich selbsten verlassen werden'';
von Dänemark nnd Celle sei gnte Hoffnung. — Der Kaiser wird Anhalts
Abfertigung beschleunigen lassen.
Tags darauf conferirt Fürst Lobkowitz deswegen mit Seh war zen-
berg, Lamberg, Montecuccoli. Am selben Abend lässt der Kaiser
durch den Secretär Abele bei Anhalt anfragen, ober ihm znmnten dürfe,
dass er sich zu dem kranken Hocher begebe und dort yerhandele. Anhalt
erklärt sich gern dazu bereit, da Hocher wegen seiner Gicht noch das Bett
hüten muss.
Am 8. morgens 8 Uhr wird die entscheidende Conferenz gehalten, an
welcher sich neben den beiden Oenannten Montecnöcoli und die beiden
Secretäre Abele und Dorsch betheiligen. Montecuccoli teilt mit, dass
der Kaiser ein Allianzproject habe entwerfen lassen. Auf einige Dubia,
welche der Hofkanzler Anhalt entgegenhält, findet er leicht die Antwort;
es kommt ihm dabei der vierte Artikel des vom Kf. commnnicirteu schwe-
disch-französischen Tractats zu statten, aus welchem mau die Worte betont:
et sed et si Imperator Electores vel statnum aliquis in Imperio contra
Pacis Westphalicae tenorem est
Darauf wird das Project von Abele verlesen und, nachdem noch über
alle Artikel pro und contra debattirt worden, angenommen. Kriegsrat
Dorsch verliest einige geheime Artikel, welche in militaribus bestehen.
Es ist ein nochmaliges Hilfegesnch gegen die französische Invasion (von
dems. Dat. wie das obige Schreiben S. 198). Beide Schreiben, sind dem Resi-
denten Naumann zuzusenden mit dem Befehl weiterer Beförderung, für den Fall
dass Anhalt schon abgereist sei. (Kanzleivermerk.)
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FeststelluDg des AlliaozprojeoteB. 219
Auch hier that Anhalt im Sinae des Kf. überall die nötige Erinaerang. —
Heate wird alles ins Reine gebracht. Weil aber des Kaisers Geburtstag
ist, „welcher mit einer schönen Comedie und stattlichen Mnsiqoe celebriret
werden soll^', so wird die Angelegenheit wol bis morgen oder übermorgen
verschoben werden. Der Gesandte will auch dies in Gednld ertragen,
künftigen Sonntag aber bestimmt seine Abschiedsandienz nehmen. — Eine
Reinschrift seines Protokolles verbietet die Kürze der Zeit; überdies zieht
Anhalt es vor, dasselbe der Sicherheit halber auf mündlichem Wege zur
Kenntnis des Kf. zu bringen.
Die Rückfahrt soll beschleunigt werden. Er wird sich wenige Tage
nach Einlanf dieses Schreibens beim Kf. einstellen, ,,in der festen Hoffnung
nicht unangenehm zu sein".
Protokoll einer am 2./12. Juni beim Hof kanzler gehaltenen Sitzung. 12. JqdI.
Es nehmen teil: Anhalt, Montecnccolii Hocher, die Secretaere
Dorsch und Abele. Montecnccoli führt das Wort:
Was in der gehaltenen Conferenz passiret, ist dem Kaiser vor-
getragen worden; er hat alles resolviret und placidiret.
Das aufgesetzte Projeet wird nochmals verlesen; da Kaiserliche
Majestät es gnt eingerichtet befunden, so mag Anhalt bis zur Knr-
fOrstlichen Ratification nichts erinnern.
Die Conjunction soll spätestens am 20./30. Juli geschehen. Sobald
ein Kur fürstlicher Courier dieselbe begehrt, sollen die Ordres ergehen.
Den Ort mag der Kurf&rst vorschlagen. Sonst kann der Marsch
von Eger aus auf Culmbach, Fulda' und Paderborn eingerichtet werden.
Die Hülfe besteht in 12000 M., nämlich 5000 zu Pferd und 7000
zu Fuss und 12 Stück DreipfÜnder. Es sind die Regimenter:
zu Ross zu Fuss
Montecnccoli Portia ganz
Sporck Pio halb
Schneidow Keiserstein halb
Gaprara Knigge halb
Heister Leslie halb.
Diese 12 000 M. werden coramandirt vom Feldmarsch.-Lieutenant
Heister. Generalwachtmeister Caprara commandirt die Gavallerie,
General w. Keiserstein die Infanterie. — Alles unter dem Ober-
eommando I. Ghurf. D., wie es vor diesem in Jütland gewesen, und
dass alles communicato consilio geschehen möge.
Den Kaiserlichen für Geld, was es tlem Lande kostet, Vivres zu
überlassen und Getreidig mit Getreidig zu ersetzen.
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220 I- Zar Yorgesdiiclite des deutsch-fraDBOBischen Krieges. 1671.1672.
Kaiser Leopold an den Kurfürsten. Dat Wien 13. Juni 1672.
Eigenhändig.
[Recreditif für den Färsten von Anhalt.]
13. Juoi. Ich habe Enr. Liebd. Eigenbfindiges Schreibeo yoiii 4. May jübgsthin
durchs des Fürsten Johann Oeorgen von Anhaldt Ld. zne Recht empfan-
gen, und zne gleiches von Selbigen mitt mehren mündtlich yernomben, was
Sie Ihme Fürsten in ein und andern mir zue hinderbringen anfifgeben haben.
Und gleich wie mir nun diese Abschickung nnd sonderlich sein des Fürsten
von Anhaldt sehr angenemb nnd lieb, Ich auch mit dessen vernünftigen Manier
undt dezteritet gar wol znefriden gewessen nnd ob £w. Ld. durch Ihne
eröfneten wolgemeindten an£frichten Intentionen ein besonders gnedigtcs Wol-
gefallen getragen, also habe ich mich anch gegen Ihme daraufif in ein und
anderen weiters erklerdt, wie Sie solches von Ihme Fürsten von Anhaldt
nnd sonderlich dasjenige von Ihme verstehen werden, was alhier mit Ihme
vorgangen nnd über das Ihme zugestellte Project gehandelt worden. Da-
hin Ich mich beziehe nnd Ew. Ld. ersuche, gedachten Fürsten desfalls zu
allen nnd jeden volligen Glauben zu geben. Verbleibe dabey Deroselben
mit Frenndtoheimblicher aifection, Kayserlichen Uulden und allen gnetten
alzeit wol beygethan*).
Recreditif der Kaiserin Margarete (,gnettwillige Muemb Margarita
man. p.^). Dat. Wien 11. Juni 1672. Recreditif der Kaiserin Eleonore.
Dat. Wien 12. Juni 1672. Schreiben des Fürsten Lobkowitz dat. Wien 13. Juni
mit der Courtoisie: ,Hochgeehrter Herr Oheimb — Ew. Gnaden geflissener
willigster Diener nnd Oheimb Wenzel H. z Sagan'. Complimentschreiben
des Spanischen Botschafters. Dat. Viennae 14. Juuii: ,Electorali6 Celsitudinis
Vestrae ad officia paratissimus et devotissimus servitor.'
Der Kurfürst an Kaiser Leopold. Dat. Coelln a. Sp.
13. Juni 1672.
[Allianzproject. Gewänschte AenderuDgen.]
23. Juni. Bedankt sich für die erteilte gute Resolution. Das Project der Allianz
kommt (von dem Bevollmächtigten, dem Fürsten von Anhalt, vollzogen)
zurück'). ^Weil aber dabei einige Erinnerungen nöthig, wie Beiliegendes
ausweiset, so zweifle ich nicht, Ew. E. M. denselben gn. Statt thun und be-
lieben werden, dass es fürgescKlagenermassen eingerichtet werde.'^
Anlage.
Aenderungen.
artic. 5 möge ganz ausgelassen werden.
*} Orthographie des Origioals.
*) v. Moerner Staatsvertrage S. 364.
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Das AlliaDZproject genebmigt. Anhalt eotlasseD. 221
artic. 6 möge angefügt werden:
tractatar inter Regem Hispanlae et Electorem Brandeoburgicum
de rationibus conservandae pacis Pyrenaeae et AqniBgranensis,
81 nimiram illam armis tueri oportnerit.
Bei artic. I secret. sollen nach den Worten ,intra proximnm bimestre'
die folgenden gesetzt werden: ant qaantocius pro
reram exigentia.
Der Kurfürst an den Brandenburgischen Residenten Andreas
Neamann in Wien. Dat. Coelln a. d. Sp. 14./24. Juni 1672.
[Dank an P. Emerich. Titalator.]
Durch des Fürsten von Anhalt Bericht veranlasst, trägt er dem Re- 24. Juni,
sidenten auf, dem Pater Emerich für seine guten Oflficia zu danken: Ef.
wird es anch bei passender Gelegenheit gegen ihn nnd seine Ordensbrüder ^)
in seinen Landen nnd anderswo „mit allen Cburfürstlichen Gnaden zn er-
kennen nnTcrgessen seines
F. S. dat. 15./25. Juni. Weist den Residenten an, beigehendes Schreiben
desselben an den Spanischen Botschafter^ abzugeben nnd dabei den Secretaer
za erinnern, „dass in des Ambassadeurs an Uns abgelassenen Schreiben Uns
nur Celsitudo gegeben würde, welches zweifelsfrei durch Irrthum würde ge-
Beliehen sein, angesehen Wir von Königen selber den titnl Serenitatis be-
kommen: wollten demnach hoffen, dass solches ins künftige beobachtet und
redressiret werden würde**.
Andreas Neumann an den Kurfürsten.
Dat. Wien 23. Jum/3. Juli 1672.
Hat das gestern Abend empfangene Schreiben an den Spanischen Bot- 3. Juli,
schafter demselben heute Nachmittag 4 Uhr zu eigenen Händen überliefert
nnd aus der mitgeschickten Copie einen kurzen Vortrag formirt.
,,Er hat sich hierüber gar höflich herausgelassen und darbei angezeigt,
dass er mit höchstem Yerlangeu Ew. Churf. D. Ratification zu vernehmen
erwarte und dass man hier ferme bei der gefasseten Resolution verbleibe. Ge-
dachte auch, dass I. Egl. Maj. zu Daenemark sich erkläret hätten, worüber
ich mich bei selbigem Residenten erkundigen will. — Des Herrn Mark-
grafen zn Baden Dnrchl. versicherten mich gestern bei Hof, dass man
-— - Mann zu Ross und zu Fuss, darunter auch einige Regimenter Croaten
sein sollen, werben nnd Patenten ausgehen werde, und sobald Ew. Ch. D.
endliche Resolution einlanget sein wird, der Anfang zu machen. Bei den
^) Kapnziaer.
*) Von dems. Dat. wie das P. S.
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222 I- Zur Vorgeschichte des deatsch-fraDEosischeo Krieges. 1671. 1672.
Landständen wird von den Mediis deliberirt. — Vor drei Tagen ist ein
Conrier an Ew. Ch. D. in der Still nnd Eil spediret, and meldete der Am-
bassadenr, dass man von Deroselben jemanden hier erwartete; auch er
hcifte, ehe die hentige Post dorten anlangte, solcher hier sein würde.
Vorgestern bat man den Schwedischen Residenten Pnfendorf beim
Fürsten von Lobkowitz, da sich aach der Baron Hocher, nnd ein
Secretarins, welcher der Abele sein wird, befanden, über die zwischen Frank-
reich and Schweden getroffene AUiance in Gonferenz gesehen nnd über etliche
Pnncten vernommen, welche, soviel ich abnim, eben diejenige vornehmlich
sein, so dem Wolfrath vorgelegt worden; die eigentliche Bewandtnis wird
zweifelsohne commnnicirt werden, wo nicht immediate, so durch den Baron
de Goes.^
P. S. Wegen des tituli Serenitatis ist in der Spanischen Kanzlei das
Nötige veranlasst worden.
y. Anhalts zweite Negotiation nach Wien.
Instruction für den Fürsten Johann Georg von Anhalt-Dessau.
Dat. Coelln a. Sp. 17. Juni 1672. Conc. 0. v. Schwerin.
27. Jani. Der Gesandte soll den nächsten Weg anf Wien wählen nnd die Nego-
tiation, wie das erste Mal, so heimlich als möglich verrichten.
Curialien. Dank für des Kaisers „so tapfere nnd vigoarense Resolation*'
lant überbrachten Projectes. Kf. wird dem Kaiser in Devotion verbanden
bleiben and hofft, dass die übrigen Fürsten „das Reich nicht nnter ein
fremdes Doroinioni gebracht sehen wollten^.
Die Fortschritte der Franzosen nnd ihrer Adhaerenten machen eine
Verstärknng der Kriegsmacht notwendig. Der Kaiser wird daher ersucht,
za den 12 000 M., die bereits beordert sind, noch einige Tansend hinza
marschiren za lassen. Kf. wünscht den Oberbefehl des Generallientenants
Grafen Montecnccoli; denn bei diesem Werk sei „ein General von
solcher Experienz und Capacität höchst nöthig^ ; and zwar mass er mit der
Vollmacht sofortiger Execation in Dingen, welche di% Kriegsraison er-
fordert, versehen sein. Ferner ist es zweckmässig, dass ein erfahrener
Officier nach Berlin kommt, um wegen des Marsches nnd des Rendezvous
Abrede za nehmen. Sollte es dem Fürsten znviel dünken dies alles aaf ein-
mal za proponiren, so mag man za diesem Behaf aach eine Conferenz
beschicken.
Auch haben Ew. Ld. mit guter Manier zu erinnern, dass nicht
andienlich sein würde, bei Zeiten auf Mittel zu gedenken, wie dieses
Vorhaben auszuführen, sonderlich wann Frankreich noch mehrere Pro-
gresse in Holland thun sollte und man von dannen keine Subsidia zu
gewarten hätte. Wir bemüheten Uns sonst jetzt aufs Höchste, dass
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Anhalts ndue iQStraciion nach Wien. 223
Ihrer Kais. M. auch darin von dem Staat gefüget und mit Gelde
unter die Arme gegriffen werden möge, wollten auch daran nicht
zweifeln, wann ihnen nur bei Zeiten Luft gemachet würde. Wie dann
Ihre Ld. vor allen Dingen eiferigst zu urgiren haben, dass der March
der Völker und die Gonjunction soviel immer möglich beschleuniget
werden möge, um so viel mehr, weil so viel Nachrichtungen einlaufen,
dass das Gegentheil wol das praevenire spielen und nicht allein Unsere
Operationes schwerer machen, besondern auch diejenige Oerter, so
Wir zu bedienen und zur Subsistenz der Armee von nöthen haben
werden, gänzlich vorher ruiniren möchte.
Die Creditifschreiben des Kf. an den Kaiser, die Kaiserin und die
Kaiserin -Wittwe d. d. Coelln a. Sp. 17. Juni 1672. Schreiben an den
Kaiser eigenhändig. Ein Ooncept liegt nicht vor.
Der Kurfürst an den Spanischen Botschafter in Wien.^)
Dat. Coloniae a. Sp. die 18. Jnnii 1672.
ErsQcheD, die Negotiation Anhalts wie bisher wirksam zu unterstützen. 28. Juni.
Fürst Johann Georg von Anhalt an den Kurfürsten.
Dat. Dessau 20. Juni 1672.
[Abreise steht bevor. Militärische Mitteilangeo.]
Er ist vorgestern Abend angelangt nnd hat sogleich einen Trompeter so. Juni,
vorausgeschickt, dass zwischen Leipzig und Prag von 4 zu 4 Meilen frische
Pferde bereit stehen. Nach Schliessung dieses wird er sich auf den Weg
machen und hofft, innerhalb fünf Tagen vor Wien zu sein. — Oberst Schier-
ste dt berichtete ihm gestern, viele Reiter vom Regimen te Koenigsmark
hätten sich bei ihm angegeben und Dienste gesucht; über die Hälfte des
Regimentes soll desertirt sein. «Des Herrn von Blnmenthal Com-
pagnie wäre über 18 Reiter nicht mehr stark, auch Mr. Podewils Com-
pagnie würde meist von einander sein. Die er hier im Fürstenthum ge-
worben, haben sich alle wieder fein mit der Montirung eingefunden. Sie
klagen, dtfss sie sehr übel gehalten worden seien und grosse Noth leiden
und viel Travail thuen müssen.^
') Dob Spioola-Doria.
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224 T- Zar Vorgeschichte des deatsch-französiacheD Kriegee. 1671. 1672.
Der Kurfürst an Anhalt Dat. Coelln a. d. Sp. 22. Juni 1672.
[Anhalt soll die Auswechselung der Verträge voUzieheD. Separatartikel.]
2. Juli. Weil Wir gerne sehen möchten, dass bei Ew. Ld. Anwesenheit
am Kaiserlichen Hofe das neulich aufgerichtete Foedus ratificiret und
die Ratificationes ausgewechselt werden möchten, so senden Wir das-
selbe, wie es von Uns ratificiret, Ew. Ld. zu und tragen keinen
Zweifel, Ew. Ld. die Ratification von Seiten Ihrer Eaiserl. M. aufs
beste befördern mögen, damit Sie dieselbe mit überbringen können.
Zwar erinnern Wir Uns wol, dass beim 5. und 6. Punct annoch
einige Erinnerungen gethan ; es können aber dieselben in einen Recess
k part gebracht werden. Was fär Formalien Wir Unseres Orts dabei
zu gebrauchen für gut angesehen, solches werden Ew. Ld. aus dem
Schreiben, so Wir dieser wegen an L Kais. M. selbst gethan, ersehen.
(Copie anbei)
2. Juli. d. d. C e 1 1 n a. S p. 22. Juni 1672 tibersendet Ef. an Anhalt ein Schreiben
an den SpaoiBchen Botschafter des Inhalts: er möchte seinem Könige
nahelegen, dass er zu der bewossten Gonjunction wenigstens 10 000 M. her-
gebe. — Wegen Anlegung von Magazinen soll Anhalt beim Kaiser vorstellig
werden. Kf. selbst hat in seinen westfälischen Orten dazu Anstalt ge-
troifen und speichert von Tag zu Tage mehr Getreide anf : „zn Magdeburg
können auf der Elbe eine gute Quantität von Granne gebracht, auch zu
Boehmeiv^ dergleichen negotiiret , dann auch nach Eger ein Vorrath geschafft
werden.*
Anhalt. Relation. Dat. Wien 27. Juni/7. Juli 1672.
[Ankunft. NacbrichteD aus Polen. Lobkowitz genesen.]
7. Juli. Ankunft gestern Abend 1 Uhr. Auf der letzten Post zu Enzersdorf
Begegnung mit vielen vornehmen Damen und Herren, die auf ihre Güter
nach Böhmen reisen. Unter ihnen Graf Windischgrätz und der Vice-
kanzler in Böhmen Graf Sternberg. Lebhafte Gespräche zwischen ihnen
und Anhalt, den sie Alle kennen, über die Nachrichten aus Polen, welche
bei Hofe „grosse Consternation causirten^. Der Erzbischof und der Feld-
herr Sobiesky hätten dem Könige zugemutet abzudanken; au 16 000 M.,
die vor Warschau ständen, würden den König eventuell dazu zwingen. —
Besonders die beiden Kaiserinnen sind sehr geängstigt. Der Kaiser war
auf der Fischerei, wird aber, wie es heisst, heute Abend wieder in Wien sein.
Complimente mit dem Spanischen Botschafter, den Anhalt indes vor
dem Fürsten Lobkowitz nicht begrüssen will. Letzterer ist gestern
zum erstenmal ausgegangen. Anhalt wird ihn noch heute zu treffen suchen.
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Ankunft in Wien. Allerlei Nachriobten. 22Ö
P. S. Dat. Wien 27. Juni/7. Juli 1672.
[Beabsiehtigte Wallfahrt des Kaisers. Gremonville. Ungarn. Cond^'s Verwundung.]
Der Kaiser hat eine Wallfahrt nach Nikolsbnrg in Aussicht genommen. 7. Jnli.
Vor derselben will er aber alle Staatsgeschäfte abthnn, „damit er mit desto
mehrerer Ruhe und Libertät ungehindert seine vorgenommene Devotion ver-
richten könne^.
Der Courier, den Oremonville eben am Tage von Anhalts Abreise
ans Wien an seinen König abgeschickt hatte, ist vorgestern hier wieder
angelangt; darauf hat der Botschafter eine Audienz beim Kaiser erhalten
und einen Brief vom Könige von Frankreich übergeben, des Inhalts:
^I. Kais. M. möchten Sich doch kein Ombrage machen lassen, sie [der
König] versicherten nochmals, gegen das Roem. Reich nicht das Geringste
ansnfangen; sondern was sie itzo thäten, wäre nur seine Feinde in etwas
abzustrafen angesehen.^
Gestern Abend ist Anhalt im Goldenen Hirsch abgestiegen, weil sein
voriges Quartier, der Weisse Schwan, von zwei englischen Grafen und
dem Generalmajor Meyer bezogen gewesen. Auf Veranlassung des Wirtes
haben diese ihm jedoch das alte Logis sofort wieder eingeräumt. — Gleich
die Besncbe des Markgrafen von Baden und des Herzogs Johann
Adolf von Holstein empfangen. Beide empfehlen sich dem Kurfürsten
und tragen grosses Verlangen, „von der guten Partie mit zu sein^.
„In Hungarn soll eine, neue Regierungsart zu bestellen von Kaiserl.
M. resolviret sein, und soll künftig statt eines Hungarschen Palatini der
itzige Teutschemeisteri) alsVice-Roy die Administration überkommen.^
Es ist festgestellt, dass der Kaiser innerhalb wenig Tagen Patente auf
m m
neue Regimenter ausgeben wird, nämlich -r^ Mann zu Fuss, -^ zu Ross,
-ft" Dragoner und -«- Croaten.
„Der Bürgermeister zu Emmerich, bei welchem derPrince de Condö
logiret und sich wegen seiner Blessure daselbst heilen lasset, schreibet an
seinen Sohn, so alhier in Processsachen sich aufhält, dass bemelter Prinz
wegen empfangener Blessure in grosser Lebensgefahr sei, weil der Schade
sehr übel gerathen solle.^
Anhalt Relation. Dat. Wien 30. Juni/10. Juli 1672.
[Launige Gespräche mit Lobkowitz. Empfang bei Kaiser und Kaiserin. Mit*
teilnngen der Kaiserin- Wittwe Polen betreffend. Günstige Aensserungen Monte,
cnccolis und Spinola-Dorias. Pasqaill auf Gremonville. Oonferenz mit den Mi-
nistem. Hofoachrichten. •— An Monterey sei Ordre zur Ooiganction ergangen.]
Lange Visite beim Fürsten Lobkowitz am 7ten abends. 10. Juli.
«Ew. Ch. On. Handschreiben, so ich ihm überreichte^ empfing er mit
Johann Gaspar von Ampringer. Seine Inatallirong erfolgte wirk-
lieh im Marx nächsten Jahres.
Mater, i. GMch. d. O. Kurl&nteiL XIII. 15
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226 I* Zar VorgttBchiohte des deotaob-franBöaiaohen Krieges. 1671. 1672.
grosser Ebrerbietang und mit eioem starken Kass. Er fragte mich gleich
anfangs, ob ich letitmals content von hier geschieden wäre, and als ich ihm
sagte, dass ich Ursach gehabt hätte, content zn sein^ —
sagte er zu mir: jdiesmalen können Ew. LcL auch content von
hinnen scheiden, es stehet nur bei Ihr, wann Sie wollen; mein gnä-
digster Kaiser kann Ew. Ld. schon nichts abschlagen. Sie mflssten
aber znvor eine Heirat stiftend Als er nun im Reden einhielt und
mich starr ansähe nnd ich ihn wiedemm, ohne nichts darauf zn ant-
worten, weil ich mir wol fUrstellen konnte, dass was darauf erfolgen
wttrde, sagte er abermals: ,eine Heirat mttssen Sie zuvor beschliessen,
wann Sie content von hinnen ziehen wollen, mit meinem allergnAdig-
sten Kaiser und meinem gnädigsten Herrn Churfftrsten zu Branden-
burg; es ist nicht genug, dass man eine Sache wohl anfängt, man
muss sie auch wohl enden*. ,Ew. Ld. nehmen mich', sagte er weiters,
,zu Dero geheim bten Bath an. Darf ich Ihr sagen, waa Sie von
meinem Kaiser anitzo begehren sollen? Den Montecuccoli und
noch etzliche tausend Mann mehr, und das geschwind ohne
einige Zeitverlierung. Ist dem nicht also? Sie bestehen nur darau£
Dem Kaiser ist unmöglich, Ew. Ld. etwas zn refusiren.* Und sagte
weiters hunderterlei Sachen, so theils diesen Zweck theils andere Dinge
concernirten, so mir alle zu ttberschreiben unmüglioh fallen wollen.
Der Kaiser ist am selben Abend von der Fischerei zarückgekommen.
Die erste Audienz ist aof den 8 ten Nachmittags 4 Uhr angesetzt wor- •
den. — An demselben Tage hat A. die Besnche des Herzogs von Loth-
ringen nnd des Spanischen Botschafters erhalten. Anhalts Oegen-
warty meint der Botschafter, sei gerade jetzt höchst nötig und zweckent-
sprechend; denn leicht könne man die Polnischen Unruhen zum Vorwand
nehmen und die gefasste gnte Resolution ins Stocken bringen.
Noch vor der bestimmten Stunde begiebt er sich in einer Hofkntsche
auf die Burg, empfängt in der Antichambre von allen Granden höfliche
BegrUssnng nnd begiebt sich in Begleitung des Herzogs von Loth-
ringen nnd anderer fürstlichen Personen in der Kaiserin Tafelmach. (Es
ist Freitag, an welchem der Kaiser bei der Kaiserin zu speisen pflegt.)
Kaiser Leopold macht ihm» als er seiner ansichtig wird, eine sehr gnä-
dige Mine nnd äussert zu Lobkowitz, es sei ihm lieb, dass der Ffirst
„nicht wie ein Fremder, sondern wie ein Domestiqne bei Kaiserlicher Ma-
jestät sich einfinde^.
Als nun die Kaiserliche Mahlzeit fast halb verrichtet war, be-
gehrte der Ffirst von Lobkowitz, ich möchte mit ihm speisen, war
sehr lastig und trunk zum öftern Ew. Gh. 6n. Gesundheit und atta-
quirte Alle, so mit an der Tafel sassen, mit allerlei lustige Gesprftebe
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Lobkowitz sehr anfgeräumt. Der Kaiser geneigt. Mitteil. d. Eais.-Wittwe. 227
und seltsame Fragen. Naeh gehaltener Mahlzeit, so ziemlieh lange
wfthrete, schickete ich mich auf die mir angesagte Audienz, welche
ich auch sofort erhielt, und als ich meine Proposition yermög der mir
gn. ertlteilten Instruction abgeleget hatte, auch zu Gewinnung der
Zeit solche schriftlich in ein Memorial abgefasset und auf Gutfinden
des Ftlrsten Lobkowitz Ihrer K. M. überreichete, gaben Sie mir
zur gnädigsten Antwort: Ihr wäre lieb zu vernehmen, dass Ew. Gh.
Gn. über die mir ertheilete Resolution eine Freude und Vergnügung
empfunden hätten. Sie an Ihrem Ort empfunden dergleichen auch,
dass Ew. Gh. Gn. zu dieser anderen Abschickung abermals resolviret
hätten. Sie findeten Ew. Gh. Gn. guten flinrat und Erinnerung wol
fundiret: weil die Gefahr je länger je grösser, so müsse man billig auf
stärkere Remedia bedacht sein. Auf des G. L. Montecuccoli Person
hätten Sie auch reflectiret, dafern das Corpus der Armee vergrössert
werden sollte. Sie wollten etzliche Ministros Befehl ertheilen, sich
weiters über eins und das andere mit mir zu yemehmen und mich in
kurzem mit einer Resolution yersehen lassen, versicherten mich in-
zwischen Dero Kaiserlichen Gnade und Affection.
Die Audienz bei der regierenden Kaiserin gleich darauf verläott
eben sowie das erste MaP). — Gegen Abend machte er in der Favorite der
Kaiserin Wittwe und der Erzherzogiu, ihrer Tochter, seine Auf-
wartung. Spaziergang mit der Kaiserin im Garten. Sie kegeln. Dann
spielen sie „auf der Trucktafel^ in der grossen Gallerie, wohin sich die
Kaiserin begeben, weil es inswischen windig geworden war und sie erst
wenige Stunden zuvor gebadet hatte. Das Spiel dauert bis 9 Uhr, bis die
Speisen auf dem Tische stehen. Intimes Gespräch über die polnischen
Verhältnisse. „Die Kaiserin erzählte den yerwirreten Znstand, und dass sie
sich solches sehr zu Herzen zöge wegen ihrer Tochter der Königin, die sie
so herzlich liebete. Sagte, sie hätte selber dem König in Polen geschrie-
ben und angerathen, er sollte lieber den Degen in der Hand und nnr vor
wenig Hundert Soldaten sich lassen in tausend Stücken zerbaaen als gut-
willig renunciiren und mit Schmach Zeit lebens in miseria seine Tage con-
sumiren.^ Unter anderm meinte sie auch, man solle sofort Regimenter zur
Polnischen Grenze marschiren lassen. Anhalt widerräth das. Schon die
vorige Schickung zweier Regimenter hätte Widerwillen verursacht; solche
Massregel könnte auch die Gutgesinnten abwendig machen. Vielmehr müsse
man den Polnischen Adel, der ja König Michael gewählt habe, animiren,
dass er nnn auch zu dem Träger der Krone halte und ihn schirme. Der
Kaiserin erscheint dies plansibel; es dünkt ihr aber doch gut, dass man
dem Könige „nur etwas weniges als eine Gnarde zuschicke^. Ancb das, ent-
Oben S. 209.
15*
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228 I* Zur Vorgeschichte des deutsch- französischen Krieges. 167L 1672.
gegnet Anhalt^ möchte bei den Polnischen Senatoren «grosse Jalousie eau-
siren^. — Uebrigens sind bessere Nachricbten eingelanfen. Man drängt den
König nicht gerade mehr zur Abdankung; man fordert, „dass er auf die
begangene Ezorbitantien sich yerantworten und solche abasabelfeD« sich re-
solvirea solle^.
Am 9. Discarse mit Montecnccoli, Spinola-Doria, Oremon-
yille. An erstem ein Schreiben des Kf. abgegeben; der O. L. freut sieh,
dass Kf. seine Gegenwart bei der Armee yerlangt. — Der Spanische Bot-
schafter bittet am unyeränderte Beibehaltang des Art. 6 der Allianz; Kf.
betone mit Recht die Garantie des Pyrenäischen and Aachischen Friedens.
— Der französische Envoy^ erzählt yiel von seines Königs Progressen.
«Es kamen aber (in der Antichambre der Hof barg) etzliche Hofschälke, so
ihn interrompirten, and sagten za ihm, es wären gute Zeitungen aas Polen
kommen, and als er fragte, was gutes Neaes, so wurd ihm zur Antwort
gegeben: die Senatores in Polen haben sich nun anders bedacht und wollen
ihren König Michael behalten, weil sie nun allererst erfahren, dass ihr
französischer König, le Gomte de St. Paul, in Holland ist establiret
worden. Er verstellete sich sehr darüber und sagte: ,le Roy n'avait jamais
consenti que Mr. de St. Paul sortisse du Rojaume' .... Vergangene Nacht
sind an vielen Orten an den Kirchthüren Pasquill angeschlagen worden,
ohngefähr dieses Einhalts*): Alhier in Wien ist ein Verräther und
Schelm, der die Rebellion in Polen angerichtet hat, gleich
der am Kaiserlichen Hof mit den Ungrischen Herren. Sein
Name ist Gremon?ille. Es ist wunder, dass man diesen Schelm
duldet; man sollte mit blutigen Nägeln die Steine ans der
Strasse auskratzen und ihn steinigen. — Lobkowitz liest das
Pasquill bei Tafel laut Tor und spasst darüber: ,eines ist hierbei ausge^
lassen, wer will der Katzen die Schelle anhangen^^
Nachmittags 4 Uhr auf kaiserlichen Befehl Conferenz bei Anhalt. Es
erscheinen Hocher und Montecnccoli, dazu die beiden Seeret&re
Dorsch und Abele. Auf Beider Dubia antwortet Anhalt „mit Bestände^.
Vor seinem Weggange wird er auch mit Montecnccoli noch über Marsch
und Vereinigungszeit richtige Abrede nehmen. — Als er am Abend spät in
sein Quartier kommt, lässt ihm Hocher Gutenacht wünschen: er könne
ruhig schlafen, denn er werde ehestens eine gute Resolution bekommen.
Das von Kf. an Ho eher übersendete Praesent will dieser erst annehmen,
wenn alles zum guten Schluss gebracht ist Empfängt noch abends
10 Uhr durch Vergünstigung des Postmeisters das Kurfärstl. Schreiben v.
22. Juni a. St mit der Ratification und den Beilagen.
Am 12ten, übermorgen, feiert man den Geburtstag der Kaiserin
Margarete. Tags darauf, an ihrem Namenstage, wollen beide Majestäten
nach Nikolsburg wallfahrten, aber nicht länger als 7 Tage aasbleiben. An-
1) d. d. Goelln a. Sp. 17./27. Juni 1672. (Unten gedruckt Abschn. H. Abtlg. 1.)
*) GremoDvilles Beschwerde darüber oben S. 168.
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Pasquill aaf GremoDYiUe. Mobilmachang. 229
halt wird sich bemühen, seine Abfertigung noch vor des Kaisers Aufbruch
zu erhalten. Wenn das nicht gelingt, will er ihm nachreisen. Der Rück-
weg führt ihn ohnehin nach Nikolsburg; es ist die vierte Post Tor Wien.
P. 8. Eben (am 10.) hat er dem Spanischen Botschafter des Kf.
Schreiben 1} uberbracht, worauf dieser versicherte, Oraf Monterey hätte
schon Ordre, sich mit den Kaiserlichen Trappen zu conjungiren. Zum üeber-
flass wolle er noch heute einen Courier ezpediren, damit der Graf, des Snccur-
888, den er bereits Holland zugesandt, ungeachtet, dennoch mit 4000 zu Ross
und 6000 zo Fnss sich stellen und mit der Reiohsarmee vereinigen möge.
Es mnsste denn sein, dass Frankreich sie selber in den Spanischen Nieder-
landen angriffe — für den Fall natürlich habe man die Völker daselbst nötig.
Anhalt Relation. Dat. Wien, 4./14. Juli 1672.
[Mobilmachung. Wird den Kückweg über Dresden nehmen.]
Die Ergebnisse der letzten Tage im einzelnen behält er mündlicher 14. Juli.
Berichterstattung vor. Er ist am schreiben verhindert worden, „wegen
gestriger erlangter Abschiedsaudienz bei I. I. E. K. M. M., welche gestern
Abend spät um 6 Uhr von hier abgereiset sein, heute Morgen aber wegen
der mit dem Hofkanzler Hoc her und Abele gehaltenen langen Conferenz,
auch Auswechselung der Ratification, so nun albereits geschehen, am aller-
meisten aber wegen Adjuutirung unser allerseits gehaltenen Protocolls, so
nun auch recht eingerichtet, aber noch nicht mnndiret ist; zu geschweigen
der continuirlichen Visiten, derer ich mich unmüglich, solche zu empfangen,
entbrecben kann.^
Der Kaiser hat die Mobilmachung von 16 000 M. befohlen. 4000 unter
dem Comroando des Herzogs von Holstein sollen sobald als möglich
folgen. Mit jenen wird sich Montecuccoli in Person am 15./25. August
zum Rendezvous in Eger einfinden. Gegen einen früheren Termin schützt
man hier die faktische ündurchführbarkeit vor. Montecuccoli geht zu-
nächst allein voraus, um vom Kf. die nötigen Ordres die Conjuoction be-
treffend entgegenzunehmen und wegen des Marsches und der Operationen
nach Massgabe der jeweiligen Conjuncturen zu beraten. — Der Herzog
von Lothringen kommt ebenfalls in Person mit, nebst seinem stattlich-
sten Regimente zu Ross.
Der Kaiser wünscht, dass Anhalt den Rückweg über Dresden nehme.
Er soll ein Handschreiben an den Kurfürsten von Sachsen abgeben,
denselben für die Allianz disponiren und einem kaiserlichen Cavalier, der
ihm folgen wird, die Bahn bereiten. — Da verschiedene Sachen dem Kaiser
zur Vollziehung nachzuschicken sind, so wird Anhalt noch zwei Bis drei
Tage verweilen müssen. Den 16/26. denkt er in Berlin zu sein. Diesmal
ist ihm seine Verrichtung „recht schwer und diificil^ gemacht worden. Er
I) Oben S. 224.
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230 I- Zar Vorgeschichte des deutsch-französischeo Krieges. 1671. 1672.
hat starke Opponenten gehabt and zn einem ganss anderen Modas greifen
müssen als bei seiner ersten Gesandtschaft. Davon mündlich.
Anhalt. Relation, Dat. Wien, 7./17. Juli 1672.
[Wird noch hingehalten. Vorbereitungen zum Aufbrach der Armee. Bestärsaog
Gremonvilles aber den Marsch and die Beteiligang Montecaocolis. Braanschveig-
Celle. Abschied von der verwittweten Kaiserin. Polen. Briefbefbrderang.]
17. Jali. Gestern beim Fürsten Lobkowitz zu Mittag gespeist in Gesell-
schaft vieler Generale. Während der Mahlzeit erscheint Abele nnd mel-
det, er nehme aas dringender Veranlassung eben die Post nach Nikolsbnrg;
hente nm 2 Uhr werde er znrück sein und alles vollzogen mitbringen. An-
halt macht Elnwendnngen: er habe seine Depeschen bereits in Händen; die
Kescripte an Baron de Goes könne man per Post schicken. Lobko-
witz meint, anf einen Tag käme es ja nicht an, nnd Kaiserliche Majestät
sähe gern, dass der Fürst wie das letzte Mal alles selber überbrächte. Wird
also erst am 27. kommen. —
Die OfQciere haben ihren Marschbefehl empfangen nnd setzen sich «in
Equipage**. Monte cncco 11 ist die beiden letzten Tage mit Ansfertigong
der Ordres stark beschäftigt gewesen; er lässt über 220,000 Rthlr., die znr
nenen Werbang parat gelegen, anter die aasrückenden Regimenter verteilen,
damit sie zwei Monate Sold anf den Marsch bekommen, «und werden die
neuen Werber wieder in dieser marchirenden Regimenter Quartier assigniret,
welches dann ein sehr gnt Ezpediens ist, damit der Marsch nicht aufge-
halten werde^. — Mit dem hiesigen Hofkammerpraesidenten nnd dem Prae-
sidenten der Böhmischen Kammer ist wegen des Unterhalts der Völker
gestern Conferenz gehalten worden. Man sieht ans allem, dass es Ernst
wird. — Was der Spanische Botschafter — er war gestern über zwei
Standen hier — an die Königin nnd an Graf Monterey geschrieben,
mündlich.
Der Herr Gremonville ist über den Marsch der kaiserliehen
Völker und, dass Montecuccoli in Person mitgehen wird, trefflieh con-
sterniret und hat also fort wieder einen Courier an seinen König de-
peschiret. Vorgestern war er über dritthalb Stunden bei dem Fürsten
von Lobkowitz und hat rund aus zu wissen begehrt, was er seinem
Könige hiervon übersehreiben sollte; er hat ihn aber im Seherz ge-
antwortet: ,eseriyez au Roy que je me mettray k la teste de cette
armie^ Hernach aber hat er ihm gesagt, dass der König dem Kaiser
und des Reiches Ständen nicht verdenken könnte, auf des Reiches
Sicherheit zu gedenken und die Grenzen des Rom. Reichs für allen
Ueberfall zu bewahren, worauf der Gremonville mit trefflichen
Sincerationibus versichert, dass sein König nichts wider das Reich
Google
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GreinoD?iil«8 Befliorsong. Unwesen in Polen. 231
vonanehmen willens wäre, dafern ihm vom Reich in seinen Pro-
gressen wider seine Feinde kein Eintrag und Verhinderung geschehen
wOrde. — Zu mir sagte er letztmalen in der Kaiserlichen Antichambre:
,V. A. ya fort affliger la Seine par tout ce qu'elle fait et n^oeie
icy. Le Roy escrit ä la Reine qu'il retourneroit chez eile, pour
manger avec eile des pesches, mait tout ce dösordre que cause V. A.
fera que le Roy ne s'en retournera pas si tot, et qu'il restera auprös
de Tarmäe^ Ich gab ihm zur Antwort: ,Je yous asseure, Mr., que ce
ne sera pas moy qui fera passer au Roy le goust k manger avec la
Beine des pesches, et pour le plaisir de Leurs Majestös je souhaiterois
que les pesches auroient estö mfires il y a deux mois.^ Er fing
darauf an zu lachen und machte mir ein gross Compliment und sagte,
ich könnte mich yersichem, dass mich sein König sehr liebte und
estimirte, und wftre ich nicht zu yerdenken, dass ich des Herrn In-
tention, so ich diente, mögliehst befördern hülfe.
Relation t. C an steine^) ans Celle durch Schwerin überschickt. So-
weit nötigi wird Ho eher davon yerständigt werden. Der Irrtum in der
Kaiserlichen Kanzlei, Titnlatnr Hochgeboren anstatt Durchktucht für das
Haus Lüneburg, ist berichtigt worden. — Ein Kaiserliches Schreiben an
Celle wird Anhalt dem Baron de Goes übermitteln.
„Ich habe schon vor drei Tagen meine Abschiedsandienz bei der ver<
wittibten Kaiserin genommeni weil sie aber erfahren, dass ich noch
mich alhier aufhalte nnd die Expedition erwarte, wurd mir im Vertrauen
gesagt vom Fürsten Lobkowitz, ich würde sehr wol tbnen nnd würde
die Kaiserin erfreuen, wann ich noch ein paar Mal in der Favorite mit ihr
kegelte. Als ich mich nun gestern sehr spat mit dem Fürsten von Lobko-
witz in der Favorite aufhielt, sagte sie: ich nehme heut noch keinen Ab-
schied aber wol morgen Abend in der Frau Praesidentin') Garten, und
befahl mir ezpresse, mich, als heut Abend, da einzufinden, alwo die Praesi-
dentin auf eine treffliche Merenda sich gefasst gemacht und zugeschicket
bat, und werden sich alle schöne Dames aus Wien daselbst einfinden. Ich
habe dieses zu decliniren mit guter Manier nicht wol vermocht, werde aber
noch diese Nacht oder morgen in aller Frühe aufs längste mich anf die
Post machen und meine Ueberknnft soviel möglichst beschleunigen, zuvor
aber der Kaiserin des Herrn von Schwerin Brief zeigen, alwo 8. Ezc. diese
Wort an mir schreiben: ,S. Ch. D. haben mir gn. befohlen, an den Hefrn
von Hoverbeck zu schreiben, dass er das Polnische Werk, als wann es
8. Ch. D. selbst anginge, alda beobachten nnd sich dessen annehmen solle'
— welches dann gewiss der Kaiserin überans gefallen nnd consoliren wird.
>) d. d. Celle 24. Jani/4. Jali 1672. Vgl. unten 8. !
>) Grfifln Sinzendorf.
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232 I- Zar Viorgescbichte des deutsch-fraozösischen Krieges. 1671. 1672.
— Die letzten Briefe ans Polen lauten sonsten alle wol. Es menaciret
aber dem König in Polen eine andere Gefahr, welches ich der Feder nicht
vertrauen mag.^
P. S. Mit Montecnccoli^in allem Verlass genommen wegen fleissiger
Gorrespondenz, ihm anch gesagt, dass zwischen Berlin nnd Grünberg Reiter
▼erlegt sein, damit man in fünf Tagen durch diese Reiter bis Grünberg
und von da ans durch Stalfetten bis Wien Briefe erhalten könne^.
Anlage.
Kaiser Leopold an den Kurfürsten Johann Georg von
Sachsen. DaL Wien 12. Jnli 1672.
[Creditif ffir Anhalt mit dem Ersnchen an K Sachsen am Eintritt in das Baodnis.]
12. Juli. Teilt dem Kurfürsten mit, dass der Fürst von Anhalt von Kur-
brandenburg zum zweitenmale an seinen Hof gesendet, und dass mit ihm
das bereits angeregte Bündnis nunmehr in Gottes Namen völlig geschlossen
worden ist. Auf seinen (des Kaisers) Wunsch geht Anhalt nach Dresden
zu eingehender Berichterstattung. — Ersucht den Kurfürsten, ^nicht allein
vor sich Selbsten in dieses neu aufgerichtete und forderst zu allgemeiner
Reichs-Ruhe und Sicherheit angesehene Foedus wirklich einzutreten, sondern
auch Dero Herrn Gebrüder Ld.') zu einem gleichmässigen zu disponiren
und zu vermögen.^ Ein kaiserlicher Abgesandter wird nachkommen.
Kaiser Le.opold an den Knrfttrsten. Dat. Wien 12. Jnli 1672.
12. Juli. Der Kaiser hat die Allianztractaten „gnädigst ratificirt^ und die Original-
Instrumenta des Fürsten von Anhalt Ld. eztradiren, auch im übrigen
die von Ew. Ld. erinnerte Bedenken in einem neuen Instrumente dergestalt
hinlegen lassen, dass Sie hoffentlich darmit zufrieden sein werden^. Kf.
möge nun neben Dänemark die Braunschweigischen, Hessischen
nnd andere fürEtlicben Häuser zum Beitritt zu vermögen suchen.
Bezieht sich im übrigen auf Anhalt.
Darch Anhalt nberbracbt: Kaiser Leopoid an den Karffirsten. Dat. Wien,
»Ich habe bei dem Hofkansler Hocher erinnert, dass das Wort Vettern
Ld. alhier mit hinein gesetzet werden möchte, wann die Abschickung geschehen
soll, welches er anch versprochen.' (Von Anhalt an den Band der nach Berlin
übersendeten Oopie geschrieben.)
') Die Ratification erfolgte thatsächlich am 13. Juli. Anhalts Anwesenheit
in Dresden bestätigt ein Schreiben.
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Kaiser Leopold retificirt den Vertrag. Anhalt aber Dreeden snrfick. 233
13. Jnli 1672 [eigenhändigeB Becreditif för Anhalt nebst Dank für des Ef. beide
Schreiben vom 23. nnd 27. Jnni].
Becreditif der Kaiserin d. d. Wien, 13. Juli 1672; der Kaiserin- Wittwe, d. d.
Wien 18. Joli 1672. Fernere Complimentschreiben von Montecnccoli. Dat. Wien,
13. Jnli 1672; von Hocher Dat. Wien 17. Juli 1672; von LobkowiU, Dat. Wien
18. Juli 1672; von Abele Dat Nikolsbnrg 17. Jnli 1672, sämtlich Formalien und
Wnnsche enthaltend.
b. Der Anschlass von Brandenburg-Baireath.
Der KnrflirBt an Otto Frhrm. von Schwerin d. J.*). Dat
Coelln a. Sp. 28- Juli 16720-
Praesentat Leipzig 30. Juli. 1672.
[Instruction för seine Gesandtschaft an den Markgrafen Christian Ernst von
Brandenbarg-Baireath.]
Sogleich nach Beendigung des Kreistages hat er Leipzig zu verlassen 7. Ang.
und sich nach Baireoth zu begeben. In der Audienz soll er den Mark-
grafen zum Eintritt in die zwischen dem Kaiser und Kurbrandenburg ge-
schlossene ^Defenslvalliance zur Conservation des Friedens^ auffordern:
derselbe möge eine solche Gelegenheit, dem Vaterlande zu dienen, nicht
ans den H&nden lassen.
«Befindet Ihr I. Ld. darzu geneigeti wie Wir daran nicht zweifeln,
allermassen I. Ld. ^hon in die Alliance, so I. Kais. M. mit etlichen Chur*
und Fürsten gemachet, wie I. Ld. uns selbst deswegen consuliret,
eingetreten, habt Ihr Derselben das Foedus, so mit I. Kais. M. geschlossen,
zo communiciren und einen Accessionsrecess auf unsere Ratification zu
projectiren, des Einhalts, dass I. Ld. zu solchem Foedere mit treten und
dabei an Mannschaft eine gewisse Anzahl (so I. Ld. nach Dero rühmlichen
Eifer für das gemeine Beste und der Gelegenheit nach zu denominiren
wissen werden) ehest, möglich stellen wollen. Wobei Ihr ^dann melden
könnet, dass sonsten I. Kais. M. Sich erkläret, Ihre Völker nach Eger so-
fort marchiren zu lassen, also dass sie den 15. Ang. alda sein und bald
darauf sich mit den ünsrigen conjungiren können. Qleichfalls habt Ihr
Erwähnung zu thun, dass Ihrer Kais. M. zu sonderbarem Gefallen gereichen
würde, wann I. Ld. die Kreis-Völker nebst den Ihrigen aufbringen könnten.
— Sollten I. Ld. sich vernehmen lassen, dass Sie Sich unter Unsere Armee
begeben und dabei einig Gommando praetendiren wollten, habt Ihr solches
bescheidentlich abzulehnen nnd Deroselben fürznstelleu, wie es Ibro als
Der jüngere Schwerin, Hof- and Kammergerichtsrat, befand sich zur Zeit
als Depntirter bei dem Obersächsisohen Kreistage zn Leipzig. Oben S. 178.
^ Conc. V. Somnitz. Creditif von demselben Dat.
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234 I* Zar YorgeBchiebte dM dentacb-frmuodsdMD KriegeB. 1671. 1672.
einem Regiereoden Landesföreten liel repotiilieher sein würde, wann Sie
als ein Foederatos das Werk mit antriten nnd führeten.*
Zo der Reise wird ihm Michael Mathias 200Rthlr. mit dieser Post
überschicken.
P. 8. von dems. Dat Der Cksandte wird noch benachrichtigt, dass
zwischen dem Kaiser nnd dem Knrfnrsten verabredet worden, dass Ton
selten Ihrer Kais. M. oa~ Mann, von des Knrfnrsten Seite j^ Mann teils
zn Ro88, teils zu Fnss nebst zugehöriger Artillerie gesendet werden sollen,
nnd darauf in wenigen Tagen die Conjnnetion mit den brandenbnrgischen
Truppen erfolgen wird.
Auf des Oberpraesidenten Befehl werden dem Gesandten die Ar-
tikel mit dem Kaiser vom 13./23. Juni 1672 abschriftlich übermittelt. Nicht
communiciren soll der Gesandte (nach einem Kanzleivermerk von Somnits's
•Hand) die Art. 5 nnd 6 des Vertrages.
Otto von Schwerin d. J. an den Karfttrgten. Dat Leipzig^
31. JnU 1672.
10. Aug. Hat das Befehlschreiben des Kf. sowie die 200 Rthlr. gestern em-
pfangen und wird, ,|da die Eretshandlungen morgen, geliebts Gott, ge-
schlossen werden dörften^, am Freitag die Reise antreten.
Der Kurfürst an Otto von Schwerin d. J. Dat Coelln a. Sp.
30. Juli 1672. Praes. Leipzig 2. AuguBt
[Neues Projeet nnd AceessioDsrecess.]
9. Aug. Weist den Gesandten an, sich nicht der ihm jüngst zugesandten ^For-
mula foederis sondern eines neuen Projectes*' su bedienen, wovon ihm Ab-
schrift zugeht (Es ist eine mit der ersten TÖllig gleichlautende Copie mit
Ausnahme einer einzigen nicht erheblichen Aenderung des § 5.) Es folgt
ferner der Wortlaut des Accessionsrecesses nnd die Vollmacht für den Ge-
sandten Ton dems. Dat.
Vor allem soll er die Stellung einer möglichst hohen Anzahl MannschafteD
Ton dem Markgrafen erwirken.
Otto von Schwerin d. J. an den Kurfürsten. Dat Leipzig,
2. AugnBt 1672.
12. Aug. „Die hiesige Haodlungen sind durch Siegelung des gemachten Kreis-
abschiedes ganz abgethan.^ Seiner Reise steht demnach nichts mehr im
Google
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Schwerin d. J. Sendang an den Markgrafen r. Brandenbnrg-Bairenth. 235
Wege; und zwar wird sie über Jena and Bamberg gehen: denn, wie
Schwerin in Erfahrung gebracht hat, hält sich der Markgraf nicht in Bai-
renth auf, sondern ist in Baiersdorfi) ^anf die Hirsch-Feisse^ >).
0. y. Schwerin d. J. Relation. Dat. Neustadt an der Aisch, 19. Aug.
9. An gast 1672. Er hat in Bamberg erfahren, dass der Markgraf sich
nicht mehr in Baiersdorf sondern 5 Meilen davon, hier in Nenstadt, befindet.
Heute Vormittag ist der Gesandte hierselbst eingetrofifen. Meldung seiner
Ankunft durch Uebersendung seines Creditifs an den Kanzler ?on Stein
and Ersuchen um Audienz. Zwei Herren von Adel, Oberst-Lieutenant
Proecken und Lieutenant Posern bewillkommnen ihn namens Ihrer
Fürstl. Durcbl. und bitten ihn aufs Schioss, ^worauf er in I. F. D. Leib-
kutsche, mit sechs Pferden bespannen, allein auf das Schioss gefahren und
daselbst von obbenannten zweien Edelleuten, welche vor der Kutsche her-
gangen, in ein für ihn destinirtes Gemach geführet worden^. Weil der
Markgraf bereits zur Tafel gegangen, wird er in seinem Gemache, in Gegen«
wart des Kanzlers von Stein, bewirtet. Nach Tisch erfolgt Audienz und
Erledigung seines Anbringens.
L Fürstl. D. antworteten: „über alle massen höflich und respectueux^.
„Die Sache an ihr selbst belangend, lobten Sie zwar die zu Beförderung
des allgemeinen Friedens zwischen I. Kais. M. und Ew. Gh. D. geschlossene
Alliance; rühmten dabei sonderlich, dass Ew. Ch. D. bei diesen so ge-
fährlichen Conjuncturen der Einzigste wären, so die Anderen aus dem
Schlaf und die so nöthige Verfassung zum stände zu bringen sich be-
roüheten. Erfreueten Sich auch, dass allem Anschein nach ein und ander
die Gefahr zu apprehendiren schiene, und bedankten sich nicht weniger für
die Ehre, so Ew. Ch. D. Deroselben thäten, Sie mit dazu zu invitiren,
bäten aber, Sie zu entschuldigen, dass Sie Sich in so wichtige Sache so-
gleich nicht expectoriren könnten. Sie wollten die Sache etwas überlegen,
desiderirten auch tu solchem Ende einige Nachricht über der mehrged.
Kaiserlichen Alliance, wollten alsdann Dero Resolution mir gn. hinterbringen
lassen. Sonsten wären Sie bereit zu Conservation der Teutschen Libertät,
welche sehr zu periclitiren schiene, wie nicht wenigei' Ew. Ch. D. zu ob-
ligiren und Dero vorgesetzten Zweck zu befordern das Ihrige nach allem
Vermögen beizutragen.^
Bei Besprechung der Kaiserlichen Allianz und eines Teiles ihres In-
halts nimmt der Gesandte Veranlassung, von der Sistirung der Kreisvölker
zu sprechen. Der Markgraf aber, wie auch vorher schon der Kanzler gethan
hatte, entgegnet, „es wäre in dem Kaiserl. Schreiben zu Veranlassung des
gehaltenen Kreistages versehen, dass man nur allein der Türken- und keiner
anderen Gefahr gedacht, weswegen dann die genannte Kreisverfassnng auch
nur auf die benannte Gefahr gerichtet und also in Ihren Mächten nicht
>) an d. Begnitz, Bz. Erlangen.
^ Hirschjagd (altes Wort). Grimm Wh. 3. sp. 1465.
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236 I' Zar Vorgetchichte des deoUoh-fraDBÖsischeo Krieges. 1671. 1672.
Btüode, solche, bevor ein Kaiserliches Monitoriam (?on welchem sehoa bei
voriger Post gegen den Herrn von Knesebeck Erwähnong gethan sein
soll) an Sie als Ereisobristen ergienge, zn sistiren. Sobald aber solches
eingekominen sein würde, wollten Sie schon davor sorgen, dass die Völker,
so bereits auf den Beinen wären, zusammengebracht werden möchten:
zweifelten anch nicht, es würden Ew. Ch. D. solches Monitorinm leicbtlich
befordern können.^ Hieranf überreicht der Gesandte das AUianzproject.
Empfang bei der Fr an Markgräfin'). Diese betenert, ^dass ihr
Ew. Ch. D. AiTeetion sehr werth, und weil Ew. Ch. D. gegen alle Menschen
so gnädig nnd gütig wären, hofl^ Sie deren nm so viel mehr theilhaftig za
werden, als sie sich fleissig bemühen wollte, solche zn meritiren^. —
Später hat ihn der Markgraf noch wissen lassen, dass ein kaiserliches
Schreiben ihm den Marsch der Truppen nach Eger nnd den Durchmarsch
durch seine Lande angezeigt habe.
Der Gesandte erwähnt noch des freundlichen Empfanges auf der Her-
reise bei Herzog Bernhard') zu Jena, „indem 8. Fürstl. D. mich mit
einem Edelmann in einer Kutschen zn Sich hinauf holen nnd sowol bei
der Tafel als sonsten durch inständiges Bitten die Nacht dar zu verbleiben
(welches ich gleichwol decliniret) alle Ehre angethan und in Dero Discursen
eine sonderbare Affection gegen Ew. Ch. D. bezeuget, sonderlich aber Ew.
Ch. D. höchst gerühmet wegen der Sorgfalt, so Dieselbe zu Erhaltung des
gemeinen Besten n. s. w. bezeugen^. Die Gegenwart der französischen Ge-
malin*) des Herzogs legt dem Gesandten, wenigstens nach seiner Mei-
nnng, eine gewisse Reserve auf; er glaubt sich nur allgemein äussern zu
dürfen, dass man es dem Kurfürsten von Brandenburg nicht verdenken könne,
dass er sich gegen alle Gewalt zu schützen suche, da ihm die Gefahr am
nächsten liege, er den Schaden auch zum teil bereits empfunden habe.
26.Aag. Relation d.d. Neustadt an der Aisch 16. August 1672. Tags
nach seiner letzten Berichterstattung hat ihn der Markgraf ,)etwas vor
der Mittagsmahlzeit zn sich fordern lassen^ und über verschiedene Punkte,
die Allianz betreffend, Erläuterung begehrt. Der Tenor des Vertrages wurde
durchgesprochen. ,,End]ich dimittireten mich I. F. D. vor dieses mal mit
der Resolution, dass Sie auf Ew. Ch. D. getbanes Ansuchen bereits fest-
gestellet, Deroselben durch Eintretung in die Kaiserliche Allianz nach allen
Kräften beizuspringen ; gleichwie Sie aber dasjenige, so Sie zu leisten Sich
obligiren würden, effective beitragen wollten, als müssten Sie Sich über
dem Quanto noch etwas bedenken ; sollten Sie Sich aber vor jetzo alhier nicht
recht herauslassen können, wollten Sie Sich gegen Ew. Ch. D. bei der
') Sophie Laise, Tochter Hersog Eberhards III von Wirttemberg.
^ Herzog Bernhard von Sachsen- Je na, Sohn des Herzogs Wilhelm
von Sachsen- Weimar.
*) Anne Marie de Tremoaille.
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Relatfoneo SebweriDS aas Neustadt. AcceesionBrecesa. 237
ConjonctioD der Armee, so Sie so sehen yerlangten, mündliclr Dnd ver-
boffentlieh nach Ew. Ch. D. Contentement erklären.^ Auf Wonsch des
Markgrafen, ^inzwischen doch etwas festzustellen^, überreicht ihm der Ge-
sandte die Formel des Accessionsrecesses, worauf der Markgraf am Abend
endlich, nachdem ihm Schwerin nochmals eröffnen müssen, dass Ef. die
Höhe des Qnantnms ganz aof des Markgrafen Diseretion ankommen lassen
wollte, sich znr Stellung einer Compagnie zu Pferde Ton 100 Köpfen und
zweier zn Fnss, anch jede von 100 Köpfen, bereit erklfirt. Auf die Gegen-
▼orstellung des Gesandten, dem ^diese Zahl etwas geringe vorkam^, äussert
der Markgraf, dass es ihm «ganz unmöglich fallen wollte, ein Mehres zn
thnn. Bezeugten dabei, dass wenn es in Dero Mächten stünde, Sie Ew.
Ch. D. wol zwei Regimenter mit Ihrer eigenen Person präsentiren wollten^.
— Gespräch mit dem Oberpräsidenten Grafen tou Castell. Dessen
Verdacht, dass man die Kaiserliche Armee nur „pro forma herannahen
Hesse, um die Krön Frankreich von weiterem Vornehmen zu deterriren^.
— Nach mehrtägiger Bedenkzeit, während welcher der Gesandte stets aufs
neue Erhöhung des Quantums nachsucht, und nach weiteren Discussionen,
ob die Erbverbrüderung zur Verpflegung der Auxiliarvölker durch den Re-
qnirenten verpflichte, stellt der Markgraf die Alternative: ob Kf. „lieber
die 300 M. auf I. D. des Markgrafen Verpflegung oder etwa ein gutes Regi-
ment z. F. von 1000 M. auf Dero eigene Kosten zu erhalten belieben würde^,
und lässt dem Kf. die Wahl.
Schwerin möchte dadurch, dass er etwa (wie er eigentlich gern
wünschte), noch über den einen oder den anderen Punct nähere Infor-
mation aus Berlin erwartete, den Schluss der Handlung nicht hinausschieben;
überdies sei der Markgraf schon vor seiner Ankunft entschlossen gewesen,
zn Kf. ins Halberstädtische zu kommen. Vielleicht wird er (MarkgraQ dem
Kf. „alsdann wol ein mehres selbst praesentiren, um so viel mehr Dank zn
verdienen^. Schwerin giebt ihm aber den Rat, den Termin seiner Abreise
nicht eher anzusetzen, als bis er über den Aufbruch des Ef. znr Armee
sichere Nachricht habe.
Morgen wird Schwerin seine Rückfahrt antreten. Rühmt des Mark-
grafen hohe Gnade, seine gute Gesinnung und Anhänglichkeit an den Kf.
und sein Haus. — Der Markgraf bittet, den Musterplatz etwa im Halber-
städtischen anzuordnen.
Der von 0. Frhrrn. v. Schwerin und Wolf Dietrich Grafen
und Herren zu CastelP) Neustadt a. d. Aisch 14. August 1672 unter-
schriebene Accessionsrecess wird nicht ratificirt.
RecreditSf ffir Otto Erhrrn. v. Schwerin d. d. Neustadt 14. Angnst 1672.
Accessionsrecess des Harkgrafen Christian Ernst Dat.
') Des Markgrafen Oberpr&sident und Geheimer Bat. Vollmacht d. d. Neu-
stadt 14. August 1672.
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238 I- Zar Vorgeschichte des deotfch-fraDiösischen Krieges. 1671. 1672.
9. Sept. Halb er 84a dt 28. Angust 1672 des Inhalts, dass der Markgraf sich er-
klärt: ^eine Compagnie von EinhaDdert zu Pferde und eine von
zweihandert Köpfen so Fnss inclasive der prima Plana ehest
möglich za sistiren and dieselben selbst zu verpflegen nnd zn nnterhalten,
ausser dass S. Gh. D. za Brandenburg nach gehaltener Mosterang, wann
Sie in Dero Landen sein, selbige mit gewöhnlichem Service versehen wer-
den^. (Vgl. V. Moemer Staatsvertrage S. 367.) Daran reihen sich einige wenige
BrinnemDgspoDkte des Markgrafen.
12. Sept. d. d. Halberstadt 2./12. September 1672 erlässtKf. an den Mark-
grafen Johann Friedrich von Ansbach^) eine Einladung zum Beitritt
in das Kaiserliche Bündnis.
c. Das BrauDBchweiger Bttndnis.
Die enge Beziehung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm za den Gliedern
des Braanschweigischen Herzogshaases veranlasste seit dem Herbst 1671
einen lebhafteren Aastaosch über die bedrohlichen Coigonctaren ; mit Be-
ginn des Jahres 1672 führte sie damit von selbst zo Erklärangen dieser
Fürsten in der Holländischen Frage.
Während Johann Friedrich von Hannover and der Administrator
Ernst Angast von Osnabrück die von Frankreich angebotene Neu-
tralität annahmen, jener sogar für Frankreich warb, Hessen Herzog Georg
Wilhelm von Lüneburg-Celle und der Vetter dieser drei Brüder
Herzog Radolf August von Braunschweig- Wolfenbüttel, beide'
dem Karfürsten dnroh das Defensivbündnis vom 22. Angast 1667 verpflichtet,
sich eine Allianz mit den Niederlanden vorschlagen. Im Janaar und Fe-
bruar 1672 war der Braodenbnrgische Amtskammerpräsident Geheimer Rat
Raban von Gans te in in Celle thätig; Mitte März kamen die beiden
Herzoge von Celle und Wolfenbüttel zum Besuche nach Potsdam. Eine
dann veranstaltete erste Conferenz zu Braunschweig am 81. März, welche
die Niederländische Angelegenheit besprechen sollte, ging resnltatlos ans
einander. Eine zweite zu Seesen am 3. Mai — zu beiden waren auch De-
putirte der Landgräfin Hedwig Sophie von Hessen-Cassel, der
Schwester des Kurfürsten, geladen, nnd anf beiden leitete Raban von Gan-
stein die Verhandlangen') — brachte einen Tractat za Wege (stipalirt am
7. Mai), dessea Ratificirang man aaf Veranlassang des Kf. eyistweilen an-
stehen Hess*), der aber als die Ornndlage des späteren Brannschweiger
Bündnisses geschichtlich bemerkenswert bleibt Die Unterzeichner sind
neben den beiden bereits namhaft gemachten Brandenbnrgischen: von Hessi*
Vgl. oben 8.45.83. Der Markgraf war inzwischen majorenn geworden;
eine bestimmte Ordre mit ihm direkt zu verhandeln hatte Schwerin nicht gehabt
*) Instruction für die Seesener Verhandlnng an v. Oanstein nnd Otto Frhrrn.
V. Schwerin d. J. Dat Lehnin 15./25. April 1672.
*) Schreiben d. d. Coelln a. Sp. U. Mai 1672.
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VorverhandlangeD vor den Brumschweiger Confereozen. 239
scher Seite Regner Badenbaosen and Caspar Friedrich vod Dal-
wigk, TOD Wolfen bütteliscb er Fritz von Heimbnrg and Hermann
Hoepfner, von Gellischer Johann Helwig Sinold gen. Schütz.
Die Ratificimng des Seesener Vertrages ward somit znm eigentlichen
Hanptthema der Yerhandlnngen. Allein gerade der ansehnlichste der in
Frage kommenden Alliirten, Herzog Oeorg Wilhelm von Lüneburg- Celle,
▼erstand sich zn keiner Resolution, wie der KnrfÜrst sie wünschte. Dieser
hatte am 6. Mai die Allianz mit den Generalstaaten abgeschlossen; sein
Abgesandter nach Celle, der Generalmajor Freiherr Gerhard Bern*
hard von Pölnitz sollte nun f^mittelst Fürstellnng allerhand ihm be-
kannter Motiven^ den Herzog veranlassen, dass er auch mit den General-
Btaaten den Schlnss der Tractaten ohne fernere Verzögerung befördere,
Qnd ihm über die Haltung der wolgesinnten Mächte in dieser Frage,
namentlich des Kaisers und der Krone Dänemark, jeden Zweifel benehmen^.
Ohne Erfolg. Auch eine fernere Verrichtung v. Cansteins im Juli zn
Pyrmont, wo sich der Cellische Herzog im Bade befand, zu Arolsen, wo-
selbst Graf Waldeck dieser Negotiation seine bewährte Beihilfe ange-
deihen Hess, zu Cassel, wo eine Audienz bei der Landgräfin, zu Seesen,
wo eine solche bei Herzog Rudolf August statt hatte — auch diese Ver-
richtung erzielte durch die zaghafte Bedenklichkeit Georg Wilhelms keine
bündige Erklärung der drei Fürsten über Truppenquantnm und Hinzutritt
zn dem inzwischen abgeschlossenen') Kaiserlichen Bündnis. — Erst eine
Gonferenz sollte diesmal ein positives Ergebnis bringen. Auf Betreiben
des Kurfürsten wurde sie auf den 17. August nach Braunschweig anberaumt.
Die Abgesandten zn den Verhandlungen sind: der Kaiserliche Frei-,
herr Johann von Goes (Vollmacht d. d. Wien 13. August), der Dänische
Christian Habbaeus, Resident im Ober- und Niedersächsischen und
Westfälischen Kreise (Vollmacht d. d. Kopenhagen 5./15. August), der
Cellische Johann Helwig Sinold gen. Schütz« Kanzler, und Georg
Christoph von Hammerstein, Geheimer Rat und Grossvogt (Voll-
macht d.d. Celle 8./18. August 1672), die Wolffenbüttelisehen Hermann
Höpfner, Friedrich von Heimburg, Busso von Münchhansen,
Kanzler und Geheime Räte (Vollmacht d. d. Blankenbnrg 7./17. August
1672), die Casselischen Burkhard von Gär und Regner Badeo-
b aasen, Geheime und Regiernngsräte, (Vollmacht d. d. Cassel 2./12. August).
Die Gonferenz, welche durch die Teilnahme des Kaiserliehen und des
Dänischen Gesandten ein besonderes Schwergewicht empfing, endete mit
dem Bündnis vom 22. September, über dessen Zustandekommen die folgen-
den Relationen Cansteins unterrichten.
Zur Sache sei nochmals auf die oben (Einleitung S. 14) gemachte Be-
merkung bezüglich der Köcher'schen Archiv-Publicationen verwiesen.
>) lostrnction. Dat. Goelln a. Sp. 7./17. Mai 1672 and ein noch eingehen-
deres Schreiben, Pölnits nachgesandt, vom 8./18. Mai.
>) Am 28. Juni
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240 f* Znr Vorgeaehichte des dentsch-franiöBisclieD Krieges. 1671. 1672.
Der Korftirst an die Landgraefin Hedwig Sophie von Hessen-
CasseL Dat Coelln a. Sp. 23. Juli 1672.
[GoDferens %jx BranDschweig. Trappen eenclaog. Conjanction mit deo
Kaiserlichen.]
2. Aag. Kf. fordert zur AbseodoDg ihrer Rftte nach Braanschweig aof den
7. Aagust aof. Aach bereits vor Ankonft des kaiserlichen nnd des dänischen
Abgesandten könne das Werk begonnen werden.
^Und wie Ew. Ld. hochvemiinftig von selbsten ermessen, wie die
Sicherheit des Vaterlandes anf eilfertiger Anschaffung der Trappen berohet,
so tragen Wir keinen Zweifel, Ew. Ld. dazu, Dero bekanntem hochrtthm-
lichen Eifer für die gemeine Wolfahrt zufolge, dienliche Anstalt machen
werden, worum Wir Dieselbe dann auch gleichfalls freandbrüderlich wollen
ersnchet haben. — I. Kais. Maj. haben die Ihrige beordert, gegen den
15./25. August in Eger zu sein, und Wir werden die Unsrige also marchiren
lassen, dass sie sich wenig Tage hernach mit selbigen eonjnngiren können^.
Herzog Georg Wilhelm von Lttnebarg-Celle an den Enr-
fllrsten. Dat Celle 22. Juli 1672. Eigenhändig.
1- Aug. Antwort aof ein Schreiben des Kurfürsten Tom 18ten, welches von der
(zweiten) Sendung Anhalts nach Wien berichtete. — Der Herzog wird den
(Frhrrn. von Ooes erwarten und von dessen Anbringen Mitteilong
machen. — Mittlerweile wird der Französische En?oj4 Comte de la
Yanguion^) beim Kf. eingetroffen sein; Tor einigen Tagen passirte er
Hannover.
Der Kurftirgt an den Herzog Georg Wilhelm von Lttnebarg-
Celle. Dat Colin a. Sp. 23. Juli 1672.
[Dänemark zum Beitritt in das Bündnis bereit. Kf. schlägt eine neue Gonferens
▼or and drängt aof Beteilignng des Braansebweigisohen OeBamthaases.]
2. Aug. Die Krone Dänemark hat sich seinem Gesandten, dem Freiherrn
von Blnmenthal, gegenüber bereit erklärt, iü das Bündnis mit dem
Kaiser und Knrbrandenburg einzutreten; es möge, und zwar im Beisein
eines dänischen Abgesandten, auch mit Celle abgeschlossen werden. Zo
diesem Zweck bringt Kf., ohne vorzugreifen, eine Gonferenz zu Braan-
schweig, etwa am 6. oder 7. August, in Vorschlag. Wenn blos der Dä-
nische Deputirte erscheint, so kann man dennoch za tractiren beginnen,
1} Gben S. 88.
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CaoBteiDB tostractioD nach Braunschweig. 241
denn des Kaisers Willensmeinang ist hinreicbeDd bekannt. — Des Herzogs
Brüder nid Vettern sollen das Werk mit angreifen. — Der Herzog mag
sich mit seiner Mannschaft zur Conjnnction gefasst halten. (Aehnlich an
Wolfenbüttel. Hinsichtlich der Conferenz zustimmende Antworten.)
Instruction womit der Geheime Rath Raban von Canstein zu
der in Brannschweig veranlasseten Zuftammenkanft abge-
fertiget« Dat. Coelln a. Sp. 3. Angust 1672. Conc. v. Somnitz.
[Kventaalreise nach Celle. Beginn der VerhandluDgeD anch ohne den Kaiser-
lichen nnd den Dänischen Gesandten. Zweck dieses Tractats ist Assisteoz der
Vereinigten Niederlande. Quantam der Volker. Artillerie. Oommando. — Wie
die Gegenpartei zu hindern. Einzelne Massregeln.]
Der Gesandte soll sich so einrichten, dass er, wie es bestimmt ist, am 13. Aug.
7. Angnst zu Brannschweig eintrifft. Wenn er dort Niemand von den Mi-
nistern findet, soll er in Celle mit dem Herzog verhandeln.
Für den Beginn der Tractaten braucht die Ankunft des Kaiserlichen
oder Dänischen Gesandten nicht abgewartet zu werden. ^Das Werk ist
nicht anszustellen, damit bei Anknnft derselben der Schluss desto eher er-
folgen möge.^
^Das Hauptwerk belangend hat Unser Abgesandter sich anfangs auf
dasjenige zu beziehen, was er bei den Fürstl. Häusern Braunschweig,
dann auch Unserer Frau Schwester Ld. zu Pyrmont, Seesen und Cassel
im Ausgange des jüngst abgewichenen Juni und Anfang des Juli propo-
niret und fürgestellet ^), auch was ihm dem gemeinen Wesen zum Besten
darauf der Zeit, absonderlich zu Pyrmont, geantwortet worden. Und weil
damals und nachgehends nöthig befunden, dass yorhochbem. Häuser unter
einander, auch Celle mit Hannover und Osnabrück, sich vernehmen, und
darauf eine fernere Unterredung angestellet würde, dieselbe Communication
auch jüngsthin zu Holzhansen geschehen, als hat er anzuzeigen, dass Wir
Uns nunmehro der wirklichen Beitretung dem damaligen Versprechen nach
unfehlbar versehen ; ihn auch, selbige und was sonsten noch bei der Sachen
zn thun, ferner zu befördern, dahin abgesandt.
Die vorige Erklärung ist dahin gangen:
1. Dass man eine Zusammensetzung zu Maintenirung des Friedens
im Reich allerseits nöthig achtete.
2. Dass man bei dem mit Ihr. Kais. M. aufgerichteten Bündnis nichts
Sonderliches zu erinnern fünde, nur dass der Punct, wohin nämlich das-
selbe eigentlich angesehen und welches der Zweck desselben eigentlich sein
sollte, etwas deutlicher, eztensins und also müsste gesetzet werden, damit
Niemand dadurch offendiret würde.
Oben S. 239. Diese Instruction Cansteins recapitnlirt am besten die
bisherigen Y erhandlangen. Darum in wörtlicher Wiedergabe.
Uater. >. Gescb. d. 0. Korfurateu. XIII. 16
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242 I* Zur Yorgeschichte des dentsoh-fraozösischeD Krieges. 1671. 1672.
3. DasB wegen der Anzahl der Völker,
4. der Artillerie,
5. des Commando was Gewisses zu schliessen wäre.
Das erste und andere belangend ist bekannt, wie die Handlangen bis
hieher dabin gerichtet worden, dass man
1. den Frieden im Römischen Reiche mainteniren und zu solchem
Ende 2. was in demselben wider das Instrumentnm pacis fürgenoromen ab-
thnn, Denjenigen, so dawider vergewaltiget, assistiren, bis sie zn dem Ihrigen
and rechtmässiger Satisfaction gelanget, 3. auch weil die Sicherheit des
Rom. Reiches einen grossen Stoss leiden würde, wann die Vereinigta
Niederlande von Frankreich gänzlich snbjogiret würden, denenselben sogat
möglich Hilfe geleistet werden möchte.
Die ersten beiden Scopos und Absehen, worauf das Foedus zn richten,
belangend, so halten Wir dafür, dass in dem mit Ihr. Kais. 3f . jüngsthin
aufgerichteten Bündnis Art. 3 dieselbe zur Genüge exprimiret, worauf denn
anch Unser Abgesandter allerdings zu bestehen und zuvorderst dahin za
sehen hat, dass die Worte des besagten Articuls: sed si quid contra fac-
tum fuerit nee amicabilis dehortatio locum invenerif, armis mutnis pacis tur-
batores . . . ungeändert bestehen bleiben, auf welchen Fall es dann auch
des Disputs wegen Unserer Clevischen Lande Reception ins Bündnis nicht
bedarf und, was deswegen moviret werden möchte, nach* diesem Articnlo
zu richten. Wir wollen hoffen, es werden die Anwesende hiernnter keine
Schwierigkeit machen, sondern Ihr. Kais. M. sich fugen, allermassen sonsten
unstreitig, dass das Instr. pac. nicht maintenirt werden könne, wann die
dawider fürgenommene Gontraventiones nicht abgethan werden sollten. Die
Niederlande und deren Succurs belangend, ist bekannt, wie deroselben
Conservation dem Evangelischen Wesen, der allgemeinen Ruhe und des
Rom. Reichs Sicherheit importire, und wäre daher zn wünschen, dass auch
deswegen bei jetziger Versammlung was Gewisses möchte verabredet wer-
den, auf welchen Fall Unser Abgesandter sich nach demjenigen zu richten,
so er für diesem in instructionibns gehabt. Wann aber wegen der vorhin
ins Mittel gekommenen Considerationen nochmalen für gut befunden werden
möchte, davon noch zur Zeit in diesem Foedere zu abstrahiren und den
Punct Bu weiterer Ueberlegung auszusetzen, müssten Wir es endlich anch
dahin gestellet sein lassen, und ist das Werk doch also fQrznstellen und su
reooromandiren, wie desselben Notwendigkeit es erfordert und dass man es
gar nicht aus Augen oder Gonsideration lassen möge.
3. Das Quantum der Völker belangend zeiget der mit Ihr. Kais. M.
getroffene Vergleich, was Dieselbe zu schicken gnädigst resolviret, wie aach
zu was für einer Anzahl Wir Uns anheischig gemachet, worauf Wir nicht
zweifeln, dass die Königl. Würde in Dänemark wie auch die fürstlichen
Häuser reflectiren und in Ansehung der Gefahr und des Werkes Wichtig-
keit dero wolbekannten £ifer nach für die allgemeine Wolfahrt und Sicher-
heit sich also erklären werden, dass derselbe daraus zur Genüge wird cu
spüren sein. Und um so viel weniger wird es nötig sein, hierüber zu con-
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Cansteins lostraotion nach BrauDscbweig. 243
testiren. Es haben Herzog Georg Wilhelmen zn Braonschweig Ld.
Sich juagsthin vernehmen lassen, dass, wann sie von den vereinigten Nieder-
landen keine Subsidia erlangten, Ihre Hilfe über vier oder fünf tausend
Mann sich nicht erstrecken könnte, welches etwa den dritten Teil machen
möchte dessen, so Wir für Uns selbst an Völkern ohne Staatiscbe Subsidia
auf die Beine und zn der gemeinen Sache Diensten zu bringen entschlossen;
versehen Uns also, dass Ihr. Ld. die fünftausend Mann liefern, und die
Königliche und andere Fürstliche H&user auch das Ihrige nach Proportion
thnn werden. Wobei zu bedingen, dass wann vermittelst zweierlei Bünd-
nissen Völker zu steilen die Confoederirte sich anheischig gemachet, die-
selbe einer von dem andern mehr nichts erfordern wollen, als was in diesem
Foedere ratione quanti enthalten. Auch ist zu erinnern, dass weil der Zu-
stand ein mehres an Völkern erfordern möchte, ein jeder von den AUiirten
auf fernere Znwerbung und solchen Zuschub an Völkern bedacht sein
müsste als die Occurrentien nach und nach erheischen möchten. Zuvorderst
ist zu erinnern, dass dasjenige an Völkern, so in Foedere versprochen wird,
dergestalt parat sein möge, dass man sich dessen erheischender Nothdurft
nach sofort also gebrauchen könne, wie es von den AUiirten insgesamt oder
im Kriegsrathe wird gut gefunden werden.
4. Die Artillerie belangend ist dieselbe nach der Anzahl der Völker
zn proportioniren, und kann man sich, nachdem die Kriegsoperationes an-
zustellen sein möchten, deswegen ferner vergleichen, allermassen die schwere
Stücke, so etwa erfordert werden möchten, von denen NächstgoJegenen au
den Oertern, da man sie bedürfen möchte, am besten angeschaffet, und die
Munition zu einem grossen Fürnehmen billig von allen Theilen proportiona-
biliter zu suppeditiren.
5. Das Commando belangend ist Uns nicht bekannt, wer von den
AUiirten bei der Armee zu seio resolviren möchle, und werden die Kriegs-
operationes es geben, ob nnd wieweit man mit den Völkern beisammen
stehen oder absonderliche Corpora machen könne. Sonsten ist bekannt,
wie Wir fürdem das Obercommando über die Kaiserliche, auch Polnische
mit den Unsrigen conjungirte Völker gefübret, wobei es auch für dieses
Mal nach dem mit Ihr. Kais. M. getroffenen Vergleich gelassen. Die Juris-
diction behält ein jeder Herr oder dessen General über seine Truppen; in
Kriegsactiones, so von Importanz, wird nichts ohne gemeinen Rath gethan.
Sollten die Königl. Würde in Dänemark bei der Armee, auch eine oder an-
dre von denen Fürstl. Personen sich befinden, geschehe Deroselbeu billig
der gehörige Respect und wollen Wir mit den übrigen fürstlichen Personen
Uns also begehen, dass sie nicht Ursach haben sollen, sich zu beschweren,
wie Wir auch von ihnen keine andre als gebührliche Bezeigung hierunter
vermuthen. — Im übrigen woher der Armee Subsistenz zu nehmen? wie
und an welchem Orte dieselbe agiren soUe? solche und dergleichen Puncta,
wie sie allerdings in diesem Foedere nicht determinirt werden können, so
werden [sie] dieselbe ad consilinm bellicum billig ausgesetzet, und solches
ist in dem Foedere, wie obgesetzt, zu erwähnen, und was die Verpflegung
16*
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244 1- Zur Vorgeschichte des deutsch-fraDeosischen Krieges. 1671. 1672.
belanget, zo setzen, dass gleiche Sorge für alle Allürie Trappen getragen
und aller insgesamt ohne unterschied Conservation beobachtet werden solle.
Die übrigen Pnncta, so etwa ins Foedns zu bringen, werden in denen
mit Ihr. Kais. M. anfgerichteten Articnlis zn finden sein, and ist also an*
Döthig, dieselbe anhero za wiederholen, nnd kann man sich der Billigkeit
nach darüber ferner vergleichen. Weil man aber an Fürstl. Brannschwei-
gischer Seiten über dem Articalo circa religionem, so in dem Foedere mit
Ihrer Kais M. enthalten, darin die Conservation der Katholischen Stifter
bedangen wird, Considerationes gemachet, so stellen Wir dahin, ob man an
Evangelischer Seiten dergleichen gegen Gantion gebranchen wolle, auf
welchen Fall man es nar auf das Instr. pac. und statum illam qni ante hos
motns fhit zo nehmen nnd dabei zn lassen; und ist hiebei dahin £a sehen«
dass man nichts Unnöthiges movire, damit nicht anfangs das Vertrauen ge-
störet werde. Würde man Nachricht begehren von demjenigen, so mit Sachsen
wegen der Beitretnng, item mit dem Französischen alhie anwesenden
E nvoy 6, . mit dem Spanischen Abgesandten, dem Baron de Bergeick'}
fürgangen, hat er sich auf dasjenige za berufen, so Wir schon dorthin com-
maniciret; er kann sich auch ex actis alhier informiren, davon nach be-
schlossener Zusammensetzung vertrauliche Communication zu than.
Welchergestalt die Gegenpartei, so etwa (wie berichtet wird) von Göln,
Baiern, Münster, Neuburg solle formiret werden, zu stören und was
deswegen Ihrer Kais. M. an die Hand zu geben, denen Alliirten aber insge-
samt zu thun sei, solches ist auch nach beschehener Conföderation fleissig
zu überlegen, wie auch imgleichen, was des Herrn Administratoris wie
auch des Herzogen zu Meklenburg^ Werbungen halber fürzunehmen.
Wegen Conservation der Stadt Göln hat er mit Braunschweig-
Celle und Hessen-Gassel anderweit sich vertraulich zu vernehmen, ob nicht
sein könnte, dass wann die besagte Stadt Völker einnehmen wollte (weswegen
der Kaiserliche Resident daselbst Marquis de Orana Nachricht geben wird,
so Wir stündlich erwarten) I. I. Ld. Ld. auf Kaiserlich Ansinnen etwa
tausend Mann hineinwerfen wollten, wobei er den Zustand nnd Zerrüttung
des Westphälischen Kreises, nachdem Münster und Nenburg das Condirec-
torium haben, und Wir dahero für der Hand keine zuträgliche Resolution
zu gewarten, repräsentiren wird.
Mit den Hessischen hat er auch zo reden, dass Chur-Trier zu desto
besserer Defension ihrer auf dem Rhein nnd der Mosel situirten
Festungen verlangen, dass sie von Unsrer Frau Schwester Ld. zumalen
im schleunigen Notfall einige Völker habhaft werden möchten; er hat die
Abgesandten zu ersuchen, solches an Ihr. Ld. also zu bringen, dass Wir
Mit Bergeick warden am 2. und 3. Aagast zu Berlin Gooferenzen gehal-
ten. Unter dem 4. Aagast meldet Kf. an die Landgrafin, dass sich derselbe
aach nach Gassel begeben werde. Vgl. oben S. 88. — Ueber Vaagaion ebd.
^ Herzog Christian Loais, der bekannte Parteigänger Ludwigs XIV.
00 d Converti^.
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Die Brannschweiger Confereozen. 245
Bchleonige Antwort haben köonteD, wobei doch zo erinnern; dass das Werk
in geheim zn halten wegen wolbekannter Ursachen.
Wann der Holländische Enyoy^ annoch za Celle, hat er mit ihm,
wie vorhin, dahin zn reden, dass Ihrer Ld. möchte Satisfaction gegeben wer-
den; die hierzn nötige Vollmacht wird Unser Abgesandter hiebei empfangen
Wegen der Beichs- und Ereisyerfassnngen, und wie dieselben zu befördern,
hat er sich wie vorhin zu erklären. Auch kann er nach beschehenem
Schlosse mit den AUiirten überlegen, weil Ihr. Kais. M. entschlossen nach
Frankreich zn schicken, ob sie eine gemeine Sendung von Seiten aller AUi-
irten zn thnn rathsam befunden.^ *
Mit Herzog Qeorg Wilhelm hat der Abgesandte za überlegen, ob er
nach Hannover oder Osnabrück zu reisen habe. Wenn der Herzog es gut
findet; so hat er an den beiden genannten Höfen ebenfalls auf die Gefahr
hinzuweisen 9 die ihren Landen droht, wenn sie sich „der gemeinen
Assistenz^ entziehen würden.
Creditife und Vollmachten von dems. Datum' wie die Instmetion.
V. Canstein. Relation'). Dat. Brannschweig 10. August 1672. 20. Ang.
Am 7. spät eingetroffen. Die Wolfenbüttelischen Abgeordneten sind
hier, die Cellischen werden jeden Augenblick erwartet. Von Däne-
mark hört man noch nichts. Wegen des Kaiserlichen ist lebhafte
Nachfrage erlassen. — Der Spanisch-Niederländische Gesandte von Ber-
geick war hier schwer erkrankt, befindet sich jedoch auf dem Wege der
Bessemng. Gespräche v. Cansteins mit ihm über Snbsidien der Oeneral-
staaten an die Beitreter zum Bunde. Desgleichen mit Brasser*). Dieser
aber „will von nichts wissen, erkennt swar wol, dass ein Stück Geldes hier
nothwendig von den Holländischen angewendet werden müsse, saget auch,
er habe es zum öfteren an seine Principalen berichtet, beklaget aber die
Unvermögenheit, und dass er zum wenigsten keine Antwort empfanget; es
hilft auch nichts, wenn ich ihm schon zeige die Nothwendigkeit von diesem,
und dass der Staat die ostindische Schiffe einbekommen, auch nicht nöthig
hätte, an Schweden was zu geben, sondern dass solches Geld bei Däne-
mark, Ew. Ch. D., Chur-Sachsen und Braunschweig wol nützlicher ange-
leget werden könnte. So kann er zwar solches nicht widersprechen, wieder-
holet aber sein Voriges, will auch von obbem. Staaten Resolution nichts
wissen, doch muss man sehen und werde ich äusserst dahin arbeiten, dass
man die Tractaten mit Holland und den Braunschweigischen beibehält,^
Das Zurückbleiben der Braunschweigischen Häuser würde das Werk alte-
riren.... „Es giebt mir die Sache nicht wenig Nachdenken, dass die
Die Bei. sämtlich nur in Coocepten des Geheimsecretärs Nenhaus vor-
handen.
*) Christ Dietrich Brasser, Abgesandter der Generalstaaten.
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246 I* Zor Vorgeschichte des deatsch-französiBchen Krieges. 1671. 1672.
BraunschwelgiBchen Herren, seitdem dass sie von der Kaiserlichen
Allianz berichtet worden, Werbungen angestellet, dazu sie sich sonsten bis-
hero Dicht resoWiren wollen. Ich habe auch soviel wol Nachricht, dass sie
unter sich einen Schlots gemacht, 15 000 M. zusammenzubringen, mit welchen
sie sich an die Weser setzen und dem Werk etwas zusehen wollen : summa
und vermeinen sie, dass sie einen Rücken an Dänemark haben und auch
wol von Schweden erlangen können (und dahin ist auch von Anfang ihr
Absehen gerichtet gewesen, wie ich öfters berichtet); es sind zwar die von
Celle und Hannover mit einander etwas uneinig wegen des Gommando der
Officirer worden, doch continuiren sie ihre Werbungen, mit welchen es
dann billig, wie ich fürchte, hier heissen muss: wer nicht mit mir ist, der
ist gegen mir. Zum wenigsten ist die Sache so beschalTen, dass man
darauf reflectiren muss.^
Die Fragen dar anwesenden Braunschweigischen Deputirten
hat C. zunächst per generalia beantwortet: wie der Marsch der Kurbran-
denburgischen und Kaiserlichen Trappen gehen werde? was man bei so
später Zeit des Jahres thun wollte? woher der Proviant zu nehmen? was
man nach der Gonjunction anfangen wollte?
Während er seinen Bericht abgefasst, sind die Cellischen Gesandten
eingetroffen, der Kanzler und der Grossvogt'). Nach ihrer Meinung
würde der Dänische Habbaeus heute oder morgen hier sein; ferner müsse
man die Ankunft der Hessischen abwarten, ehe „etwas Endliches vor*
genommen werden könnte^. Die Cellischen Gesandten kommen immer
wieder darauf zurück, „dass man zwar wol sich zu der Beitretung allerseits
bequemen möchte, wann man nur in terminis defensionis bliebe, nicht aber
etwas mit Frankreich, Cöln oder Münster anfinge, denn das apprehendirten
die Anderen gar zu sehr und vermeineten, solches könne anders nicht als
unanimi consensu Statuum Imperii geschehen. Mainz hätte cum communi-
catione des GraveFscben Memorials') nachdenkliche Vorträge zu Regensburg
thun lassen; imgleichen wäre von Chur-Cöln Erinnerung und dabei ange-
henkte Bedräunng verschiedenlich einkommen, und vermeineten die Anderen,
mau würde hiermit ein Ursach sein, dass der Krieg in das Reich sich zöge.
Sie blieben aber der Meinung, man müsse dennoch hier nicht unverrichtet
von einander gehen.^ C. widerlegt diese Bedenken. Der Kurfürst hätte
noch bisher „sein grösseres Absehen auf I. D. zu Celle gerichtet, und
dahero könnte ich in dem hergebrachten Vertrauen wol eröffnen, dass die
Zusammensetzung mit L Maj. zugleich auf die Assistenz vor Holland zielete,
wie dann I. D. zn Celle selber allerwege für sehr nöthig gehalten, den
Holländischen Staat nicht ganz zu verlassen, und nur urgiret, dass Mäch-
tigere, sonderlich aber der Kaiser, Spanien und Dänemark mit beitreten
möchten. Der Kaiser thäte es. Dänemark giebt dazu Hoffnung, möchte
also wissen, was I. D. nunmehro gesinnet wären, bei dem Werk zu thun,
Schätz und Hammerstein. Oben 8.239.
^ S. unten Einleitung II.
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Die BrauDsehweiger Conferenseo. 247
sonderlich wann Alle gar nicht wollten sich bewegen lassen, oder alles nnr
so restringirten, dass in effectn nichts davon za hoffen w&re.^ Die Celli-
Bchen dringen anf Beitritt D&nemärks, auf die Geneigtheit der Oeneral-
ataaten znr Snbsidienzahlnng. Es ist daher durchaus nötig, meint Ganstein
ond legt es dem Kurfürsten ans Herz, ,,dass Holland sich angreife*'. „Es
moss Geld da sein, und das schleunig, oder es ist alles yergeblich.^ Wenn
sich die Deputirten nicht zu etwas Positivem entschliessen, so wird alles
auf den Kaiser, Spanien, Brandenburg und Holland ankommen, „dazu
Dänemark und Gelle endlich mit beitreten möchten, woferne Holland sich
gegen sie fügete^.
Dabei müsse Ef. allerdiogs sein Auge auf die Actionen der Braun-
schweigischen Herren richten, „weil sie zu ihrer Defension sich 2U8ammen->
setzen und einige , Völker zusammenziehen werden; glaube auch, dass die
Herzoge zusammen leicht}ich ohne Dänemark 8 oder 10000 M. zusammen-
bringen werden^.
Eine Reise nach HaonoTcr wird ihm von den Cellisohen Abgeordneten
von vornherein als erfolglos widerraten: der Herzog habe seinen Beitritt
„ganz und gar reftisiret^.
Relation. Dat. Braun schweig 15. August 1672. Habbaeu8 26. Aug.
ist am letzten Sonntag eingetroffen. Montag den 12. ist man dann zu den
Deliberationen geschritten. Vorher jedoch hat der Dänische an ihn das
etwas befremdende Ersuchen gerichtet: C. „möchte seine Proposition in ge-
linden Terminis, und die nicht choquant wären, ablegen, welches ohn das
von mir würde geschehen sein^. Das geschieht. Die Proposition wird von
Allen in generahbus beantwortet; die Notwendigkeit der Zusammensetzung
von Allen anerkannt.
Nun zu den Einzelpunkten.
Die Deputirten halten den Tenor des Bünduisses anfänglich nur für
ein Project, wobei sie scrupuliren, warum es lateinisch abgefasst sei, da
das Werk doch nur zwischen Deutschen verhaudeit werde. G. bedeutet sie,
dass es auch Spanien und Holland angienge.
Der 2te Artikel, „darinnen von der Büodnis ao. 1668 und 1666 mit
I. Kais. M. geredet wird, sei auszulassen, imgleichen der 4t e wegen des
Spanischen Mitein nehmung, und solches bis auf sonderbare Handlung aus-
austeilen, doch wollte man Spanien hierdurch keine Ezclusivam geben.
Fernerebenfalls der 5te, da von der Onarautie des Olivischen, Glevischen,
Pjrenäischen, Aachischen Friedens geredet wird, auszulassen^; mit Zu-
sicherung der nöthigen Erweisung jedoch, im Falle der Noth. „Ferner wäre
auszulassen der 9t e, welcher redet von der Kaiserlichen Bündnis mit
einigen Ghur- und Fürsten, dann ohne dessen in diesem Bündnis würde
sonderbar sich verglichen werden, wer ferner in dieses Foedus mit einzu-
nehmen. Bei dem Uten de duratiooe hnius foederis hat man es allerseits
anf 8 Jahre vorerst genommen .... Wegen des 6t en die Stadt Göln be^
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248 I- Zur VorgeBchiohte des dentBch-frsDBöaifioheii Krieges. 1671. 1673.
treffend hat man allerseits erkannt, dass dem Reiche nnd sonderlich diesem
Kreise höchst daran gelegen, dass solche in ihrem itzigen Znstand erhalten
würde. Brannschweig-Celle ist anch erbötig, wann Sie von Ihrer Kais.
M. ersnchet werden, anch bei Cöln der Einnehmnng halber versichert sein,
Ihre Völker dahin mitzuschicken. Dänemark entschuldiget sich defectn
mandati, Wolfenbüttel aber kann und Hessen will nichts dabei thno.
Bei dem 7ten nnd 8ten, betreffend die Particularien, ist von Gelle vor«
erst nnr zwei Pnncta moviret worden, als den ersten, wer in dieser Bünd-
nis mitznnehmen, zum zweiten das Qnantnm, so ein Jeder der Gonfoede-
rirten an Mannschaft bestellen soll.^ Sie halten dafür, dass man sich erst
bemühe, Knrsachsen, Hannover, Osnabrück, Hessen-Darmstadt, von den
Katholischen Mainz nnd Trier herbeizuziehen . . . wie von Allen gut be-
funden. „Schwedens aber habe ich in specie nicht gedenken wollen, wegen
Dänemark, nnd auch weil man nicht weiss, was man an ihnen hat. Das
Quantum betreffend, habe ich gezeiget, dass zwar Ew. Gh. D. anitzo eine
Armee von 20 bis 24 000 M. zusammen hätten, Ew. Gh. D. aber wollten
nnr hier in diesem Foedere 12 000 M. setzen, I. Kais. M. aber hätten Sich
zu 15 000 vorerst erkläret. Ich wollte also hoffen, es würde ein Jeder nach
dieser Proportion nnd nach der Beschaffenheit der Gefahr sich auch za-
reichend erklären.^ Dass sich der Dänische mit Mangel Befehls entschul-
digt, ist doch höchst wunderlich. Gelle erklärt sich zu 2000 z. F., 1000
z. Pf.; Wolfenbüttel zu 1000 z. F., 50O z. Pf.; Hessen zu 800 z. F., 400
z. Ff.; „und haben dabei auf Jedes Unvermögen und habende Besatzung
ihrer festen Plätze sich bezogen^. Wird jedoch von Ganstein als nicht zu-
reichend von der Hand gewiesen, desgleichen die Entschuldigung der Gar-
nisonen.
Der Dänische nimmt Anstoss an dem Wortlaut des §3: turbatores
pacis mutuis armis ad debitam satisfactionem compelli. Einen anderen
Aufsatz dafür anzufertigen lehnt Ganstein ab: das Bündnis habe die Gon-
servation des Friedens zum Fundament, es ergebe sich daher von selbst^
„dass alle dagegen geschehene Gontraventiones müssen abgestellet wer-
den^. Es ist verwunderlich, wie Dänemark sich so „schwer nnd widrig in
dieser Sache allenthalben erweist^. „Vielleicht kann es auch wol sein, dass
andere die Pfeile füttern und er sie nur verschiesst .... Dieses aber ist doch
zu verwundern, dass er erstlich mich ermahnete, gelinder zu gehen, er auf
kein Quantum instruiret und zum dritten dass ich sicher weiss, wie er hier
suchet, die Andern zu persuadiren, dass Spanien nicht brechen werde,
worauf doch alhier viel mit gesehen wird.^
Dies der summarische Verlauf der bisherigen Verhandlung. Ans einer
aparten Unterredung mit den Gellisohen Deputirten, auf deren Votum
doch das Meiste ankommt, erfährt G.: „dass Brasser mehr nicht als die
Werbegelder angeboten, aber anstatt 12 000 Mann, darauf es anfänglich
I.D. gestellet, itzo nur auf 6000 M. sich erkläret, von Subsidien aber nichts
als schriftliche weitläuftige Versicherung angeboten; nichts desto weniger
hätten I, D. Sich erkläret, wann Ihr erstlich auf 10000 Mann itzo die
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Die Brannschweiger Conferenzen. 249
Werbegelder gezahlet, hernach vors andere aaf 2 Monat die Subeidien vor-
aus itzo gereichet würden, so wollten alsdann I. D. Sich mit der angebotenen
schriftlichen Versicherung vergnügen lassen, und dieses wäre Ihr Ultimum.^
Darauf hätte sich Brasser zu nichts erklärt, vielmehr zu erkennen
gegeben, „als wann er zweifelte, dass der Staat hierzu ßich verstehen würde^.
Es läge also nicht an dem Willen der Cellischen, sondern an den General-
Staaten. Auch „gegen Dänemark hätte sich Holland bis jetzt nicht an-
schicken wollen^. „Wann sie nur einige Tonnen Goldes an beiden Oertern
anwenden wollten, daran es ihnen dann nicht mangeln könnte und sie ja
die Subsidien hätten den Schweden angeboten, die nun zurückblieben, so
könnten sie von Dänemark und Braunschweig (denn Hannover schon mit
sollte) zum wenigsten eine Armee von 24 000 M. erlangen . . .^ Sie meinen
übrigens, man müsse sich mit dem Abschluss der Verhandlungen nicht
übereilen, zumal der Dänische Deputirte „mit Erholung weiteren Befehls
das Werk selbst wol removiren würde.^
Herzog Georg Wilhelm ist gestern in der Nähe der Stadt gewesen
ond hat die Räte zu sich beschieden. Was die Cellischen vorgebracht
haben, ist also unstreitig als des Herzogs persönliche Meinung anzusehen.
— Der Spanische Gesandte^) hält dafür, dass wenn „sich Holland
gegen Dänemark und Celle nicht anschicke^, dann „bei beiden Theilen für
ihn nichts zu thun sein würde^. Ef. möge dies bei den Generalstaaten be-
fürworten, aber nicht — so schlägt Canstein vor — das Bündnis von der
Nebenhflfe dieser beiden abhängig machen, sondern „es muss das Werk
blos auf nachdrückliche Zusammensetzung I. Kais. M., Spanien, Ew. Ch.
D. und Holland genommen und gestellet, auch darin mit änssersten Kräften
und nicht ä demy gethan und die Sache angegriffen werden; dann nicht
nur (wie man hier dafürhält) man eine ziemliche Force gegen sich finden,
sondern Frankreich das Aeusserste daran setzen werde, sich bei seinen Con-
questen zu erhalten*^.
Erwartet des Kf. Befehl: „wann ich etwan ein Mehres nicht bei hie-
sigem Convent erhalten und dahin richten könnte, dass sie pure zur
Assistenz Ew. Ch. D. sich erkläreten, sondern solches nur auf die Märkisch-
Ravensbergisch-Mindische und andere Lande, diesseit der Weser gelegen,
restringiren wollten, ob ich dann länger hie subsistiren oder die Sache so
etwas hinhalten und traisniren sollte.^ — Ob er sich, wenn Kf. ins Halber-
städtische käme, per Post zu ihm begeben solle? Das Ausbleiben des
Baron von Goes nimmt sich nicht gut aus. Vom Kaiserlichen Hofe auch
„gar keine geringste Anzeigungen''. *
P. S. Man meint hier, Kf. werde nicht lange im Halberstädischen
stehen bleiben, aber noch auch keine Hostilitäten, sonderlich im Hildes-
beimischen, vornehmen. Trotzdem bitten der Grossvogt v. Haamerstein
und der Marschall v. Hazthausen um Sanvegarden für ihre daselbst be-
legenen Güter.
Bergeick. Oben S. 244 Aom. 1.
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250 I- 2ar Vorgeschichte des dentflch-fraDBÖBi sehen Krieges. 1671. 1672.
Des Ef. Befehlschreiben ▼. 9. Aogust erhalten, aber nicht die Beilage,
anf welche sich das Schreiben bezieht').
27. Aag. Relation. Dat. Braunschweig 17. Aagnst 1672. Ergebnislose
Beratungen bisher. ,,Man kommt zwar zum Ende, aber in effectn ohne
Ende/' Auf des Kf. Bescript d. d. Ziesar 14. August 1672 hat Canstein
„die staatische Erbietnng gegen die Braun seh weigischen'' den Delegirten
mitgeteilt. Solches ist ihnen willkommen gewesen. Brasser ist zwar
von den Bundesbehörden noch nicht beordert, wird aber seine Rückreise
danach richten. — Zu melden wäre noch, „dass Dänemark in seinen Votis
verschiedentlich angeführet, dass dieses Foedus nicht müsste auf das, was
etwan in ein und anderem gegen das Instrumeutum Facis geschehen, ge-
zogen, sondern nur auf die zukünftige Begebenheiten restringiret werden*'.
Sowol auf dies wie auf das, was man Tags darauf gesagt hat: „wie man
von den Ländern, welche in dieses Foedus kommen sollen, geredet, ist der
Cellische darauf kommen, dass man der Länder halber auch dieses in Acht
nehmen müsse was gestern wegen der Zeit (worauf dieses Foedus gemeinet
sein sollte) angerühret, welches beiderseits nichts anderes nach sich führte
als die ezclusio der Glevischen Plätze'' — erwidert G. ablehnend. (Zeugnis
zwei Noten, die jedoch nicht beiliegen.)
Zwischen dieser und der nächsten Relation ist Canstein in Halberstadt
beim Kurfürsten.
2. Sept. Relation. Dat. Braunschweig 23. August 1672. Isf früh zu-
rückgekehrt. — Die Hauptpunkte können noch nicht endgiltig festgestellt
werden, da die Resolution vom Dänischen Hofe abgewartet werden muss,
welche unter 10 Tagen nicht eintreffen kann. — Die Gellischen lassen etwas
nach Yon ihren Forderungen, wollen die Werbegelder für nur 5000 Mann
und werden sich vielleicht, „wenn sie bald baar Geld sehen", zunächst mit
den Subsidien für zwei oder gar für einen Monat begnügen. Sie klagen,
„dass der Staat sich so difficil erweist; wäre er, wie sie vorgeben, ßo ener-
viret, dass er es nicht thnn [zahlen] könnte, so wäre er auch in solchem
Stande, dass ihm gar nicht mehr zu helfen stünde, müsste also ein Jeder
sehen, wie man sich weiter salvirete". Es scheint, „dass sie auf eine dritte
Partei sehen, und dürfte dazu nebst Dänemark auch wol Schweden
mitkommen, und auch wol Münster sich dazu verfügen; (an Sachsen aber
zweifelten sie gar nicht), und dergleichen mehr, welche nur die gemeine
Ruhe und Frieden im Reich ohne einige Einmischung in denen Dingen, was
bishero vorgangen, suchen^^ Wenn doch Holland 3 oder 4 Tonnen Goldes
1) Es war die Antwort des Kf. auf Christoph v. Brandts letzte Stockholmer
Relation (s. die Verhaodlnngen mit Schweden im nächsten Bande).
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Die Braunschweiger Gonferenzen. 251
nicht ansehen wollte. Bedanera darüber, dass es nicht geschieht. — In den
Gonferenzen keine besonderen Resultate hinsichtlieh der Hauptpunkte. Eine
Instruction für den Kriegsrat soll aufgesetzt werden. Debatten über Ver-
pflegungswesen, Verteilung der ,,Oefangenen von Gonsideration^' u. a. m. —
Einige Sonderwünsche des Dänischen werden zurückgewiesen.
Relation. Dat. Brannschweig 80. August 16*72. Die Entrevue 9. Sept.
zwiächen dem Kurfürsten und dem Herzog Georg Wilhelm, von welcher
des Kf. Rescript d. d. Halberstadt 26. August spricht, ist nun, wie v. Can-
stein erfahrt, vor sich gegangen ').
Qespräche mit den Gellischen, die der Herzog auf morgen zu sich
beschieden hat. Brasser ist mit Ganstein einig geworden „dass wir uns
vernehmen lassen wollten, was der Staat in Gommission gegeben h&tte, mit
ihnen zu schliessen^.
Man fährt hier in den Debatten fort, „das hiesige Bündnis klar zu machen ....
Bei dem Holländischen Werk wird dieses nichts thun.*' Die Hessischen
geben in particulier zu erkennen^ dass sie ihre Quote zur Allianz nicht ins
Feld stellen können sondern solche in ihren Festungen halten wollten, „da-
mit die Alliirten sich solcher Plätze desto besser zur Retirade versichern
könnten^. Eine seltsame Propositiou. Auch könnten sie „wegen der Gle-
vischen Lande^ (wegen ihres Unvermögens, der gefahrlichen Lage ihres
eigenen Landes, des Mangels an Holländischen Subsidien) „sich nicht drein-
mischen''. G. zeigt ihnen an, dass er es dem Kf. eröffnen werde: „es
würde Ew. Ch. D. wol weh thun, dass Sie in einer so gerechten und dem
gemeinen Wesen so merklich angelegenen Sache Sich von so nahen Freunden,
und die dabei in specie so sehr iuteressiret, noch verlassen sehen sollten.^
P. S. Der Dänische hat noch keine Ordre und bittet um einige wenige
Tage Zeit, „dabei er gebeten, ich möchte Braunschweig zu bewegen suchen,
dass weil sie die Werbegelder empfangen und es nun ankäme auf die Sub-
sidien der 2 Monate, welche monatlich 36 000 Rthlr. machten und also in^.
2 Monate 72 000 Rthlr. ertrügen, solche Gelder aber man in Amsterdam
vor 25 procentam erlangen könnte, welches auf diese Summa ein 18 000
Rthlr. trüge, es möchte solches Ew. Gh. D. auf Sich nehmen, welches ich
aber nicht sehe, wie ich sie dazu bewegen solle, vermeine aber, zu ver-
Stichen, ob ich zu Wege bringen könnte, dass vor die 2 Monat sie mit
50 000 Rthlr. vorerst sich vergnügen Hessen^. Man wird sich aber wol
erst allgemach überführen wollen, „was es mit Dänemark werden wird^.
Der Relation liegt ein Memorial bei: „Einige Puncte, darüber zu resol-
viren stehet.^ Die Antworten am Rande sind von Gh. G. v. Blumen-
thals Hand (d. d. Halberstadt ö. September 1672).
Relation. Dat. Braunschweig 31. August 1672. Mit dem Auf- 10. Sept.
') S, 257 Anm. 1.
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252 !• Zar Vorgeschichte des dentfich-französischeD Krieges. 1671. 1672.
satz der Allianz ißt man durch. Da ihn aber der Dänische in Ordnung
bringen will, — ein Erbieten, welches sicher ^mehr zur Verl&ngernng and
Unordnung dienen*^ möchte — so wollen die Depntirten zunächst ohne ihn
zusammenkommen und sich des Projeots halber vereinigen. — In Sachen der
Holländischen Assistenz bleibt Brasser dabei, noch nicht den endgiltigen
Bescheid zu haben. Zu der Brandenburgischen Proposition will er sich
nicht verstehen '). — Eine Sondirung der Brannschweigischen ergiebt, „dass
ohne Erlangung dessen, so sie der Subsidien halber begehren, schwerlich
was weiter von ihnen zu erhalten sein werde^.
^Und hierbei gab es Anlass, wegen des Französischen Werks zu reden.
Ich hatte aber Bedenken, ihm dasjenige, was itzo der Französische an»
gezeigt hat, so eigentlich zu eröffnen, doch wol in gemein davon geredet,
dass vermnthlich wäre, es würden die Französische ans vielen Conside-
rationen entgegengehen, da dann der Grossvogt vermeinte, die Franzosen
wären zum wenigsten noch mit Münster und Cöln an 60 000 M. stark.^
Aber in Uebereinstimmung mit Gansteins Widerspruch räumt der Kanzler
eine Ziffer von 30 bis 40000 M. ein. Er habe bestimmte Nachricht ans
Frankreich, „dass Ew. Ch. D. Marsch nicht wenig Perplexität daselbst
gebe, und dass dort das Geld und Volk nicht in solcher Abundanz wäre,
als man es machte, und wäre itzo die Zeit, da man etwas thnn könnte;
denn wenn Spanien und Holland nur auch sich recht angreifen wollten,
würde den Franzosen schwer fallen das Werk zu halten*'. Es müsse durch-
aus jetzt etwas Nachdrückliches geschehen.
Fleissige Nachfrage nach der Ankunft des Generallieutenants Monte-
cuccoli.
12.Sept. Relation. Dat. Braunschweig 2. September 1672. Auf die
Rescripte vom 26. August und I.September. — Brasser bittet um Frist
bis künftigen Mittwoch, da er bestimmt Ordre zu bekommen vermeint. Er
hat sich auch bei Amerongen entschuldigt und bleibt in der Meinung,
„man würde durch diese 20 000 Thlr. die Sache doch bei Braunschweig nicht
avanciren, weil sie ohne Dänemark nicht schliessen würden^. Das sei noch
nicht ausgemacht, erwidert Canstein; man müsse auch nicht warten, bis
Holland erst mit Dänemark das Werk abgethan, sondern an beiden Orten
zugleich auf das Ende treiben.
Brasser geht heut wieder nach Celle. Er wird doch nichts aus-
richten, glaubt nur, dort eher die Holländische Post zu haben, um seine
Sache desto schneller beim Herzog zu negotiiren.
Das Project wird man nun zusammen mit dem Dänischen revidiren.
Man hat jetzt „alle im Reich gelegene Lande [des Kf.] mit eigenommen^.
„Aber ich fürchte, wenn nicht die Sache wegen der Holländischen Assistenz
Kf. wünschte, dass Brasser „unerwartet mehrerer Ordre den Schlnss be-
fordere*', mit dem Erbieten hierin far ihn einzutreten; er (Brasser) „m5ge am
20 000 Rthlr. willen ein solch importirendes Werk nicht fahren lassen*.
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Abschlnss des BrannBchweiger BandoisBes. 253
mit Dänemark ond Brannscbweig richtig wird, so werden sie zuletzt doch
etwas moviren, weshalb ich auch Ew. Ch. D. gn. Befehl erwarte. Wiewol
Celle meint, es würde nicht geschehen.^ Es handelt sich nnn nur noch
darom, ^ob man die Lande Dänemark nnd Norwegen miteinnehmen wilP.
— Man wird wol diese Woche noch zur Snbscription kommen.
Freilich veranlasst der Dänische ein nenes ^Retardement'^ mit der
Nachricht, dass der König anf dem Lande, nnd er vor Freitag keine Er-
klärung haben könne. Unterdessen sind anch die Gel 11 sc heu nach Celle
gegangen, „weil dort dieses Werkes halber, wie sie sagen, ein Ausschnse
rem Lande gehalten wird*^.
Verlangen nach Goes' baldiger Ankunft. Hoffentlich solange die Celli-
sehen noch da sind, also bis Donnerstag.
Relation. Dat. Brannscbweig T.September 1672. y. Ooes 17. Sept.
ist gestern angekommen, v. Canstein wQrde heute mit ihm nach Celle
gereist sein, wenn der Herzog nicht in Harburg wäre, von wo er erst Mon-
tag Abend wiederkommt. Da der Dänische nunmehr Resolution erhalten,
so werden sie noch beute conferiren. — Die Cellischen wollen sich zur
Zeit noch zu keiner Conjunction verstehen,... man wüsste denn: „was Däne-
mark sich erklären wolle; dann obschon Dänemark mit dem Staatischen
Abgesandten Werckendaro mehrentheils verglichen wäre, so hätte er doch
angezeigt, dass er solches blos vor sich und sub spe ratificationis thäte^.
Aber der Herzog hätte doch den König ermahnt, „nicht eben auf die
10 000 M. zu bestehen, vermeineten, es sollte nicht ohne Effect sein, aber
ohne Geld würde doch dort auch nichts zu thun sein . . ,^ Die Schwedische
Ratification der Verhandlnng mit Frankreich sei erfolgt. „Was Pufen-
dorf ) am Kaiserlichen Hofe proponiret, das müsste man mehr dafür halten,
dass es nur ein simulirtes Werk wäre, um zu suchen, den Kaiserlichen Hof
zu amüsiren oder nur an der Hand zu halten.^. . . „Mr. V er jus ist unter-
wegens, wird aber nicht anhero kommen. Das Schreiben, so er hat lassen
vorangehen, ist ziemlich bedranlich, macht unter anderen Turenne stark
von 40 000 z. F. und 24 000 z. Pf., beschuldigt Ew. Ch. D., dass Sie ürsach
sein, dass mit Holland nicht schon die Sache richtig wäre, dann ohne Die-
selbe würden sie sich schon accommodirt haben, welches leicht zu glauben ;
stellt dabei vor, Ew. Ch. D. Dessein gienge mit dahin. Sich Hildesheims
za bemächtigen, welches ob es Braunschweig rathsam wäre, sie zu be-
denken hätten^. — Gelle wünscht zu wissen, „ob Kf. über die Weser
gienge oder daran stehen bliebet Wolfenbüttel vermisst eine bisher
von Brandenburg zu erwartende Mitteilung, ob der Marsch seine Aemter,
etwa Hameln und Höxter, berühren werde. Der Herzog von Hannover
zieht seine Völker um Hameln zusammen. — Argumentationen über eine
Interposition des ganzen Reichs, wie sie von Hannover urgirt werde und
von KMainz zu Regensburg proponirt sei.
*) Der Schwedische Gesandte Esaiae Pafendorf.
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254 ^- Zar Vorgeschichte des deatsch-franzosischen Krieges. 1671. 1G72.
Discassioo über den Eioschlnss Dänemarks, eveot. Prenssens in den
Traetat. Ob Kf. nicht zufrieden sei, dass der Kaiserliche Gesandte allein
(ohne Ganstein) nach Celle gehe.
23. Sept. Relation. Dat. Brannschweig 13. September 1672. Auf des
Kf. Rescripte vom 10. nnd 11. September. ▼. C. hat zufolge des ersten
^allenthalben die Nothdnrft vorgestellt^^ Anch Baron de Goes hat sieh
„anf die ihm beigehendermassen ressentirten Rationes wegen Ungern'' ge-
fügt. Die Yollziehung ist hente geschehen. Das Original des Haupt- nnd
Nebenrecesses folgt anbei — ,yin welchem ich mich verhoffentlich in allem
nach Ew. Ch. D. gn. Befehl unterth. gerichtet, und sind über dem Werk
Worte genug verloren, Protocolla gehalten und Aufsätze gemacht worden,
wie davon der Baron de Goes es theils mit bezeugen kann. Gott gebe,
dass man es nicht nöthig hätte oder einen goten Effect daraus empfinde,
welchen ich aber nicht gross sehen kann, es sei dann, dass man das andere
Werk mit Holland zum stände bringe. Doch ists soweit gut, dass man
noch etwas im Rücken alhier hat und auch besser, diese Alliirte, wie man
nar kann, bei sich zu haben als mit selbigen sich rumpirt zu befinden und
sie dadurch zu Annehmung anderer Partei zu bringen ; so wird es anch das
Holländische Werk wo nicht befodem doch auch nicht hindern*.
Die kurfürstliche Ratification ist innerhalb 4 Wochen a dato als den
12./22. October einzubringen, v. C. „hätte den Termin gern euger gezogen,
wenn nicht der Kaiserliche und der Dänische es also beliebet*.
Conceptvermerk^): „Ferner ist Sr. Ch. D. in dieser Relation hinterbracht,
wie es zu halten:
(art. 5). 1. wegen einer Generaldisposition wegen des Artilleriestaats,
wann die alliirten Armeen conjungiret werden sollten;
(art. 13). 2. wegen Bestellung eines Kriegssecretarii ;
(art. 15. 17). 3. wegen der gemeinen Verpflegnngsordinanz;
4. wegen der Gefangenen;
6. wegen der Vollmacht, dass solche defect wären gewesen;
wann aber diese Allianz von den Principalen ratificiret
würde, würde keine andere nöthig sein;
6. wegen der Invitandorum, auch ob Schweden dazu kommen
sollte.*
Das Braunschweiger Bündnis s. bei v. Mörner Staatsverträge S. 367.
Der Accessionsrecess Kurtriers zum Kaiserlichen Bündnis ebd. S. 370.
Die Resolntionen des Kf. aus diesen Wochen^) enthalten im einzel-
S. oben S. 245 Anm. 1.
^ d. d. Goelln a. Sp. 7. Angast, 9. Angast, Ziesar 14. Augast, Halber-
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Abschlass des Brannschweiger BündnisBes. 255
nen die Bestimmangen, welche sich in den obigen Relationen Gansteins
befolgt finden. Sie gipfeln in dem Satze
d. d. Halberstadt 1./11. September: „Sonsten sind Wir zufrieden, 11. Sept.
dass wenn man schon für das Holländische Wesen sich nicht engagiren
will, dieses Foedns so gut immer möglich voUensogen werde.^ — Bemer-
kenswert ferner
d. d. Hauptquartier Liebenbnrg 8/18. September 1672: ^Denen 18. Sept.
Cellisohen habet Ihr auf die Frage, ob Wir über die Weser gehen oder
daran stehen würden, zu erkennen zu geben, dass weil Wir bei diesem
Werk keine Intentionen hätten, Jemanden zu beleidigen oder Schaden zu-
zufügen sondern blos allein das Reich und unsere Lande wider unbillige
Gewalt zu beschützen, so könnten Wir Uns noch zur Zeit in diesem Stück
nichts Gewisses erklären, sondern müssten Uns nach der Franzosen Con-
tenanoe und Desseins, so Uos und Anderen so heftig drohetenj richten und
Unsere Mesüres danach nehmen, wie Ihr solches theils selber wol ange-
führet. Herzog Rudolf Angnstus Ld. haben Wir Unseren March auf
Dero Amt Lntter bereits notificiret nnd hoffen Uns mit Deroselben morgen
desfalls frenndvetterlich zu vernehmen. — Was den Vortrag, so von Han-
noverscher Seiten geschehen, dass sich nämlich das ganze Reich
interponiren möchte, betrifft, so sehen Wir nicht, wie solches füglich
geschehen könne, solange noch einige Stände des Reichs Frankreich an-
hingen und desfalls eine Partei formirten. Wir wollen sonst kein Mittel
zu solchem heilsamen Zweck zu gelangen ausschlagen. Weil sich auch der
König nnnmehro selber erkläret, dass er damit zufrieden, wann Dänemark
allein und nicht Norwegen mit eingenommen werde, so hat es dabei sein
Bewenden und conformiren Wir Uns desfalls mit Gelle, werden im übrigen
der Alliance, so Wir mit Dänemark haben, in allen Puncten nachkommen.
Wegen Ungarn haben Wir mit dem Grafen Montecnccoli geredet, welcher
vermeinet, dass wann nur der König von Dänemark bei entstehender Turken-
gefahr in Ungarn auch nur etwas zu thun sich erklären wollte, wann das
Reich des Werks annähme und Hülfe leistete, I. Kais. M. schon damit zu-
frieden sein würden, und hätten Dieselbe das Vertrauen zu dem Könige,
dass I. M. Sich dessen endlich nicht entbrechen würde^.
Resolution d.d. Bockenem 10. September 1672: „Was Preussen 20. Sept.
anlanget, auf dessen speciale Benennung in diesem Foedere wollen Wir
ebenfalls nicht bestehen, weil es doch in dem particulier Foedere mit Däne-
mark schon begriffen, daher auch dieses dem Werk keine weitere Anfhal-
■ tadt 17. August. 26. August. 1. September. 3. September, Liebenbarg
8. September, Bockenem 10. September, Lamm8priD.g 11. September, Sals-
derhelden 14. September (Schreiben Schwerins), Dadenhofen 28. September
(Dat. sämtlich a. St.). Die Daten zugleich wichtig für des Ef. Itinerar.
<) Die Zusammeokunft mit Herzog Georg Wilhelm hatte» nachdem dieser
eine solche anfänglich abgelehnt, am 6. Septbr. su Schloss Hessen (Amt Schoppen -
•tedt) stattgefunden.
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256 I- Zar Vorgeschichte des deutsch- französischen Krieges. 1671. 1672.
21.Sept. tang geben kann^; und nochmals yerschärft d. d. Lammspring 11. Sep-
tember: 9, Wir sind zufrieden, dass Prenssen in diesem Foedere nicht ge-
^ dacht werde, und anoh des Vertraoens, der Herr Baron de Goes werde es
für I. Kais. M. and der gemeinen Sache dienlich ermessen, dass man wegen
Ungarn abstrahire; es wird allezeit noch Oelegenheit geben, wegen der
TQrkengefahr andere zareichende Verbindangen za machen, welches alle
Christliche Potentaten nunmehr viel nöthiger ermessen werden, nachdem
die Türken zam höchsten Nachtheil der Christenheit Kaminiec-Po-
dolsky erobert^). — Die Proportion der ge willigten Völker ist wol sehr
ungleich. Weil dieses aber ein Extraordinär- Werk ist, so wollen Wir hoffen,
dass es künftig in keine Consequenz werde gezogen werden, wenn es bei
Braunschweig und Hessen nicht höher za bringen.^
Eine fernere Reise v. Cansteins nach Celle, daselbst den Kaiserlichen
Gesandten Frhrn. Johann von Goes za unterstützen, unterblieb'). —
An C.'s Berichte knüpfen sich dann noch Correspondenzen mit den Ge-
heimen Räten zu Berlin, welche die Absendung des Geh. Secretärs Walter
Neubau 8 zum Zweck der Au&wechselung des Braunschweiger Tractats
betreffen, und Verhaltungsbefehle an Neuhaus. Die Auswechselung der Ra-
tificationen erfolgte endlich am 11. December 1672.
*) Am 17./27. August.
^ Die ReisekosteD anlangend berichten die Rate d. d. Coelln a. Sp.
15. October 1672: «Es ist uns ans der Amtskammer Bw. Ch. D. Geheimen
Raths des Herrn von Gau stein Rechnung, was er vom 4. August bis 25. Sep-
tember (a. St.) dieses Jahres auf der ihm anbefohlenen Braunschweigischen Reise
verzehret, und auf 997 Rthlr. 21 Gr. belauft, sugeschicket, und dass wir der
Zahlung halber das Decret an den Hofrentmeister Michael Matthias unterschrei-
ben lassen möchten, begehret worden. Die weil nun die Rechnung sehr gross ist
und fast ein Bach Papier in sich halt, so haben wir Bedenken gehabt, die Post
damit zu beschweren; es ist sonsten in der Rechnung alles bei Thlr., Groschen
und Pfennig, und wofür jedes ausgegeben, specificiret. Wir haben hierbei das
Project des Decrets Ew. Oh. D. unterth. übersenden wollen.*"
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IL
Der Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
M»t«r. s. 0«8cb. d. O. Kurfürsten. Xnt. 17
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Einleitung.
Die Defensivallianz mit den General Staaten vom 6. Mai, der Vertrag
mit Kaiser Leopold vom 23. Juni, endlich das Braunscbweigcr Bündnis
vom 22. September sind die eingreifenden Willensänssernngen Knrbranden-
bnrgs in dem ereignis- und entscherdungsvollen Jahre 16*72.
Hatte in dem ersten der drei Tractate Kurfürst Friedrich Wil-
helm sich im F^iIIe eines Angriffs auf die Vereinigten Niederlande zur
Stellung einer Armee verpflichtet, so waren ihm — und das ist ein weiterer
Fortgang in seinen Unternehmungen — auf Grund der beiden anderen Ab-
machungen Verbündete zur Seite getreten, welche sich die Erhaltung des
Westfälischen Friedens, Abtreibung jeder fremden Gewalt zum Ziele setzten.
Da diese ^fremde Gewalt^ — Frankreich — das Deutsche Reich ange-
tastet hatte, mnssten jene Verträge ihre Spitze notwendigerweise gegen
Frankreich kehren. Ihre erste Wirkung ist die Gampagne, welche im
Spätsommer 1672, zunächst von S^urbrandenburg und dem Kaiser, unter-
nommen ward; und das antifranzösische Verhältnis bleibt, bald mehr oder
weniger gedämpft, bald zu spontaner Abwehr gesteigert, unter mannich-
fachen Abwandelungen in den folgenden sieben Kriegsjahren bis zum Njm-
weger Friedenschluss hinsichtlich der Reichsgewalt das herrschende, die
politische Situation bestimmende.
Freilich das Brannschweiger Bündnis, dies spärliche Ergebnis einer so
überaus rührig betriebeneu diplomatischen Wirksamkeit innerhalb des Reichs,
hatte der holländischen Sache doch nur den nominellen Gewinn dreier
Reichsstände eingebracht; eine materielle Hilfe entsprang vorläufig nicht
ans diesem Vertrage. — Anders das Abkommen mit dem Wiener Hofe.
Den Fürsten Johann Georg von Anhalt-Dessau, der hier fördernd
eingreift, einen nach vielen Richtungen hin ausgezeichneten Mann und
anter den Eleinfürsten dieser Epoche eine hervorragende Erscheinung,
17*
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260 n* Der Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
hatte das Vertranen des Eorfürsten Friedrich Wilhelm an eine besondere
Stelle gehoben. Seit 1668 Statthalter der Kormark, seit 1659 des Kar-
fürsten Schwager 0) hatte er, nachdem er ein rühmlich bewährtes schwe-
disches Dienstverhältnis qnittirt, der aufstrebenden branden bnrgischen Ar-
mee seine praktisch kundige Fürsorge, sein fachmännisches Interesse zu-
gewendet. Die Ernennung znm Feldmarschall am 24. Januar 1670') sprach
die Anerkennung und Bezeichnung einer Thatsache aus. Seine ungewöhn-
lich enge Beziehung zum Hofe des Kaisers, die sich mit den Jahren noch
festigte, Hess ferner ihn auch im Bereiche der diplomatischen Aufgaben
als einen wirksamen Vermittler erscheinen. Es ist hier nicht der Ort, diese
Seite näher zu beleuchten. Soviel jedoch steht fest: für die geplante Ge-
sandtschaft nach Wien konnte, zumal unter den jetzigen Verhältnissen und
im Hinblick auf die Erwartungen, die man an diese Mission knüpfte, ein
besserer Geschäftsträger überhaupt nicht gefunden werden. — Es ist das
grosse Verdienst Anhalts, das Bündnis mit Kaiser Leopold zum Ab-
schlnss gebracht zu haben. Damit erhielt die theoretische Erklärung za
gunsten der Niederlande einen praktischen Inhalt in weiterem Sinne; auf
diesen Rückhalt gestützt, konnte der Kurfürst wirklich nennenswerten Bei-
stand liefern ; und versagten die Reichsstände, so gieng das Oberhaupt mit
^bestem Beispiel voran: die ganze Angelegenheit erschien mit dem Beitritt
des Kaiserhofes (das ist dem Kurfürsten am allerwenigsten verborgen ge-
blieben) zugleich in einen höheren Rang gehoben.
Der Kaiserliche Generallieutenant und Präsident des Hofkriegsrates,
Feldmarschall Graf Raimund Montecuccoli, zeigte sich, wie Anhalts
Relationen bestätigen^, sehr geneigt zu dem neuen Feldzuge. Geraume
Zeit hatte der Sieger von St. Gottbard, der gepriesene Türkenüberwinder «)
gefeiert. Jetzt wo es mit dem Kriege gegen Frankreich Ernst zu werden
schien, freute er sich der Gelegenheit, unter Friedrich Wilhelm, mit welchem
er dreizehn Jahre zuvor gemeinsam agirt hatte, aafs neue die Waffen führen
zu können. Andererseits bestimmte den Kurfürsten, neben der alten Be-
kanntschaft, gewiss die nun einmal gehegte Wertschätzung der taktischen
Fähigkeiten des Mannes, selbst in Wien zu beantragen, dass man anstatt
des vom Kaiser designirten Feldmarschalllieutenants Freiherrn von
Heister den Grafen Montecuccoli mit dem Oberbefehl betraue.
^} £r war vermalt mit Henriette Katharina von Onanien, einer
jüngeren Schwester der Korfürstin Luise Heoriette.
*) Das Statthalter- und das Feldmarscball-Patent gedruckt (leider mit
Fehlern) v. Orlich lil, S. BöO. 360.
*) Oben S. 216 and öfter.
^) AU solcher galt er damals aozweifelhaft, ob man nan mit W. Notte-
bohm, Montecuccoli und die Legende von St. Qotthard (1664) [Osterprogramm
des Friedrichs -Werderschen Gymnasiams sn Berlin. 1887] diesen Beineo Ruf be-
wnsster Mytheabi Iduog saschreiben will oder nicht. Die Erörterung dieser
Nebeafrage hier beiseit, icbiea es doch billig, aaf die beacbteaswerte Schrift bei
diesem Aolass hiozawoisen.
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EioleitaDg. 261
Aber spät erst begann der Ansmarsch.
Im Mai — so hatte, noch ehe an den Abschlnss irgendwelcher Allianzen
zu denken war, der Enrfürst geplant — werde seine Streitmacht znm
Kampfe für Holland bereit stehen: Mitte August erst verliess er seine
Hauptstadt, um die Ansammlung der Regimenter zu überwachen. Langsam
und nicht ohne wiederhoUen Aufschub erfolgte auch Monte cuccolis Auf-
bruch zur Armee. —
Inzwischen waren die Rheinischen Lande von ihrem Verhängnis ereilt
worden: mit der Wegnahme der Stromfestungen durch die Franzosen sah
sich das Land CIe?e und das Herzogtum Jülich einem auswärtigen Macht-
haber preisgegeben, das Reich selbst erschien auf das empfindlichste in
Mitleidenschaft gezogen; und was Holland anlangte» für welches man das
Schwert ziehen wollte, so war die Anarchie daselbst mittlerweile schon
auf das grauenhafteste gestiegen '), als Brandenburger und Eaiäerllche sich
eben anschickten ins Feld zu rücken. — Eine zweite Pariser Gesandtschaft
V. Crockows, die der Kurfürst in Aussicht genommen, unterblieb.
Dem Kampf der Waffen, der nun anhebt, geht der Federkrieg zur Seite.
Der Kurcölnische Depntirte für Hildesheim beim Regensbnrger Reichstage
Peter Holtzemius reichte am 25. August im Fürsten- und Kurfürsten-
collegium, nachdem er sich vorher bereits privatim verschiedentlich bei den
einzelnen Ständen über das Vorgehen Kur branden burgs beschwert hatte,
ein Memorial in diesem Sinne ein. Brandenburgischer Seits wurde eine
Gegeninformation componirt und unter dem 14./24. October aus dem
Hauptquartier Bergen an die Brandenburgischen Gesandten nach Regens-
bürg abgelassen. Aus dieser erwuchs dann ein gedrucktes Manifest unter
dem Titel: Kurtze Fürstellung, aus was Ursachen Se. Churfl.
Durchl. zu Brandenburg unümbgänglich bewogen worden,
wider Ghur Colin und Münster die Defensions-Waffen zu er-
greifen. Im Jahr 16t3. 4. (16SS.)
Gleichermassen provocirte Frankreich eine schriftliche Entgegnung.
Am 8. September hatte der Gesandte Graf de la Vauguion dem
Kurfürsten im Hauptquartier officiell angezeigt, dass Ludwig XIV. gesonnen
sei^ die Tnrenne'sche Armee ostwärts zu führen Es war ein Ultimatum im
vollsten Ernste^: der König fände sich, da der Marsch rheinwärts gieuge,
ans „allen politicquen Rationen^ gezwungen, im Interesse seiner deutscheu
AUiirten dem verbündeten Heere entgegenzugehen: er werde indes seine
Armee wieder nach Holland marschiren lassen, wenn die Verbündeten „ihre
Truppen von des Königs Conquestcn und AUiirten zurückziehen würden^.
Eine Kriegserklärung wenn auch nicht der Form, so doch gewiss der Sache
nach; und es kennzeichnet die ganze formalistisch kahle Auffassung jener
Zeit, wenn noch im December, als sich die Truppen einander genähert,
^) Die Ermordung d^r Brüder de Witt geschah am 20. August, ehe überhaupt
das Rendezvous der Truppen erfolgt war.
>) Oben S. 90.
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262 U. Der WiDterf«idsQg yoa 1672 aaf 1673.
der Prinz Ludwig Condö auch nach den mancherlei Gefecchten an der Lahn
sein Befremden über die brandenburgischen Excesse äassein iconnte, da ja
„der Krieg nicht erklärt wäre^. Worauf dann allerdings der Kurfürst die
sachliche Replik nicht schuldig blieb 0- -— Eine Marschändernng der Yerbüo-
deten erfolgte jedoch nicht, und Ludwig XIV. griff neben der kriegerischen
Offensive zur publicistischen Rechtfertigung. Au demselben Tage, an
welchem er die Abberufung Vauguions unterzeichnete, (am 23. September),
brachte sein Gesandter am Reichstage Robert de Gravel ein (lateini-
sches) Memorial zur Dictatur, — es kam als GraveTsches Memorial bald
in den verdienten Verruf — welchem man wiederum von Seiten Branden-
burgs mit zwei yResponsiones' begegnete. Beide sind dann, lateinisch
und deutsch, durch den Druck veröffentlicht worden, mit dem Datum Ratis-
bonae 4. /14. Januar 1673.
Inzwischen hatte sich der Feldzug abgespielt').
Am 25. August gieng das Rendezvous der Kaiserlichen Truppen in
Eger von statten; ihrer Güte und Brauchbarkeit ward mit Recht ungeteiltes
Lob gespendet. Zwei Wochen verstrichen, ehe — am 9. September —
die persönliche Gegenwart des kaiserlichen Oberfeldherren im kurfürstlichen
Hauptquartier zu Halberstadt die so dringend erforderliche Besprechung
des Kriegsplanes überhaupt erst ermöglichte. Wiederum nach zwei Wochen
— am 24. — erfolgte dann jm oberen Leinethal die Coigunction der bei*
derseitigen Völker. — Mittlerweile hatte Yicomte de Tnrenne von dem
Niederländischen Kriegsschauplatze sich abgewendet und am Rhein, an den
Grenzen von Mark zu operiren begonnen. Dass er diese Gegenden er-
1) CoDd6 an den Karfürsten d. d. 6. December 1672 and Kf. an Tarenne
d. d. 13. December 1672. Der Form nach teilte anch Kf. jeoe ADSchauung.
S. die iDStrnctioQ auf'S. 304.
*) Die altere DarstelluDg des Feldsages bei L. v. Orlich Geschichte
PreoBsens im siebzehnten Jahrhundert 1837. T. II. S. 69—82 ist ein trockener,
aber darchans acte n massiger Ahnss. — Eingebend and aasfahrlich ist die Ge-
schichte des Winterfeldzoges ebenso wie die des später folgenden Krieges im
filsass behandelt in der Darstellang von Heinrich Peter, der Krieg des
Grossen Kurfürsten gegen Frankreich 1672—1675. 1870, und zwar mit Er-
schöpfung der 'gedruckt vorliegenden Quellen. Durch das nanmehr reicher hin-
zuströmende Actenmaterial können die Ergebnisse dieser ausgezeichneten Arbeit,
die überdies nicht blos Kriegsgeschichte giebt sondern eine fortschreitende Ge-
samtdarstellung der karfürstlicheo Politik dieser Epoche im Zosammeohange mit
der europäischen, nur bestätigt werden; wir verweisen überall da auf das Bach,
wo die Sache, um die es sich handelt, darch die in diesem Abschoitt pablicirten
Archivalien eine Ergänzang erfährt. — Das Verdienst, die Haitang des Kaiser-
hofes, insbesondere die stete Abhängigkeit des kaiserlichen Oberfeldherrn von
den jedesmaligen Resolutionen aus Wien Schritt für Schritt klargelegt zu haben,
gebart Julius Grossmann mit seiner Studie Graf Montecuccoli. 1873. (Bd. 57
des Archivs für Oesterreichische Geschichte). — Neben diesen Werken natürlich
die einschlägigen Partieen bei J. G. Droysen Gesch. der Preussischen Politik
UI, 3'. (1872.) Namentlich S. 262—284.
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E i D 1 e i t n n g. 263
reichen konnte, findet nnr in der Sanrnseligkeit der Kaiserlichen seine Er-
klärung. In Folge dessen änderten die Alliirten ihre Marschroute: die ver-
einigte Armee hewegte sich, statt nach Westen gewendet, in langsamem
Tempo in südlicher and südwestlicher Richtnng, und zwar als Eurtrier')
die Gohlenzer Rheinbrücke verweigerte, dem Ansfluss des Maines zu.
Einige Scharmützel mit französischen Vortruppen an der Lahn') nnd bei
Neuwied^ einige vereinzelte Gefechte brandenbnrgischer Streifparteien
im Nahe- und Moselthal abgerechnet, ward bei Turennes vorsich-
tigem Manövriren nicht ein einziger nennenswerter Zusammenstoss ausge-
fochten. Zngnterletzt überschritt man dann noch den Main, bis man sich
in dem Winkel zwischen Rhein und Main, auf dem Südnfer dieses Flusses
bei Rüsselsheim, in eine höchst unglückliche Stellung verrannte, aus welcher
nur ein Abzug nach Norden befreien konnte. Denn die Schiffbrücke vor
Mainz hatte Kurfürst Johann Philipp versagt, und gegen eine Ein-
lagerung in seinen hessischen Gebieten sträubte sich der Landgraf Lud-
wig von Darmstadt, gegen eine Besetzung der Pfalz sträubte sich der
Kurfürst Karl Ludwig auf das hartnäckigste; und doch galt es, da der
Winter hereingebrochen war und die rückhaltlose Bereitwilligkeit beider
Alliirten zu einem Hauptschlage sich um keinen Preis erzielen liess, ge-
sicherte Standquartiere zu suchen. Man entschloss sich daher zu einem
Rückzuge nordwärts, der freilich eher einem Weichen nach einer Nieder-
lage als einem planvollen Rückmarsch ähnelte. Die Kaiserlichen richteten
sich im Paderbornischen ein; die Brandenburger giengen unter unsäglichen
Beschwerden durch Hessen und das Sauerland in die Märkisch-Ravens-
bergischen Gebiete.
Trotz dieses militärisch wie politisch kläglichen Ergebnisses kommt
dieser Wintercampagne an und für sich eine sehr grosse Bedeutung zu.
Sie ist seit den Kämpfen des dreissigjährigen Krieges der erste frei-
willig unternommene und planmässig vorbereitete Waffengang
eines deutschen, diesmal des territorial bedeutsamsten Reichsfürsten gegen
die Streitkräfte Frankreichs; nicht blos ein schnellbereites Aufgebot wie
gegen die Invasion in die Cölnischen Rbeinlande durch Cond^ im J. 1654.
Sie bildet das erste Glied einer langen Kette von Versuchen zur Ab-
wehr der französischen Uebermacht, welche die Geschichte der kommenden
Jahrzehnte wesentlich erfüllen. Zugleich lehrt sie, wie zweideutig und un-
entschieden noch die Haltung des Reichsoberhauptes ist; wie schwach und
schüchtern sich die ganze Unternehmung durchsetzt und wie bei dem
Mangel eines einheitlich durchgreifenden Willens jeder Gedanke an eine
Entschliessnng zu kraftvollem Handeln im Keime gebrochen wird. — Und
wie war solche Schlaffheit möglich? Die Hofburg stand unter dem Druck
eines geheimen Vertrages, den König Ludwig XIV. am 1. November 1671
Karl Kaapar von der Leyen.
*) Das Gefecht zwischen Montabaur und Nassau eröffnete am 1. November
die Feindseligkeiten.
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264 n. Der Wiuterfeldsug von 1G72 auf 1B73.
mit Kaiser Leopold abgeschlossen hatte. Nach langem Hin- and Herreden
hatte man dort wol in die Stellang einer Armee zu gunsten Hollands ge-
willigt, aber der Bruch mit Frankreich lag vorläufig ausserhalb der kaiser-
lichen, Yom Fürsten Wenzel Lobkowitz geleiteten Politik. An Monte-
cuccoli war dementsprechend der Auftrag ergangen, den alliirten Kurfürsten
eher zu zügeln als anzufeuern; er empfieng die bündigsten Instructionen
aus Wien, keine Schlacht zu wagen, somit die Entscheidung zu umgehen.
Im brandenburgischen Hauptquartier wusste man von solcher Vereinbarnog
nichts. Das Verhalten des Oberfeldherren erregte zwar erklärliches Miss-
trauen. Aber was war zu thun? An den gewichtigeren Alliirten gefesselt
wie er war, blieb dem Kurfürsten nichts übrig als den stetig geänderten
Entschlüssen Folge zu geben und sich, oft recht wider seinen Willen, von
Landschaft zu Landschaft schleppen zu lassen, ohne dass dem traurigen
Ausgange vorzubeugen in seiner Hand gelegen hätte. — Erst die Wiener
Gesandtschaft v. Crockows im folgenden Frühjahr hat jeuen Tractat an
das Tageslicht gezogen: er hatte den Kaiserhof zu einer Neutralität
gebracht, welche dem französischen Könige in den Niederlanden freie Hand
Hess. Wie er das Werk Lobkowitzs gewesen, so trat mit seiner Publicität
die Politik des Ministers nunmehr in die rechte Beleuchtung — aber der
späte Einblick in die wahren Beweggründe des Zögerns der Kaiserlichen
hat leider für die nicht mehr gut zu machenden Nachlässigkeiten, für alle
erlittene Einbusse nicht zu entschädigen vermocht.
Was die militärischen Quellen dieses Feldzuges anlangt, so unterrichten
einige Correspondenzen Montecuccolis, ferner die Relationen des Frei-
herrn Friedrich von Heiden, welchen der Kurfürst entsendet hatte,
um von dem Rendezvous der Kaiserlichen Rapport zu thun, über Aufbruch
und Bewegung der Truppen. Die Documente betreffend die Convention
des Herzogs Karl IV. von Lothringen geben Aufschluss über eine
specifisch militärische Angelegenheit, die gerade durch die Stellung dieses
Fürsten von Wichtigkeit ist und zur Kenntnis seiner Handlungen einen
Beitrag liefert.
Die weiteren Nachrichten über den Verlauf der Campagne enthält die
Abteilung „Schreiben und Gesandtschaften an einzelne Reichsstände*^ in
Anlehnung an die mit diesen Fürsten gewechselten Briefe; es ist manches
darunter was auf das Detail der kriegerischen Vorkommnisse ein helleres
Licht wirft
Erhöhtes Interesse haftet an den die militärischen Massnahmen beglei-
tenden politischen Erörterungen. Es ist da in erster Linie eine Corre-
spondenz zu nennen, welche durch die Persönlichkeiten der Schreibenden
und durch die Art und Welse, wie die darin abgehandelten Dinge be-
*) Der Vertrag vom 1 November 1671 ist gedruckt Dumoot C. U. D. VII,
p. 15G. Zar Sache Mignet, N6gociatioD8 HI, 548fgg. Adam Wolf, Lobkowitz
S. 380.
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Einleitung. 265
sprochen werden, eine besonders lebhafte Teilnahme hervormft: der
Schriftwechsel des Karfürsten ans dem Hauptquartier mit den
in Berlin znrückgebliebenen Geheimen Räten.
Der Oherpräsident des Geheimen Rates Freiherr Otto von Schwe-
rin der Aeltere sowie von den Mitgliedern des Collegioms Christoph
Caspar Freiherr von Blnmenthal und Franz Meinders begleiteten
den Kurfürsten auf diesem Marsche und waren im Hauptquartier die Zeugen
und Befürworter seiner Entschlüsse. Den daheim gelassenen Räten Ra-
ban von Canstein, Lorenz Christoph von Somnitz, Friedrich
von Jena und Johann Koeppen lag dagegen die Pflicht ob, die Re-
solutionen des Souverains entgegenzunehmen und mit einem Gutachten,
einem Bedenken für oder wider zu beantworten. Dies Verfahren der
kurfürstlichen Regierung ist nicht neu. Wie man in den Sitzungen des
Geheimen Rates, gleichviel oh mit oder ohne Beisein des Staatsoberhauptes,
Gegenstand und Verlauf der Debatten zu protocolliren pflegte, so dass
diese Protocolle nicht selten das Bild der in der Umgebung des Fürsten
herrschenden politischen Anschauungen widerspiegeln*), so war es längst
üblich geworden, in Abwesenheit des Fürsten von seiner Hauptstadt,
vorzugsweise in Kriegsläuften, welche den Herrscher ausser Landes fährten,
seinen Rescripten, falls eben Dinge von entsprechender Wichtigkeit zur
Beratung standen, solche begutachtende Voten entgegenzustellen. Aber
nicht häufig liegt wie hier ein so vollständiger zusammenhängender Schrift-
wechsel vor; nicht häufig fordert eine solche Fülle sich drängender Vor-
kommnisse die Reflexion heraus, wird wie hier die Lage mit so bröiter
Ausführlickeit behandelt, das Wechselspiel der Politik aus immer neuen,
variirten Gesichtspunkten (von beiden Seiten her) beleuchtet. Glänzende
Zeugnisse von der Gewissenhaftigkeit und dem nüchternen Blick des alt-
brandenburgischen Beamtentums, erschliesseu diese Ausführungen in der
lebendigen Folge von Rede und Gegenrede die geheimen Erwägungen des
Herrschers und seiner Ratgeber und liefern so zu den faktischen Begeben-
heiten, wie sie durch die Forschung festgestellt sind, selbst einen fortlaufen-
den Commentar. '
Dieser Schriftwechsel bildet in seinen beiden Teilen den Grundstock
dieses Abschnittes. Es gehen ihm für beide Perioden des Feldzuges —
Vor- und Rückmarsch — jene oben genannten Schreiben und Gesandt-
schaften an einzelne Reichsstände zur Seite; dieselben beziehen
sich teils erläuternd teils ergänzend, denn auch im Hauptquartier ruhte
der schriftliche Austausch nicht, sogut auf einzelne Momente des Feldzuges
^) Die Protocolle des Geheimen Rats sind zwar for die Urkunden und
Actenstucke noch nicht plan massig darchforBcht, jedoch wo sie nach Seite
der auswärtigen Politik Ausbeute gewährten, von den Herausgebern der ver-
schiedenen Baude schon mehrfach herangezogen worden. Eine Gesamtausgabe
dieser Geheimratsprotocolle durch die Kgl. Preussische Archivverwaltung ist jetzt
in Vorbereitung.
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266 n« I>«r Winterfeldsag vod 1672 auf 1673.
wie anf die allgemeine Lage. Sie sind in der Weise geordnet, dass es
zweckmässig erschien, grössere Partieen von Briefen mit einem nnd dem-
selben Fürsten nicht anseinanderzoreissen, wo sie im wesentlichen eine und
dieselbe Sache betreffen. Natürlich konnte es sich- bei der grossen Masse
dieser Fürstenbriefe nar um die Auswahl der wichtigsten handeln.
Den Schreiben des Kaisers Leopold ist für beide Teile des
Feldzuges io fortlanfendem Zusammenhange in zwei getrennten Abteilungen
Ranm gewährt worden. Wenn diese Correspondenz inhaltlich nicht gerade
Bedeutsames bietet, so ist sie doch als erneuter Beleg für die stete Rück-
sichtnahme des Kurfürsten anf die kaiserliche Willensmeinung TOti Wich-
tigkeit.
In einen Anhang endlich sind einige wenige rein militärische Schrift-
stücke, welche sich in den ?erschiedenen Abteilungen nicht passend nnter-
bringen Hessen, verwiesen. Von einem Abdruck der (nicht zahlreichen)
Kriegsratsconferenzen durfte Abstand genommen werden, weil dieselben in
Peters Darstellung die denkbar ausgiebigste Benutzung erfahren haben.
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II. Der Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
1. Der Aufbruch,
a. Montecuccoli. Relationen y. Heideus.
Der Kurfürst an den Grafen Raimund Montecuccoli.
Dat. Coelln a. Sp. 17. Juni 1672.
[MoDtecaccoliB CommaDdo bei der Armee.] ^^.^
Der Fürst von Anhalt hat bei seiner Rückkehr ans Wien^) die „gnten 27. Juni,
nnd nützlichen Dienste^ des Orafen gerühmt. Kf. dankt diesem dafür, hält
sich weiter seiner guten Intentionen versichert und teilt ihm mit, dass er,
«weil er allemal Yon des Herrn Grafen Person nnd seiner erlangten Kriegs-
ezperienz eine sonderbare Estime gemacht^, Kaiserliehe Majestät habe er-
suchen lassen, ihm, dem Grafen, das Commando bei der Armee aufzutragen.
Graf Raimund Montecuccoli an den Kurfürsten. Dat. Wien
7. August 1672.
[v. Heiden nach Wien. Nachrichten vom Aufbrach.]
Dass Ew. Ch. D. beliebet Dero Legationsrath Friedrichen Frei- 7. Aug.
herren von Heiden zu dem Ende alhero abzuordnen, dass er bei
der Kaiserlichen nach Teutschland destinirten Armee verbleiben und
was dabei fürfällt relationiren solle, solches habe aus Dero gn. Be-
felch unterm 10. Juli jüngsthin unterth. vernommen. Wie nun meines
Orts dazu alle schuldige Beförderung thun werde, also auch berichte
Ew. Ch. D. unterth. hierdurch, dass die Artigleria bereits von hier
Oben S. 220.
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268 * II I>er Winierfeldsag von 1672 auf 1673.
Weggängen, die Völker hin und wieder im Anzug sein^ ich auch ge-
sinnet bin, mich erster Tagen von hier zu begeben und meinen Weg
gerad nacher Eger zu nehmen, da dann und auch ferner Ew. Ch. D.
ich gehorsamst hinterbringen werde, was in einem und anderen für-
fällt. Inmittelst empfehle Ew. Ch. D. zu allem Wohlergehen der
Göttlichen Bewahrung treulichst und Ihro mich zu beharrlichen
Gnaden ....
Relation des Legatioosrats Freiberrn Friedrich von Hei-
4. Aag. den d. d. Wien 4. Angast 1672. Meldet seine am Morgen erfolgte An-
kooft in Wien. Der Kaiser vernebtet — beute am Dominicastag — seine
Devotion bei den Dominicanern. Ist daher ein paar Tage abwesend. Con-
ferenz mit dem Fürsten Lobkowitz, der des Kf. Handschreiben an
den Kaiser nicht annehmen will sondern nm Ueberreichung nach des Kaisers
Rückkehr (übermorgen) bittet. Nar Complimente. — Montecnccolis
Abgang zur Armee ist auf den 10. st. n. festgesetzt. Die in Schlesien lie-
genden 3 Regimenter sind bereits aufgebrochen nnd am 23. Juli/ 2. Augast
gemustert worden. Die in Mähren nnd Oesterreich sind am 10. st. n. aus-
zurücken beordert.
7. Aug. Rel. d. d. Wien 28. Juli/7. August 1672. Montecnccolis Abreise
ist bis auf den 14. verschoben worden. Des Generals Rendezvous wird am
15./25. in Eger sein. — Gestern sind 3 Compagnieen von des Görzke
Regiment und ebenso viele Reiter von des Heister Regiment — überans
schönes Volk — hier vorbei marschirt. Die Artillerie, bestehend in 17
kleinen Stücken, ibt abgegangen. — Ein bairischer Abgesandter, ein Kleist
von Geschlecht, von dessen Anbringen ihm nichts bekannt geworden, wird
heute vorgelassen. — Er selbst wird nachmittags 5 Uhr die gewünschte
Audienz beim Kaiser haben.
14. Aug. Rel. d.d. Wien 4./14. August 1672. Trotz gegenteiliger Ver-
mutungen ist die Abreise Montec.'s doch heute um 10 Uhr mit der Post
erfolgt. Jedenfalls hat der inzwischen eingetroffene Spanische Courier den
Aufbruch beschlennigt. — „An Spanischer Seiten wird gewaltig daraufge-
drungen, dass man sich hier gegen Frankreich declarireu soll, an Fran-
zösischer Seiten aber wird stark durch den Papst und Bayern dagegen
m
gearbeitet. Man vermeinet, die neulich hier angekommenen -^grr- Thlr.'j
werden es emportiren.*^ Gestern lange Gonferenz bei Lobkowitz, an der
Gremonville teilgenommen. Des bairischen Abgesandten Negotiation
geht dahin, das Reich in keinen Krieg zu verwickeln sondern die Sachen
durch Mediation beizulegen. — v. Heiden hat seine Pferde bereits vorans-
gesendet. Wird am Nachmittag dem Generallieutenant mit der Post folgen
/
1) Dies die richtige Ziffer. Vgl. S. 269.
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MoDtecacoolis Aufbrach. 269
Der Kurbrandenbnrgische Resident Andreas Neumann an den
Kurfürsten Dat. Wien 4. /14. August 1672.
[Montecoccolis Aarbrach. Spanische Versicherangen. Peraooalien. — v. Kleist.
GremoDville.]
Der Herr Generallieutenant Graf von Montecuccoli ist heutu. Ang
gegen Mittag mit einem Postwagen, worin neben S. Exe. ein Jesuiter,
Secretarius Leopold und Cammerdiener gesessen, von hinnen ab-
gereiset. Das Bagage ist vor etlichen Tagen, die Feld-Eriegs-Canzlei
gestern vorangangen. Der Generalcommissarius Graf von Hohen-
feld gehet per Posta auch nach Eger, den Baron Joanelli') daselbst
vorzustellen; jener gehet wieder zurück. Dieses wird durch eigene
Staffetta, so jetzt um 4 Uhren abgefertiget worden^ von Hofe aus an
Ew. Ch. D. berichtet. Der Baron von Heiden gehet diesen Abend
auch fort, dem Herrn Generallieutenant nach.
Aus Spanien sein starke Rimessen von -^^^ Rthlr. in Wechsel
angelangt, und darbei Versicherung gegeben worden, dass es an Geld
zu Fortsetzung der Werbungen und Bestreitung des Hauptwerks nicht
ermangeln werde.
„Des Herrn Grafen vou Nostiz, Böhmischen Obersten Canzlers,
Stiefsohn Graf Bercka Honora hat ?or 3 Tagen mit des Herrn General-
lieotenants Fräulein Tochter VerspreebeQ gehalten^. — Die Patenten
zu den neuen Werbungen werden nächster Tagen ausgegeben werden.
Der General Sparr, so in Candien commandiret gehabt, ist vor etlich
Tagen hier angelangt, Einige meinen, er werde als Generalfeldzeug-
meister der Armee beiwohnen oder doch diese Stelle vertreten, wie-
wol Herrn Markgrafen Hermanns zu Baden Ld. Sich vernehmen
lassen, dass Sie nach abgelegter Gesandtschaft an einige Ghur- und
Fürsten Sich in solcher Qualität zur Armee begeben werden. General-
feldmarschall de Souches ist dieser Tagen nach Warasdin zu seinem
Generalat nach Grabaten ^) abgereiset. Von dem Türken wird abermal
allerhand Widriges spargirt. Es mag aber wol deren Invention sein,
so diesen March nicht gerne sehen.
Conferenz zwischen dem karbairischen Statthalter v. Kleist und dem
Fürsten Lobkowitz, an der auch Kanzler Ho eher nnd Secretarias
Abele teilgenommen, v. Kleists Discarse.
Der Gr emonville unterlässt nicht, aller Orten sich einzumischen,
') Als Kriegscomuiissaiias.
>) GroatioD.
Google
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270 n. Der Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
findet aber kein Gehör, und hat der Credit abgenommen. Vom
König in Polen ist ein Bischof dieser Tagen angelangt, von dessen
Anbringen anders nichts zu vernehmen als dass er Assistenz suchet.
V. Heiden. Relation. Dat Eger 19./29. August 1672.
[Liste der Armee. Generale.]
29. Aug. Alle in beigehender Liste ^) aufgesetzte Regimenter seind hier ange-
langet, das von Porzia ausgenommen, um welches willen der Gene-
rallieutenant sich zwei Tage l&nger hat aufgehalten als er vermeinet;
und weil er gestern gewisse Nachricht davon erhalten, dass es noch
10 Meilen von hier solle sein, hat er resolviret, heut seinen March
fortzusetzen und selbiges anderwärts zu erwarten. — Wir gehen heut
dritthalb Meil von hier und morgen bis nach Hof ins Baireuthsche,
welches fünf Meilen von hier ist, und werden dann so weiter unseren
March durch Dttringen auf Erford nehmen. — Wie stark sich die
Regimenter ausgeben, werden Ew. Ch. D. gleichfalls aus beigehender
Lista gn. ersehen. Die Reuterei ist wol fast so stark, als sie hier
aufgesetzet, es werden über 200 Pferde an jedwedem Regiment nicht
fehlen. Der Infanterie aber haben sie meines Bedünkens einen guten
Zusatz gegeben ; es wird zwar fürgegeben, dass viele noch zurückseind
und dass solche nachkommen sollen; ob dem aber so sei, stelle ich
dahin.
Von Generalspersonen seind keine hier als I. D. der Herzog
von Lothringen, General über die Gavallerie, der Graf Gaprara,
Generalwachtmeister zu Pferde, und der Freiherr von Keiserstein,
Generalwachtmeister zu Fuss. — L D. der Pfalzgraf von Sulz-
bach') seind hier aufs Rendezvous gewesen und haben mir befohlen,
Ew. Gh. D. seinen unterth. Gruss zu vermelden.
Der Kurfürst an den Freiherrn von Amerongen') in Hamburg.
Dat. Potsdam 10./20. August 1672.
[Wünscht ihn io Halberetadt zn eeben.]
20. Aug. Wir haben Eure Ankunft der Ends gern vernommen, und weil
^) Die Liste fehlt bei den Acten.
^ Friedrich Ludwig.
*) Nach Abschlass des Vertrages war A. in Sachen Subsidien Bweimal in
in Hamburg und zwischendurch zur Berichterstattung in den Niederlanden ge-
wesen. Vgl. UÜAA. III, 2ö5.
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Besprechangen mit dem Karfürsteo. 271
Wir bereits vorgestern aus Unserer Residenz aufgebrochen, Unsere
Armee auch bereits aus ihren Quartieren gerflcket und in yollem
March begriffen ist, als werden Wir morgen Unsere Reise auf Hal-
berstadt fortsetzen, woselbsten Wir den 15. dieses anzulangen und
Euch daselbst gegen den 16. zu sprechen verhoffen. Dass die Kai-
serliche Armee den 15./25. huius zu Eger ihr Rendezvous halten und
darauf den March continuiren werden, solches wird Euch bereits be-
kannt sein. Die Beschwerlichkeit des Weges und andere Hinderungen
haben nicht zugeben wollen, dass diese Armee ehender kommen
können, und hat diese Verzögerung wie auch die Euch bekannte Ur-
sache auch bishero Unseren Aufbruch und March etwas aufgehalten,
welchen Wir nunmehr mit desto grösserem Ernste continuiren werden.
Der Graf Montecuccoli wird von Eger sich zu Uns nach Halberstadt
yerf&gen, woselbsten man von Continuation des Marches und anderen
wichtigen Dingen deliberiren und einen Schluss nehmen wird').
Montecuccoli an den KnrfUrsten. Dat. Hauptquartier Thams-
brück^ 12./22. September 1672.
Auf des £f. Befehlschreiben vom 9./19. September^ „welchergestalt 22. Sept.
denjenigen, so aus dem französischen Lager ankommen, bereits examiniret^.
Morgen mit der Armee in Eisenacb. Hofft dem Kf. bald persönlich
aufzuwarten.
Der Kurfürst an Montecuccoli. Dat. Hauptquartier Wispen-
stein') 13723. September 1672.
Mit Enrtrier wegen Anlegung von Magazinen am Rhein verhandelt. 23. Sept.
Mont. möge dem Grafen Monterej vorstellen, dass zar Deckung Gölns
(gegen Tarenne) eine zureichende Anzahl Kriegsvölker dorthin zu legen sei.
') d. d. Hambarg 24. Ad gast 1G72 entschuldigt sich AmeroDgen, dass er
erst den 28. oder 29. dem Kf. aufwarten könne: ^Ick hebbe hedeu aen den
Magistrat der Stadt Bremen geachreven ende hebb veraocht onbeswaert te willen
Bfn, van de bewuate geldea noch voor een kleynen tydt in haer bewaeringe te
honden, tot dat jck de eere sonde hebben van by U. Churf. Doorl. te weaen, en
twyffele viel, off dy sullen snlcz geerne ten respecte van U. Ch. D. naercomen-*
*) an der Unstrut.
*) an der Leine, Stift Hildesheim.
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272 II- Der Wioterfeldsug von 1672 auf 1673.
Montecuccoli an den Kurfürsten. Dat. Hauptquartier Nieder-
MoosO 2. October 1672.
2. Oct. Aotwort aof des Kurfürsten fernere Befehlschreiben vom 17. /27. und
19./ 29. September.
Dankt für die Mitteilung der Erklärung des Administrators zu Magde-
burg^. Turenne habe, so berichtet ihm Li sola, 5, nach Anderen sogar
10 000 Mann Verstärkung empfangen. Hofft morgen die Grafschaft Iseri-
bürg zu erreichen, um dann persönlich mit dem Kf. zu conferiren.
b. Die Convention mit dem Herzog von Lothringen.
Prinz Karl von Lothringen') an den Kurfürsten. Dat. Wien
17. Juli 1672. Eigenhändig.
[Bereitwilligkeit zar Mitwirkung bei der jetzigen Campagne.]
17. Juli. Monsieur. Quoyque la grace que Sa Majeste Imperialle ma fait
de me Commander avec Ses trouppes qui marchent dans lempire seit
en 8oy fort grande, eile aaugmente de beaucoup dans lesperance que
jay, quelle me donnera lieux de rendre mes treshumbles devoirs k
Votre Altesae Electoralle, dont j'avois passion il y a fort longtemps.
La seule chose qui me chagrine est de me veoir prevenu des graces
de Votre Altesse Electoralle, dont jay receu des marques fort parti-
culieres par les asseurances que Mr. le Prince d'Anhalt men a
donn6 et par les tesmoignages quil a bien voulu rendre ä Sa Maj.
Imp., que ma personne ne seroit point d^saggreable k Vostre Alt El.
Je reconnois cette Obligation si grande que je ne perdray aucune
occasion de rechercher avec empressement touts les moiens de faire
connoistre k Votre Alt. Elect. quelle ne pouvoit obliger une personne
qui en eust une reconoissance plus parfaite que celuy qui est ...
>) Amt Lauterbach, Oberhessen.
») Unten S. 279.
^ Der Neffe des vertriebenen Herzogs Karl IV. Es ist nicht correct,
ihn Prinzen von Vaademont zu nennen; er selbst nennt sich Prince de
Lorraine.
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MilitärconventioD mit dem Herzoge voo Lothriogeo. 273
Der Kurfttrst an den Prinzen Karl von Lothringen. Dat.
Coelln a. Sp. 26. Juli/5. August 1672.
[Oompliment.]
£f. dankt für das empfaDgene SchreibeD, verspricht sich viel ?od des 5. Aug.
PrinzeD BeteiligoDg nnd freut sich der Gelegenheit, mit ihm ,,in eine nähere
Vertranlichkeit und Enndschaft zn gerathen, was er schon vorlängst ge-
wünscht hat^.
Herzog Karl von Lothringen an den Kurfürsten. Dat. Cöln
8. Juni 1672.
[Creditif für den Baroo von Gelleoonconrt]
Ayant scen da Siear Gomte de Waldeck la grace qne V. A. £. me8. Juni,
fait de se soQ?enir de moj, j'envoye le Sr. Baron de Gellenonconrt,
Gentilhomme ordinaire de ma chambre, poor Lny en tesmoigner ma gratitnde
et L'assurer de la disposition qne j'anray tonte ma vie de Lny rendre service
dans tontes les occasions qni s'en presenteront, ainsy qne Ic dit Sr. de
Gellenoncoart Lny dira plas particnlierement, La priant de lny donner creance «
entiere ....
Der KurfUrst an den Generalmajor Alexander Freiherrn von
Spaen^. Dat. Coelln a. Sp. 12./22. Juni 1672.
[Militärconveotion mit Lothriogeo.]
Uebersendet abschriftlich den mit dem Herzog von Lothringen
wegen Ueberlassung einiger Völker abgeschlossenen Vergleich.
Dieweil nun denselben das Quartier in Unserer Grafschaft Mark 22. Juni,
versprochen, als befehlen Wir Euch gn., die benöthigte Vorsehung
und Anstalt desfalls zu machen, imgleichen jemandem Commission zu
ertheilen, der die Völker bei ihrer Ankunft mustere und in Pflicht
nehme. Zu Zahlung der Trouppen wollen Wir mit dem förderlichsten
eine erkleckliche Summe Geldes dahin senden und desfalls gebilrende
Sorge tragen. Unsere Ratification des Vergleichs auch mit dem ebisten
Euch übersenden, damit solche aldorten gegen des Herzogs Ld. Bati-
fication ausgewechselt werden könne. Im übrigen habt Ihr mit dem
Rittmeister Gellenoncourt zu überlegen, was die Trouppen am
besten für einen March zu nehmen, um aus ihren jetzigen Quartieren
Gomroandant in Lippstadt.
Uater. x. Oetch. d. G. KarfOrsten. XIII. 18
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274 n. Der Winterfeldzag von 1672 aaf i(;73.
mit gnugsamer Sicherheit in Unsere Grafschaft Mark zu kommen, zu
welchem End Wir ihm auch wegen Verstattung freien Durchzugs Ver-
schreibung an Ghur-Cölns, Bischofs zu Paderborn und der
Landgräfin zu Hessen Ld. Ld. Ld. wie auch die Grafen von
Wal deck ertheilet haben.
Beifolgend der Vergleich in deatscher Redaction*).
Der Kurfbrst an den Herzog Karl von Lothringen. Dat. Coelln a. Sp.
15. /25. Juni 1672.
25. Juoi. Recreditif für Baron de Gellenoncoart.
25 Jqdi. d. d. Coelln a. Sp. 15. Jnni 1672. fernerer Befehl des Kurfürsten
an y. Spaen, die lothringischen Trappen mit den versprochenen, bequemen
Qnnrtieren zu versehen. Ueberbringer ist Gellenoncourt.
Generalmajor v. Spaen an den Kurfürsten. DaL Lippstadt
11 721. Juli 1672.
[Ueberoahme der Lothringer. Schalten der Franzosen. Cond6. Bergeick.]
2i. Juli. Gestern sind wiederum 3 Compagnien Lothringer unter Commando des
Obristen Dnpnj hier durchpassirt nnd wie die vorigen nach ihren Quar-
tieren gebracht worden. ^Es seind gute Leute.*' Mit den letzteren Truppen
ist Rat Canon, der Präsident des Herzogs, mitgekommen. Herzog Karl
hofft, dass die Gapitulation mit den 600 Reitern der Anfang zu dauernder
Freundschaft zwischen Kf. und ihm sein werde; er habe — ftir den Fall,
dass man mehr begehren möchte — noch ungefähr ^1000 wolgemunterte ')*^
Reuter, welche zu des Kf. Dienst fertig ständen. Der Präsident möchte
die Leute so logirt sehen^ dass sie nicht in Gefahr ständen, von den Fran-
zosen überfallen zu werden. Wegen mangelnden Geldes kann sie Spaen
jedoch nicht anders unterbringen.
Die Franzosen hausen im Clevischen in der alten Weise. ^Sie imagi-
uiren sich, dass es ein conquestirt Land ist, wollen nicht gestatten, dass
die Richter, welche ich von hier aus ein oder anders zu verrichten aufgebe,
dass sie dasselbe ohne ihr Yorwissen werkstellig machen sollen.^
Der Vergleich ist concipirt von Melnders Sign. Coelln a. Sp. 14. Joni
1672. 10. Artikel. Die Ratification nnd Auswechselang soll zu Lippstadt inner-
halb vier Wochen erfolgen. Ratification des Knrfürten Dat. Coeiln a. d. Sp.
20./30. Juni 1672. Rat. des Herzogs Donn6 ä Cologne le 2. Jaillet 1672.
2) = wolmoutirte.
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Militärconveotion mit dem Hersog von Lothriogen. 275
Das Gerücht vom Tode des Prinzen Cond^^ bestätigt sich nicht. —
Es ist bis jetzt kein Volk mehr nach Wesel gekommen, obgleich Billete
für 4 bis öO(X) M. fertig gemacht sind. Die Garnison besteht in wenig
Mannschaft — Vorgestern Abend ist ein Spanischer Envojö Namens
Bcrgeick') angelangt nnd gestern Morgen von hier nach Berlin weiter
gereist*).
V. Spaen an den Eurftirsten. Dat Lippstadt 4. August 1672.
[PttStangsban. Quartiere der Lothringer. Baagelder. Sold.]
Nach Canons Anssage will der Herzog wissen, ob nnd was £f. weiter 4. Aag.
von ihm desiderirte. Dies möge ihm (Canon) bald zn wissen gethan wer-
den: ,car son maistre vonloit hazarder le tont arec V. Alt. ElectS
Beifolgend die Liste der Lothringischen Truppen. Etat der Bau-
gelder. Ferner was an Korn eingekommen (fehlt).
DerObrist und Generalquartiermeister Quid ze ist gestern Abend ein-
getroffen; in welchem Zustande er die Festung gefunden, wird er dem Kf.
berichten.... Zam höchsten will es nöthig sein, dass man die Contre-
scarpe zwischen der Lipp-Pforte und dem neuen Hörn werk mit aller
Macht verfertiget, weil sich das Wetter wiederum wol anlasset, im-
gleichen das Werk unten an der Soestpforte bei der Lippe gemacht
werde, wovon ich vor diesem unterth. Meldung gethan. Weil aber,
gnädigster KurfQrst und Herr, es noch an einigen Geldern ermangelt,
nnd Ew. Ch. D. auf meine beschehene unterth. Remonstration gn. re-
solvirt haben, hierzu noch einige Baugelder in Gnaden zu verordnen,
so wäre es höchst zu wünschen, dass sie bereits hier wären, ehe das
gute Saison verstreichet, welches jetziger Zeit genau in Acht zu
nehmen ist. Und nachdem die Französischen Trouppen theils dem Rhein
beginnen zu nähern, als besorge ich, sie möchten ein tausend Pferde
oder zwei nebenst einigen Dragonern in die Grafschaft Mark schicken,
in die Reuter-Quartiere einfallen und also beide Regimenter als das
Lotharingische und das meine ruiniren. Diesem nun vorzukommen
und es zu verhüten, wollte ich dieselben gerne in der NähC; etwan
in Soest oder Hamm einquartieren, solange aber der Obercommissa-
rios Edlinger mit denen Geldern nicht ankömbt, kann ich solches
nicht thun.
Spaen wünscht daher dringend, das für die neuen Truppen anf die
Er war am 11. Jaul bei Tolhays schwer verwundet worden. (S. ob. S. 225.)
') wo am 2. nnd 3. August mit ihm conferirt wurde. Vgl. im vorigen Ab-
acbnitt S. 88. 244.
3) Beifolgend Berichte über das gewaltthatige Verfahren der Frauzosen.
18*
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276 n. Der Winterfeldzug von 1672 aaf 1673.
Monate JqH nnd Aagast assignirte Geld dnrch Edlinger ohne Zeitverlast
za empfangen.
Anla ge*).*)
Cstat des escadrons des Trouppes Lorraines ponr le Service de Son
Altesse Electorale de Brandebourg en Juillet 1672.
1. Escadron des cbevaulegers de la garde de S. A. S. de
Lorraine command6 par le Colonel Daocourt 170
2. Escadron eommandö par le Colonel Dapny. Gavalliers 117
3. Escadron command^ par le Comte de Leiningen Colonel 151
4. Escadron command^ par le Lieuten. Colonel Ro zieres 151
Total 589
En ce nombre ne sont compris leg officiers.
Chaqne escadron est de trois compagnies, bors celoy des cbevanz-
legeis qui n'est que de deux; mais il v sera 8uppl^6, s'il est nöcessaire.
*) Dazu Bestand der Lippstadtischen Fortificationsbaucasse, wonach in der-
selben, ,80 gleichwol noch nicht einkommen seind", 1920 Rthlr. restiren.
Der Kurfürst an v. Spaen.
Dat. Coelln a. Sp. 31. Juli/10. August 1672.
[Auf das Schreiben vom 4. Angust.]
10. Ang. Die Lothringischen Völker sollen gemustert nnd in Pflicht genommen
werden. Spaen bat „sobald der Proviantmeister Edlinger des Ends mit
dem Gelde ankommen wird, desfalls gebürende Yersebang za tbnn".
,Zwar haben Wir, wie aus der Capitulation art. 4 zu ersehen, ihnen
anfänglich nnr % zn zahlen versprochen, dafern aber die capitnlirte Mann-
schaft völlig bereits sistiret, solchenfalls müsste ihnen aach das versprochene
volle Tractament gegeben werden; welches die Masternng geben nnd zei-
gen wird.*^
Der Fortschritt des Festnngsbaues ist erfreulich. Es sollen weitere
Zaschüsse angewiesen werden, „sobald nur die völlige Zahlung von be-
kannten Orten erfolget*^.
o. D. o. D. [Frankfurt a. M. Ende August 1672] macht der Herzog
von Lothringen dem Kf. durch Landgraf Friedrich von Hessen-
Homburg sein Gompliment.
Durch die Mitteilung dieser Convention findet die karze Notiz bei
Comte d'Hanssonville Histoire de la r^anion de la Lorraine ä la France
III, 275 (1857) eine sehr erhebliche Ergänzung. Von den Lothring. Compagn.
standen 3 in Luxemburg, 9 bereits an den Grenzen von Mark.
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Memorial des Depatirtoo Holtzemias. 277
2. Der Vormarsch an den Main.
a Correspondenz mit Kaiser Leopold.
Der Kurfürst an Kaiser Leopold. Dat Halberstadt
29. August 1672.
[Was auf den veraoglimpfenden Vortrag des HildesheimischeD Gesandten zu thun.]
Ew. K. M. wird zweifelsfrei von Dero zu Regensburg subsisti- 8. Sept.
renden Gesandten unterth. hinterbracht sein, wasgestalt der Hildes-
heimische Abgesandter') sich gelüsten lassen, öffentlich im Fürsten-
rath einige sehr verfängliche und sowol zu Ew. K. M. als zu Dero
AUiirten höchstem Unglimpf reichende Dinge vorzutragen.
Wiewol ich nun an meinem Orte insonderheit verlange, die Noth-
durft daraus durch meine daselbst sich befindende Gesandte') vor-
stellen und diese Leute, welche mit ganz verdächtiger Vorklage kom-
men wollen, eintreiben zu lassen, so habe ich doch Ew. Kais. M.
darunter nicht vorgreifen sondern zuvorderst Dero gn. Meinung, wie
ich mich zu verhalten und was bei der Sachen zu thun, in Unterth.
erwarten wollen. Ersuche demnach Ew. K. M. gehorsamst Mir die-
selbe sobald möglich zukommen zu lassen.
d. d. Ebersdorf 2(K September 1672>) antwortet Kaiser Leopold 20. Sept.
auf ein Schreiben des Ef. d. d. Halbersfcadt 20. Aogust, welches seinen Anf-
bmch ins Halberstädtiscbe gemeldet hatte. Kaiser hofft, Montecnccoli
werde inzwischen angelangt und Kf. mit ihm in Conferenz getreten sein.
Kaiser Leopold an den Kurflirsten. Dat Ebersdorf 27. Sep-
tember 1672.
[Befremden des Kaisers über die Regensburger Vorgänge. Auf des Holtzemias
Memorial ist Kf. befagt animos antworten za lassen.]
Aach ihm ist von des Hildesheimischen Abgesandten Holtzemio8 27.Sept.
„vermittelst des Chnrmainziscben Reichsdirectorii also gleich ad dictaturam
gegebenen anzüglichen Memorials^ Benachrichtignng zugekommen. Das
Memorial folgt abschriftlich anbei. ^
') Feter Holtzemias, Einleitung S. 261.
^ y. Marenholtz und Qottfried y. Jena.
^ Darch Montecnccoli öberaendet.
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278 II- Dw Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
. . . Wir haben nicht umbhin gekonnt, über diesen so geschwin-
den Hergang, und dass man solches ohne einige mit Unseren Kaiser-
lichen Gommissariis und Oesterreichischen Gesandten darüber vorher-
gangene, sonst gewöhnliche vertrauliche Communication also gleich ad
dictaturam et propositionem veranlasset, nit allein einige glimpfliche
Ahndung zu thun, sondern auch Unserem an Ihrer des Ghurftirsten
zu Mainz Hof anwesenden Hofkammerrath Augustin Freiherrn
von Meiersberg ^) gn. aufgetragen, Deroselben ein und anders Uns
wider die in Vorschlag kommende Mediation zu Gemttth gehendes
Bedenken mit Mehrerem zu reprftsentiren, wie Ew. Ld. von Unserem
Reichbofrath dem Freiherrn von Goes zu vernehmen haben, Die-
selbe dabei freundoheimb- und gnädiglich ersuchend, Sie wollen die
Ihrige zu Regensburg zu einem ebenmässigen instruiren und anweisen:
dasjenige hinwiederum animose zu beantworten, wessen Sie mit Un-
fugen beschuldiget worden.
Der Eurfilrst an Kaiser Leopold. Dat. Wispenstein an der
Leine^) 13. /23. September 1672.
[Prankreichs Ultimatum. Kf. bittet um Schutz wider alle Gewalt]
23. Sept. Benachrichtigt den Kaiser, was dieser durch Goes and Monte-
cuccolt gewiss schon wird erfahren haben, von der Proposition *) des
französischen Envoyö de la Vaugnion am 29. Augast/8. September.
Nun habe ich zwar darauf der Noth erachtet, bei den Nordischen
Kronen und Braunschweigischen Häusern aus denen mit ihnen
habenden Alliancen, bei meinen Mitchurftlrsten aber, ausgenommen
Cöln, vermöge der Churfilrstlichen Verein um Hilfe anzusuchen *). Weil
ich aber nächst Gott auf Ew. Kais. Maj. mein meistes Vertrauen setze,
um so viel mehr, da bekannt, dass mir alle diese Drohungen und
Feindseligkeiten aus keiner anderen Ursache zustossen, als weil ich
an Ew. Kais. Maj. festzuhalten gedenke und nächst Derselben mir
das gemeine Beste und des Reiches Sicherheit und Ruhe fürnemblich
Oben S. 168.
^ Die nähere Angabe der Proposition, im Goncept (▼. Paul Fuchs) getilgt,
befindet sich in der Instruction für Marenholtz d. d. Halberstadt 13. Septem-
ber 1672. (unten S. 288.) Die Sache selbst oben S. 90.
3) d. d. Halberstadt 13. September und 16. September 1672.
Google
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Des Kaisers Bescheid darauf. Erklärung d. Admioistrators zu Halle. 279
angelegen sein lasse: so ersuche Ew. Kais. Maj. gehorsamst, Dieselbe
gernhen gn., mir allemal und wider alle Gewalt kräftigen Schutz und
Hilfe zu leisten» auch Dero Gesandten zu Begensburg allergn. anzu-
befehlen, dass sie sich mit den Meinigen hierüber vernehmen und das-
jenige, was ich ihnen deswegen zu proponiren anbefohlen, bester-
massen secundiren mOgen .... Ferner, „weil in diesem Jahre wegen der
Türkengefahr in Ungarn nichts za besorgen^, möchten noch einige Regi-
menter zur Armee stossen.
Der Kurftirst an Kaiser Leopold. Dat. Friedland ^)
17. September 1672.
[BeachlenDigaog des Marsches. Die VereiDiguDg mit den Kaiserlichen ist in
naher Aussicht. Des Administrators zu Halle Erklärung]
Kf. berichtet — 27. Sept.
wasgestalt ich den March mit meiner Armee immer hin continuire
und heute alhie eine Meile diesseit Göttingen damit glttcklieh ange-
langet bin. Meine in Westphalen gestandene Cavallerie habe ich alhie
an mich gezogen und werde vermittelst göttlicher Hülfe den March
dergestalt beschleunigen, damit ich mich in kurzem mit Ew. Kais. M.
Armee Dero Verlangen nach und der zu Halberstadt genommenen
Abrede gemäss conjungiren könne, wiewol mich die überaus böse
und schlimme Wege wegen der bei mir habenden schweren Artillerie
sehr incommodiren.
Anbei folgt eine Erklärung des Administrators zn Halle auf des
Kf. Vorstellung Yor seinem Aufbruch aus dem Halberstädtischen.
Wie nun bei solcher Erklärung nichts zu desideriren und dieselbe
bei denen jetzigen Conjuncturen nicht besser hätte sein können, also
würde Meines unvorgreiflichen Ermessens nicht undienlich sein, wann
68 Ew. K. M. gn. gefallen möchte, Dero gn. Satisfaction, so Sie hierob
geschöpfet, gegen des Herrn Administratoris Ld. vermittelst eines
gn. Schreibens zu bezeugen und Sie daneben nicht allein zu Bestän-
digkeit in solchen Consiliis beweglich anzumahnen, sondern auch die
Aeeommodirung Ihres Prinzen Ihre aufs beste recommandiret sein
lassen . . . '):
ao der Leine.
*) In gleichem Sinne ein Scbreibou an den Grafen Montecnccoli (oben
S 272) anter Beifügung des Schreibens des AdmioiBtrators. Den Inhalt dieses
letzteren ergiebt der kurfürstliche Brief. Ueber den Prinzen Augnst s. oben
S. 148.
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280 II. Der WinterfeldzDg von 1672 auf 1673.
Der Kurfürst an Kaiser Leopold. Dat Cassel
23. September 1672.
[Pfalzneabargs FnedenspropositioDeo und des Kf. Bescheid aaf dieselben.]
3. Oct Berichtet, dass der Pfalzgraf von Neuborg —
Jemand der Seinigen anhero zu mir gesehicket ') und unter anderen
viele und bewegliche Propositiones zum Frieden thun lassen, auch
dabei fQrgestellet, dass vielleicht derselbe anjetzo besser als jemaln
von Frankreich zu erlangen und der König dazu nicht abgeneigt wäre,
da hingegen wann es einmal zum Bruch oder ferneren Collisionen
zwischen ihm und anderen Alliirten gekommen, das Werk viel
schwerer und weitläuftiger fallen möchte. I. Ld. Hessen dabei viele
Umstände und Rationes anftlhren, mit deren Erzählung Ew. K. M.
ich nicht beschwerlich fallen will, und verlangten endlich zu wissen,
ob Sie nicht etwas Gutes bei der Sache thun und ein so löbliches
Werk befordern könnten, wollten es an fleissiger Bemühung nicht er-
mangeln lassen und gern wissen: wie und mit was Conditionen man
endlich den Frieden zu machen geneigt?
Ich habe hierauf dem Abgeordneten anders nichts als dieses an-
zeigen lassen, dass man diesseits nicht weniger Inclination zu einem
raisonnablen aufrichtigen Frieden hätte, auch dass dieses der einzige
Zweck dieses Marches und der Alliirten so kostbaren Armatur wäre.
Von denen Conditionen hätte ich in specie eben nichts zu melden,
weil die Sache nicht mein Interesse allein concernirte, nur könnte ich
dieses insgemein und unverfänglich melden, dass der Friede auf solche
Conditionen gemacht werden müsste, wodurch alle Interessenten be-
ständige und völlige Sicherheit erlangten. Inmittelst wollte ich nicht
unterlassen mit Ew. E. M. und anderen daraus zu communiciren etc....
Bittet um des Kaisers „höchsterleachtete Sentimente von dieser wich-
tigen Sache*^. ,)Za wünschen wäre es wol, dass ein anfrichtiger Friede je
eher je lieber erlanget und dadurch die christliche Potentaten mit einmüthiger
Zusammensetzung und nachdrücklichem Ernst sich dem Erbfeind, welcher
abermal die Vormaaer der Christenheit angegrififen und sich einiger für-
nehmen Yestnngen nnd Laude in Polen bemächtiget'), desto mehr wider-
setzen möchten, wozu der Allerhöchste seine Gnade verleihe.*'
>) Vicekanzler Stratmao. S. nnten den Schriftwechsel mit Pfalsneubnrg.
>) Vgl. oben S. 256.
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FriedeospropositioDen Pfalzneabargs. Ob Schweden in d. Allianz zu ziehen. 281
Kaiser Leopold an den Kurfürsten. Dat. Ebersdorf
9. October 1672. „Inkommen den 20. Octob. 1672.0''
[Auf das Schreiben vom 23. September.]
Kaiser findet des Ef. Hilfegesuche an die verschiedenen Fürsten ^gar 0- Ocf .
fürsichtig nnd wol beschehen^. Auch seiner Assistenz darf sich Kf. ver-
sichert halten. Den kaiserh'chen Commissarien sowol wie den österreichi-
schen Gesandten ist nnter bentigem Dato aufgetragen, sich mit der kur-
brandenbnrgischen Gesandtschaft vertraalich za vernehmen und, ent-
sprechend den Eflicheu Intentionen, ^mit einhelligem Rath und That zn
Torfahren^. — Dagegen verweist der Kaiser bezüglich der geforderten Re-
gimenter aaf die Relation des Grafen Monte cnccoli.
Der Kurfürst an Kaiser Leopold. Dat. Hauptquartier Bergen
14 October 1672,
[Wie die durch den hollandischen Gesandten in Stockholm nahegelegte Hereio-
ziehang Schwedens in die Allianz etwa zu verwirklichen.]
£w. K. M. kann ich hiermit unterth. za erkennen zu geben nicht 24. Oct.
umbhin, wasmassen der Staatische Abgesandter in Schweden van
Haaren an seine Principalen berichtet, dass einige Hoffnung wäre,
Schweden von Frankreich ab- und mit zar Beobachtung des gemeinen
Interesses zu ziehen, wann Ew. K. M. und ich Ihre Kgl. Würde in
Schweden zu Beitretung in der AUiance inyitiren möchten: dahero
dann die Herren Staaten durch ihren bei mir subsistirenden Envoyä
Freiherrn von Amerongen Ansuchung thun lassen, ich möchte
solches an Ew. K. M. unterth. bringen, auch vor meine Person die
Kothdorft in Schweden beobachten.
Weil mir nun wol wissend, wie verträglich es der gemeinen Sache
sein würde, wann man diese Krone gewinnen und mit zur Alliance
ziehen könnte, so habe ich zu Erreichung solches Zweckes ein Schrei-
ben an höchstged. Königl. Wtirde in Schweden abgehen lassen').
Den Inhalt erweist die beifolgende Gopie. Der Kaiser wird gebeten,
die Sache durch ein eigenes Schreiben za nnterstützen, znmal er durch den
staatiscben Residenten in Wien „gebürend requiriret worden sein wird^.
Eigenhändiger Vermerk des Kf.
^ Im folgenden Bande (Brandenbarg und Schweden).
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282 n* l><^r Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
Kanzlei vermerk. Das Schreiben geht mit der Copie an den Residen-
ten Andreas Nenmann in Wien.
16. Oct. d.d. Wien 16. October 1672 teilt der Kaiser seine Antwort an den
Administrator zu Halle mit. Sie ist dem Abte ?on Banz') nach
Dresden übersendet, der sie dort auch dem KnrfOrsten von Sachsen zu-
stellen soll. (Der Inhalt dem Wunsche des Kf. entsprechend.)
24. Oct. d. d. Wien 24. October 1672') antwortet der Kaiser auf des Kf.
Schreiben vom 8. October 1672, dass er in der Friedenssache Monte -
cuccoli und Goes, ,,da bei Deroeelben sich beede oder einer ans ihnen
befinden^, gebürend instruirt hat.
Der Kurfürst an Kaiser Leopold. Dat. Hauptquartier Rtissels-
heim l./ll. November 1672. Conc. Meinders.
[Frankreich läset die Maske fallen: man betrachtet ihn nicht mehr als Souverain
in Gleve. Kaiser möge ihn vor Verlast seiner Lande schotsen.]
11. Nov. Uebergriflfe der französischen Garnisonen im Clevischen. Man
hat dies alles bis dato, weil man es mit einer uDvermeidlichen
Kriegsnothwendigkeit entschuldiget und bemäntelt, mit Geduld erlitten,
in Hoffnung dass entweder man sich mit der Zeit anders begreifen
oder sich sonsten andere Mittel ereugen würden, um dieses unlei-
dentlichen Beschwers sich zu entschQtten und das seinige in Ruhe
und Friede zu besitzen.
Aldieweil man aber nunmehr die Masque ganz abgenommen und
sich ausdrücklich (wie Ew. K. M. aus beigefügtem Protocoll Ihro
unterth. referiren zu lassen geruhen wollen) vernehmen lassen: ich
wäre nicht mehr ein Herr dieser Lande, der König in Frankreich
wäre daselbst allein Souverain, und würde man diejenige, welche mich
für einen Herrn des Landes hielten, hinführo als Feinde und Kebeilen
strafen, welches auch bereits einem Bürgermeister von Emmerich
ohnlängst wirklich also widerfahren: also ersuche ich Ew. K. M.,
Sie wollen mich — . — gegen diese Vergewaltigungen schützen, und beim
Regensburger Reichstage wie bei den Westfälischen und benachbarten Kreis-
ständen und dnrch eigene Assistenz es dahin bringen —
damit die Französische Völker meine Lande räumen und ich nicht
unverdienter Weise bei meiner unausgesetzten und beständigen Treue
') Oben 8. 173. 180.
') , ankommen den 20. Octobria 1672.* Eigenhändiger Vermerk des Kf.
Google
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GewaltsamkeiteD in Cleye. Nachrichten von der Armee. 283
am das Meinige gebracht, noch diese dem Roem. Seich so hoch im-
portirende Grenzlande von demselben abgerissen, sondern dabei main-
teniret, Andere auch dadurch bei Ew. K. M. und dem Reiche festzu-
halten encouragiret und ermuntert werden mögen ^).
[P. S.] Dat. Rüsselsheim l./ll. November 1672.
[Beabsichtigter Rheinubergang. Marsch des Prinzen von Oranien nach Maestrich t.
Cond6 in Metz.]
Nachdem Wir mit beiden Armeen für 3 Tagen den Main bei ll. Nov.
Flörsheim passiret, sein wir anitzo im Werk begriffen, eine Brücke
über den Rhein zu verfertigen und mit beiden Armeen selbigen Strom
zu passiren, wobei man dann auf des Marechal de Turenne seinen
March und Contenance fleissige Acht geben und dasjenige, was die
Gelegenheit und raison de guerre erheischen wird, femer für die
Hand nehmen wird.
Dass des Prinzen von Oranien Ld. mit einer sehr conside-
rablen Macht und einigen Spanischen conjungirten Trouppen, so sich
zusammen auf -^ M. belaufen sollen, auf Maestricht gangen und
Yon dannen entweder gegen uns zu advanciren oder sonsten im
Luykischen oder Goelnischen etwas Wichtiges fttrzunehmen gemeinet
sei, solches wird Ew. K. M. bereits kund sein, und es stehet zu hoffen,
es werde hierdurch der Widerpartei ein guter Streich versetzet und
was Notables zu derselben Abbruch verrichtet werden können. —
Der Prinz von Cond6 ist zwar zu Metz angekommen'), hat aber ganz
wenig Volk bei sich, „und wird man auf dessen Färnehmen von hie auch
ein wachendes Aoge jedesmal haben. ^
d. d. Wien 24. November 1672 antwortet Kaiser Leopold auf das 24. Nov.
Schreiben vom 11. mit der Versicherung, „dass ich ebenmässig sonsten an
allermögllcben Assistenz zu Abwendung der Ibro und Ihren Landen unbillig
znmuthenden Bedrangnussen nichts erwinden lassen werde*^.
') Kaozlei vermerk: „mittatur hiervon Gopia an die Regensbnrgische Ge-
sandte cum man dato: dieses Werk nach Binhalt ihrer vorigen Instractionen
seiner Wichtigkeit nach zn beobachten und darunter den Standen die Oebör fär-
znstellen, weil man nnnmehr 8. Oh. D. von Land und Leuten zn vertreiben
suche und also einen oflfenbaren feindlichen Bruch wider das Instrumentum
Pacta verübet, implorando garantiam et anzilia der Stände.*
^ Gond6 hatte, nachdem seine Blessur zu Wesel ausgeheilt, das Oommando
wieder übernommen.
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284 <!• Der Winterfeldzug vod 1672 aaf 1673.
Vom selben Datum die Mitteilaog des Kaisers, dass die Brei-
sacher Garnison die Rbeinbrücke bei Strassbarg (^wider die Stadt Strass-
bürg") demolirt hat').
Der Kurfllrst an Kaiser Leopold. Dat. Rttsselsheim 28. No-
vember/8. December 1672.
[Ritte um Erlass eines Excitatoriams an die Schwäbischen Kreisstände, die
Reichshilfe betreffend]
K L)ec. Kais. Maj. möge geruhen, ein ^ernstliches Excitatorium an die gesamte
Schwäbische Kreisstände unter Dero hohem Kaiserlichen Namen abgehen
zu lassen, damit dieselbe sich förderlichst wegen Repartition des ihnen
zur gemeinen Reichssecurität zugetheileten Kreisquanti vergleichen and also
auf bedürfenden Fall, welcher je länger je mehr anwächst, £w. K. M. und
dem Reiche damit nicht aus Händen gehen mögen.^
Kf. beruft sich hierbei auf ein Antwortschreiben des Herzogs Eber-
hard von Würtemberg, worin ebendasselbe betont und ^wegen noch
nicht erfolgter Repartition des Schwäbischeu Circular-Quanti^ Beschwerde
geführt wird.
Kaiser Leopold an den KnrfUrsten. Dat. Wien 22. Dezember
1672.
[Auf das Schreiben vom 25. November,]
22. Dec. welches „die Schädlichkeit des von Gravel zu Regensbnrg projeetirten
Foederis*) und der dabei ex parte Frankreich vorhabenden Trennung der
Reichsstände vom Kaiser** entwickelte. Den Kaiserlichen Gesandten zn
Regensburg ist die Hintertreibnng dieses Projectes anbefohlen. — Der
Kaiser hat zu dem Ende auch hier „etliche rechtmässige Bedenken dawider*
verfassen lassen. Dieselben folgen, wie sie bereits dem Freiherrn vpn
Goes commnnicirt sind, anbei.
Anlage.
Rechtmässige Bedenken über das von dem Französischen Plenlpoten-
tiario zn Regensburg extradirte Projectum foederis.
Geschah am 16. November aaf Oondes Befehl.
^ Zar Sache vgl. Einleitung III.
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AnslaesuDgen KCölos and KPfalzs 285
b. Schreiben und Gesandtschaften an einzelne
Reichsstände.
Kurfürst Maximilian Heinrich von Cöln an den Eurfttrsten
Karl Lndwig von der Pfalz. Dat. Deventer 18. Juli 1672 0.
[Giebt Nachricht von dem Entschlass KorbraDdenborge, gegen Frankreich und
desseo Alliirte ins Feld zu rücken. Hofft, dass dem Kriege vorgebeugt werde.]
^Ew. Ld. mögen Wir hiermit nicht verhalten, wasgestalt Wir berichtet, IB. Juli.
ob solltea Ihre Kais. Majestät samt des Harro Gharfürsten zn
Brandenburg Ld. entschlossen sein, einige Völker zasammenznziehen
and denen von der Krön Frankreich und Engelland^ anch von Uns
and des Bischöfen von Münster Ld. nothzwänglich gegen die Staaten der
Vereinigten Niederlande ergriffenen und bishero von dem gütfgen Gott mit
glücklichen Progressen gesegneten Waffen entgegen zn setzen. Indem Wir
aber zn dieser Gegenwehr zn Unserer und Unseres Erzstifts Rettung ge-
zwangen worden: so leben Wir der Hoffnung, S. Kais. M. und Ghurbranden-
burgs Ld. werden dadurch nicht den allgemeinen Friedenschluss über einen
Hänfen werfen, mithin den Ruhestand im Reich zerstören und einen unans-
löscblichen blutigen Krieg erwecken, weniger Uns in Vertheidig- und Wie-
derbeibringung des Unsrigen verhindern wollen, sondern versehen Uns viel-
mehr, Chnrfürsten und Stände des Reichs wie auch Ew. Ld. werden zu
dessen Abstellung bisherige Erinnerung zu thun und Uns hicrinfalls zu
garantiren nicht unterlassen.*^
Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz an den KurfUrsten.
Maximilian Heinrich von Cöln, Dat. Heidelberg 20. Juli 1672.
[Eine mündliche Antwort hat Spanheim nicht ausrichten können. K Pfalz hat
seine Nachrichten bisher nur ans den Zeitungen. Hofft das Seine vom Reichs-
tage und von der Garantie des Friedens durch Frankreich und dessen Alliirte.]
^Die jetzige Eriegsunruhe in denen Niederlanden angehend haben Wir 30. Juli,
derenthalben sowol des H. Bischofs von Strassburg Ld. Unsere Ge-
danken unlängst vertraulich zugeschrieben als auch schon vorhero, nachdem
Wir Euer an Uns darunter abgelassenes freundvetterliches Schreiben em-
pfangen, Unseren Regierungsrath und Residenten am Niederrheinstrom, den
Yon Spanheim^ Befehl ertheilet, Ihre daraus Unsere freundvetterlicbe
Antwort mündlich unterth. zu hinterbringen, welches er aber vermöge seines
') Dieses und das folgende Schreiben wurde von den kurbrandenburgischen
Gesandten beim Regensburger Reichstage Gottfried von Jena und G. A. von
Marenholts d. d. 9./19. August 1672 abschriftlich nach Berlin gesendet.
*) Ezechiel von Spanheim, der bald in knrbrandenburgische Dienste trat.
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286 11- Der Winterfeldsag voo 1672 auf 1672.
Ud8 jüngsthin erstatteten Berichts wegen Ewer Ld. zeithero Yorgenommener
Abreise ans Dero Churfurstiiehen Residenz der Gebür abzulegen bishero
verhindert worden.
Was absonderlich die erwähnte Znsammenführnng der Kaiserlicbeo und
Gbnrbrandenburgischen Völker belanget, haben Wir davon noch sor Zeit
keine andere Nachricht bekommen als was Wir ans denen Zeitaogen er-
sehen, zweifeln jedoch nicht, I. Kais. M. nicht weniger als Charbraoden-
bnrgs Ld. werden Dero Vorhaben an die Reichsversammlung bringen, da
Wir dann daselbst und sonsten Uns dem Instmmento Pacis und denen
Beichssatznngen gemäss zu bezeigen Unseres Orts nicht nnterlassea wollen,
von Herzen wünschend, der allgtttige Oott wolle allerseits Gedankea dahin
gnädiglich lenken, dass des heiligen Reichs Frieden angekränkt beibehalten
werden möge.
Wofern aber unterdessen dagegen etwas gewaltthätig vorgehen sollte,
werden es Diejenigen schwer zn verantworten haben, welche den West-
phälischen Frieden and die Reichsmhe zn tarbiren den Anfang machen,
und vermeinen Wir, dass Ew. Ld. samt Dero Alliirten, jetziger Zeit, in
besserer Postnr als Wir oder auch das Roemische Reich selbsten sieh be-
finden, sothanen Frieden nachdrücklich zu garantiren.^
Karfttrst Karl Ludwig von der Pfalz an den Landgrafen
von Hessen -Darmstadt. Dat. Heidelberg 6. Angust 1672^).
[Infolge des kaiserlich-brandenbargischen Böndnisses steht der Anmarsch der
vereinigten Armeen bevor. Am Reichstage zu beratschlagen, mit welchen
Mitteln den Ongelegenbeiten vorEubengen wäre, die der Pfalz und der Landgraf-
schaft Hessen ans dem Durchzuge erwachsen werden.]
16. Aug. „Ewrer Ld. ist sonder Zweifel nicht weniger als Uns ans dem gemeinen
Gerüchte und sonsten bekannt, wasgestalt zwischen Ihrer Kaiserlichen
Maj. und Chur-Brandenburgs Ld. in Ansehung jetztmaliger Lauften
ein Bündnis jüngstbin aufgerichtet und dahero allerhöchstged. I. Kais. M.
entschlossen sein sollen, eine Anzahl Völker nach Eger zn schicken, solche
förderst mit Ghur-Brandenbnrgs Ld , auch (wie verlauten will) andern Dero
Alliirten Völkern zu conjungiren und an den Rheinstrom zu führen. Ferner
haben Wir auch aus dem zn Regensburg commnnicirten Extract des König-
lichen Französischen Residenten am Churmainzischen Hofe, Abb6 de
Gravel, bei Ihrer Ld. gethanen Vortrages ersehen, was massen anf ein
oder andern Fall leicht geschehen könnte, dass die Königliche Französische
Völker sothanen Kaiserlichen nnd Dero Alliirten Völkern entgegen gehen
') Das Schreiben hat als eine ganz besonders charakteristische Auslassung
vor anderen hier eine Stelle gefunden.
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über den Marsch der yereinigteD Armee. 287
und den Fortmarche zu verhindern trachten möchten. Weil nun solchen
Falls neue Eriegsnnrahe in derer Stände Landen, welche zwischen beiden
Theilen gelegen, gezogen, oder doch dieselbe, ohne Unterschied, dem In-
stramento Pacis Art. 8® §<> 2® und der Kaiserlichen Wahlcapitolation
Art. 13® in fine zuwider, mit Durchzügen beschweret, auch wol gar mit
Einqnartirungen beleget und also in unwiderbringlichen Schaden gesetzet,
wo nicht wiederum ganz zu Grunde gerichtet werden dürften, Uns aber
gebüren will, in Zeiten darauf bedacht zu sein, wie solches Verderben von
Unsern Land und Leuten abgewendet werden möge, und Wir dabei nebenst
betrachtet, dass Ew. Ld. Dero Fürstenthums und Landen Gelegenheit nach
Dicht weniger als Wir hierunter merklich interessiret seien: so haben Wir
nicht unterlassen wollen, mit Ew. Ld. daraus in hergebrachter Gonfidenz
zu commnniciren und dieselbe dabei freundyetterlich zu ersuchen, Sie ge-
lieben in hochTcrnünftiger Erwägung überzahlter Umständen Dero Gesandten
zu Begensburg dahin zu befehlen, mit Unser m und anderer eben massig
iDteressirter Stände Gesandten daselbst sich darüber vertraulich zu unter-
reden und berathschlagen zu helfen, was für ein zulängliches Mittel, so-
thanen befahrenden Ungelegenheiten zeitlich vorzukommen, diesfalls zu er-
greifen, und ob nicht inmittelst ein bewegliches Gesammtschreiben an L
Kais. M. Namens aller interessirten Stände zu verfertigen und abzufassen
sei, worin der Sachen Beschafifenheit und Gefährlichkeit mit Anführung der
Reichsconstitutionen, Instrumenti Pacis und Kaiserlichen Wahlcapitulation
wol vorgestellet und Dieselbe dabei allerunterth. ersuchet werden, solche
allergn. Verfügung zu thun, dass ged. Stände mit Durchzügen und Ein-
qnartirungen Dero auch Ihrer Alliirten und folglich anderer Völker, mehr-
gedachtem Instrumento Pacis und Kaiserlicher Wahlcapitulation entgegen,
nicht beschweret werden, sondern damit allerdings verschonet bleiben mögen,
gestalten Wir denn bereits Unserm Gesandten zu Regensburg deshalben
nothdürftige Instruction zugefertiget haben und er demnach nicht ermangeln
wird, seines Orts neben Ew. Ld. und übriger interessirten Stände Gesandten
alles dasjenige nach Möglichkeit beizutragen, was zu Erhaltung Friede und
Ruhestandes im Heiligen Reich, und Abkehrung aller besorglicheu Be-
schwerden erspriessen mag').^
a. Kurmainz*
d. d. Halberstadt 3./13. September 1672) Creditif des Kurfürsten 13. Sept.
für den Freiherru Gurt Asche von Marenholtz an den Kurfürsten
Johann Philipp von Mainz, „damit er einige Angelegenheiten, das ge-
meine Beste und die gegenwärtige Gonjnnctnren betreffend, eröffnen möchte^.
*) Auf diesen Brief hat Kf. später in einem Rechtfertigungsschreiben an
K Pfalz Bezug geDommen.
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288 II. Der Winterfeldzug tod 1672 auf 1673.
Der Kurfürst an v. Marenholtz nach Regensburg.
Dat. Halberstadt 3./13. September 1672.
[loBtractioD für seine Gesaadtscbaft an Karmainz. Frankreichs Ültimatom.
Charakteristik der Lage.]
13. Sept. Ihr werdet zweifelsfrei aas Unserm an Euch und den von Jena
abgelassenen Rescript mit mehrem ersehen haben, wie es zwischen
Frankreich und Uns stehe. Wir befehlen an Euch darauf in Gnaden,
Euch mit dem förderlichsten nacher Chur-Mainz L d. zu erheben, bei
Deroselben vermittels beigehenden Greditifs um Audience anzuhalten
und Ihro nach der Euch beiwohnenden Dexteritaet auf« beweglichste
den gegenwärtigen Zustand zu repraesentiren : fürnemblich habet Ihr
zu cxaggeriren, wasmassen man an Französischer Seiten, ungeachtet
aller Unser bisherigen Geduld und Begierde zu Erhaltung des Frie-
dens, davon S. Ld. selber zeugen könnten, in Unserm Herzogthum
Cleve an Unseren unschuldigen Unterthanen alle Hostilitaeten verQbet,
so nur zu ersinnen, Uns auch unlängst durch den hier subsistirenden
Envoyö Comte de la Vauguion in einer am 28. August*) verstatteten
Audience den Krieg deutlich gnug ankündigen lassen, indem ge-
dachter Envoyä unter anderen im Kamen seines Königs proponirt:
dass weil Ihre Maj. unmehro versichert, dass der March Unserer
Armee und der Völker, so dazu stossen möchten, nacher Westphalen
und dem Rhein wärts gerichtet, hätten Sie den Marechal de Tu-
renne beordret Holland zu verlassen, den Rhein mit der Armee zu
passiren und Uns entgegen zu gehen. Die Klagten über der Fran-
zösischen Proceduren in Unserem Herzogthum Cleve habet Ihr aus
dem Euch zugefertigten Memorial, und was davon nachgehends zur
Ergänzung desselben einkoramen, zu nehmen, und dabei ferner Sr. Ld.
vorzustellen, Sie möchten nach Dero hocherleuchtetem Verstände er-
wägen, ob es nicht mit der Teutschen Freiheit und mit denen so
theuer erworbenen Praerogativen gethan sein würde, wann es Frank-
reich so hingehen sollte, einen ChurfÜrsten und vornehmen Stand des
Reiches dergestalt, wie Uns geschehen und aller Welt kund ist, zu
tractiren, ein ganzes Herzogthum, so unstreitig zum Reiche gehöret,
unverschuldetermassen zu occupiren. Uns dessen zu entsetzen und
Unsere Unterthanen von dem Uns schuldigen Gehorsam abzuhalten.
Sollte man dazu stille sitzen, so würde zwar das Uebel bei Uns an-
heben, aber sich gewiss bei Unseren Mitständen endigen. Wir zwar
'} (Joncept. Thatsttcblich war es der 29. a. St.
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ErkläruDgeD des Kf. an K Mainz aber das fransös. Ultimatam. 289
finden Uns verbunden, vermöge der Uns obliegenden schweren Pflichten
alle Mittel zu BeschQtzung Unserer Lande und Leute auch des Beiches
zu ergreifen, die Uns Gott und die Natur an die Hand geben, und
wollten Uns bei einer so gerechten Defension zuvorderst göttlicher
HQlfe und dann Eaiserl. Maj. und Unserer Herren Mit-ChurfBrsten
und -Stände Beistandes gewiss versehen. — Kf. vertraue auf Kur-Mainz.
Der Kanzler möge die Verfügung erlassen^ dass seine Trappen sich mit
den Alliirten verbinden und so insgesamt das Reich schützen. Es erfor-
derte solches nicht allein die Ghurfttrstl Verein und Sr. Ld. als ersten
Standes des Reiches hohes Amt, sondern es wäre auch demjenigen
conform, wessen Sich S. Ld. hiebevorn gegen Kaiserl. Maj. vernehmen
lassen, auch albereit gegen Uns zum öfteren erkläret, dass nemblich
der König von Frankreich schuldig wäre alles zu restituiren, auch
den zugefügeten Schaden gut zu thnen, sich auch erboten Uns da-
runter zu assistiren, und dass Sie des Königs von Frankreich Thun
selbst vor eine Gontravention des Instrument! pacis hielten .... Der
Kanzler möge auch auf andre Mitstände durch sein Beispiel wirken. —
Marenholtz soll sich darauf einrichten, 2 bis 3 Wochen am Hofe za bleiben,
und dort weiterer Ordre entgegensehen.
F. S. Der König von Frankreich hat sich am meisten deswegen be-
schwert, dass Kf. über die Proceduren der Franzosen im Clevischen auf
dem Reichstag habe Klage führen lassen. Das ist gar nicht geschehen.
Es ist nur, wie bekannt, das bezügliche Froject an Kurmainz communicirt
worden. Dasselbe müsse von ungeführ in andere Hände geraten sein.
„Dieses aber wäre daraas sattsam abzanehroen, dass der König in Frank-
reich auch nicht einmal gönnen wollte, dass man sich über die zogefügete
Unbilligkeiten beklagen und wegen desjenigen sprechen sollte^ wozu man
allerdings befugt.^
Der Kurfürst an v. Marenholtz. Dat Halberstadt 6. Sep-
tember 1672.
[BeqoiBitionsscbreibeD an die EarfursteD.]
Teilt mit, dass er an Knrmainz ein Reqnisitionsscbreiben um Hülfe 16. Sept.
hat ausfertigen lassen, wie solches an die übrigen Mitkurfürsten, ausge-
nommen Göln, abgegangen ist'). Marenholtz soll das Schreiben, welches
ihn auf der Reise trifft, bei sich behalten und selbst abgeben').
>) Oben S. 278.
^ Ein beigehender Befehl die Ansbach'Bcbe Vorm and schaftSBache be-
treffend gehört nicht in diesen Zasammenhang.
Mater, s. Gesrb. rl. G. Kurfüraton. Xm. 19
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290 n. Der Wiuterfeldsag von 1672 auf 1673.
Der Kurfürst an v. Marenholtz. Dat. Hauptquartier Wispen-
stein 13. /23. September 1672.
[Antwort an Karpfalz and Karmainz, ihre Willfährigkeit anzaspornen.]
23. Sopt. Auf das Schreiben von Karpfalz an den Landgrafen za Hesse d-
Darm Stadt, welches Marenholtz nnter dem 30. Aaga6t/9. September aus
Regensbnrg abschriftlich übermittelt hat, ist in derjenigen Form, wie die
Copie zeigt, an Enrpfalz Antwort ergangen'). Desgleichen an EurmaiDZ,
welches eben solche Vorstellnngen sn thnn beginne wie jenes, v. M. wird
demnach angewiesen, ^Sr. Ld. auf gleiche Art allen übel gefasseten Waho
zu benehmen and darunter alle möglichste Officia anzuwenden, damit l>ie-
selbe Sich des gemeinen Wesens, wie bisher rühmlich geschehen, ferner
annehmen und Sich willfährig erkläre^.
Der Kurfürst an v. Marenholtz. Dat. Hauptquartier Harste^)
16./26. September 1672.
2G. Sept. Ein Beischlnss bringt erneuerte Elagen aus dem Clevischen. Der Ge-
sandte soll des Enrfürsten billige Forderungen urgiren, auch jetzt, wo das
Bündnis zwischen dem Eaiser, Brandenburg, Dänemark, den Her-
zogen Georg Wilhelm und Rudolf August von Braunschweig abge-
schlossen, dem Kanzler den Eintritt nahe legen.
27 Sept. d. d. Regensbnrg 17./27. September 1672 meldet v. Marenholtz,
dass er des Kurfürsten Befehlschreiben dat. Halberstadt 3. Septbr. und dat.
Hornburg 7. Septbr. a. St. heute, den 17., empfangen hat und sich morgen
auf die Reise begeben wird.
V. Marenholtz an den Kurfürsten. Dat. Würzburg 24 Sep-
tember/4. October 1672.
[Audienz bei K Mainz. ErklamagsgrüDde warum ihm eine Hilfeleistang uomög-
lich. Marenholtzs Gegenvorstellaogen. — Markgraf von Baden-Baden. Abbe de
Gravel. Fränkische Kreisvölker angeblich nach Cöln.]
4. Oct. Giebt Creditif und Requisitionsschreiben ab. Curialien.
Bei der Audienz beteuert der Kanzler, wie sehr ihm die Verheerungen
im Clevischen zu Herzen gehen; der Kurfürst müsse unbedingt Restitution
und Satisfaction empfangen. Hilfeleistung aber lehnt er ab, und zwar in
folgender Motivirung.
1) Oben S. 286 und 287 Anm. 1.
^ Dordl. GoitiuguD.
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MarenboltzB Beriebte aber KtfaiDK and deseen Haltang. 291
I. Kais. M. und Ew. Ch. D. wflssten Sich zurttckzuerinnern, dass
S. Churf. 6n. dem Könige von Frankreich diese Versicherung ge-
geben, dass Sie Sich in den Krieg zwischen Deroselben und Holland
nicht mischen wollten. Wenn Sie aber anitzo Völker schicketen,
würde es bei dem Könige übel gedeutet werden und Ihr nimmer zu
rathen sein. Es wären auch S. Churf. 6n. leicht zu entschuldigen,
zumaln Sie nicht nur das Vermögen nicht hätten und in solcher
Postnr, Kais. Maj. und Ew. Ch. D. zu assistiren, begriffen, sondern
Ihre Erz- und Stifter lägen also, dass Sie stets auf der Hut stehen
und eines Ueberfalls von Frankreich oder wol gar aus der Nachbar-
schaft (womit Sie zweifelsohne auf Chur-Pfalz D. zieleten) Sich be-
fahren mttssten. Auch wäre die Stadt Mainz noch in keiner Defension
und die angefangene Werke nicht aufgeführet. Hoffeten also nicht,
dass Ew. Ch. D. oder jemand Ihr anmuthen würde, Sich in solche
Gefahr zu setzen und von Frankreich accabliren zu lassen, wie Sie
dieses Wort unterschiedliche Mal gebraucheten. Alles was S. Churf.
6n. zu den jetzigen Conjuncturen sagen und rathen künnte, wäre:
dass man Causam imperii aus diesem Werke machete; und wenn
Frankreich sähe, dass das Reich sich des Handels annähme, würde
es gewiss zu anderen Gedanken gebracht werden.
Der Kanzler wandert sich, wie man auf französischer Seite sich wegen
einer Eingabe an die Reichsstände ^formalisiren und beschweren^ wolle. Das
Memorial'), dessen Eingabe KMainz vermisst^ so versichert Marenholtz, wird
Dan wol dem Reicbsdirectoriam übergeben worden sein. KMainz will es in
beiden Collegien darch seine Vota unterstützen. Im Falle einer vom
Reiche vorgeschlagenen Mediation wird der Kanzler sofort an Frankreich,
England, Holland schicken und alles gebürend vorstellen lassen. Sollte
das nicht verfangen, so müssten die Reichsvölker zasammengebracht und
i,der allgemeinen Gefahr mit allgemeiner Hülfe gesteuert werden". Er
selbst könnte sich jetzt Kaiser und Reich nützlicher erweisen, wenn er sich
aus der Sache hielte und neutral bliebe, als wenn er sich verpflichtete eine
Hülfe za senden, mit welcher wenig auszurichten wäre.
Marenholtzs Gegenvorstellongen: die Mainzische Hilfe, wenn auch nicht
bedeutend, „gebe doch ein grosses Ansehen und trefifliches Exempel": sind
vergebens. Kaiserliche Majestät, so wird erwidert, seien mit des Kanzlers
Erbieten zufrieden; er hoffe nicht, dass Kf. ferner in ihn dringen werde.
Dieser Audienz hat nur der Kur-Mai nzische Kanzler Herr Bertram
beigewohnt. Da die übrigen Herren Geheimen Räte nicht gegenwärtig,
Bo ist nichts weiter auszurichten. Der Gesandte „findet auch keine Appa-
') Da« brandeDburgiBche. S. unteD S. 299.
19*
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292 II- Dw Winterfeldeng von 1672 auf 1673.
rence, dass S. Churf. Gn. za Schickang einiger Mannschaft Sich werden
disponiren lassen^.
Markgraf Hermann von Baden, welcher mit der Post ans Wien
gekommen ist nnd zu Knrpfalz und nach Brüssel reist, lässt sich dem Kt.
empfehlen. Er hält die Gründe des Erzkanzlers, ,valables gnung'; der
Kaiser werde zufrieden sein, wenn Kurmainz dem Werk keine Hinderung
bereite. Ebenso zweifelt auch der hiesige Kaiserliche Resident, Herr von
Meiersberg ^), der ihm die Visite giebt, an einer anderen Entscheidung.
Von Frankreich ist jetzt niemand hier. Der bisherige Resident, Abb 6
de Gravel, ist nach Paris gereist. — Ein Courier, welchen Marquis de
Grana aus Cöln nach Wien abgefertigt, ist hier durchgekommen ; man hat
aber nichts von ihm erfahren können. Vom Kaiserlichen Residenten hat
M. gesprächsweise vernommen: man dächte daran, in die Stadt Cöln einige
Völker zu legen, die der Fränkische Kreis zusammengebracht hätte nnd
zu des Reichs Defension in Bereitschaft hielte.
V. Marenholtz an den Kurfürsten. Dat. WUrzburg
28. September /8. October 1672.
[Vanbmn nnd Qravel.^ K Mainz soll in die französisch-schwedische Allianz ge-
zof(en werden. — Hohenlobes Eifer. Vanbrans verletzte Eitelkeit KMaioz
weist jeden Verdacht frauzösischer Sympathien zurück. Vorschlag; KBaierns
wird fallen gelassen.]
8. Oct. Bezieht sich auf seine Relation vom 4. October.
Vergangenen Mittwoch ist ein französischer £nvoj6, Marquis de
Vaubrun, nebst dem Abbö de Gravel angelangt. Jener logirt anf dem
Schloss, dieser hat ^sein Ordinari-Qnartier^ wieder bezogen.
Vaubrun hat dem Kurf. ▼. Mainz beteuert; seinem Könige sei nichts
lieber als ein ^gnt Verständnis*' mit dem Reiche. ^Würden aber die jetzigen
Occnrrentien S. M. wozu anders veranlassen, wollten Sie entschuldiget sein,
nnd möchten die Verursacher solches verantworten.^ Vaubruns vornehmstes
Negotium ist dies, Kurmainz in die französisch-schwedische Allianz zu ziehen.
Von Kurpfalz wird bestimmt angenommen, dass es bereits beigetreten sei;
S. Churf. Gn. wollen Sich aber dazu nicht resolviren. — Weder Vaubrun
noch Gravel haben ihre Ankunft dem brandenburgischen Gesandten noti-
ficicen und das gewöhnliche Gompliment ablegen lassen.
Der Eifer, welchen Graf Hohenlohe als Premierminister bei S. Churf.
Gn. für Sr. Kais. Mej. und des Kf. Dienste an den Tag legt, ist höchst
rühmenswert. — Das vom Kaiser eingekaufte Korn soll zollfrei passiren. —
„Als gedachtem Marquis de Vaubrun an der Tafel nach des Herrn
Markgrafen Hermann von Baden D. und Sr. Churf. Gn. die Stelle
gegeben, soll er sich darüber formalisiret und gegen einige gedacht haben, er
wäre zu Berlin anders tractiret und über fürstliche Personen gesetzet worden^.
^) Origin. fälschlich Meiersheim.
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AnsocheD des Kf. am Verstattang der Mainzer Brocke. 293
P. S. Er hat das Rescript aas Wispenstein vom 13. September st. v.,
welches über Regensborg geschickt worden, erst jetzt erhalten. Der Erz-
kanzler spricht seine Verwonderung aas, wer denn dem Ef. die Meinong
beigebracht habe, dass er mit Eorpfalz „dieselbe Yorstellang zu thun^^
willens sei^. S. Ch. Go. wurden in aofrichtiger Treae heim Reiche ver-
harren. Für dies mal könnten Sie Sich wegen Schickung der Hülfe nicht
anders erklären.
Ein durch Courier überbrachtes Schreiben Kurbaierns ist Marenholtz
vorgelesen worden, des Inhalts, dass Kurbaiern wünsche, mit Kormainz,
Eursachsen nnd Eurpfalz eine Abschickung an den E als er und an
Eurbrandenbnrg zu thnn zum Zweck des Waffenstillstandes. Der Erz-
kanzler erklärt diesen Vorschlag, der von ihm in generalibus zu beantworten
sein werde, nicht für praktikabel, hält vielmehr an der Seodong nach
Frankreich, England und Holland fest.
Der KarfÜrst an v. Marenholtz. Dat Hauptquartier
Butzbach^ 29. September 1672.
[Letztes AoBocheo an K Mainz um Benotzong der Schiffbrocke.]
Der Gesandte wird inzwischen beim Eanzler angelangt sein und seine 9. Oct.
Negotiation verrichtet haben. — Es folgt anbei abschriftlich die dem Frei-
herrn von Blumenthal an Kurtrier erteilte Weisung *). Weil Ef. nicht weiss,
ob ihm der Gebrauch seiner (der Coblenzer) Brücke und die Passage durch
das Trierische ^ird zugestanden werden, soll der Gesandte an Eurmainz
das gleiche Anbringen betreffend die Benutzung der Mainzer Schiffbrücke
thun, ohne jedoch von der Sendung nach Trier etwas verlauten zu lassen.
Sollte E Mainz aber zu willfahren Bedenken tragen, so mag ihm deut-
lich gemacht werden, dass Ef. sowol als die Eaiserlichen zu seinem Leid-
wesen noch lange in den Mainzischen Landen zu stehen sich würden ge-
nötigt sehen; sollte er die Passage im Trierischen empfehlen» so würde
ein solches Ansuchen vermutlich erfolgen. In jedem Falle aber würde es
zuträglich sein, wenn Ef. beider Uebergänge versichert wäre.
„S. Ch. D. verhoffeten, bei Annäherung an diese Oerter sich mit I. Ld.
selbst zu besprechen.^
Der Kurfürst an v. Marenholtz. Dat. Hauptquartier
Butzbach 30. September 1672.
[Bescheid an Eurmainz.]
Wenn Kurmainz rät — laut Marenholtz' Relation vom 24. Septbr./4. Oc- lo. Oct.
tober — ^man solle das ganze Werk auf das Reich und dessen Schutz
1) S. 290 and dazu S. 286. 287.
^ Amt Friedberg, Oberhessen.
<) Unten S. 304.
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294 n. Der Winterfeldsog tod 1672 aaf 1673.
Qod Interesse nehmen*^, so wird der Gesandte ersehen haben — dass Wirs
auch nirgends anders aufgenommen, wobei dann auch femer zu ver-
harren.
Er soll neben der Rheinpassage auch die über den Main, etwa bei
Hoechst, desgleichen um „einige benöthigte Schiffe^ nachsuchen.
V. Marenholtz an den Kurfürsten. Dat Würzburg
2./12. October 1672.
[Des Erzkanzlers Alteration ond Beteoerungen. Schlägt die Schiffbrncke bei
Mains rundweg ab. Trostmittel der Mediation. Jodoci. Vaabran. Meiersberg.]
Oct. Auf die Rescripte vom 29. und 30. September st. v. sncht er sogleich
AndienZy findet aber S. Chnrf. Gn. höcht alterirt. Sie sagten alsobald,
man sehe nun wol, wie es gemeinet, dass nemblieh Ihre Lande und
' Erzstift sollten ruiniret und zu einem Theatro des Krieges gemachet
werden. Die Kaiserlichen und zwei von Ew. Gh. D. Begimentern
h&tten um Erfurt so gehauset, dass es die armen Leute nicht yer-
winden würden; anitzo gingen Ihre vier hessische Aemter, wie Sie
dieselbe nenneten, darauf, und vernähmen nunmehr, dass es auch
Ihrem Erzstift ferner gelten und man noch dazu die Passage ttber die
RheinbrOcke zu Mainz begehren wollte. Sie wttssten gar wol, dass
bei S. Churf. 6n. zu Trier dergleichen gesuchet, aber abgeschlagen
worden, wie Sie gestern aus Goblenz Nachricht erhalten. Nun machete
man sich an Sie, als die wol thuen roüssten, was andere refusirten.
Sie wären so gut als Chur-Trier und Ihre Lande eben in der Gefahr
als die Trierischen. Niemand kttnnte sich in die Marche richten und
wttsste nicht, was man fast gedenken sollte.
Ew. Gh. D. begehreten den Pass über den Main zu Höchst, da
doch jedermann wissend, dass daselbst keine Brücke oder Schiffe,
aber wol zu Frankfurt, und schiene, dass was man dieser Stadt
nicht anmuthen dürfte oder wollte, das brächte man an S. Gh. Gn.,
als welche es wol leiden mOssten.
Wie die Bezahlung, wann was vor die Armee geliefert würde,
erfolgete, wäre bekannt, und trauete man nicht mehr.
Die Passage über die Schiffbrücke zu Mainz künnten und wollten
S. Ghurf. Gn. niemand verstatten; es stünde Ihr Wol und Wehe dar-
auf Wollte man mit Gewalt was vornehmen, müssten Sie es darauf
ankommen lassen. Man sollte aber sehen, was daraus erfolgen würde,
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Wird yoD E Mains abgelehnt. Yorgeschlagene Mediation. 295
und hielten S. Churf. Gn., wenn man Sie also tractiren sollte, anitzo
die rechte Gelegenheit, andere Gonsilia zu fassen; wie Sie denn täg-
lich von Frankreich sollicitiret wflrden. S, Churf. Gn. h&tten um
Churf. D. nicht verschuldet, dass mit Ihren Unterthanen so umgangen,
auch nimmer gedacht, dass Sie die Passage zu Mainz begehren würden.
Alle VorstelloDgen Marenholtzs halfen nichts. Der Karerzkaozler erklärt,
wenn man Force gebranchen würde, so wüsste er seine Mesares zu nehmen.
Im übrigen bezeugt er seine alte Gesinnung und sein Bemühen um Ent-
schädigung des Kurfürsten, wenngleich Niemand von den Mitteln zum Frie-
den und einer Mediation hören wolle. „Etzlicbe zieleten auf Sr. Churf. Gn.
I nterposition alleine, weil Sie unparteiisch und niemand gegen dieselbe
excipiren künnte.*^
Es trifft ein Schreiben von Kursachsen ein, welches ebenfalls Frieden
wünscht
„Weil S. Churf. Gn. in solcher Hnmeur^, so ergiebt die Audienz kein
weiteres Resultat. An derselben nehmen Graf Hobenlohe, Kanzler
Bertram und Geheimrat Jodoei teil, welch letzterer erst vorgestern
ans Hannover wiedergekehrt ist.
Schiffe sind, wie unparteiische Leute versichern, nicht zu bekommen.
— Vaubrun hat, nachdem er schon sechs Tage allhier, seine Ankunft
vorgestern angezeigt, worauf Marenholtz denn auch zu ihm geschickt hat.
Der kaiserliche Gesandte Baron Meiers berg^) hat Vaubrun besucht.
— Der bairische Courier') ist gestern wieder abgefertigt worden. —
Der Kanzler i^t noch sehr vom Podagra incommodirt, sonst wäre er
Willens nach Mainz zu reisen.
Der Kurfürst an den Kurfürsten von Mainz. Dat Haupt-
quartier Bergen*) 4. October 1672. Conc. v. Schwerin.
[Benimmt KMainz seine böse Meinnng. Was von einer Mediation za halten und
unter welchem Y orbehalt Kf. in sie willigen würde.]
Der Kurfürst zerstreut des Eurerzkanzlers Argwohn, als ob man von 14. Oct.
dieser Seite das Erzstift zu ruiniren und zu einem Eriegstheater zu machen
gedächte; er bedauert, dass derselbe das Ersuchen um die Flnssübergänge
80 übel ausgelegt hat. Er hätte gehofft, S. Ld. würden ^sowol Dero Rath
als That mit Denenselben vereinbaren, die das Römische Reich von ganz«
lieber Oppression zu befreien, einzig und alleine vorhabend seien*'. — Eine
Mediation, von welcher er übrigens noch gar keine bestimmte Kenntnis ge-
nommen, habe er mit nichten verworfen ; dass er sie aber suchen sollte, das
könne bei dem empfangenen Schimpf und Schaden in seinen Cleve-Märki-
S. 292 Anm. 1.
>) Oben Ö, 293.
^ Grarschafi Huiiau.
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296 n* I>or WiDterfeldsag von 1672 aaf 1673.
sehen Landen niemand erwarten. — Gleichwie Wir aber nichts mehr als
einen aufrichtigen und sicheren Frieden verlangen, auch versichert
sein, dass I. Kais. M. nichts anders intendiren, gestalt Wir Uns dann
beiderseits alleine solches Zweckes halber in solche kostbare Armatur
gesetzet, so wird Uns Ew. Ld. hierunter bezeugete Sorgfalt gar nicht
zuwider sein. Wir wollen aber nicht hoffen, dass andere, so sich bei
diesem Werke so sehr partialisch erwiesen, ja gar Thür und Thor
zu dieser Unruhe geöffnet, sich hierbei mit wollen gebrauchen lassen.
Sonsten werden Ew. Ld. Dero hocherleuchtetem Verstände nach gnug
begreifen, dass solange der Krieg mit den Uniirten Provincien währet,
das Rom. Keich sich keines beständigen Friedens oder einiger Sicher-
heit zu getrösten hat, und dahero wollen Wir Dero fernerem Nach-
denken anheim gestellet sein lassen, wie dieses Werk am besten
anzugreifen sein möchte.
Nochmalige erneuerte Bitten an den Kanzler, zum besten der allge-
meinen Sache die Passage über Rhein und Main nicht zu versagen. Es
würde ihm keine Ursache zur Beschwerde erwachsen.
Der Kurfürst an v. Marenholtz. Dat Hauptquartier Bergen
4. October 1672
[aaf die Relation vom 2./12. October].
14. Oct. Für die Audienz wird er auf das vorstehende Schreiben verwiesen,
in welches er abschriftlich Einblick erhält. Er soll mit allem Nachdruck
dafür sorgen, dass ^S. Ld. die gefassete Opinion fahren lassen nnd Sich
sowol zn Ihrer Kaiser]. M. als Uns eines besseren versehen*^. Dann soll
er sich, die Resolution falle aus, wie sie wolle, zum Kf. begeben. — Da der
französische Gesandte seine Ankunft hat notificiren lassen, so mögen
sich beide unter einander die gewöhnlichen Visiten geben. ^Welchergestalt
Unsere Actiones und Intention zu justificiren, und hingegen vorzustellen,
wie unverantwortlich die französische Generals nnd Milice in Uusern Clev-
und Märkischen Landen gehauset, ist Euch bekannt nnd werdets also in
Acht nehmen^.
V. Marenholtz an den Kurfürsten. Dat. Würzburg
5./15. October 1672.
[Gebeimrat Jodoci zum Kurfürsten. Ueber den Beitritt sar Defensivallians.
Keine bändige Erklärung von Knrmainz. — Dass die Alliirten nicht auf Apchaffen-
barg rüclceD, verursacht grosse Freude.]
15. Oct. Das kurfürstliche Rescript d. d. Harste 16./26. Septbr. ist über Regens-
Google
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Mediation. Verschiedene Gesandtschaften swischen EMains n. K Brandenbarg. 297
borg gegangen nnd dem Gesandten erst heute zugekommen. Er hat es
sogleich überreicht und dabei den Vorschlag der Defensivallianz vorgetragen.
Per Eurerzkanzler giebt zu den betrübenden Vorgängen im Clevischen seine
Teilnahme kund, erklärt sich von neuem zur Uebernahme einer Media-
tion gern bereit, weist aber eine Hilfeleistung von der Hand. Zunächst
will er warten, was Geheimrat Jodoci^), der an den Kurfürsten gesendet,
ausrichten würde. Ueber seinen Eintritt in ein Bündnis mit dem Kaiser,
Dänemark, Kurbrandenburg, Celle, Wolfenbüttel und Hessen-
Cassel könne er keine Erklärung abgeben, ehe er nicht wisse, was das
Bündnis in sich begreift. Er fragt, ob M. eine Abschrift des Recesses hätte,
oDdobKSachsennndBrandenburg-Gulmbach üichtauch darin ständen.
Es kam gleich Zeitung, dass Ihrer Kais. M. und Ewrer Ch. D.
Armeen ihren Marsch wieder zurück und nicht aaf Asehaffenburg, wie
gestern und heute wieder gesaget worden, nehmen, darüber S. Ch. 6n.,
welche sonst immer klagen, dass man Sie unbegrttsset also Aberzogen
und Quartiere gemacht, etwas consoliret worden.
Marquis de Vaubrun hält sich immer noch hier auf.
Es gehört in diesen Zusammenbang noch die folgende Gesandschaft
des Generalmajors Grafen d'Espance an Kurmainz. Eigenhändiges
Creditif des Kurfürsten d. d. Bergen 5./15. October 1672. Eigenhändi-
ges Recreditif des Kurfürsten von Mainz d. d. Aschaffenburg 18. Oc-
tober 1672.
Die (französische) Instruction dreht sich ganz und gar darum: neben
dem Versuche, Kurmainz zur „guten^ Partei zu ziehen, den Rheinübergang
zu erwirken.
Es folgen dann kurz nach einander zwei Gesandtschaften: und zwar
von Mainzischer Seite die des Geheimen Rats und Obermarschalls Frei-
herrn von Schönborn (Creditif d.d. Mainz 27. October 1672. Recre-
ditif d. d. Hauptquartier Bergen 29. October 1672); von Brandenburgischer
Seite die des Geheimen Rats nnd Kämmerers Freiherrn Christoph
Caspar von Blumenthal (Creditif d. d. Hauptquartier Flörsheim')
ö. November 1672. Recreditif d. d. Mainz 6. November 1672).
Die erste ist ohne Bedeutung. Von der zweiten liegt eine wichtige
Elelation vor. Siehe unten S. 300.
Am 11./21. October findet eine persönliche Zusammenkunft der beiden 21. Oct.
Kurfürsten von Mainz und Brandenburg zu Frankfurt am Main statt. Ihrer
Creditif für Geheimrat Johann Christoph Jodoci. Dat. Marienberg
ob WnrEbnrg 13. October 1672.
3) am Main.
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298 II- Der Winterfeldzog von 1672 aof 1673.
Besprechung liegt za Grande eine eigenhändige Aufzeichnung des Kur-
fürsten von Brandenburg:
21. Oet 1. das er Sich erfreue, dass Ich das glück gehabt Ihn persohnlich
zu sprechen,
2. das Seine intention undt consilia allzeit dahin gerichtet sein
das dass Beich in bestendiger ruhe erhalten und der Mttnste-
rische und Osnabrückische friede in bestendigen flore erhalten,
3. das diesses S. Kays. Mayst. undt meine intention auch wäre
undt zu dem ende diesse alliance gestiftet, worin allen Reichs
Stenden frey stünde mitt in zu tretten,
4. undt weill Ich mit der Kay. Mayst. undt meiner Armee biss
alhier angelangt, so begette') Ich das der Churfttrst inredtlich
sein wolte, was unmehr zu thun,
5. welcher gestaldt das man den Kaiser und das Römische Reich
in solchen standt setzen, das beqfichbarte potentaten mehren
respect denselben zu tragen betten,
6. welcher gestaldt das man zu einen gewünschten Frieden ge-
langen undt ein jeder in dem seinen wieder gesetzet werden
möge, darin er für dem Kriege gewessen,
7. dass mir nicht allein sondern auch allen, so bey diessen marchen
gelitten, vollkommene satisfaction gegeben werden mochte,
8. das Chur Mentz den Ghur Fürsten von Trier ersuchen mochte,
auch nach Frankfurdt zu kommen,
9. welchergestaldt die Stadt Collen versichert werden küntte,
10. weil! auss Regenspurg bericht wirdt das die Reichsverfassung
rückgengig werde, ob man nicht diesse armee zu des Reichs
sicherheitt zu amplogiren undt Ghur Mentz und Chur Trier Ihre
Volcker mitt beyfugen mochten.
11. Ob das nicht wider den Westfellischen Frieden lieffe wie
Frankreich mich tractirete, belte also assistens vom Reich wie
auch wegen der Churfürstlichen Verein hülfe').
Der Kurfürst an den Kurfürsten von Mainz. Dat Haupt-
quartier Bergen 19./29. October 1672.
[Klage der Stadt Wesel. Französischer Befehl ao den CommaDdaDten von Calcar.]
29. Oct. Uebersendet eine Klage der Stadt Wesel and eineu Befehl des Grafen
d' Estrades an den CommandanteD von Calcar. Aus beiden werde der
Orthographie des Ori^in.
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Persönliche Besprechung der Knrfärsten von Mainz nnd Brandenbarg. 299
Kanzler einerseits ersehen, wie man seine (des Kf.) Unterthanen tractire,
andererseits den Uebermnt der französischen GommaDdanten ermessen,
^welche sich unterstehen dürfen, Unsere Bauern und Unterthanen in
Praestirung ihrer Schuldigkeit zu verhindern und irre zu machen^. Gegen
dergleichen muss er des Reiches Schutz und Hilfe suchen, wobei er sich
des Kanzlers Assistenz mit Rat und That versichert hältO*
d. d. Hauptquartier Bergen 23. October 1672 ersucht der Kar- 2. Nov.
fürst den Kurfürsten von Mainz, den Regensburgischen Gesandten ge-
messenen Befehl zu erteilen, dass sie die Memorialien, welche von den
kurbrandeuburgischen Gesandten übergeben werden ^, unweigerlich ad dicta-
tnram befördern und Schwierigkeiten, wie sie bisher bisweilen gemacht
wurden, ferner nicht erheben werden.
Unter dems. Dat. werden die Regensburgischen Gesandten vom Kf.
angewiesen, das lateinische Memorial noch zurückzuhalten.
Der Kurfürst an den Kurfürsten von Mainz. Dat. Haupt-
quartier Bergen 25. October 1672.
[Bittet die brandenbargisohe Sache in Regensbarg mit Nachdruck sa vertreten.]
Bedauert, ihn so oft mit Schreiben behelligen zu müssen; aber der 4. Nov.
Franzosen ^unverantwortliche und mehr denn feindliche^ Procednren im
Clevischen geben dazu Anlass. Er bittet den Kanzler, die brandenburgi-
sche Sache in Regensbnrg ferner mit Nachdruck zu vertreten —
damit man daselbst dermaleinst zeigen^ wolle, dass man Uns nicht
dergestalt, wie es wol das Ansehen hat, verlassen und aufopfern wolle,
es wäre denn, dass man Uns Ursache geben wollte. Uns des Reichs
und Anderer, denen dergleichen auch widerfahren kann, hinwieder
nicht anzunehmen.
Zwar will Französischer Seiten vorgegeben werden, als wann
man in des Königs Alliirten Landen dergleichen gethan. Wir können
') Die Klage aus Wesel liegt nicht bei den Acten. Wol aber ein Goncept
des Befehls des Gommandanten von Wesel Comte d'Estrades an den Oberst-
lieatenant Diethard (dat. Wesel, ce 17. Octobre 1672). „J'avois crea que Vous
rcnvoyant Voa soldats, qni tormentent fort les paisans dependants de mon gon-
vernement, Vons ne les y renvoyeriez plus. Paisqae je vois qae Voue continuez
a les envoyer, je suis bieo aise de Yous dire qu' a moios que Yous me pro-
mettiez de ne les envoyer plas dans les villages faire les ezactions qa'ils fönt
Bar les paisans, qne je retiendrai tons ceoz qai sont arrest^s. Et qiiant anz
menaces qne Yoos faites au commandant d'Embric, je o^entends qae cela, ponr
agir en soite contre Yoas, comme ayant commeno^ de noas d^clarer la ^erre,**
^ S. Einleitaugll. ä. 261,
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300 H- I>«r WinterfeldzQg von 1672 aaf 1673.
aber Ew. Ld. wol yersiehern, dass dergleichen nie gesehehen, viel
weniger befohlen worden; und weil demnach Ew. Ld. genugsam
wissend, dass Wir bisher dem Konige in Frankreich nicht die ge-
ringste Ursache zu dergleichen Vergewaltigung gegeben, so versehen
Wir Uns zu Deroselben, Sie werden nunmehr nicht fremd finden,
wann Wir auf gleiche Art dieselben wieder begegnen, welche Ursach
zu allem diesem Unheil gegeben, und ohne deren Appuy weder Uns
noch dem Rom. Reich dergleichen widerfahren können. Gestalt Wir
dann an Ghur-Göln und des Bischofen zu Mfinster Ld. Ld. auf
solche Art, (wie ... aus -den Beilagen zu ersehen*), geschrieben, und
erwarten noch zuvorderst Dero beiderseits Resolutionen, wornach Wir
alsdann ferner Unsere Mesures nehmen müssen.
Der Kurfürst von Mainz an den Kurfürsten. Dat. St. Martins-
burg in Mainz 7. November 1672.
7. Nov. Es ist ihm „gewisslich sehr leid, dsBs sich die geklagte Beschwerden
dergestalt erhäofen^. Seine Gesandten in Kegensbnrg sind befehligt, Resti-
tution und loderonisation des Kf. sich bestermassen angelegen sein zu lassen*).
Cristoph Caspar Freiherr von Blnmenthal an den Kurfürsten.
Dat. Mainz 27. October/6. November 1672.
[Abgelegte Proposition. K Mainz' Eröffnungen. Zahlt die Passagen über den
Rhein auf, verweigert aber die Brücke bei Mainz.]
6. Nov. Gestern Abend nm 7 dnrch den Hofmarschall y. Frankenstein znr
Audienz geführt. Cnrialien. Proposition:
Ew. Ch. D. hätten Dero March anders als die Abrede gewesen
einrichten müssen. Sie hätten es aber nicht zu ändern vermocht;
denn als Mr. de Turenne gut gefunden, Unsere Trouppen auf des
Reichs unstreitigem Grund und Boden feindlich anzugreifen, sich auch
nachgehends der Lahn und anderen Advenües genähert, so seien
durch dieses Incidens auch Ew. Ch. D. Mesures verändert worden,
indem Sie der Gloire und Reputation Ihrer eigenen und der Kaiser-
d. d. Bergen 17./27. October 1672.
^ Tags zavor hatte der Karfnrst von Mainz bereits gemeldet: sein Ge-
sandter beim Reichstage ist schon vorher angewiesen worden, altes was Kf. in
Regensburg vorbriogeo lasse, jedesmal «ongeeäumt zar Dictatnr zn geben und
in Proposition zn bringen*.
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V. Blumentbal an E Mainz. Neue Eröffnungen. 301
liehen Waflfen diese Demarche, dem Prince de Turenne entgegen-
zugehen, schuldig wären gewesen, gestalt man dann bereits etliche
Tage in Bataille marchiret und seiner erwartet hätte. Weil er aber
seine Ankunft verzögert, wären Ew. Ch. D. gesonnen, Ihren Dessein,
beides den Main und den Rhein zu passiren, einen Weg wie den
anderen ins Werk zu richten, ersuchten demnach Chur-Mainz freund-
brQder- und dienstlich, solches nicht allein zu secondiren besondern
auch Dero hocherleuchtete Gedanken zu eröffnen, an welchem Orte
man mit der wenigsten Incommodität des Erzstifs und der Armade
ermelte Ströme passiren könne.
Ich erzählte femer Sr. Gh. Gn. die Rencontre, so zwischen dem
von Arn heim') und einigen Französischen Trouppen fürgegangen,
exaggerirete dabei nicht wenig, dass solcher Angriff auf des Reichs
Boden geschehen, da doch Frankreich die stete Versicherung gegeben
samt werde es wider Ew. Ch. D. nichts tentiren, ehe und bevor Sie
socios armorum Gallicorum attaquiret hätten. Schliesslich gab ich
dem Ghurfürsten Part von des Prinzen von Orange Dessein, sich
mit denen Spanischen Trouppen ausm Lützelburger Land, folgends
mit Ew. Ch. D. und denen Kaiserlichen zu conjungiren, remonstrirte
dabei, wie sehr der glückliche Ausschlag dieser Impresa die gute
Partei encouragiren, auch wol gar ein beständiger und reputirlicher
Friede daraus entspriessen könne.
Der Kanzler zollt des Kf. Sorgfalt die höchste Anerkennang: nach er-
langtem Frieden werde hoffentlich Kaiserliche Majestät auf Mittel and Wege
bedacht sein, den erlittenen Schaden zu ersetzen, „wozu denn Ew. Ch. D.
durch Dero gnte Officia ein Merkliches contribuiren könnten^.
Ew. Ch. D. hätten gar wol und rühmlich gethan, dass Sie par
un point d'honneur Mr. de Turenne, mit dessen Ankunft man einen
Jeden schrecken wolle, entgegengegangen; so sei es Ihre auch lieb,
dass der von Arnheim in der jüngsten Rencontre sich so tapfer er-
wiesen, und glaubten Sie, dass Mr. de Turenne in den ersten zwanzig
Jahren nicht in solcher Verwirrung, wie anjetzo, gestanden, welcher
dann durch bevorstehende Conjunction der Kaiserlichen und Ew. Ch.
D. Armaden mit dem Prinzen von Orange und denen Spaniern wol
nicht vermindert werden dürfte. Allein für dem Corpo, so der Prinz
von Cond6 zu Metz formire, und in 12000 zu Fusse und 6000 Pfer-
den bestehen soll; müsse maü sich in Acht nehmen.
Das Rencontre mit dem Lieutenant v. Arnim bei Nassau am 1. November.
S. den Bericht nuten im Anbang. Vgl. Feter, Krieg d. Gr. K. S. 79.
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302 n. Der Wioterfeldzug von 1672 auf 1673.
Der bequemste Ort den Bhein zu passireu Bei Nierstein'); dann
weil der Strom daselbst schmal, erspare man bei Erbauung der Brtlcke
zum wenigsten fttnf Schiffe. Der Flecken aber, so jenseit Rheins
liege, sei pfälzisch und müsse dannenhero bei Zeiten recognosciret
und besetzet werden. Die andere Passage sei Gins heim') an der
Schwarzbach, eine Stunde über der Gustavenburg gelegen. Gingen
Ew. Ch. D. daselbst über, hätten Sie den Vortheil, dass wann bei
Winterszeit bei starkem Froste die Brücke aufgenommen werden
müsste, die Schiffe in die Schwarzbach geführet und daselbst conser-
viret werden könnten. .Es müsste aber zu Maintenirung der Passage
gegen Ginsheim über eine Bedeute aufgeworfen, auch von Stund
an ein Brückmeister nebst einem, jedoch tüchtigen, Commissario, als
der Graf Montecuccoli jttngsthin abgeschicket, anhero kommen, auch
dass dieser Vorschlag von I. Ch. Gn. herkommen, für Chur-Pfalz und
dem Landgrafen von Darmstadt secretiret werden; wiewol Sie Hr.
deVaubrun am meisten apprehendireten, welcher bereits fürgebe:
des Ghurfttrsten zu Mainz Stillschweigen und bezeugete Geduld bei
denen von Ew. Ch. D. fürgenommenen harten Proceduren sei einer
CoUusion nicht unähnlich. — Zu Mainz stünden annoch vierund-
zwanzig Schiffe, mit welchen wie auch denen, so anitzo zur Main-
brücke employiret worden, man genugsam über Rhein kommen könne;
Schiffvolk aber müsste zu Frankfurt und Haoau angeschafft, zu ihrer
besseren Bezahlung auch eine Summe Geldes deponiret oder dennoch
genügsame Caution praestiret werden. Weil auch fttnf Strassburger
Schiffe zu Hoechst erkaufet und nur mit 500 Rthlr. bezahlet worden,
dieses aber an ihm selbst unbillig sei, so rathe der Churfürst, dass
man Glimpf halber jedes Stück mit 150 Kthl. bezahle. — Zur Sub-
sistenz der Armada könnte das Erzstift, weil es bereits erschöpft,
nichts beitragen, zumal da auch aus der Pfalz kein Mehl nach diesen
Quartieren mehr gelassen worden. Das beste Mittel aber sei, von der
Stadt Frankfurt einen Fürschub aus ihren Magazinen auf etliche tau-
send Malter Mehl zu begehren und solches von dem Getreidig, so
bereits in erm. Stadt liegt, auch künftig in Franken erkaufet werden
soll, zu erstatten. Sollte man aber hierunter nicht fügen wollen,
müsste man die Stadt mit Einlogirung und Belegung ihrer Dörfer
bedrohen.
*) Aaf dem linkea Ufer.
^ Aaf dem rechteo Ufer.
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Aufzäblang der Hheinpassageo. Uebergang eingestellt. 303
Es wollten auch schliesslich L Ch. Gd. zu Bezeugung Dero guten
und aufrichtigen Intentionen Ew. Ch. D. Leute zu fünfen oder sechsen
durch Mainz passiren lassen. Sie bäten aber zuvörderst um Verscho-
nung der jenseit Rheins gelegenen Dörfer, item des Rheingaues')
und derer im Darmstädtischen belegenen dreien Eidhöfe, als welche
Sie bei Dero Hofstaat nicht missen könnten. — Denen Impressionen,
80 man Ihr von intendirter Forcirung der Mainzer Brücke gegeben,
wollten Sie keinen Glauben beimessen, wiewol Sie nicht wenig be-
fremdete, dass man nun etliche Tage her in Bataille marchirend
sieh der Stadt Mainz genähert, sonder zu sagen, wo und welchergestalt
man zu passiren gedenke. Die Forcirung der Brücke könnten Sie
einmal nicht verstatten; dann indem Sie einen Mediatorem abgeben
wollten, würden Sie durch solche Gonnivenz Sich parteiisch machen,
bei Frankreich auch der immerwährende Soupgon entstehen, samt
hab man es nicht hindern wollen. Ich hab aber dem Churfürsten
diesen falschen Wahn bereits vollkommlich benommen.
^Mr. de Vaabran ist noch hier und vor einer Stunde in Begleitung
Mr. de Briole, so der Prinz von Cond6 an ihn abgeschicket, bei
mir gewesen. Nachmittag gebe ich nebst dem Grafen von Hollach ^) wieder
nach Ew. Ch. D. Hauptquartier.*^
Der Kurfürst an den Kurfürsten Johann Philipp von Mainz.
Dat. Rüsselsheim 26. November /6. December 1672.
[Die Passage über den Rhein ist eingestellt.]
^UoB ist von Unserm Oberpräsidenten Schwerin aasführlich hinter- 6. Dec.
bracht, was Ew. Ld. demselben sowol wegen Dero Obermarschalln in
Frankreich getbanen Expedition eröffnen als auch Uns wegen des vorhaben-
den Marches vor wolmeinenden Rath ertbeilen wollen. Ew. Ld. sagen Wir
desfalls freondbrüderlichen Dank und versichern Dieselbe hinwiederum, dass
gleichwie Wir bisher auf Dero bochvernünftiges Gutachten starke Reflexion
genommen, also auch Wir den wegen Unseres Marchs an die Hand ge-
gebenen Vorschlag in guter Obacbt halten und Uns dabei dergestalt be-
zeigen wollen, dass Ew. Ld. sonderlieb darans verspüren werden, wie hoch
Wir Deroselben Interesse consideriren, gestalt Wir dann Ew. Ld. in freund-
brüderlichem Vertrauen nicht vorenthalten, dass Wir nach gehaltener De-
liberation mit dem Kaiserlichen Generallientenant Gr. Montecnccoli
entschlossen haben, die Passage über den Rhein einzustellen und die Marche
nach Ew. Ld. gethanen Anleitung vorzunehmen. Wir versehen Uns aber
') Orig. Biokawes.
^ Orig. CHohenlohe?)
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304 ri- Der WiDterfeldsag von 1672 auf 1673.
za £w. Ld. uofehlbarlich, Sie werdea Dero yor des Reichs Wolfahrt tra-
gender höchstlöblicher Sorgfalt nach dahin äasserst bemühet sein, dass
Frankreich indessen keine mehrere Avantage an dem Rheinstrom erlange
noch die Länder, so Wir verschonet, zn ihrem Vortheil und Nntzen ge-
brauche, besondern dass vielmehr dabin getrachtet werde, damit sie ihrer
vielfältig gethanen Erklärung gemäss auch mit ihren Völkern diese Gegend
ränmen nnd sich gleichfalls nach ihren Landen begeben mögen. Ew. Ld.
haben Sich dagegen L Kais. M. und Unserer getreuen Assistenz auf allen
bedürfenden Fall sicherlich zn getrosten.*^
7. Kurtrier.
Instruction für den Geheimen Rath Freiherrn Christoph Caspar
V. Blumenthal bei seiner Sendung an Kurtrier*). Dat. Haupt-
quartier Butzbach 29. September 1672. Conc. Meinders.
9. Oct. Motive des Marsches. Ersuchen nm Verstattung der Goblenzer Rhein-
brücke. „Sollte etwan von Ihr. Ld. diese Entschnldignng eingewendet
worden, dass Frankreich hierdurch offendiret werden dürfte, so hat Unser
Geheimer Rath dagegen anzuweisen, dass weder die Römische Kaiserliche
Majestät noch Wir mit Frankreich in einiger Feindseligkeit stünden. L Ld.
wären ein freier Chnrfürst des Reichs, Dero vom Könige in Frankreich in
diesen und anderen dergleichen Dingen kein Ziel noch Mass fürgeschrie-
ben werden könnte. Sie versirten in re licita und könnten salvis consti-
tutionibus Imperii, an die Sie gebunden, diesen March oder Passage Ihrer
Kaiserl. M. und denen Reichsvölkern nicht füglich weigern.^ . . . Der Ge-
sandte hat zn remonstriren, dass durch Verweigerung der Brücke die Kai-
serliche und die Brandenburgische Armee in die höchste Not geraten könnte.
Ersuchen um eine „erkleckliche Quantität Getreides^ zur Subsistenz der
Armee gegen billigmässige Zahlung.
Ch. C. Frhrr. von Blumenthal an den Kurfürsten. Dat. Ehren-
breitstein 3./13. October 1672.
[Audienz zu Ehrenbreitsteio. Bescheid des Kurfürsten von Trier. Vorschläge.
Drohende Aeusserongen des Strassbnrgers.]
13. Oct. „Nachdem ich wegen diesen auch zum Theil steinigten Weges gestern
allererst alhier angelanget bin, habe ich bei S. Ch. Gn. mich anmelden
Mit Creditif d. d. Ehre obre itstein 4. October 1672 fnr den Trierer Dom-
herren Freiberrn von der Leyen zu Nickenich hatte der Kurforst von Trier
den Karfürsten, der sich mit seiner Armee ^dieserendigen Quartieren nähert, der
Gebühr beneventiren* lassen.
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Bescheid und Vorschläge des EurfursteD von Trier. 305
ond nm Audienz anhalten lassen, da ich dann sofort in Dero Leibkntsche
nach Hofe geholet und daselbst logiret worden. Weil Sie aber Unpässlich-
keit halber nicht Tafel hielten, bin ich durch Ihren Nevea, den Herrn Co-
adjntorn, einen Freiherrn von Ursebeck, den von der Lejen,
Qoayernear von Ehrenbreitstein, einen Cavalier de Malta, Comthur Kog-
ge nb ach genannt, und den Geheimen Rath Sohler bewirthet, auch bald
nach der Mahlzeit zur Audienz geführet, von S. Ch. On. gar freundlich
empfangen und einen Fanteuil anzunehmen genöthiget worden.
Nach geendigter Proposition und überreichten Handschreiben antwor-
teten I. Ch« Gn., dass Ihro nichts erfreulichers sei als Ewrer Ch. D. An-
kunft in diese Quartier, und dass Diese durch eine Abschickung die Conti-
nnation der Seiner Ch. Gn. jederzeit zugetragenen sonderbaren Affection
contestiren wollen. Ewrer Ch. D. gebühre der Rubra, dass Sie bei diesen
gefährlichen Lauften der erste gewesen, welcher durch eine ruhmwürdige
Yaleur das gleichsam agonisirende Römische Reich appuyire und dessen
Torigen Flor nnd Lnstre zu restabiliren bemühet sei. Diese höchstlöbliche
Intention nun sollte von S. Ch. Gn. nach Möglichkeit secundiret werden
gestalt Sie denn, was Ihr Land vermag, gern hergeben wollten, böten es
aus aufrichtigem Gemüthe willig dar, darin zu schalten nnd zu walten als
in Ew. Ch. D. Eigenthum, denn es viel erträglicher, durch Freund als Feind
consumiret zu werden. Die Reicbs-Armaden aber zwischen hiesigen Festun-
gen übergehen zu lassen, könnte Seiner Ch. Gn. nicht zugemuthet werden,
weil Sie dem König durch den Marquis Dangeau und Duc de Vitrj,
60 von hinnen nach Rheinfels gangen, versprechen lassen, solches nimmer
zu verstatten, wozu Sie dnrch die Französische Bedrohungen, nnd dass man
nie recht gewusst, ob Ew. Ch. D. hier oder anderswo überzugehen ver-
langeten, veranlasset worden. Sie hätten Sich aber dabei reserviret, dass
Sie ober- oder unterhalb Coblenz die Passage nicht verweigern, sondern
yielmehr befördern, auch die Armaden mit Proviant und anderer Nothdnrft
assistiren möchten. Ew. Ch. D. alhier überzulassen sei einmal unmöglich;
denn favorisire der Churfürst die Passage, so laufe es wider die gegebene
Parole, eine Connivenz aber geriethe zu seiner höchsten Beschimpfung,
indem er dergleichen zwischen seinen Festungen leicht hindern können,
es würde auch solche Indulgenz ihm, der aux portes de i'enfer sitze
nnd, wo Ew. Ch. D. von hinnen, wenig Schutz zu gewarten habe, übel ge-
lingen; diejenigen, so anitzo nebst dem Kaiser und Ew. Ch. D. zu tapferen
Resolutionen schritten und die Beruhigung des Reichs beforderten, wären
ihre eigene Securität bereits versichert, da hingegen I. Ch. Gn. biosstehen,
welches gleichwol nicht empeschire, dass Sie von Mr. de Turenne affroa-
tiret zu werden wünschen, weil Sie alsdann andere Mesures nehmen könnten.
Der Comte de Monterey habe zwar, wiewol vergeblich, auf die Ab-
schickung des Markgrafen von Baden vertröstet, so bräche auch Spa-
nien annoch mit Frankreich nicht, da doch der Churfürst wegen des Lützen-
burger Landes auf selbige Krön zu reflectiren und seine Garantie von der-
selben zu erwarten habe. Wann aber Seiner Ch. D. bei Zeiten ein und
Uater. s. Gesch. d. 0. Kurfürsten. Mll. 20
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306 n. Der Winterfeldzug von 1672 aaf 1673.
anderes Dessein communiciret worden, wollten Sie die Stadt Trier, welche
mehr als eine Arm^e zwei Jahr nnd länger ernähren könnte, zum besten
gegeben, mit Kaiserlichen, Spanischen und Ewrer Ch. D. Völkern besetzet,
denen Franzosen die Zufuhr nnd mit selbiger zugleich die Gurgel abge-
schnitten haben.
Soviel die Anschaffung des Proviants betrifft, haben S. Ch. 6n. 6000
Malter Französisch Korn, der Roggen zu drittehalb, der Weizen zu vier
Rthlr. weniger ein Ort gerechnet, unter dem Fürwand, samt hätten Sie es
zu Proviantirung ihrer Festungen nöthig, in Beschlag nehmen, zu Limburg
auch etliche 1000 Malter aufschütten lassen ; wollte man es nun behalten,
müssten eiligst Commissarii anhero geschicket und denen Leuten Geld anf
die Hand gegeben werden. So getrauete man sich auch über dieses noch
innerhalb vier Wochen 50 000 Malter für baare Bezahlung zu schaffen,
auch die Kornhändler, so Frankreich bisher Getreidig geliefert, Ewrer Oh.
D. zuzuweisen.
• Weil nun die Passage über hiesige Brücken nicht zu erhalten stehet,
thun S. Oh. Gn. einen andern Vorschlag: nämlich dass zu Mainz einige
Schiffe erkaufet, nach dem Chur-Trierischen Städtchen Wellmig gebracht
und daselbst Posto gefasset werde; Sie hätten mit Fleiss nur sechs Mann
hinein gelegt, die könnten Ew. Ch. D. hinaus jagen und den Ort selbst be-
setzen. Der andere Fürschlag gehet dahin, dass man beim weissen T hu rm
gegen Rheinfels über oder Neuwied, weichen Ort Turenne bereits recognos-
ciren lassen, oder Engers drei viertel Stnnd oberhalb Andernach Posto
fassen, welches Mr. Turenne wegen schlechten Zustandes der Armadc
nicht zu hindern vermöge. Sollte es auch an Schiffe ermangeln, wollen
S. Ch. Gn. fünfzehn herbeischaffen, und wann Ew. Oh. D. in der Nähe, die
Schiffsbrücke aufheben, einen Theil derselben Ewrer Ch. D. zum besten
nacher Neuwied treiben lassen, auch sonst Anker und Taue an Hand
schaffen. — Bei diesen und dergleichen Fürschlägen bleibt der Ohurfürst be-
ständig, zugleich aber auch bei der Meinung, dass er salva existimatione
Ew. Ch.D. alhier nicht überlassen könne, wiewol ich ihm beweglich zuge-
redet und mich hierunter aller nur ersinnlichen Persuasionen bedienet.
Soviel die Französische Armada betrifft, stehet dieselbe bei Siegburg,
wiewol in geringer Anzahl, indem sie nicht mehr als 14 000 Pferde und
8000 Mann zu Fusse haben ohne die 5000, so der verstorbene Oomte de
Chamilly ihm') von Maaseick zugeführet. Drei Regimenter zu Pferde seind
vor einigen Tagen die Sieg passiret, aber bald durch Hinwegtreibung der
Brücken von der Hauptarmada separiret worden, nunmehr aber sollen sie
bei Bonn übergangen sein und sich mit den anderen hinwieder conjungiret
haben ; diejenige, so die Armada gesehen haben, versichern mich, dass von
zehn kaum drei beschossen sein. Mr. de Turenne ist den 2ten October
in Bonn gewesen, woselbst eifrig deliberiret worden. Was man nun ferner
in Erfahrung bringet, wollen 8. Ch. D. eiligst berichten und begehren da-
Tarenoe.
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ErbietuDgen Kurtriers. TureoDe an der Lahn. 307
beDeben inständig, £w. Ch. D. möchten ja bei Zeiten Sich mit starken
Hölzern, so za Befestigung einer Schiffsbrücke erfordert werden und zu
Frankfurt und Mainz häufig zu finden sein, versehen, Sie auch bei Zeiten
avertiren, wie viel Proviant, und wohin derselbe solle geliefert werden,
item, ob man das Getreidig, so in Beschlag genommen worden, an der Hand
behalten solle oder nicht. Imgleichen finden sie nöthig, auf die Grafen
von Wied und Manderscheid, so in der Nähe wohnen und mit den
Franzosen genaue Correspondenz unterhalten, ein wachendes Auge zu haben^.
P. S. „Auch, durchl. gn. Ch. und Herr, kommt gleich jetzo ein Courier
vom Bischof von Strassburg an, welcher sich heftig erroühet, den
Churfürsten von der guten Partei abzuleiten, ermahnet dabei I. Ch. Gn.
DQÜ gar nachdenklichen Worten, die Schiffsbrücke alhier aufzuheben, oder
dafern des Churfürsten von Cöln Lande im geringsten Noth leiden
sollten, gewärtig zu sein, dass man sich an ihm erhole. Chur-Trier
vrerde nun bald sehen, auf wem^) er Sich zu verlassen habe, indem Mr. de
Tu renne die Kaiserliche und Brandenburgische Armada in kurzem unter
das Ehrenbreitsteinische Canon jagen werde. Worauf der Churfürst geant-
wortet: er wolle des Kaisers und Reichs Freund sein, sollte man aber unter
das Canon kommen, so werde er sich und seinen Festungen Respect zu
schaffen wissen.^
Recreditif für v. Blumenthal d. d. Ehrenbreitstein 12. October 1672. 14. Oct.
Vorher hatte der Kurfürst von Trier noch den Freiherrn von Reiffen-
berg») und den Rath Lincker an Kf, abgefertigt. Creditif d. d. Ehren-
breitstein 8. October 1672. Recreditif d. d. Butzbach 30. September/10. Oc-
tober 1672.
Kurfürst Carl Caspar von Trier an den Kurfürsten. Dat.
In Unserer Festung Ehrenbreitstein 1. November 1672.
[Vorrücken Tareones. Versagt den Pass bei Limburg.]
Teilt mit — dass gestern die Avantgarde von der Törennischen i. Nov.
Armee, einige 1000 zu Pferd, den Rhein herauf marchirend unweit
von hier in der Grafschaft Wied angelangt und tibernachtet, alwo
heut der Marächal de Tu renne mit dem übrigen Gorpo gleichmässig
erwartet wird. Selbiger hat Uns diesen Morgen durch einen Cavalier
diesen seinen Marche notificiren und anbei bedeuten lassen, dass sel-
bigen bis an die Lahn zu nehmen gemüssiget wäre, um sich sothanen
Flusses zu bemächtigen, und entweder alda in etwan zu subsistiren,
*) Origio.
>) Commandant von Goblenz.
20*
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308 n. Der Winterfeldzüg von 1672 auf 1673.
oder gar der Eaiserlichen und Ew. Ld. Armee sich zu nähern, mit
Versprechen, Unseres Erzstifts hierunter möglichst zu verschonen.
^Uns ist unterdessen nicht wol zn Math'^, da leicht za ermessen, dass
dieser französische Marsch seinem Stift Schaden bringen werde. Den Ueber-
gang über die Lahn bei Limburg wird er (Rarfurst) nicht gestatten;
Tnrenne werde dann wol bei Diez oder Runkel ^den Pass suchen,
wanns ihnen Ernst ist weiter zu passiren*^, oder auch dort stehen bleiben.
Der Kurfürst an den Kurfftrsten Carl Caspar von Trier. Dat.
Hauptquartier Bergen 24. October 1672.
\ [Dank für die Mitteilan^. Die wahren Absiebten der Franzosen.]
3. Nov. . . . Der Schaden für das Stift hätte allem Verranthen nach abgewendet
werden können, wenn der Kurfürst die Passage über seine Schiffbrücke
zu verstatten kein Bedenken getragen. Im übrigen würde er nnn wol
spüren, ^wohin die französische Intention gerichtet sei, und dass man des
Orts nirgends anders hin trachte, als sich des Rheinstr'omes Meister zu
machen und folglich im Heiligen Römischen Reich alles nach Gut-
dünken zu dirigiren, auch dessen Chnr- und Fürsten und derselben so theuer
erworbene Freiheiten gänzlich zu unterdrücken. Wir hoffen doch zum
Allerhöchsten, dessen Schutz und Güte werde über unser geliebtes Vater-
land walten und noch rechtschaffene Teutscbgesinnte Gemüter erwecken,
die neben I. Kais. M. und Uns für den Riss stehen und sich mit Eifer und
Nachdruck dergleichen Beginnen entgegensetzen und auch zu solchem
Ende"^... mit ihren Mannschaften zn der verbündeten Kaiserlichen und Bran-
denburgischeu Armee beizutreten geneigt sind.
P. S. bittet um das Schreiben Turennes.
Creditif Kurtriers für den Geheimen Rath Hofgericbtsdirector Anton
Sohler') an den Kurfürsten Dat. Ehrenbreitstein 6. November 1672. Re-
creditiv des Kf. Dat. Hauptquartier Rüsselsheira 31. October /lO. Novem-
ber 1672.
Creditif des Kurfürsten für den Amtskammerrat Oberstwachtmeister
Johann Ernst von Grumbkow an Kurtrier d. d. Hauptquartier
Rüsselsheim l./ll. November 1672 „zu Beischaffung einiges Proviants und
anderer Nothdürftigkeiten . . . und Dero Wohlstandes Unsertwegen sich zn
erkundigen*.
') Eine nochmalige Gesandtschaft Sohlers: Creditif Dat. Ehrenbreitstein
14. November 1672. Recreditif des Kf. Dat. Rüsselsheim 9./19. November 1672.
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Wahre Absichten der Franzosen, Vorrücken dergelben. 309
Johann Ernst von Grumbkow^) an den Kurfürsten. Dat.
Coblenz 5./15. November 1672.
[Franzosen in Winningen. Vaubrans Kammerdiener. Cond^. Tarenne. Unter-
legte Reiter.]
Gestern zu Mittage siod ohngefähr 50 Franzosen zu Winnich ge-l5. Nov.
wesen, solcher Ort ist zwei Stunden von hier; haben hin und her
geritten und gesuchet, ob sie die Mosel durchreiten könnten, sie
haben solche aber noch nicht durchreiten können, wiewol sie
an unterschiedlichen Oertern versuchet. Endlich so hat sich einer
nebst 4 Dienern übersetzen lassen und ist auf die Berge diesseit der
Mosel geritten, daselbst die Bauren nach allem gefragt, wie weit auf
Kreuznach, welchen Weg man nehmen mttsste, ob daselbst eine Brücke,
und ob viel Berge dahin wären. Hernach sind sie wieder zurück*
geritten, haben aber etzliche zu Winnich gelassen, welche täglich
suchen sollen, ob und wann der Fluss darzureiten wäre.
Heute früh sind 12 Schiffe von Mainz gekommen, welche zu ihrer
Brücke sollen gebrauchet werden. Dieselbe soll übermorgen als
Donnerstags fertig sein. Gestern späte kam zu Wasser nach Ehren-
breitstein, weil dieser Ort schon verschlossen, Mr. de Vaubruns
Kammerdiener; bei demselben war ein Deutscher, so aber gut fran-
zösisch redete. Sie offerirten vier Pistolen, um sie dieselbe Nacht
noch überzufahren, konnten aber nicht dazu gelangen. Ich habe mit
ihnen gegessen, aber nichts erfahren können, als dass 30 Schiffe zur
Brücke über den Rhein vorhanden wären und dass S. Ch. D. eine Schanze
daselbst wollten aufwerfen lassen. — Der Prinz de Cond6 hat sein
Quartier zu Krechingen. Vorgestern sollTürenne alhier gewesen sein.
„Es würde wol nötig sein, wofero diese CorrespondeDtia soll coutinairet
werden, dass auf halben Weg Reuter möchten geleget werden, damit die
Briefe desto geschwinder übergebracht könnten werden, und wäre Lors-
heim >) der beste Ort dazu. Es ist ein Flecken nach Mainz gehörig, der
Hälfte Weg gegeu Bacharach über. Die Boten alhier sind sehr theuer
und muss jedermann 6 Rthlr. gegeben werden, sind auch nicht wol zu be-
kommen und gehen auch langsam. Durch dieses Mittel, wann ich die Briefe
nur bis Lorsheim schicken dürfte, würden sie desto geschwinder überkom-
men. Dieser Bote gehet Dienstags um 10 Uhr von hier, hat versprochen,
Mittwochs im Hauptquartier zu sein.**
Grumbkows Berichte sind alle eigenhändig^.
*) Offenbar Lorchbausen auf dem rechten Ufer.
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310 II. Der Winterfeldsng tod 1672 ftuf 1673.
P. 8. Hat den Boten wieder zurückkommen lassen und ibn erst um
1 Uhr abgeschickt. Berichtet noch, ^dass S. Charf. Ou. die Mosel aach
haben sondiren lassen and befinden, dass solche noch nicht zd passireo,
aber wo der Frost cootiuniret, so wird man den Flnss passiren können
innerhalb zwei Tagen. Heute ist auch Nachricht eingelaufen, dass die ver-
gangene Nacht ein gross Stück von der SchiflTbrücken wieder abgerissen
worden, deswegen der Marechal de Turenne anhero geschicket, um Anker
zu kaufen ; man hält aber davor, dass die Brücke diese Woche nicht werde
fertig werden.^
Johann Ernst von Grumbkow an den KurfUrsten. Dat. Cob-
lenz Dinstag um 3 Uhr nach Mittag o. D. [15. November 1672].
[Bewegung Torennes.]
15. Nov. ^Itzund bekomme ich Nachricht, dass Turenne diese Nacht vom
Dienstag aufn Mittwoch mit 4000 M. zu Pferde und zu Fusse werde über
die Lahn gehen. Ich habe nicht unterlassen wollen dieses zu advisiren.*^
27. Nov. d. d. Hauptquartier Rüsselsheim 17. November 1672 ersucht
Kf. den Kurfürsten Carl Caspar, dem von Grumbkow, welchem „Wir
CommisBion ertheilt zu Behuf Unserer Hofstaat einige Weine und sonsten
eines und anderes der Eads zu erhandeln^, gute Beförderung zu erweisen.
— Hierzu eine Assignation an den Kämmerer Heydekampf auf 60 Rthlr.
für V. Grumbkow.
29. Nov. Creditif für Johann Ernst von Qrumbkow an Enrtrier. Dat. Haupt-
quartier Rüsselsheim 19./29. November 1672.
Der Kurfürst an v. Grumbkow (jetzo zu Coblenz). Dat.
Hauptquartier Rüsselsheim 21. November 1672 st. v.
[Aufträge an Kartrier. Schiffbrücke zu Coblens. Gegenleistangen des
Korfürsten. Goes.]
1. Dec. »Wir zweifeln nicht, Ihr werdet alda wol angekommen sein*'. Und weil
der kaiserliche Abgesandte Baron de Gofe's ehestes Tages zu des
Ghurfürsten von Trier Ld. koinmen und mit Derselben wegen der
Verstattung der Schiffsbrücke und Einnehmung Garnison in Coblenz
und Trier Handlung pflegen wird, so haben Wir vor nöthig befunden,
Euch zu befehlen, obgedachter Ihrer Ld. hievon vorhero etwas Part
zu geben und Sie desto besser dazu zu praepariren. Ihr werdet dem-
nach Ihrer Ld. repräsentiren, wie Sie nimmer Gelegenheit haben
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Ersucbeu an Knririer um UeberlaasuDg der Coblenzer Brücke. 311
könnten, dem Kaiser, dem ganzen Reich und Uns grössere Dienste
und Freundschaft zu erweisen, als wann Sie bei iziger Gelegenheit
verstatteten, dass Wir Uns der Brück alda versicherten und zu dem
Ende eine Garnison in Coblenz und Trier, die gleichwol in Ihrer Ld.
Pflichten mit stehen sollte, legten. In Ehrenbreitstein aber begehrten
Wir nichts zu haben, besondern Hessen solches zu Ihrer Ld. alleinigen
Disposition. Die Garnison sollte auch ohne Ihrer Ld. Beschwerung
ihren Unterhalt bekommen. Ueber dem erböten Wir Uns, zu Ihrer Ld.
Ergötzung von dem Staat 3000 Rthlr. monatlich zu verschaflfen und
von dem Unsrigen 2000 Rthlr. monatlich hinzuzuthun, also, dass solange
diese Garnison währete, Ihre Ld. monatlich 5000 Rthlr. bekommen soll-
ten. Was I. Kais. M. gegen I. Ld. thun würden, davon würden Sie von
obgeni. Baron de Go6s Nachricht bekommen. Ferner erbieten Wir
Uns, wann Wir Gelegenheit haben werden, die Französische Lande
in Contribution zu setzen, I. Ld. davon participiren zu lassen, und
sonst Ihrer Ld. allewege dergestalt wieder zu begegnen, dass Sie
nicht Ursach haben werden dieses zu bereuen. I. Ld. haben auch
zu erwägen, dass, wann Wir mit der Arm6e hinweggehen müssten,
und dieser Pass nicht in völlige Sicherheit gesetzet, was Ihrer Ld.
und Dero Landen vor Ungelegenheit und Gefahr, ja dem ganzen
Reich für ein unüberwindlicher Schaden von dem Gegentheil würde
angethan werden. Zudem wird es zu Ihrer Ld. unsterblichem Ruhm
gereichen, dass Sie durch dieses Mittel das Reich aus der bevorstehen-
den Gefahr gerissen und den Frieden, welcher alsdann nicht entstehen
kann, befördert.
Ihr wollet auch dabei begehren, dass man sich gegen den Baron
de GoSs nicht vernehmen lasse, was Wir alda gesuchet haben, und
werdet Euer bestes thun, von I. Ld. eine gewierige Resolution zu er-
halten. Mit dem Geheimen Rath Sohler könnet Ihr hieraus vertrau-
lich reden und denselben Unserer dankbaren Erkenntnis versichern.
Sonsten habt Ihr diese Sache in höchster Geheim zu halten, auch
dieses Rescript bei Eurer Zurückkunft in Unserer Canzelei wieder ein-
zuliefern.
Johann Ernst von Grumbkow an den Kurfürsten. Dat. Cob-
lenz 0. D. [Anfang December 1672].
[Auf das Rescript vom 1. December. Resolution Kortriers.]
Hat sich seiner CommiBsion eutledigt. Der Kurfürst hat ihm sehr Dec.
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312 II- Der Wioierfeldsug von 1672 auf 1673.
gnädig geantwortet. Geheimrat Sohler hat ihm dann folgende Reso-
Intion erteilt: „dass man zwar hiesiges Orts nicht mehr wünschet als eine
feste Alliance zu machen, man könnte sich aber za nichts resolviren, ehe
nnd bevor IL Baron de GcT^s herabkäme; so müsste auch Spanien mit
darum wissen, als welches sie zum meisten helfen könnte; die Passage
über die Brücke in Coblenz würde man geben, auch ein Magazin alhier
aufzurichten sich gefallen lassen, Guaruison würde man aber alhier nicht
einnehmen ; zu Trier würde man aber wol Quarnison nehmen und wäre man
geneigt, wol von Spanischer Seiten welche zu nehmen; endlich aber würde
man auch wol dasselbe thun und andere nehmen, wann vorher dieselbe Sr.
Churf. Gnaden Eid und Pflicht ablegen würden^. Doch über alles das sei
erst nach Goes' Ankunft zu entscheiden. Man hofft, Kf. werde noch Jemand
mit senden.
Der Kurfürst an Johann Ernst von Grumbkow. Dat. Haupt-
quartier Rüsselsheim 22. November 1672.
[Goltz gegen die franzosiscbe Rheioschaose.]
2. Dec. n^^r lassen Euch hiermit in Gnaden unverhalten sein, wasgestalt Wir
Unseren Geheimen Kriegsrath und Generallientenant Frhrrn. von der
Goltz über die Lahn nach der französischen Brücken aufm Rhein') mit
einer starken Partei abschicken, um auf solche Brücke und die Wache,
welche dieselbe bewahret, einen Angriff zu thun. Weil Wir nun befahren
müssen, dass vielleicht Tn renne hiervon Nachricht bekommen') und eine
considerable Macht zu Maintenirung dieser Brücke dahin gehen lassen
möchte: als befehlen Wir Euch gn., dass Ihr auf gem. Türen ne fleissige
Acht gebet und aufs sorgfältigste und genaueste Kundschaft zu erlangen
bemühet seid, ob Turenne einige Trouppen von seiner Armee detachiret
und dieselbe nach der Brücke zu marchiren lasse, davon Ihr dann durch
2 Expresse (die Ihr dergestalt abzusenden^ dass einer vom andern nicht
wisse) gem. Unserm Gen.-Lieuten. Goltz nach der Lahn wärts, als welche
er entweder zu Nassau, Diez oder Runkel passiren wird, über Labnstein
Nachricht gebet nnd darunter nichts verabsäumet. Daran verrichtet Ihr
Unseren Willen.**
Johann Ernst von Grumbkow an den Kurfürsten.
Dat Coblenz 28. November 1672.
[Goltz's missglucktes Unternohmen gegen die französische Rheinschanze. Haltung
der Fraosoaeo. Nachrichten.]
8. Dec. Ich bin gestern bei Sr. Exe. dem H. General Goltz zu Nassau
1) bei ADdofDach. Vgl. Peter S. 88.
I ^ S. 313. Anm. 2.
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ResolotioD Kurtriers. Goltz gegen die fraoz. Rbeioschanze. 313
gewesen, welcher mit allem Volke wieder nach dem Main zu mar-
chiret. Er selber wird Ew. Ch. D, unterth. berichten die Ursache
seines Zarückmarsches. Es ist von denen Gefangenen berichtet wor-
den, dass zwar 800 M. nur darin gewesen, es wären aber denselben
Tag 2000 darzu gekommen und mit kleinen Schiffen übergesetzet').
Zudem wäre der Ort so pallisadiret, dass man nicht hätte so leichtlich
darzu kommen können; Fourage wäre ganz nicht vorhanden gewesen,
daher die Keuterei nicht lange daselbst hätte stehen können; und
dann so ist noch eine Ursache, so er mündlich berichten wird. —
Er hat mir gesagt, dass ich alsfort zu Sr. Churf. D. reiten und alles
mündlich berichten sollte. Damit aber hiesigen Orts den Muth man
nicht möchte fallen lassen, so habe ich dieses unterth. berichtet und
erwarte Ordre von Ew. Ch. D., ob ich wieder mich zurückbe-
geben soll.
Es ist sonsten der H. General bis unter die Stücke gewesen nebst
allem Volk. Um 3 Uhr Nachmittag kam er an und um 8 Uhr selbigen
Abends zog er wieder ab nebst allem Volk. Gestern ist er zu Nassau
übergegangen und ist die Brücke daselbst hinter ihnen abgeworfen
worden. Es ist aber keiner von denen Franzosen nachgekommen,
sondern es ist die Beiterei, so in der Schanze gelegen und in 300
bestanden, heute wieder herübermarschiret, dann heute erstlich die
Brücke fertig geworden, solche aber so gemachet, dass die Reiter die
Pferde darüber haben führen müssen.
Ouras lieget zu Ahrweiler an der Ahr mit 4000 Pferden, bis
dahin hat er sich retiriret. Turenne schickete 3000 Pferde hinab,
w^elche morgen alhier sein werden. Ob sie sich mit Duras conjungiren
sollen oder ob sie sind gekommen, auf unsere Leute loszugehen, weiss
ich nicht. Duras hat zu Linnich die Brücke über die Roehr hinter sich ab-
geworfen, welche der Prinz von Oranien schon wieder fertig haben soll;
ob er nun ihm weiter folgen wird, wird man sehen. ■— Gestern ist ein
Schreiben datiret von Wittlich von I. Churf. Gn. Marschalk, der be-
richtet, dass sich Turennes Fussvolk etwas von der Mosel ab ins
Eipheldische, als wanns nach der Maas zu gehen sollte, abzöge. Das-
selbe Land, so nach Lützenburg gehöret, wird ebenso ruiniret als das
Nämlich io der Schanze vor der Brücke.
^ Dem Vicomte de ToreDoe war das UnternehmeD durch die Landgräfin
Eleonore von Hesseo-RheiDfels (eine geb. Gräfin Solms), welche von ihrem Ge-
mal getrennt in Boppard lebte, verraten worden. Vgl. Grimoard Lettres de Ta-
renne II, 129. Dort auch das Nähere über Turennes Bewegungen.
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314 n. Der Winterfeldzüg von 1672 auf 1673.
des Churfttrsten von Trier seins. Die Bagage ist alle nach Metz ge-
gangen. — Hauptmann Uuth ist gestern auch über die Mosel ge-
gangen, hat Unterschiedliche gefangen bekommen.
y,Sonsten weiss ich vor dieses Mal nichts Sonderliches zu melden als
dass man hieses ^) Orts noch hofft, es werde Ew. Ch. D. Fussvolk schicken,
um die Schanze nebst der Brücke zu occupiren.*'
Recreditif des Kurfürsten Carl Caspar für y. Grumbkow. Dat. Ehren-
breitstein 8. December 1672.
'26 Dec. d. d. Ehrenbreitstein 26. December 1672 meldet Kurfürst Carl
Caspar, dass er die von Kf. gewünschten Moselweine („uehmen es auch
mit danknehmigem Gemüt auf, dass Ew. Ld. in besagtem Moselwein einigen
Gusto und Behagen zu haben gegen Uns so freundlich tesmoigniren^) die
Lahn hinunter bis Yilmar transportiren werde. Wofür sich Kf. d. d. Spa-
renberg 10./20. Januar 1673 bedankt.
Y. Kurpfalz.
Recreditif Knrpfaizs für den Kurbraudenburgischen Kämmerer Christen
Ludolf Lorenz von Krosigk. Dat. Heidelberg 25. October 1672.
Begrüssung des Kurfürsten von der Pfalz mit dem Ersuchen: ^dass wann
Wir etwa bei Unserem fürhabeuden March Dero Lande berühren müssten,
Sie solches Ihro [nicht entgegen sein lassen und Uns solchen Transitum
denen Reichsconstitutionibus gemäss verstatten möchten^.
Creditif Knrpfaizs für seinen Geheimen und Regierungsrat Johann
Friedrich Pawel von Rammingen. Dat. Heidelberg 27. October 1672.
Recreditif des Kurfürsten von Brandenburg d. d. Hauptquartier Rüssels-
heim 28. October /7. November 1672 betriflFt die von den Alliirteü gewünschte
Einlagerung ihrer Truppen im Kurpfälzischen.
Der KurfUrst an den Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz.
Dat. Hauptquartier Rüsselsheim 4/14. November 1672.
[Eoergische Erkläraog aaf den karpfälzischen Bescheid.]
14. Nov. Auf die dem Obristeu Krosigk erteilte Resolution, worin KPfalz unter
Origin.
^ (Jone, des Greditifs nicht vorhanden. Die Gesandtschaft gieng auch an
den Landgrafen Ludwig von Hessen-Darmstadt. Unten S. 329.
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ErkläruDgeD des Kf. ao Kurpfalz. 315
anderem setzen lassen: ^es wäre Ihr nicht wenig befremdlieh yorkommeo,
dass bei itzigen friedlichen Zeiten im Heiligen Römischen Reich man den
March dnrch Dero Lande begehre**. — ^Nun möchten Wir wol wünschen,
dass die Zeiten im Reiche so friedlich wären^ dass Wir dieser mühsamen
£2pedition und der unerschwinglichen Kosten, so Wir desfalls ertragen
müssen, überhoben sein und bei dem Unsrigen in Ruhe nnd Friede hätten
bleiben können.** Aber zu geschweigen, ^was Andere im Reich, so das
Herzogtum Berg, Stift Essen, Enrtrier, Lüttich und andere Grafen nnd
Stände betroffen hat**, weist Kf. auf die Verwüstungen der Franzosen im
Cleyischen wie überhaupt auf die durch das Vorgehen Turennes bekundeten
Absichten der Franzosen hin. In Anbetracht dessen ist es unmöglich,
^dass Ew. Ld. die unüberwindliche Gefahr, so dem Reiche überm Haupte
Bchwebet, und wie solches bereits in voller Kriegesflamme stehet, nicht be-
greifen sollten. Ew. Ld. wissen, dass weder I. Kais. M. noch auch einiger
Stand des Reichs sich deshalb formalisiret, wann der König von Frankreich
sich in seinem Lande in Kriegesverfassung gestellet und seine Trouppen
zusammengeführet, wiewol man vielleicht Ursache genug dazu gehabt haben
möchte. Dafern aber demselben freistehen sollte, wann I. Kais. M. und die
Stände vor des Reichs Sicherheit vigiliren nnd, damit ein Jeder bei dem
Seinen ungekränket, auch vor unbilliger Gewalt geschützet bleiben möge,
ihre Völker im Reich zusammenziehen, alsdann ins Reich zu rücken und
dieselbe auf dem Reichs-Boden anzutasten: so würde es gewiss mit des
Reichs Autorität, Frieden, Ruhe nnd Sicherheit ganz gethan sein, und
möchte ein Jeder nur bei Zeiten, wann man sich nicht anders dabei be-
tragen wollte, das Joch sich willig über den Hals ziehen lassen.*' Die
Leiden seiner eigenen Lande hätten schliesslich auch die anderen Mitstände
ZQ gewärtigen; ^und wird maus denen gewiss nicht besser machen, ob man
ihnen vielleicht eine gewisse Frist gönnet**. KPfalz möchte dies beherzigen
and sich denen anschliessen, denen an des Reiches Wolfahrt mehr als an
der eigenen liegt.
P. 8. d. d. 5./15. November 1672. üebersendet abschriftlich den 15. Nov.
Braunschweiger Tractat mit dem Wunsche, dass KPfalz in das Bündnis
eintreten möge.
KurfUrst Karl Ludwig von der Pfalz an den Kurfürsten.
Dat. Friedrichsburg ^) 4. November 1672.
[Gerücht dass Kf. sich Oppenheims bemäcbtigen wolle.]
^Nachdem das Geschrei erschollen, dass Ew. Ld. mit Dero und der 14. Nov.
Kaiserlichen Armee über den Rhein zu gehen und Unsers Schlosses nnd
1) MaDDbeiiD.
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31 f> II. Der Winterfeldfug von 1672 auf 1673.
Stadt Oppenheim sich zu bemächtigea gesinnet wären, dahero nicht
allein der alhier anwesende Kgl. Französische Extraordinär- En?9y6 Mar-
quis de Dangean sondern auch der von dem Prinzen de Gond^ zu Uns
Abgeschickte de Morin sehr alarmiret worden und darauf in ihres Königs
Namen an Uns gesonnen, dass Wir ged. Schloss und Stadt entweder dnrch
Unsere eigene geworbene Völker oder andere Truppen, so Uns von dem
Prinzen de Cond6 zu diesem Ende überlassen werden sollten, gegen feind-
lichen Angriff besetzt halten möchten, Uns aber solches bei jetzigen Zeiten
gar ungelegen fallen würde und Wir dieses Uns getraneten, wofern Ew. Ld.
Uns des Widerspiels dessen, so Eönigl. Französischer Seiten desfalls wegen
mehrgem. Stadt und Schlosses beförchtet wird (ob Wir schon, was Uns
angehet, solches Ew. Ld. Intention zu sein Uns nicht einbilden können)
durch ein Schreiben versichern wollen** ... so wird Kf. um ein solches
Schreiben ersucht, damit K Pfalz dasselbe „den französischen Ministris vor-
zeigen und dadurch alle besorgende Ungelegenheiten abkehren möge^.
Der Kurfürst an den Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz.
Dat. Hauptquartier 6./16. November 1672
[auf das Schreiben vom 4. November].
10. Nov. Kf. würde in solchem Falle, wie er es durch seine erste Gesandtschaft
gethan, sicherlich nicht unterlassen haben, EPfalz wegen des Durchzuges
zu begrüssen . . . . „Müssen darauf bekennen, dass Wir Uns hierin ... [Rück-
sichtnahme auf das was die Franzosen etwa thun würden] gar nicht finden
können, hätten vielmehr gehoffet, Ew. Ld. würden ein solches unge-
reimtes Angesinnen eines auswärtigen Prinzen, der sich billig
in des Reichs Sache nicht zu mischen hat, dahin angewiesen haben,
dass Ew. Ld. mit I. Kais. M. in viel besserem Vertrauen stünden, als dass Sie
Sich um einer unbegründeten Furcht willen Deren Besatzungen gebrauchen
sollten, welche das Reich öffentlich mit Feuer und Schwert verfolgen, tragen
auch das feste Vertrauen ^, K Pfalz werde sich vom Kaiser und von denen
nicht trennen, welche das Reich vor auswärtiger Gewalt zu schützen suchen.
18. Nov. d- d. Friedrichsburg S.November 1672 schreibt KPfalz, der Kai-
serliche Postmeister Altorf zw Rheinhausen klagt, dass am 4. eine Partei
von 25 Pferden von der kflichen und der kaiserlichen Armee den französi-
schen Major zu Philippsburg de la Neuville „vorm Thor zu Worms
am Scblagbanm im Herausreiten mit dem bei sich gehabten Postillon and
dreien ihm, Postmeistern, gehörigen Postpferden hinweggenommen und
darauf sobalden mit sich fort und nach der Armee geführt^ .... EPfalz
verlangt, dass ihm die Thäter „zur Abstrafung sistirt werden^, weil die That
in seiner „unstreitigen laudesfürstlichen Botmä^sigkeit nnd auf seinen kund-
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Haltung des Kurfürsten v. d. Pfalz. Schwerin in Mannheim. 317
baren ofifeneD Geleits- Strassen, da jedoch bekanntlich die Posten im Roem.
Reich hochprivilegirt sein, beschehen und solchergestalten die Landstrassen
in seinen Landen ?or die Durchreisende gar unsicher gemacht werden
dörften« ').
Am 10/20. November 16Y2 trifft der Oberpräsident Prhrr. von 20. Nov.
Schwerin in Mannheim zur Audienz Vs H Ubr bei dem Kurfürsten Karl
LfOdwig ein, an welcher nebst Marquis de Dangeau und einem Edel-
mannes) vom Prinzen Cond6 einige aus Karl Ludwigs Umgebung teilnehmen.
Die Unterredung findet wegen der anwesenden Franzosen in französischer
Sprache statt. Schwerin verteidigt den Marsch, den man unternommen,
nachdem Frankreich das Reich infestirt habe. Der französische Abgesandte
nimmt das Wort und zeigt an, ^dass dieser Marsch viel ärger sei als der,
so nach Westphalen gehen sollen", und fragt, was man denn gegen Frank-
reich zu klagen habe: der König hätte sich erboten, das Fürstentum Clcve
zu restituiren. Worauf Schwerin geltend macht, hinreichende Satisfaction
würde niemals erfolgen, und das Reich könnte nicht in Ruhe sein, solange
der Krieg in Holland continuirte und die Clevischen Städte mit französischer
Besatzung belegt wären. — Tafel. Nach Beendigung derselben im Ge-
mache der Kurprinzessin, welche wegen Unwolseins nicht zu Tisch er-
schienen, private Unterredung zwischen Schwerin und dem Kurfürsten,
welcher ^mit etwas Bewegung über den vorhabenden March doliret", der
sein Land so zurichten werde, dass es die Garnisonen nicht weiter unter-
halten könne; und wenn das die Alliirten nicht thäten, so würden es dann
die Franzosen besorgen. Ob Schwerin wol wüsste, wo Philippsburg läge ?
Es wäre schade, wenn die Armee verloren gienge: „S. Ob. D. könnten wol
einen anderen March nehmen, dabei Sie die Armee besser conserviren könnten.^
Darauf schickt der Kurfürst den Secretär Seyler und lässt durch
diesen dem Oberpräsidenten „einige Rationes vorlesen, warum sie sich von
dem Rhein wegzubegeben hätten, und wann sie solches thäten, würden sie
vor Geld Zufuhr genugsam auf den vier Strömen als dem Main, der
Neckar, Daubcr und Donau, jedoch vors Geld, haben können, und
müsste die Armee alsdann vor eine Reichs-Armee consideriret werden^.
Die schriftliche Communication .wird nicht zugestanden; Schwerin notirt,
während der Secretär liest, die Commoda und Incommoda (Anlage). Anf
die Frage des Kurfürsten, die auch vorher schon der Secretär gethan: „ob
er die Franzosen versichern könnte, dass wann sie sich mit ihrer Armee in
ihre Quartiere begäben, man sich auch dieserseits vom Rheici ab begeben
und also beiderseits ein Armistitium machen wollte^: erklärt Schwerin
dann, mit Recht nicht instruirt zu sein, zweifelt auch, „ob es Holland ein-
gehen würde, weil sie sich zu einem Winterkrieg sehr präpariret hätten^.
') Dazu ein P. S. mit Berichten über Gewalttbaten braadenburgischer
Streifparteieu (an Denn verschiedeneu Stellen) im Pfalzischen.
*) de Morin.
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318 II- Der Winterfeldzug von 1672 auf 1G73.
Unterredung über die Lage Hollands nnd Spaniens. Auf die ferner ge-
thane Frage des Kurfürsten, was er sich Tersprechen könne, wenn er dem
brandenburgisch-kaiserlichen Bündnis beitrete, bittet Schwerin, dass er nar
seine Desiderien angeben möge. Vor allem möge er nicht in die Allianz
sich begeben, welche von Frankreich za Regensburg proponiret werde').
Der Kurfürst bestätigt, dass er dieselbe nicht habe annehmen wollen trotz
der Avantagen, die man ihm gemacht habe: er werde zunächst sehen, wie
man es mit dem Marsch anstellen und sich gegen ihn bezeigen werde. —
Nach der Tafel recommandirt der Kurfürst nochmals Entfernung vom Rhein
und Armistitium.
Anlagen.
Die lucommoda, wann die Armeen am Rhein stehen bleiben.
1. Würden sie eine Schlacht hazardiren müssen, wann sie übergingen,
denn sonsten sie die Conjunction des Prinzen von Gond6 und de Tnrenne
nicht hindern könnten.
2. Blieben sie diesseits, so gäben sie den Franzosen die besten Quar-
tiere, welche wegen unsrer Armeen Praetext nehmen würden, und gäben
Ihnen das Kornland.
3. Liessen sie Frankreich den Glimpf, dass es sonst tractiren wollen,
wenn Brandenburg nicht am Rhein stünde, und es also daran verhindert
worden, denn der König nicht tractiren würde le baston haut.
4. Die Bauern diesseits hätten ausgedroschen und alles in die Städte
salviret.
5. Die Bauern wären am Rhein viel hartnäckichter nnd würden den
Parteien grossen Schaden thun und die Armee schwächen.
6. Churpfaizens Festungen würden in Gefahr gesetzet, wegen Mangel des
Unterhalts bei Ausbleibung der Schätzungen in andre fremde Hände zn fallen.
7. Der Krieg würde dadurch ins Reich gezogen, darüber Holland
nnd Spanien froh sein würden.
8. Holland wäre nnerkenntlich.
Die Commoda, wann sie vom Rhein wegziehen.
1. Frankreich würde der Prätext benommen und der Weg zn den
Traf'taten gebahnet.
2. Churpfalz würde dem Reich zum Besten und dessen Festungen
conservlret.
3. Der Glimpf, dass man Frankreich des Friedens halber soviel deferiret.
4. Hätten das rechte Kornland nach Franken und Schwaben.
5. Keine grossen Wasser zu passiren, wann sie wieder an den Rhein
gehen wollten, auch ohne Gefahr auseinander legen. ^)
6. Könnten durch viele Flüsse Zufuhr haben.
1) S. unten Einleitung IIL
'0 Verderbt.
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Verhandlangen in MaDDheim. 319
7. Wann sie gute Disciplin bielteo, würden die Staude dadurch obli-
giret, eie vor eine Reichsarmee zu erkennen.
8. Marquis Dangeau versicherte, Frankreich wollte auf solchen Fall
auch in seinen eigeuen Winterquartieren bleiben.
9. Da Frankreich eher in Elsass nnd Lothringen und an der Saar
würde müde werden als Brandenburg in den Seinigen.
10. Churbrandenburg könnte nicht wissen, wie es in Polen und
Preassen noch ablaufen möchte; Sobiesky hielte es mit Frankreich.
11. Wann der etwas wider Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit
hätte, würden sie gezwungen werden, zurückzugehen.
12. Frankreich könnte die Armee nicht heruntergehen lassen, sondern
müsste Elsass und Lothringen observiren. (Dazu noch ,Conditiones um
Proviant zu liefern*. Ohne Belang.)
Der Kurfürst an den Kurfllrsten Karl Ludwig von der Pfalz*).
Dat. Hauptquartier RUsselsheim 14/24. November 1672.
[Freude über dio VerhaDdlungen und Bescheid darauf.]
Spricht über die stattgehabte Verhandlung seine Freude aus. £r be- 24 Nov.
dauert, dass er Anderen und so auch dem Kurfürsten von der Pfalz be-
schwerlich fallen müsse, hegt aber zu diesem das Vertrauen, er werde, und
nicht allein ^wegen der nahen Blutsfreundschaft, so unter Uns ist^, ihm
nicht verübeln, wenn er sich in Besitz seiner ^gewaltsamer Weise abge-
nommenen and indignement tractirten^ Lande zu setzen trachte.
„Zwar ist uns gebürend eröffnet, wasmassen Ew. Ld. beigebracht, als
wann man Französischer Seiten ohndem zu solcher Restitution sich wol ver-
stehen würde. Es mögen aber Ew. Ld. nur sicherlich glauben, dass solches
ein blosses Vorgeben nnd der Ernst nie dabei gewesen, indem man vielmehr
je länger je klärer den Appetit, sich des Hheinstroms und ganz Teutsch-
lands zu bemächtigen, verspüren lasset. Welches, wie es Ew. Ld. so wol
als Uns unerträglich fallen würde, also hoffen Wir auch, Dieselben werden
solches zu verhindern Ihro nicht weniger angelegen sein lassen, als Sie
seheu; dass Wir es, wiewol mit höchster Ungelegenheit dennoch aus treuem
patriotischen Gemüte unterfangen haben.^
Was das Abrücken der Truppen vom Khein betrifft, so könne er leider
KPfalz in seinen Vorschlägen nicht zn Gefallen sein, da das nicht ^von
seiner freien Willkür sondern von der Raison de guerre dependire^. Wenn
er seine eigenen Lande nicht versehene, so werde es ihm nicht verargt
werden, dass er notgedrungen hier Pfälzisches Gebiet berühre; schonen
nnd behandeln werde er die Lande wie seine eigenen. — Das Armistitium
werde mit den AUiirten insgesamt zu überlegen sein.
CoDC. von Paul Fachs mit Correcturen von SchwerioB Hand.
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B20 11- Der WiDterfeldzug voo 1672 auf 167B.
Kurfürst Karl Ludwig an den Kurfürsten.. Dat. Friedrichs-
burg 22. November 1672.
[Bitte um Schonung seiner Lande.]
2. Dec. Nach den täglich einlaufenden Berichten ans seinen Aemtern könne er
die ^Effecten von des Kf. Sincerationen nicht spüren'^. Sein Commissarius
Linrk wird solches bestätigen. Bittet, Diejenigen, die sich in die vom
Kf. ^geklagten Handel^ nicht gemischt, nicht entgelten zu lassen was er
etwa an Andern zu fordern hätte, und „mich samt meinen Landen nnd An-
gehörigen nicht in die allegirte raison de guerre gegen alle Raison mit-
einznflechten^.
P. S. Eigenhändig. „Ich bitte dienstfreundlich und brüderlich, mir
nicht zu verübeln, dass ich diesen Brief wegen Schwachheit meiner Augen
nicht mit eigner Hand geschrieben, zumaln es Derselben zu lesen zu molest
gefallen wäre".
Der Kurfürst an den Kurfürsten Karl Ludwig. Dat. Rüssels-
heim 26. November/6. December 1672.
[Der Marsch über den Rhein wird eingestellt.]
6. Dec. «... Wann Wir seither zum öfteren überleget, was Ew. Ld. . , . jüngst
vorgestellet, wie Sie durch den Marsch grossen Schaden leiden und in Bei-
tragnng Ihrer Hülfe vor des Reichs Sicherheit geschwächet werden würden,
und was Sie Sich sonsten, dass auch die Franzosen bei Nachbleibung Un-
seres Marchs über den Rhein diese Gegend meiden und sich in das ihrige
reteriren sollten, vernehmen lassen: so haben Wir sowol aus freundbrüder-
licher Affection gegen Ew. Ld. als auch in gewisser Zuversicht, dass Ew.
Ld. als ein vornehmer Charfürst des Reichs keinen anderen Rath ertheilen
werden, als der dem Reich crspriesslich und dem ganzen gemeinen Wesen
fürträglich sei. Uns entschlossen, damit weder Ew. Ld. noch andere sich
Ursache zu beklagen haben den March über den Rhein einzustellen.*^
Der Kurfürst von der Pfalz möge nun auch bedacht sein, „dass die
Französische Armee abziehe, und sich in das ihrige begebe^.
Versicherungen.
Kurfürst Karl Ludwig an den Kurfürsten. Dat. Friedrichs-
burg 9. December 1672. Eigenhändig.
[Bedauert dem Kf. vor dem Abmarsch nicht personlich Lebewohl sagen zu können.]
19. Dec. „Dass Ew. Ld. meinem Commissario Linck so gn. Zutritt verstatteu
und durch ihn Dero beständigen Gewogenheit mich versichern, auch Dero
Abzug aus diesen Quartieren verständigen und wirklich vornehmen wollen,
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Schriftliche VerabschiedaDg vod Eurpfalz. 321
dafür verbleibe Deroselben höchlich obligirt. Ich hätte mir zwar die Ehre
nnd Freude gern gegeben, Ew. Ld. Tor Dero Abmarsch persönlich anfzn-
warten and Deroselben solches dienstfertig zu bezeugen; weil ich aber ans
denen Ursachen, so Ew. Ld. Bringer dieses mein Rath und Oberstwacht-
meister von Ploetz anf gn. gestattete Audienz mit mehrerem anzeigen
wird, für diesmal daran verhindert worden, als habe nicht unterlassen
wollen, hiemit bei Ew. Ld. freundvetter- und brüderlich Abschied zu nehmen,
die schuldige Danksagung für Dero hiebei verspürete hochgeschätzte Affec-
tion abzulegen, Deroselben Mich und Meines Hauses Interesse ferner zu
empfehlen und zu Dero Reis und allem zu des Rom. Reichs, Ew. Ld.
eigenen Landen und Leuten Besten, dem Instrumento Pacis und den Reichs-
satzungen gemäss zielenden heilsamen Vorhaben alle selbstverlangende
Glückseligkeit von Herzen anzuwünschen . . . %
8. Hessen-Rheinfels und Hessen-Darmstadt.
Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels^) an den Kurfürsten.
Dat. Rheinfels 3./13. September 1672.
[WäDBcht des Ef. perBÖuIiche Bekanntschaft.]
„Ob ich schon noch nicht die Ehre gehabt, Ew. Gn. aufgewartet zu 13. Sept.
haben und von Deroselben bekannt [zu] sein, so bin ich doch jederzeit in
die eifrige Begierde gestanden, welches denn Dero Frau Schwester die
F. Regentin von Hessen-Cassel Ld. gerne attestiren wird, Ew. Gn.
und Dero Churhause all nur möglichste und gehorsamste Dienste zu leisten
und mich bei Deroselben als einem so grossen als überall hoch renommirten
Churfürsten recommandiret zu machen und mich in Dero Qnad und Pa-
tronicinm') zu recommandiren; gestalt ich dann deswegen Yorzeigern dieses
meinen Bedienten Capitain Nordeck abgefertiget, E. G. diesen Brief
zu überliefern und Dero Befehl einzunehmen. Um Sie aber nicht länger
aufzuhalten, will ich nächst Empfehlung in den Schutz Gottes und An-
wünschung aller selbst desiderirenden Avantage zu Dero generensen Dessein
mich sagen E. G. treudienstwilligster Vetter und gehorsamster Knecht
Ernst L. v. Hessen.**
d. d. Franenhansen 13./23. December 1672 dankt Kf. in einem Hand-
schreiben, in welchem er ebenfalls seioem Bedauern Ausdruck giebt, den Kur-
furaten Karl Ludwig nicht persönlich gesprochen zu haben.
^ Der Schriftwechsel mit diesem Fürsten gewährt ein hohes sachliches wie
persönliches Interesse. Üeber den merkwürdigen Mann vgl. Deutsche Randschan
Jahrg. 1887. (Juli. August) S. 37—62. 215-241.
^ Origin. Ueber den Stil des Landgrafen vgl. das von ihm selbst abgelegte
Bekenntnis a. a. 0. S. 38.
Mater, s. 0«sob. d. G. Kurfürsten. Xni. 21
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322 IL Der Winterfeldsog ?od 1672 auf 1673.
Der Kurfürst an den Land^afen Ernst von Hessen-Rhein-
fels. 0. 0. 0. D. [Bergen 5./15. October 1672.] Eigenh. Conc.
15. Oct. n^^- ^^* werden Sich aonocb su eriDnern wissea, ivekhergestalt Die-
selbe gegen mich in Vertrauen gedacht, dass wann I. Kais. M. mit £w.
Ld. tractiren lassen wollten, Dieselbe Sich gegen obgem. Kais. Maj. dann
dergestalt erklären würden, wia solches einem treuen und tapferen deutschen
Reichsfürsten gebürte. Wann Ew. Ld. mir nun Dero Intention, was Die-
selbe von Ihrer Kais. Maj. begehrten, und aof was Condition Sich Dieselbe
mit Ihr einlassen wollten, vertraulich entdecken, werde ich allen Fleiss an-
wenden, solches aufs Beste zu befordern, und wird mir nichts liebers sein
als wann Ew. Ld. ich hierin dienen kann, Die ich hiermit göttlicher Be-
wahrung empfehle.*
Hierauf antwortet der Landgraf durch seinen Secretär Matthaeus
Myner d. d. Rheinfels 17. /27. October 1672: „An aufrichtiger wahrhafter
treuen Teutschen Devotion zu Ihrer Kais. M. und des Reichs Diensten er-
mangelt es mir gar nicht, aber wol an den Kräften, etwas Sonderliches za
prästiren.^ Beweis dessen die Anlage.
Anlage.
Memorial des Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels. Dat. Rheinfels
17./27. October 1672.
Notanda pro informatione.
27. Oct. 1. „Erstlich bin und halte ich mich ganz und zumal frei von Engage-
ment mit einigen Potentaten, gestalt ich denn von Keinem einen einzigen
Heller empfangen und also anch keine Obligation habe^).
2. Wofern etwa bei jetziger Gelegenheit zu Kais. M. und des Reichs
Diensten mit mir etwas tractiret und geschlossen, anch dieses Passes und
Festungen sich nutzlich zu bedienen erachtet werden könnte, so prätendire
ich anfangs und vor allen Dingen, dass ein solches dem Interesse des re-
gierenden Hauses Hessen-Cassel in keinerlei Wege entgegen länft, als von
welchem ich mich nicht begehre zu detachiren und also und insoweit als-
dann mit dessen Beliebnis geschehen.
3. Dieser meiner einhabenden Oerter in der Grafschaft Eatzenellen-
bogen Situation am Rhein betreffend, liegen solche eine Stunde unter der
Chur-Trierschen Stadt Oberwesel und fünf Stunden oben Coblenz. Die
C hur pfälzische Oerter Bacharach und Canb aber liegen zwischen Oberwesel
und Bingen, und hat es fast an diesem alleinigen Ort mit dem Rheinstrom
die Gelegenheit, dass er wegen eines daselbsten befindlichen Wirbels nimmer
zufrieret, und man also bei allerlei Wetter allezeit Oberfahren und -setzen kann.
4. Die Situation ist sonsten ganz gebirgig, nnd lieget das Schloss
^} Was es damit auf sich hat, darüber vgl. Deutsche Randechaa a. a. 0. S.
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Memorial des Landgrafen von Hessen-RheinfelB. '323
und Festang Rhe infels auf der Trierschen and hingegen das Schloss nnd
Festung Eatzenellenbogen, oder infigemein die Katz genannt, jenseits fast
gegen einander über. Unter dem Schloss Bheinfels lieget ein Städtiein
St. Goar genannt, anter der Katz aber ein mit Manern nnd Thürmen wol
versebener, and wegen der tiefen Sitnation nicht zu beschiessen; Flecken St.
Ocarshansen genannt.
5. Solche Oerter nan, sonderlich aber Rheinfels; seind vor diesem bei
weitem nicht in dem Stande gewesen als nnnmehro, da ich seithero fünf-
zehn Jahren von dem wenigen, was respectn dero grossen Aasgaben dazu
anwenden können^ an die einmalhanderttaasend Reichsthaler, and zwar blos
and allein aas meinen propern and nicht des geringen anvermögenden
Ländeleins oder sonsten eines oder andern Potentaten Mitteln daza her-
gegeben habe. Denn weil das Schloss Rheinfels fast von vier Ecken her
Yon Bergen dominiret wird and ohne Graben und Planken sich befand,
habe ich and zwar alles von starkem Mauerwerk in- nnd auswendig gefuttert
and mit starken gegen Granaten gemachten Gewölben, anch überall mit Plan-
keu^ Traversen und Sortien dergestalt alles versehen, dass es nan ein solcher
Platz ist, von welchem alle hier passirte nnd erfahrene Generalpersonen
und Ingenieurs mir das Zeugniss geben, dass es ein Ort ist, worauf man
sich wol etwas wehren und cbicaniren könne.
6. Und zwar werden auf den Angriflfsfall über fünfhundert Mann zu
dero Defension nicht erfordert, habe auch über das noch ein ziemlich festes,
sechs Stund von Rheinfels im Land gegen die Wetterau und Westerwald,
und der Communication und sonsten der militärischen Respecten wolge-
legenes Schloss Hohenstein genannt. An allen diesen Orten habe ich durch
den mit dem regierenden Haus Hessen-Cassel in An. 1654 zu Regensburg
getroffeneu und von Kaiser!. Maj. und dem ganzen der Zeit daselbsten
versammelten Rom. Reich in vim sanctionis pragmaticae confirmireten Ver--
gleich alleinig vor mich und die Meinige das jus praesidii.
7. Auf beiden Orten Rheinfels und Katz habe ich an die fünfzig
grosse and kleine and zwar mehrcntheils metallene Stücke, unter welchen
zwei halbe Kartaunen, auch andere von zwölf und sechzehn Pfunden, nebst
einigen Feuer-Mörsel.
8. Meinen geringen Mitteln bei den vielen Wittumsgebürnissen *) und
Deputaten und dem hiesigen alleine mir contribuirenden Ländelein nach (zu-
malen meine Lande in Hessen mir nicht, sondern nach Cassel contribniren)
kann ich jetzo nicht mehr halten als etwan ein anderthalb hundert Mann,
und dann des Ausschusses mich gebrauchen, worauf sich aber wenig zu
verlassen ist.
9. Ob nun bei jetziger Zeit und Gelegenheit diese Oerter zu Ihrer
Kaiserlichen M. Diensten einiger Massen in Consideration kommen können,
als mit welchen man den Rbelnstrom sperren, zwischen den vier Rheinischen
Churfürsten einen solchen Pass, auch auf solchen Fall eme Retraite und
') Ao die LandgräBo Eleonore in Boppard.
21*
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324 n. Der Winterfeldzag von 1672 auf 1673.
die zur Schififbrücke erkaufte Schiffe and Magazine in Sicherheit haben
können: solches werden I. Qn. der Chnrfürst und der Kaiserliche General-
lientenant Herr Graf-Montecuccoli am besten ermessen. Und würde
vor allen Dingen nöthig sein, dass, falls sie einige Inclination daza hätten, sie
mir wie eher wie lieber, jedoch ganz hochwichtigen Umständen halber an-
vermerkt, unmassgeblich den Herrn General Goltzen und auch einen Kai-
serlichen auf die Fortification sich wol verstehenden Officier anhero
schicketeU) um alles in behörlichen Augenschein selbsten zn nehmen und
also besser referiren zu können.
10. Dann alsdann nnd eher nicht ich mich erst würde expliciren
können, mit nnd auf was Weise und Condition mir möglich fallen wird,
mein zu Kais. M. Diensten und des Reichs Wolfahrt treueifrig Gemüte za
contestiren und aus dem sonnten sichern Stand der Neutralität in einen oder
andern Hazard zu stellen, sonderlich nachdem ich dieser Orten ganz
allein stehe.**
Instruction fUr den Geheimen Kriegsrat Generallieutenant
Joachim Rüdiger Freiherrn von der Goltz bei seiner Sendung
an den Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels. Dat. Haupt-
quartier Bergen 21. October 1672 0-
[Besicfatigang der landgräflichen Schlösser und des RheiDaberganges.]
31. Oet. Soll sich mit dem Officier, welchen ihm Graf Montecuccoli zugeben wird,
auf nächstem Wege nach Rheinfels begeben, aber unter dem Schein von
Privatgeschäften und ohne jede Ceremonien. Complimente. Für das Erbieten
vom 27. October dem Landgrafen zn danken, jedoch nichts zu specificireii.
^Weil Wir nun Ihrer Ld. Begehren zufolge ihn dahin gesandt, so ver-
langen Wir, dass Sie demselben vergönnen wollen den Ort mit Gelegenheit
alda in Augenschein zu nehmen. Wann I. Ld. von Einnehmnng einiger
Garnison selbst nichts erwähnen, hat er sich auch nichts anzunehmen.
Sollte aber I. Ld. davon gedenken, jedoch dass Sie zuvörderst den Consens
von Uessen-Cassel einholen wollten, so hat er anzuzeigen, dass Wir über
Uns nehmen wollten solchen Consens zn verschaffen, nnd dass I. Ld. darum
die Sache nicht verzögern möchten, dieweil I. Königl. M. nnd Uns an Be-
schleunigung des Werks merklich gelegen, wie sich denn Unser General-
lientenant angelegen sein lassen soll, I. Ld. dahin zu disponiren, dass hier-
über zuvorderst etwas gewisses resolvirt werden möge.**
„Im übrigen hat er sich der Orten unter der Hand zn erkundigen, ob
der Rhein alda, wie man Nachricht davon hat, wegen eines daselbst befin-
denden Wirbels so beschaffen, dass er nimmer frieret, und man zn aller
Zeit überkommen könne, ferner wie die Situation an beiden Ufern beschaffen,
und wie die andere Ihrer Ld. zustehende Oerter als Neu-Katzenellenbogen,
oder die Katz genannt, nnd St. Goarshausen beschaffen. Vornehmlich
') Kioe Seodoog des Hauptmann Hath unterblieb.
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Goltz an deu Lacdgrafen von Hesseo-Rheinfels. 325
aber id was Zustand das Schloss Rhein fei s sich an ihm selbst befinde, mit
wie viel Mannschaft solches wol versehen werden muss, und wie viel Stücke
i»ich zu Neu-Katzenellenbogen befinden, ob Schiffe der Orten zu bekommen^
ob dieselbe den Winter über alda sicher liegen können, auch ob Gelegen-
heit daselbst, einig Magazin aldort anzurichten und zu conserviren.^
d. d. Rheinfels l./ll. November 1672 übersendet Landgraf Ernst 11. Nov.
seine Postnlata^) mit dem Anheimgeben, sie Kaiserlicher Majestät zuzustellen.
Er hatte sie nicht übersenden wollen ohne die Antwort auf die Relation
der beiden Generale (Goltz und Keiserstein) abzuwarten, sendet sie
nan aber doch, weil General Goltz seinem Rittmeister^) gesagt4iat, dass
Kf. sie erwartete. Hat auch nicht eher schreiben können: ^wir haben hier
des auf allen Seiten und sonderlich der übel hansenden Franzosen halber
gehabten Auflaufs soviel zu thun gehabt, dass man fast auf nichts anders
die Gedanken schlagen können Ew. Gn. wollen gleichwol beliebig
bedenken, dass ich vor meinen kleinen Estat ein Grosses resolvire, meinen
Residenzort gleichwol auf allen Fall dergestalt zu risquiren . . . stelle Dero-
selben guten Belieben anheim, ob Sie vermeinen, Kais. Majestät die Bei-
lage zu sckicken. Unterdessen gleichwol dasjenige was ich und zwar ohne
Vorzeigung einiges Schreibens, Grdre oder Passes von Ew. Gn. Dero Christ-
lieotenant Hennich >) vom Moernerischen Regiment vergangenen Sonntag,
und zwar da eben die ganze Französische Macht mir so nahe vor der Thür
war, auch Chur- Mainz und andere meine Benachbarte devoviret(?) und so
willfährig sich eben nicht erzeigt haben, allein ich Ew. Gn. zu schuldigen
gehorsamen Respect erwiesen, genugsam verspüren, wie ich zu Kais. M.
und Dero Dienste intentioniret "
Beilage.
Bericht des Landgrafen Ernst von Hessen-Rheinfels nebst
Conditionen. Dat. Rheinfels l./ll, November 1672.
,Als ich neulich mit meinen beiden Söhnen^) zu Frankfurt mich ein- n. Nov.
gefunden, um Ihrer Gn. dem Herrn Churfürsten von Brandenburg sowol auf-
zuwarten als auch dem Kaiserlichen Generallieutenant Grafen von Monte-
cnccoli die Visite zu geben, und ich auf gegebene Veranlassung und per
discursum I. Gn. den Herrn Churfürsten gegen das sonst gelaufene un-
') Die BedingUDgen sind derartig, dasa der Landgraf sich selbst sagt: «ich
zweiOe doch perspectis perspiciendiB gar sehr: ob diese Oerter dergestalt eben
in CoDsideratioD kommeD können, dass K. M. zu solcher Eingebung Sich resol-
viren BoUteü". — Weitere CorrespoodeozeD im ADSchloss daran. — Briefe sollen
nach Frankfurt an den Faktor Johann Ochs gesendet werden.
^ Sanerbier.
^ Hennigs von Treffenfeld.
«) Wilhelm nnd Karl.
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326 n. Der WiDterfeldzug von {6T2 auf 1673.
begründete Geschrei dahin sinceriret, dass zumal nichts daran wäre, dass
ich dem König von Frankreich diese Festung am Rhein zu verkaufen je-
mals gedacht, sondern vielmehr zu Kaiserl. M. und des Reichs Diensten
und wahrhafter Znsammensetzung, ja so sehr als einiger guter wahr-
hafter Teutscher, die Inclination hätte, darauf haben I. On. der Churfurst
wenig Tage hernach durch einen Trompeter mir ein eigenhändiges ganz
freundliches Schreiben zugeschickt und sich bei mir erkundigen wollen, wie
und welcher Gestalt zu Kaiserlicher M. Dienste intentioniret wäre. Hierauf
habe ich zur Information, was es mit mir und"" diesem am Rheinstrom ge-
legenen Posten vor eine Gelegenheit hätte, einige Puncte überschickt, mit
Vermelden, dass am besten sein würde, dass sie einige hohe Officirer hier
möchten herschicken, um selbst alles zu besehen und in den AugenscheiD
zn nehmen, gestalt denn hierauf einige Tage hernach die beiden General-
personen, nämlich der Churbrandenburgische Herr Generallieutenant Goltz
und Generalmajor Keiserstein anherkommen. Nachdem sie aber kaum und
zwar in etwas nur das Haus Rheinfels besehen können, da haben solche wegen
des eben der Zeit sich begebenen Französischen Einfalls und also yorgangener
Ruptur zu Nassau ^) sich in continenti aufmachen und wieder zur Armee be-
geben müssen. Damit nun I. Qu. der Herr Churfurst von Brandenburg sowol
als Kaiserlicher Generallieutenant Graf von Montecuccoli meine fernere Er-
klärung wissen und danach ihre Mesure nehmen können, so ist solche folgende:
Dass wofern nicht Kais. M. nämlich ein beständiges Absehen haben,
dieser Oerter Sich in vielerlei Esgard am Rheinstrom zn gebranchen und
also zu denjenigen Postulatis, welche sowol in aller Raison als Possibilität
gegründet sind, zu resolviren, sondern Ihro vielmehr als von Dero Erb-
landen so weit und fast an die hundert teutsche Meli entlegen, beschwerlich
und bedenklich fallen wollte, in dergleichen sich derhalben einzulassen,
massen bereits des Granischen Regiments ^^ Unterhaltung zu Cöln fast schwer
fallet und dessen Abkommung dermaleins verlangen: so sage ich, dass
alsdann und auf solchen Fall ich nicht sehe, wie mir zu rathen stehe, dass
ich mich um etwas, nur alleine diese Conjunctur betreffend, aus dem sonst
sichern und ruhigen Stand, nämlich der mit keinem kriegenden Theil zu
thuu habend, und also ans der gaudirender Neutralität setzen und mir dies
so nahe angrenzende und mächtige Französische Gewalt auf den Hals
ziehen solle, sonderlich, da ich auf die Art hier fast ganz uud zumal allein
stehe, und fast Niemand von den benachbarten Chur- und Fürsten hätte,
welcher vor mich sein würde.
Die Conditiones nun, welche ich aller Raison nach auf solchen Fall
nothwendig werde prätendiren, sind folgende:
1. Dass gegen des regierenden Hauses Hessen-Cassel Interesse niemals
hierdurch etwas intendiret werde, als von welchem ich mich keineswegs begehre
zu detachiren noch abzusondern, nnd also mit dessen Beliebnis geschehe.
Oben S. 301.
^ Des kaiserlichen Commissars Marquis de Grana in Cölo.
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Bedingungen des Landgrafen zum Anschlass an das Bündnis. 327
i. Dass in den einmal verhofften Frieden meine nnd der Meinigen
Sicherheit aufs beste mitgewahret und also ausdrücklich includiret werde.
3. Dass sofern ja gegen alles Yerhoffen diese meine Oerter nnd
Niedergrafschaft Katzenellenbogen von gegentbeiligen Waffen sollen ex-
pagnirt und mir abgenommen werden, Kais. M. in Dero Erblanden ans
Dero Dominio mir einige gewisse Aemter zu Pfände mit aller wie hier
habender Jurisdiction pro hypotheca gn. verschreiben wollten, aus welchem
ich nnd die Meinige des Jahres bis zur Restitution zehntausend Reichs-
thaler Einkommen richtig könnten fähig sein.
4. Dass Kais. M. mich mit einer und zwar richtig in Frankfurt alle
Oster- und Herbstmesse zur Hälfte zu bezahlen stehende Pension von
viertausend Keichsthaler des Jahrs a die subscriptionis an begnädigen
wollten, massen mir der König in Frankreich vor einigen Jahren bekannter
Massen soviel offeriret, welches ich aber nicht annehmen wollen.*)
5. Im gleichen in Friedenszeiten eine Compagnie von sechzig guter
Mann; zur Zeit des offenen Kriegs aber vertripliciret auf dero Posten
halten, nämlich den gemeinen Musquetier drei Reichsthaler des Monats
und so fort und nach advenant die Officirer, gleichwie ich dann die Mei-
nige thue^ gn. bezahlen wollten.
6. Imgleichen et a tempore der Subscription dieses Tractats sechs-
tausend Reichsthaler baar Geld in Frankfurt, um einige Nothwendig-
keit in der Fortification dieses Orts sowol zu perfectioniren als auch mit
Munition nnd sonsten einer und anderer Behörigkeit zu versehen.
7. Dass solche Kaiserliche Völker unter mir oder meines Comman-
danten Commando jederzeit gänzlich stehen, denn ich eben so viel Völker
aas dieses Ländleins Coutribntion allemal dabei halten wollte, welches dann
zasammen an vierhundert Manu hiesse, mit welchen man .tali qnali modo
noch diesen Ort vertheidigen könnte, sonderlich
8. da von den Spanischen Niederlanden aus den nächst angelegenen
Oertern man zum wenigsten noch die dreihundert Mann jedes Mals auf
Begehren zu haben versichert sein müsste.
9. Dass meine beide Söhne jeder mit einem beständig stehend bleiben-
den Regiment in Kaiserlichen Diensten mögen versehen werden.
10. Dass sofern mir gegen Verhoffen in ein oder anderm nicht sollte
praecise eingehalten werden, dass alsdann et eo ipso ich von aller Obligation
frei sein solle.
Hingegen könnte Kais. M. (falls sonsten nur nichts gegen das regierende
Haus Hessen-Cassel liefe) Sich dieser Posten contra quoscumque bedienen
und zu Dero Dienste, jedoch auf solche Mass versichert halten, dass Sie
meinem oder der Meinigen desfalls Ihro prästirendem Jnramento alleinig
trauen, und im übrigen die Garnison von mir oder meinen Nachgesetzten
einen Weg als den andern dependiren thäte.
Ob nun schon diese meine vorschlagende Conditiones so gethan sind,
>) Vgl. oben S. 322. Anm. 1.
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328 n. Der Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
dass ich zu Wahrung meiner Sicherheit und kleinen Interesse weniger nicht
als solches fordern und begehren kann, so zweifle ich doch perspectis per-
spiciendis gar sehr, ob diese Oerter der Gestalt eben in Consideration kom-
men können, dass Kais. M. zu solcher Eingehung Sich resolviren sollte,
als welche erst müsste eingeholet werden^ unterdessen gleichwol nicht nur
I. Gn. der Herr Churfürst von Brandenburg und der Kaiserliche General-
lieutenant Graf von Moutecuccoli, sondern auch Kaiserliche M. selbsten die
Realität und Sincerität meiner Conduite und Sentiment hierdurch ersehen
und zu Dero Kaiserlichen Gnaden und Hülde mich und die Meinige desto
mehr recommandiret zu halten allergn. belieben werden/
16. Nov. d. d. Rheinfels 6./16. November 1672 meldet der Landgraf, dass
er im Interesse seiner Sicherheit von Artikel 3 nicht abweichen könne. Als
Beischluss folgender Bericht.
Anlage.
[Betreffend die zwei KanoDenschüsse bei Ankauft des Obristlieutenant HeoDigs.]
^Man hätte sich auf Herrn Landgrafen Ernsts zu Hessen-
Rheiufels Seiten gar nicht versehen gehabt, dass der Obristlieutenant
Hennig 8 vom Moernerlschen Regiment z. Ff. bei I. €h. D. seinem gn.
Herrn die alhier bei seiner dergestalt ohnvermuthender Ankunft geschehene
zwei Kauonschüsse, als ob solche die Franzosen von ihnen zu advisiren
geschehen wären, ganz sinistre ausgebracht haben würde, zumal doch ihm
und seinen sich hierüber formalisirenden Officirern schon derzeit hier erklär-
lich ist remonstriret worden, dass solches ja nicht zu dergleichen Ende
sondern jedesmalen bei und zumal ohnvermntheter Anlangung fremder
Völker deswegen alleine geschehen, um die hin und wieder sich befindende
Soldaten als auch die Bürgerschaft und sonderlich den Ausschuss von den
benachbarten Dörfern uno instant! und auf einmal sich auf ihre beschiedene
Posten zu begeben und ins Gewehr zu bringen, ein solches mit dergleichen
Signal zu verständigen. Zudem so war der Turenne der Zeit noch eine
ganze Tagreise hiervon, nämlich zu Neuwied, und würde schön stehen,
wann eine hier passirende Partei prätendireu wollte, dass man keine Frei-
heit der Stücklösung, seine eigene Leute zu advertiren mehr haben, noch
sich gebrauchen sollte. Dieser Tagen, als Französische Parteien hierum
sich sehen lassen, hat man dergleichen auch gethan, welche sich dann auch
dergestalt ohnbefugt beschweren können, als ob man im Gegenteil ihre
Anwesenheit advisiret hätte, und hat man dieses ohngleiche Urteil und
Anbringen desto weniger von solchem Obristlieutenant verdienet, da man
ihm nicht als neutral sondern als vertrauter Freund begegnet, indem, da
alle benachbarte Chur- und Fürsten Niemanden passiren lassen, ja die
Rheingrafen Feuer auf ihn gegeben, man ihn hier nicht allein ohne Vor-
zeigung; einigen Schreibens, Passes oder Ordre sobald übergehen lassen,
ohnerachtet man doch der Französischen dieses vielleicht ressentirenden Macht
in kurzem gewärtig sein müsste, sondern ihn auch noch darzu mit freiwilliger
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Weitere AuslaasaugeD des LandgrafeD. 329
Hergebuog von Proviaut, item eines LacquaieQ zum Wegeweiser und sonsten
vertraulicher Nachricht und ein und anderer mehrerer Bezeigungen der-
gestalt an die Hand gegangen ist, dass er sich billig bedenken sollen, wo nicht
seine Ohndankbarkeit, doch Ohnverstand dergestalt haben sehen lassen.^
Recreditif') des Landgrafen Ludwig von Hessen-Darmstadt für
den Christ Ludolf Lorenz von Krosigk. Dat. Darmstadt 21./3L October 1672.
d.d. Darmstadt 26. October 1672 meldet Landgraf Ludwig, dass er 5. Nov.
zu Beschafifung des Proviants, den der Brandenburgische Kriegscommissarius
Obrist Otto Wilhelm von Berleps'ch gefordert, die nötige Anstalt ge-
troffen. Sein Präsident Geheimer Rat Graf Eirchberg wird deswegen
nähere Abrede nehmen.
Eine Reihe anderer Schreiben des Landgrafen bezieht sich auf Ezcesse
der alliirten Truppen auf hessischem Gebiet.
d. d. Wetzlar 11./21. December 1672 spricht Ef. sein Bedauern aus, 21. Dec.
dem Landgrafen nicht persönlich Lebewol sagen zu können.
d.d. Voel 10. December 1672 bittet Landgraf Georg zu He8sen20. Dec.
am Verschonung seiner Herrschaft Itter.
8. Pfalzneuburg.
Protocoll.
Am 21. September 1672 a. St. kommt Kf. zu Cassel an. Der pfalz- 1. Oct.
neuburgische Vicekanzler Stratman^, welcher bereits dort ist, macht in
der Audienz Tags darauf folgende Propositionen : •
1. meldete er von der unlängst erfolgten mündlichen Vereinbarung 2. Oct.
zwischen dem Eönige von Frankreich und dem Pfalzgrafen'). Dieser, sein
Herr, hat dem Eönige remonstrirt —
dasB gleichwol L Ghurf. D. nicht allein grossen Schaden gelitten,
sondern dass man auch dessen Städte und Häuser, auch die, so nicht
mehr mit holländischen Garnisonen besetzet gewesen, occupiret und
zum Theil gar gesprenget hätte. Der Eönig hätte solches theils mit
der unumbgänglichen Eriegesraison entschuldiget, theils sich anerboten,
Sr. Gh. D. eine billigmässige Satisfaction dafttr zu verschaffen, auch
die occupirte Oerter Selbsten finito hello (worüber jedoch noch zu
handeln sein möchte) zu restituiren, im Fall er nur nichts feindliches
von Sr. Gh. D. zu vermuthen.
iDBtractioo d. d. Hauptquartier Bergen 20./30. October 1672 (zugleich für
Earpfalz). Vgl. oben S. 314 Anm. 2.
^) Dietrich Althet Heinrich Stratman. S. unten S. 335.
') Vgl. oben S. 188.
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330 H. Der WinterfeldzQg von 1G72 aaf 1673.
2. Notificirte er Sr. Gh. D., dass I. F. D. mit dem Könige ein Pac-
tum neutralitatis gemachet, dergestalt wie es S. Ch. D. selbst gerathen.
3. Dass ein Pactum unionis und ein Foedus zwischen dem ge-
samten Hause Pfalz') in Vorschlag gekommen und von Schweden
proponiret wäre, welches wol in wenig Zeit zur Richtigkeit gebracht
werden dürfe, nachdem die zwischen Chur-Bayern und Pfalz gewesene
Irrungen beigeleget worden.
4. Offerirte er die Auswechselung des Religionstractats') und
der darüber ausgefertigten Ratification.
5. Berichtete er, was mit der Stadt Cöln vorgegangen, und dass
I. F. D. ein mehrers nicht gethan noch auch verlangten, als dass die-
selbe zur Neutralität, im Fall es der Euds zu Hostilitäten kommen
sollte, sich >esolviren möchte.
6. Referirte er, dass I. Eon. M. selbsten wol erwähnet, dass man
damit umbginge, wie die occupirte Plätze im Clevischen nicht denen
possidirenden Herren als Sr. Gh. D. sondern dem Reich oder denen,
welche vom Reich damit beliehen, hiernächst zu restituiren wären; wie
nun solches gegen den mit I. F. D. aufgerichteten Erbvergleich')
liefe, so hätten Sie nicht unterlassen wollen, Sr. Ch. D. davon im
Vertrauen Nachricht zu geben cum oblatione, darin allemal dasjene,
was S. Gh. D. von Ihr dem Erbvergleich gemäss verlangten, aufrichtig
beizutragen und bei allen Bergleichen Begebenheiten mit Derselben
für einen Mann zu stehen; wie Sie dann diese Sache zum höchsten
apprehendirten.
7. Schliesslich verlangten I. F. D. zu vernehmen, ob Sie nicht
etwas zu Beförderung eines raisonnablen Friedens contribuiren könn-
ten, welchen Sie höchlich wünschten, auch dafür hielten, dass prae-
senti rerum statu derselbe, ehe noch fernere Gollisiones fttrgingen,
wol zu erlangen, und Frankreich dazu incliniren möchte, oflferendo
operam et officia sua.
Nach Tische Confereuz im Zimmer des Oberpräsideuten Freiherro von
Schwerio, welcher folgendermassen auf die einzelnen Puncte replicirt.
ad 1. „gratias agendo, dass I. F. D. bei solcher Occasion dem
') Ueber das Project einer Wittelsbachischen HausuDion tioter Bcbwedischem
Protectorat nnd die Bestrebangen Philipp Wilhelme, die Herren «vom Haus*
za gewinnen, handelt sehr lehrreich K. Th. Heigel Quellen und Abhandlungen
zur neueren Geschichte Bayerns. 1884. S. 14fgg.
'O Vergleicb über die Religionsübung vom 26. April 1672. Die kurfürstliche
Ratification erfolgte später d. d. Sparenberg 11. Januar 1673. v. Moerner S. 349.
^ Der sogenannte „Erbvergleich " vom 9. September 1666. v. Moerner S. 288.
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ProtocoU mit Pfalzneuburg. 331
Erbvergleich gemäss Sr. Ch. D. Interesse beobachten helfen wollen,
cum oblatione similis officii bei dergleichen Fällen. — Es wurd dabei
fürgestellet, dass solche Beschwerden sich immerhin continuirten und
sich täglich vermehrten, und dass man Sr. Ch. D. Lande nicht anders
als feindliche Orte tractirte.
ad. 2. Dass S. Ch. D. dabei nichts zu sagen, auch Sich erinner-
ten, dass Sie dergleichen dem Herzog gerathen.
ad 3. Wegen dieser Union und Allianz hätten S. Ch. D. nichts
zu erinnern, weil alles ausser Zweifel absque praejudicio tertii et
aliorum würde eingerichtet werden; es stünde dahin, ob man gut
finden möchte, zu der Allianz um Verhütung allerhand Ombrage auch
einige andere Chur- und Fürsten zu invitiren.
Herr Stratman vermeinet, dass sein gnädigster Herr solches gern
sehen würde, insonderheit dass S. Ch. D. darin zu treten belieben
wollen, als mit Der S, F. D. jedesmal die [engste und genauste Ver-
bfindnis zu haben und zu halten verlangten.
ad 4. Dass Sr. Ch. D. solches lieb zu vernehmen; weil Sie aber
Ihre Batification und die Acta nicht bei der Hand hätten, als wollten
Sie deswegen nach Berlin schreiben und alles kommen lassen, damit
die Auswechselung in weniger Zeit, etwa zu Düsseldort, geschehen
möchte.
ad 5. Wegen der Stadt Cöln vermeinten S. Ch. D., man hätte
quovis modo zu verhüten^ dass solche beim Reich bleiben und nicht
in fremde Hände gerathen möchte.
ad 6. Sr. Ch. D. wäre dergleichen fttrkommen, und müsste man
billig communibus auxiliis et consiliis darwider arbeiten. S. Ch. D.
würden Ihres Orts suchen, alles Widrige zu verhüten, und jedesmal
mit I. F. D. für einen Mann stehen, hätten auch desfalls Ihre Hülfe
und Beistand vermöge Erbvergleichs bereits für einigen Tagen requi-
riret, und bedankten sich pro communicatione und dem Anerbieten.
ad 7. Den Frieden betreffend, darzu wären S. Ch. D. so geneigt
als Jemand; hielten solchen auch bei diesen zerrütteten Zeiten, da der
Erbfeind abermal die Grenze und Vormauer der Christenheit angriffe,
höchst nöthig.
^Herr Stratman bat, ob man nichts von Conditionen sagen könnte,
worauf I. F. D. gerne arbeiten wollten, nnd möchte es damit hohe Zeit
sein, weil Frankreich darzu incliniret wäre, damit die Sache nicht mehr
volneriret und embrouilliret werden möchte. Der Herr Oberpräsident
replieirte, dass er von denen Conditionen in specie nichts anders zu sagen
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332 11. Der Winterfeldzng von 1672 auf 1673.
hätte, als dass solche dergestalt eingerichtet werden mussten, damit alle
Interessenten wiederum in völlige Sicherheit gesetzet würden und nicht zu
befahren haben möchten, hiernächst wiederum ad Inbitum potentioris in neae
Troublen und üngelegenheit zu gerathen. S. Ch. D. wollten inmittelst so-
wol mit I. Kais. M. als auch mit Holland ans der Sache communiciren und
hiernächst Ihrer F. D. durch jemand der Ihrigen von allem fernere Com-
munication thun lassen.*^
„Sub finem erwähnte Herr Stratman etwas Widersetzlichkeit der
Jülichschen Landstände; wie nun S. Ch. D. dabei ein Interesse mit I. F. D.
hätten, auch der Erb vergleich mutuam in hoc casu assistentiam erfordert,
also bäte er auch auf allen Fall um solche Assistenz, wozu man sich dem
Erbvergleich gemäss willig erkläret ^).^
C. Lüneburg-Celle.
Instruction wonach sich der Mindische Regieruugsrath Käm-
merer Drost zum Petershagen Gerdt Jaen Ledeburdes Johan-
niter -Ordens Ritter bei seiner Sendung an den Herzog Georg
Wilhelm von Lüneburg- Celle gehorsamst zu achten. Dat.
Hauptquartier Bergen 14./24. October 1672. Conc. Meinders.
24. Oct. Der Gesandte soll sich nach dem Zustand der Verhandlungen mit den
Generalstaaten erkundigen und, falls der Vertrag bereits in Richtigkeit ge-
bracht, dazu gratuliren. Im anderen Falle soll er vorstellen, —
weil Wir wol einige Infanterie von dorten anhero zu Unser Armee
konamen lassen dürften, ob nicht I. Ld. einige von Ihren Fussvölkern,
und zwar etwa Eintausend Mann, auf eine geringe Frist, zu besserer
Besetzung Unserer Westphälischen Vestungen, und absonderlich Un-
serer Stadt Minden, zu leihen geneigt sein möchten, welche, solang
sie wirklich in Unseren Plätzen wären, sich mit Pflichten an Uns
verwandt machen müssten, woselbst sie auch mit Quartieren und
Servicen versehen werden sollten. — Im Uebrigen hat er sich zu
erkundigen, in was Postur I. Ld. stehen, wieviel Sie an Trouppen in
Bereitschaft, und ob Sie zu fernem Werbungen Anstalt machen. Item
was bei denen Herzogen zu Braunschweig, Hannover und
Osnabrück passire.
Die Rechnung der Reisekosten hat er einzusenden.
Der weitere Schriftwochsel mit Pfalzneubarg dreht sich wesentlich um die
französischen GewaltmaBsregeln im Glevischen und die von Eurbrandenbarg be-
gehrte Assistenz auf Grand des Erbvergleichs.
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Ledebnr an deu Herzog von Lunebarg-Celle. 333
G. L Ledebur an den Kurfürsten. Dat. Petershagen
1./11. November 1672.
[Erklärung des Herzogs von Celle. Nachrichten aber die brannschweigische
Armee.]
Er ist am 2ten st. n. abgereist, am 3. in Celle eingetroflFen. Den 11. Nov.
Herzog findet er nicht dort sondern am 4teD 7 Meilen davon in Ebstorf;
aber bei der Abwesenheit des Kanzlers und des Grossvogts*) — ersterer
kann ^wegen Podagrischen Affects^ auch nicht herbeikommen — erhält er
keine Resolution. Schliesslich begleitet er den Herzog nach Celle zurück,
wo ihm dann am 8. November das Recreditif eingehändigt und folgende
Erklärung erteilt wird: Der staatische Ambassadeur van Werkendam
in Kopenhagen habe (wie der Cellische Gesandte von dorther berichtet)
die Ordres, welche er unterm 26. Septbr. st. u. erhalten, des Orts zu er-
öffnen Bedenken gehabt und erst den 19. Octbr. st. v. einem der dänischen
Minister davon Ouvertüre gethan. Man müsse erst den Bescheid des Königs -
vernehmen. Freilich müsse der Herzog dabei in den Gedanken verharren,
dass ^wenn die Qeneralstaaten darauf bestehen sollten, dass I. Kön. Maj.
Sie mit den verlangten Subsidien zu nötiger Armatur zu Wasser gar nicht,
noch auch baarer Bezahlung derjenigen, welche Sie bereits zu Behuf der
Assistenz zu Lande acordiret, wenigstens auf einige Monat nebst den Werbe-
geldern an Hand zu gehen vermöchten, die Handlang des Orts sich noch
lange verweilen, wo nicht gar vergeblich sein dürfte*'.
Anlangend die 1000 Musketiere zur Besetzung der Stadt Minden er*
kläre sich der Herzog erbötig, „wann sie das Vermögen haben, sothane
Assistenz wirklich zu leisten^. Es müsste aber in Betreff mancher Einzel-
heiten, „ratione modi, als in specie im Commando und. wegen der Pflicht,
welche nur von denen obern Officirern (nach Meinung der Minister) geleistet
werden könnte", Abrede genommen werden.
An Truppen, so fügen die Minister hinzu, hat der Herzog 4500 Mann
Fassvolk, dazu 2 Regimenter zu Pferde, das Haxthausen'sche und das
Villic hasche in Bereitschaft, „auch noch einen stattlichen Ausschnss fertig''.
Letztgenannter Oberst ist nebst seinem Bruder dem Major vorgestern von
Rittmeister Burchart im Duell erschossen worden. Die Werbungen sind
zwar eingestellt, indes hat der Herzog noch einige Leute, denen er Wart-
gelder giebt, an der Hand, sodass er in kurzem 80OO Mann wird aufbringen
können.
„Bei denen Herren Herzogen zu Hannover und Osnabrück ist
es itzo ganz stille und passiret daselbsten nichts sonderliches, sondern sein
nur begierig zu vernehmen, was bei denen Armeen vorgehe, gcstalt sie dann
um Correspondenz sich sehr bemühen, und habe ich gestern in meiner
Durchreise zu Hannover vernommen, dass I. D. alda Zeitung gehabt, was
^} Schütz und Hammeratein.
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334 H- Der WiDterfeldEüg voo 1672 auf 1673.
gestalt eine Partei von 300 M. Franzosen 60 M. von £w. Ch. D. ganz um>
zingelt and weggenommen und also den Anfang von der Feindseligkeit
gemachet.** *)
Instruction und Rechnung der Reisekosten folgt zurück.
10. Dec. d. d. Amthaus Winsen an der Luhe 30. November 1672 über-
sendet der Herzog Georg Wilhelm ein Schreiben von Eurpfalz, welches
(d. d. Friedrichsburg 23. November 1672) Beschwerde über die Draifgsale
seiner Lande erhebt und die Absicht ausspricht am Reichstage zu klagen -).
Der Kurfürst an den Herzog Georg Wilhelm von Braon-
schweig-Celle. Dat. Wetzlar 11./21. December 1672.
[Daukt für ÜommoniciroDg. Entgegnung.]
21. Dec. ...Nun hätten Wir Uns zwar zu Chur-Pfalzens Ld. der-
gleichen nimmer vergeben, ungemerket Sie wol am wenigsten Ursache
haben dergleichen Klagten zu führen, und ist gewiss Sr. Ld. auch
nicht verborgen, dass Wir alle möglichste Sorgfalt angewendet, Dero
Lande zu conserviren und dieselbe in keine Wege weder mit Ein-
quartierung noch sonst zu beschweren; gestalt dann auch solches eine
der vornehmsten Ursachen gewesen, warum Wir nicht über den Rhein
rücken, sondern lieber so lange Zeit mit Unserer und der Armee
grossen Ungelegenheit diesseit Rheins stehen wollen. Sollte dann ja,
Unser unwissend, bei Fouragirung ein oder ander Sr. Ld. zustehender
Ort berühret sein, weiss man wol, dass in dergleichen Fällen es so
eben nicht zugehen kann. Fürnehmlich haben Wir zu Sr. Ld. das
zuverlässige Vertrauen gehabt, Sie würden dergleichen geringen Scha-
den bei jetzigen Conjuncturen, da das ganze Reich um seine Freiheit
und Securität periclitiret, aus Liebe zum Vaterlande vergessen und
dabei beherziget haben, was Wir und Unsere Lande unverdienter
Weise dabei ausgestanden und noch täglich erleiden müssen, wobei
das Ungemach, so Sr. Ld. zugestossen sein mag, in keine Wege zu
vergleichen. Zwar wann ofthochged. S. Ld. Sich etwa allein bei Ew.
Ld. und ander wolgesinnte Reichsstände desfalls beklaget hätten,
würde Uns solches nicht befremdet haben. Nachdem man aber auch
solches an die gesamte Stände auf den Reichstag und in specie an
') Bezieht sich auf dag Bencootre bei Nassan. Oben S. 301.
2) Vgl. oben S. 2ö7.
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Schriftwechsel mit den Geheimen Räten. Friedensvorschlfige. 335
fast alle Übrige Gbar- und Fürstliche Häuser mit gar verbasseten Um-
ständen gelangen lassen und hergegen von dem unerschwinglichen
Schaden, so Uns in Unseren Westphälischen Landen von auswärtiger
Macht zngefüget worden, so gar nichts erwähnet, als höreten selbige
Lande nicht zum Reiche : wissen Wir nicht was Wir davon gedenken
sollen. Müssen es zwar dahin gestellet sein lassen, tragen aber zu
Ew- Ld. das freundvetterliche Vertrauen, Dieselbige werden von obigem
allen besser uitheilen, Chur-Pfalzens Ld. in Dero Antwort solches
remonstriren ....
Weitere Schreiben mit Braonschweig- Celle den Anscblnss an die hol-
ländische Allianz betreffend.
c. Schriftwechsel mit den Geheimen Räten.
Der Kurfürst an die Geheimen Räte in Berlin. Dat. Cassel
22. September 1672.
[Friedensvorschläge Pfalzneaburgs.]
Teilt in einem Beischlass die durch den Kanzler Stratman von 2. Oct.
Pfalz-Nenburggethanen Vorschläge und hierauf bezüglichen Antworten mit*).
Mit dem Grafen Montecuccoli und, soweit die Sache die Nieder-
lande betrifft, dem Freiherrn von Amerongen, wird verhandelt, nament-
lich auch des Kaisers Ansicht in der Friedensfrage eingeholt werden; dies
um so mehr — als von anderen Orten mehr dergleichen Propositiones
zum Frieden geschehen möchten, welcher dann, bei denen gefährlichen
Conjuncturen, da vom Erbfeind abermal so ansehenliche Plätze und
Lande der Christenheit entzogen, und fernere Invasiones sowol in
Ungarn als Polen anbedrohet werden, und zur Resistenz wenig Macht
und Kräfte vorhanden, wol herzlich zu wünschen, wenn er nur auf
beständige, sichere und reputirliche Conditiones erlanget und zu Wege
gebracht werden könnte. Wobei Wir dann, wegen Unsers particulars
Interesse, wol desto mehr Ursach haben, weil — wie bekannt — der
Krön Polen nichts begegnen kann, woran Wir nicht mit participiren,
I. Kaiserl. Maj. auch hierdurch verhindert werden möchten, das Werk
mit solchem Nachdruck, als es wol die Noth erfordert, zu respiciiren
und zu secundiren ').
Die Protocolle ohen S. 329fgg.
^ Dasselbe Schreiben an die Gesandten Blaspeil und Romswiockel
Dach dem Haag. Dat. Hauptquartier l'reysa 24. Septbr. 1672.
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336 n. Der Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
Fordert das Gutachten der Räte. Insbesondere will er noch die
Angabe von Mitteln boren, durch welche sowol Preussen wie seine Reichs -
lande, namentlich am Oderstrom, in bessere und kräftigere „Verfassung^ zu
bringen seien.
Die Geheimen Räte v. Somnitz und Koeppen an den Kur-
fürsten. Dat. Coelln a. Sp. 1. Oetober 1672. Conc. v. Somnitz.
[Weisen Particulartractat and Neutralität znräck und empfehlen GeDeraltractateo
mit allen InteresBeaten. —Massregeln zur Defension der kflichen Lande. Vorschlag
einer Negotiation an die Pforte.]
11. Oct. '" Auf des Kf. Rescript vom 22. September st. 7., welches sie am 30. er-
halten haben.
Die Räte meinen, ein sicherer Friede, wie er von Stratman ange-
deutet worden, sei keineswegs auszuschlagen, sondern je eher je lieber an-
zunehmen. Sie beziehen die Stratman'schen Propositionen, die sie „für
jetzo für das Object dieser Consultation nehmen^, auf einen Particular-
tractat oder auf die ^^längst ins Mittel gebrachte^ Neutralität oder
endlich auf eine dem Kf.- zugemutete Suspension der Waffen.
Nun mtLssen wir unvorgreiflich dafür halten, dass Ewrer Ch. D.
wie auch dem gemeinen Wesen nichts schädlichers sein kann als eine
Trennung von den Alliirten, die auch ohne das wider die Bündnisse
und Verträge laufet; wie auch nichts minder die Neutralität, gestalt
dann Ew. Gh. D. dieselbe längst also höchstvernttnftig consideriret
Die Suspension der Waffen belangend, gleichwie Ew. Gh. D. der
Zustand Dero, wie auch der Französischen Armee, und mit was
Success die Eriegsoperationes za führen, am allerbesten bekannt, also
kann auch davon niemand besser als Sie selbst, Dero köchsterleuch-
tetem Verstände und Eriegserfahrenheit nach judiciren.
Uns wird alhier berichtet, dass die Französische Armee anitzo
nicht gar stark oder ja bei weitem nicht so stark, als sie fürdem
ausgegeben; dann dass sie ziemlich harrassiret, auch sonsten nicht im
besten Zustande sei, and dass nicht anpracticirlich, ihnen die Zuführe
und Lebensmittel zu disputiren, und dass, wie dazu Ew. Ch. D. nebst
den Eaiserlichen von der einen, also von der anderen Seiten die
Staatischen das Ihre thun, auch dazu einige Spanische Regimenter
nebst der in Mastriebt liegenden Garnison gezogen werden könnten,
und es itzo vielmehr das Tempo sei, der Französischen Armee Ruin
zu suchen als einen Anstand zu machen, bevorab da derselbe den
Franzosen nur zum Vortheil gereichen würde, als die sich bei währen-
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Die Räte siod für Geoeraltractat. 337
dem Anstände desto füglicher conseryiren und indessen nach und
nach mit mehrem Succurs aus Frankreich, wovon viel geschrieben
wird, sich verstärken würden.
Wie weit Pfalzneuburg mit Frankreich engagirt wäre, wie es za den
Parteien stände, darüber Bei im Reiche viel Redens und Schreibens ge-
wesen. Ob Stratman Neutralitätspacten communicirt hätte ? — In welchem
Grade demnach I. D. bei den Friedenstractaten heranzuziehen^ stellen sie
des Kf. Urteil anheim.
Wir sind sonsten der unmassgeblichen Meinung, dass ein Gene-
ral tractat mit allen Interessenten anzustellen sei. Ob nun Pfalz-
neuburgs F. D. Intention dahin gehe, können wir nicht wissen, viel-
mehr scheinet uns Dero Fürhaben also an wie obgedacht. Es kann
auch sein, dass eines und anders zum Schreck angebracht als, was
von der Union des Pfälzischen Hauses angeführet, wovon wir auch
nicht wissen können, ob der H. Stratman das Project Ew. Gh. D.
fürgezeiget. Dieses halten^ wir aber unmassgeblich unstreitig, dass I.
D. die Neutralität mit Frankreich nicht schlechterdings zuzustehen sei,
besondern Ew. Ch. D., vielmehr auch für itzo, nachdem Deroselben
I, p. selbst hinterbracht, was Frankreich für gefährliche Consilia
wegen Ew. Ch. D. Clevischen Lande führete, die schuldige Assistenz
von Deroselben, wie auch schon geschehen, femer mit Nachdruck zu
fordern hätten.
Die fernere Verfassung belangend, ist dieselbe in alle Wege
nöthig, Bowol in Regard der Armee, so Ew. Ch. D. bei Sich haben,
als der Preussischen Lande und der Türkengefahr halber.
Folgen Mntmassungen über Fortführung des Krieges und Türkengefahr.
Ob Ef. am Oderstrom etwas zu befahren^ davon hätten sie keine Nach-
richt; der Stand der Milizen in den einzelnen Landen sei ihnen ebenso
wenig genau bekannt. Nene Werbungen indes seien „der obangezogenen
Respecte wegen^ unumgänglich. Namentlich in Preussen. Auch Werbungen
im Reiche und Musterplätze dürften sich empfehlen. — Sie wollen aber
diese Sache mit ihren Herren Collegen, „so bald sie einheimisch sein wer-
den^, überlegen und weiter unterthänigst einkommen.
Dem Unheil in Polen werde Kf. kaum vorzubeugen vermögen. Mit
den Türken werde sich der König von Polen wol vergleichen, so gut
oder übel er könne. Ob nicht im Hinblick hierauf eine Schickung an die
Pforte thunlich sei? Zwar ständen dem die Kosten entgegen (auch Prä-
sente würden erfordert); dann der Umstand, dass die Sendung der Auxiliar-
völker auf türkischer Seite als Feindseligkeit aufgenommen werden möchte.
Freilich habe der Geheirarat Harsani, welcher während des Krieges
Mater, e. Gesch. d. G. Kurfürsten. XIII. 22
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338 11. Der WinterfeldcQg 7on 1672 auf 167a
zwischeo dem Kaiser and dem Sn^^^Q >o <ler Türkei gewesen, geäussert:
damals sei der König von Frankreich am türkischen Hofe nicht als Feind
betrachtet worden, weil er Kaiserlicher Majestät assistirt habe ; überhaupt
^werde auch bei den Türken ein Assistent ex foedere nicht fort für eioen
Feind gehalten^. — Vielleicht sei Harsani wenigstens bis ins polnische
Lager za seudeni damit man sehe, ob und was weiter zu thun wäre.
ll.Oct. d.d. Coelln a. 8p. l./ll. October 1672 schliesst sich Geheimrat
Friedrich von Jena im wesentlichen den obigen Ausführungen an.
Durch Oeheimrat v. Somnitz am 6./16. October dem Kf. übersendet
Der Kurförst an die Geheimen Räte. Dat. Hauptquartier
Butzbach vier Meilen von Frankfurt am Main 1. Octbr. 1672.
[Kriegsplan des Kf. Welche Schwierigkeiten dem Rheioöbergang entgegen
stehen. Die Lässigkeit der Kaiserlichen veranlasst Zurackhaltang der hollän-
disehen Sabsidieo.]
ll.Oct. Wir haben Euch hiemit in Gnaden nicht bergen wollen, wasge-
stalt Wir den March mit Unserer Armee bis anhero glücklich, wieifrol
nicht ohne grosse Beschwerlichkeit fortgesetzet, und dass Unser Zweck
und Absehen dabei gewesen, Uns an irgend einem bequemen Ort so-
wol des Rheins als des Moselstromes zu bemächtigen, der Französischen
Armee dadurch alle Zufuhr abzuschneiden und Uns sowol der Stadt
Cöln als auch dem Maassstrom zu nähern,, auch auf allen Fall Uns
mit Hispanischen Trouppen zu conjungiren, und solchergestalt von
dieser Seite die Franzosen dergestalt einzuschränken, dass es ihnen
endlich an behöriger Subsistenz ermangele, dem Staat auch Luil und
Occasion gegeben würde, mit ihrer Armee zu agiren und dem Feinde
Abbruch zu thun.
Wie Wir nun dieses letzte wirklich prästiret und durch diesen
Unsem March die Französische Arm^e aus denen Vereinigten Pro-
vinzien herausgezogen, also finden sich anitzo bei Execution des
ersten grosse Difficultäten, indem weder Ghur-Mainz noch Chur-
Trier Uns die Passage und ihre Schiffbrücken über den Rhein bis
dato verstatten wollen. Wir haben zwar an beide geschicket und
fernere Instanz deswegen thun lassen, können aber noch nicht wissen,
wohin ihre Erklärung gehen wird.
Wir vermerken hiebei an denen Kaiserliehen, dass man sehr
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Ef. über die bisherige KriegsführoDg. 339
suchet in allen Dingen zu traisniren und Zeit zu gewinnen, keines-
weges aber in eine wirkliche Action und Operation, sonderlich bei
dieser Türkengefahr, zu treten. Wie Wir aber dazu, gleich Euch
wissend, in Kraft des bekannten Tractats verbunden sind, und man
Staatischer Seite diese Unsere Gonduite in die Länge nicht appro-
biren sondern (wie bereits geschiehet) sehr auf einige wirkliche Ope-
ration und die Kuptur selbsten dringen, in Entstehung dessen aber
die Zahlung der Subsidien zu Unserer höchsten Ungelegenheit diffi-
cultiren und damit zurückhalten wird: also befehlen Wir Euch gn.
dieses Werk seiner Wichtigkeit nach wol zu erwägen u. s. w.
Gutachten der Räte gefordert.
Die Geheimen Rute y. Sominitz und v. Jena an den Kur-
fürsten. Dat Coelln a. Sp. 13. October 1672.
[Verpflichtung des Kf. gegen] die Generalstaaten nnnmgänglich. Wie den Kaiser-
lichen zu begegnen sei. Celle.]
Dankesworte gegen die göttliche Allmacht und Wünsche für eine 23. Oct.
^triomphirliche Einführang^ des Ef in seine Residenz. Sie sind sich nicht
klar, ob die bisher nicht erfolgte Conjanction der kaiserlichen nnd kurfürst-
liehen Armeen mit des Ef. gutem Willen geschehen, oder ob sie vom Kf.
zwar verlangt, von den Kaiserlichen aber (vielleicht aus Gründen der Ver-
pflegang) abgelehnt worden sei. Der Uebergang über Rhein oder Main, hoffen
sie, werde gewiss erreicht werden; bei ^vorgewesenem deutschen Kriege^
seien ^zn verschiedenen Malen Rhein, Donau, Elbe nnd andere Flüsse, ob-
gleich ein Feind auch wol an der anderen Seiten vorhanden gewesen, mit
gutem Snccess passiret*^. Sonst, meinen sie, könnten die Dinge wol dergestalt
beschafifen sein, dass es nicht eben nöthig, über den Rhein zu gehen, und
dass Ef. auch wol diesseits dem Bündnis Genüge leisten und für die Armee
sichere Winterquartiere behalten könne.
Mit „der Kaiserlichen Traisnirung^ könne sich Ef. den Gen. Staaten
gegenüber nicht entschuldigen, weil das gemachte Foedns daran nicht ge-
bunden sei: solange der Staat dem Foederi ein Genügen thot, solange
sind Ew. Gh. D. den Bund zu halten pfiichtig. Wann auch die Sub-
sidien darum, dass £w. Gh. D. Sich entzögen der Bündnis nachzu-
kommen, zurückbehalten würden, so würde nichts dem Staat sondern
Ew. Ck D. beizumessen sein. Sollte aber der Staat von Ew. Ch. D.
begehren, dass Sie ohne alles Absehen zur Operation zu schreiten
hätten, so meineten wir, dass solch Postulatum nicht zu attendiren,
weil die Kriegsactiones nach Anweisung der Gelegenheit und nach
22*
Google
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340 11- Der Winterfeldzns^ von 1672 auf 1673.
der raison de guerre zu ffibreD; und dass Ew. Cb. D. der Allianz ein
völliges Genttgen leisteten, wenn Sie keine bequeme und gute Ge-
legenheit versäumeten, dem Feinde auf allerlei Weise und Wege Ab-
bruch zu thun. Und weil, wie vorgedacht, der Staat die Traisnirung
der Kaiserlichen, soviel das mit Ew. Ch. D. aufgerichtete Bttndnia
belanget, in keine Consideration ziehen wird, so stünde zu Ew. Gh. D.
gnädigstem Gefallen und höchsterleuchtetem Ermessen, auf was Art Sie
dem Kaiserlichen Herrn Generallieutenant die Sache vorzustellen
vermeinen, damit er die bisherige Gewohnheit ablege und sich zu der
Sache, wie es sich gebflret, anschicke; zu welchem Ende wir unvor-
greiflich meineten, dass die Conjunction mit allem Fleiss zu befordern.
Es kann auch wol sein, dass die Kaiserlichen darum eines und das
andere decliniret und noch decliniren, weil sie gesehen und noch
sehen, dass das Meiste die Katholischen Lande treffen, und wol gar
die Winterquartiere in denenselben genommen werden dürften. Unter
anderm meinten wir, dass dem H. Montecuccoli anzuzeigen, dass Ew.
Ch. D. Sich allemal wol versichert hielten, dass Ihre Kais. M. es mit
dem gemeinen Wesen aufrichtig und wol meineten; auf die Weise
aber, wie die Sachen bisher wirklich getrieben, würde anders nichts
gethan, als da.«^8 Land und Leute beschweret und verderbet, und dass
viele Stände, welche es noch gut gemeinet, wider ihren Willen sich
und ihre Affection ändern müssten. Ew. Ch. D. müssten befahren,
dass sehr ungleich sowol von L Kais. M. als Ew. Churf. D. Actiones
dürfte geurtheilet werden, wann weiter nichts anders und mehrers
gethan werden sollte, als dass unschuldige Stände ruiniret, die rechte
Zeit zu agiren versäumet und Land und Leute, ja die Armeen selbst,
(das doch Gott verhüte!) zu Grunde gerichtet würden; wann gleich
die Allianz, die separaten Articul und ratione modi mit Ew. Ch. D.
(wie doch^geschehen) nicht aufgerichtet, so würden doch Ihre Kais. M.
kraft ihres Amts und beschworenen Capitulation verbunden sein,
fremde Völker von des Reichs Boden auch mit Gewalt zu schaffen.
Sie hätten auch soviel Difficultäten wider Schweden nicht gemacht,
da doch die Gefahr dem heiligen Reich nicht so nahe und erschreck-
lich gewesen, der König in Schweden auch so gar vaste und weit
aussehende Consilia, als wol Frankreich thut, nicht geführet.
Dieweil auch von Celle aus anhero vor gewiss berichtet worden,
dass das bishero zwischen dem Staat und H. Herzog George Wil-
helms F. D. tractirte Werk nunmehro seine Richtigkeit, und dass bis zu
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Wie den Kaiserlichen za begegoen sei. 341
eingekommener Kgl. Dänischer Resolution Ihrer D. Trouppen sich
weiter nach der Weser ziehen würden, so würde auch hierdurch,
wann es sich berichtetermassen verhalten sollte, und Ew. Ch. D.
besser bekannt sein wird, das Gegentheil eine Diversion empfinden.
Die anderen Denen Collegeu ») sind über Vermuten ausgeblieben.
V. Somnitz. Einzelbedenken, o. D.
Beklagt die Schwierigkeiten, die sich dem Kf. entgegenstellen').
£r erachtet es unmöglich: dass Kf. mit Ehren und ohne Nachtbeil
anders als durch einen Uniyersaltractat dort aus dem Handel scheiden
könne, dass er sich von den Alliirten solle trennen lassen, dass er endlich
^das dortige und das polnische Wesen^ mit gleicher Kraft zugleich betreibe.
Ein Vorschlag von Mittelwegen däncbt }hn nur geeignet; des Kf. Gemüt
„mit anderen schweren Sorgen zu beladen und unterdessen den rechten
Weg fahren zu lassen^.
Sollte die Passage über die Ströme nicht erreicht werden, so müsse
man, „wie in allen grossen und gerechten Desseinen zu verfahren^, dasjenige
mit Macht und Recht nehmen, was mit Unrecht versagt wird: la voye de
faict est en tel cas la voye de droit. — Wenn alle Vorstellungen bei
den Kaiserlichen nichts fruchten, so weiss S. keinen bessern Rath, „als
den ich von Ew. Ch. D. selbsten in ünteithänigkeit gelernet^: als die
Dinge gar nicht vorwärts gewollt, habe Kf. die Sendung Anhalts nach
Wien verfügt, und der Ausgang sei von Erfolg gekrönt gewesen. Ob das-
selbe Mittel wiederum anzuwenden, stehe zu des Kf. Ermessen.
„Sonsten hielte ich Ew. Ch. D. Interesse sehr fürträglich, Jemanden an
den Kais. Hof zu senden, dem Sie sicherlich trauen könnten, und der so-
wol bei I. Kais. M. als Dero Ministris alle Momenta wol beobachtete. Ist
ein Hof, so dergleichen Ministrum erforderte, und einige Zeit, dabei solcher
sein Dienst nötig, so ists der Wiensche Hof, und ists die itzige Zeit.^
„Das Polnische Wesen belangend möchte gut sein, wann der Frhrr. v,
Hoverbeck albereits am Polnischen Hofe wäre. Ja es möchte auch dien-
1) d.d. Radstock 14 October 1672 (a. St) entschnldigt sich v. Canstein,
dasB er noch nicht gleich in Berlin sein könne, weil er (auf dem Wege nach
Castrin) einige Beamte hierher verschrieben habe, ,aach überdem die Cammer
zu Cüstrin mit Abnahme der Rentei-Rechnnng morgen anf ihn wartet^.
*) Unter anderm heisst es im Anfang: »Ew. Ch. O. ist aas Gottes Wort be-
kannt, wie auch den liebsten Rindern Gottes and fürtrefflichsten Helden, ohnan-
gesehen sie des Herrn ausdrücklichen Befehl fiir sich gehabt, solche Hindernisse
in den Weg geworfen, die für Menschenaugen unüberwindlich geschienen. Es
hat aber dennoch der Feind göttlicher Ehren nicht mehr thuen können als was
ihm Gott SQgelassen, und ist das Werk des Herrn doch herrlich ansgefnhret. Da-
hero dann kein Zweifel, der Allerhöchste auch Ew. Oh. D. beistehen und alle
böse Anschlage zu Schand machen werde"".
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342 11- I>er WiDterfeldzag von 1672 auf 1673.
lieh sein, dass Ew» Cb. D. io Danzig Jemandes hätten, der die zwischen Ew.
Ch. D. und dem Magistrat daselbst nötige Conespondenz stiftete.^
Johann Koeppen. Einzelbedenken. Dat Coelln a. Sp.
19. October 1672.
29. Oet. Durch Abziehung der Türenne'schen Armee aus den Niederlanden hat
Kf. den Generahtaaten mehr genützt als wenn er „mit augenscheinlicher
Qefahr und Hazardirnng des ganzen Werkes^ allein feindlich agirt hätte.
Eine Verbindung mit der geschwächten Holländischen Armee wäre dem
Ruin beider gleichgekommen. Kf. habe, wie die Dinge stehen, nicht anders
Krieg fuhren können als er gethan. Die Querelen der Generalstaaten sind
gegenstandslos; sie haben demnach keine Ursache, die Subsidien zurück-
zuhalten; wenn es de facto geschehe, wäre es eine Contra vention, welche
zu anderen Massnahmen Anlass geben würde.
Freiherr von Schwerin. Ursachen warum S. Ch. D. mit
denen Generahtaaten in gemeiner BUndnnsse stehen und die-
selbe nicht verlassen noch ohne dieselbe tractiren können.
0. O. 0. D- [Ende October 16720].
1. Es ist reichskundig und Niemands unwissend, dass S. Gh. D.
und Dero hochstlöbliche Vorfahren nun ein ganzes Saeculum her mit
den Generalstaaten in perpetuirlicher Allianz stehen, wobei sich auch
solche Pacta finden, die nicht wie andere foedera ad certum tempus
gemachet, besondern perpetua sein, und davon mau nicht resiliren kann.
2. Obzwar vor etzlichen Jahren einige Differentien zwischen
S. Ch. D. und den Herren Staaten entstanden, daher denn auch S.
Gh. D. denenselben in anno 66 in dem damaligen Kriege mit dem
Bischofen von Münster nicht assistiren wollen, so haben doch I.
Eon. M. von Frankreich damaln durch unterschiedene Schickungen
und sonderlich zuletzt durch Dero Abgesandten dem H. Colbert Sr.
Gh. D. sehr angelegen und nicht ablassen wollen, bis Sie Sich er-
kläret, dem Staat nebst I. E. M. von Frankreich zu assistiren, da
dann zugleich auf viele Jahre ein solches foedus defensivum gemachet,
welches S. Ch. D. noch anitzo verbindet.
^) Im Hauptquartier Bergen entworfen. Dat. Hauptquartier Bergen 13. Oc-
tober 1672 (a. St.) läDgereB Memorial des Geheimrat Mein der b, worin dargelegt
wird, was nach jetzt erfolgter Gonjauction mit den Kaiserlichen Kf. »bei diesen
perplexen ConjuDctoreD' für Besolationen zu ergreifen habe.
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Uoumgäoglichkeit der VerpflichtaDgen gegen die OeneralBtaaten. 343
2. Und wiewol es S. Gh. D. bei demselben bewenden lassen
uDd Sich nicht weiter engagiren werden, so haben doch I. Egl. M.
Ministri Deroselben rund aas gesaget, dass wenn sie dem Staat solche
ex foedere schuldige Htllfe schicken würden, Sie es vor eine Hostilitftt
nehmen und S. Ch. D. wieder so tractiren wollten. Wie nun S. Ch.
D. auf einer Seite so hart verbunden gewesen, dem Staat die ex
foedere schuldige Htllfe bei angehendeiQ Kriege zu schicken, auf der
anderen Seite aber wol sehen, dass Sie bei sothanen Bedräuungen
nicht genügsame Sicherheit hätten, so haben Sie solcher Ursachen
halber, welches sonst nicht geschehen sein wtirde, Sich mit dem Staat
fester engagiren und dahin vermittelst eines Defensivtractats verbinden
müssen, dass kein Theil ohne das andere sich zu einigen Tractaten
yerstehen wollte, dem dann S. Gh. D. salva reputatione nicht contra-
yeniren können.
4. So erheischet es auch die Kühe und Sicherheit des Reichs,
dass mit dem Staat Friede gemachet werde, ohne welchen das Reich
allezeit verunruhiget sein würde.
5. Man kann auch nicht sagen, dass dieses ein Krieg sei, der
das Reich nicht concernire, weil nicht allein Chur-Göln und der
Bischof von Münster mit darin begriffen, besondern auch I. Kön. M. den
Krieg in visceribus Imperii fahren, wie dann die Commercia von dem
französischen Gouverneur gesperret werden, wenn schon die Kaufieute
genügsame Gaution stellen wollen, dass die Waaren nicht in Holland
debitiret, sondern nur durchgeschicket werden sollen; zu geschweigen
der grossen Exactionen, die hin und wieder, zumaln in S. Gh. D*
Landen, geschehen.
Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat. Hauptquartier
14724. October 1672.
[Persönliche Besprechang mit R Mainz. Dessen Mediation.]
Benachrichtigt die Räte von einer in Frankfurt a. M. mit Karmainz 24. Oct.
persönlich stattgehabten Besprechang. — Das Ergebnis bieten die Anlagen
A und B.
Anlage A.
Bericht über die am 21. October 1672 zn Frankfnrt a. M. stattgehabte
Znsammenknnft des Kf. mit dem Kurfürsten Johann Philipp von Mainz.
Bezieht sich aof die Pancte, wie sie von Kf. selbst formalirt worden (S. 298).
Anlage B.
Antwort von Kurmainz. Sign. Frankfurt 21. October 1672.
^S. Chnrf. Gnaden haben AQthwendig befanden, dass das Reich, nach
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344 II- l>er Winterfeldzug von 1672 auf 1G73.
dem Exempel anderer auswärtiger Königen und Potentaten, sich in solche
Kriegsverfassung zu stellen, damit es desto kräftiger und nachdrücklicher
zu einer solchen Universatgarantie cooperireo, und Auswärtige auf das
Reich desto mehrere Reflexion zu machen Ursach haben mögen. Zu welchem
Ende dann mit allem Eifer dahin zu arbeiten, damit die zu Regensburg
beschlossene Reichsverfassung dermaleins völlig ausgemacht und zum Stand
gebracht, inmittelst aber, ohne einig Zeitverlieren, denen jetzt kriegenden
Theilen eine Mediation wo nit vom ganzen Reich, dennoch wenig-
stens von einigen unparteiischen Churfürsten und Ständen an-
geboten, und vermittelst derselben nit nur die kriegende Theile sondern auch
diejenige Churfürsten und Stände, welche occasione solchen Kriegs gelitten
und zu prätendiren haben, als insonderheit I. Ch. D. zu Brandenburg wegen
der liiro gebärenden Restitution Ihrer Plätze, Ergänzung erlittener Schäden
und künftiger Sicherheit zu Beruhigung und Satisfaction gelangen mögen,
gestalt Ihre Ch. Gn. zu Mainz hierzu Ihres äussersten Vermögens treulich
zu cooperiren und nach der zu Regensburg beschehener Veranlassung, zu
Gewinnung der Zeit, in antecessum, an die kriegende Theile fürdersame eigene
Schickung zu thun erbietig sind, zumaln Dieselbe zu Facilitirung der Mediation,
und damit Sr. Ch. Gn. Interposition desto weniger refusiret werden möge,
alschon vorlängst declariret, Sich in das Holländische Wesen nit einzu-
mischen, so auch von Ihrer Kaiserl. M. approbiret worden.
Inmittelst haben Ihre Ch. Gn. Dero Abgeordneten zu Regensbnrg die
Befürder- und Secundirung I. Ch. D. Angelegenheit, welche Dieselbe za
gedachtem Regensburg per Memoriale anbringen lassen, ernstlich anbefohlen.
Und nachdem Sr. Churf. Gn. zu Mainz Dero zur Reichs Verfassung schul-
diges Contingent an Mannschaft schon längst in Bereitschaft haben, als
würd Deroselben gleich gelten, wohin das Reich selbige zu stellen, durch
einen Reichsschluss vor gut befinden würd.
Soviel sonst die Stadt Cöln anlangt, ist bekannt, was zu derselben
Sicherheit durch den daselbsten aufgerichten Interims-Recess vor Fürsehung
geschehen, und sind über dieses Ihre Churf. Gn. erbötig, einige von Dero
geworbenen Mannschaften, wann die Stadt es begehren und den Unterhalt
verschaffen würd, hineinzulegen.^ Versicherungen.
Der Kurftlrst an die Geheimen Räte. Dat. Hauptquartier
Bergen 19. October 1672.
[Was es in Wahrheit mit den Friedeosiractaten auf sich hat. Bemerkenswerte
Functe die allgemeine Lage betreffend. PfalzDeuburgs Antwort. Znstand der
Dinge in PreuBsen.]
29. Oct. Hat das Gutachten der Räte vom l./ll. Octbr. und v. Somnitzs und
V. Jenas Einzelbedenken erhalten aber gefunden, dass die Räte ^theils
von allen Umständen nicht genugsam informiret, zum theil auch seine
Meinung nicht recht eingenommen haben^.
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Mediation. Was es mit den Friedeostractaten auf sich bat. 345
Es wird jetzt nicht nur von Pfalz-Neuburg soudern auch von seiden
anderer Kar- und Fürsten, sonderlich von Karmainz, sehr darauf gedrungen,
dass Kf. sich zu Friedenstractaten verstehe.
„Es ist aber deren keiner, der von einem Particularfrieden, wie Ihr es
ausleget, solches verstehen sollte, auch ist Uns von einigen Mittelwegen
von Niemand etwas vorgebracht.^ Vielmehr beteuert man allerseits die
Notwendigkeit eines allgemeinen Friedens, der auch die Generalstaaten
in sich schliesse.
*Wir wollen auch nicht hoffen, dass UnB Jemand», dem bekannt,
was Wir für avantageuse Gonditiones ansgeschlagen, ehe der Krieg
angegangen, nunmehr da Wir so viele Kosten angewendet, separate
Traetaten anmuthen wtlrde; welchergestalt Wir auch dem Ffalz-Neu-
bargischen Gesandten Rath Stratman solche Hoffnung gänzlich benom-
men, solches werdet Ihr aus dem Frotocollo genugsam ersehen habend*
Die Ursache aber, warum Wir Euer Gutachten in diesem Punct
erfordert, ist diese, dass in Holland, einkommender Nachricht nach,
wol einige sein möchten, die sich auch nicht einst mit einem raison-
nablen Frieden vergntlgen, besondern den Krieg ins Weite zu spielen
gedenken. Wie dann auch sonsten in Vorschlag kommt, ob nicht
auch auf Restitution des Herzogthums Lotharingen bei den Trae-
taten zu bestehen, und dass man unter dieser Condition mit dem
Herzogen von Lotharingen eine Btlndniss aufrichte, nicht eher Friede
zu machen, bis solches Herzogthum restituiret sei, femer, dass der
Krieg so lange continuire, bis Frankreich alles restituiret habe, was
seither den Pyrenäischen Traetaten occupiret worden. Wie nun solche
Gonditiones an einer Seite sehr gut und nützlich, auf der anderen
Seite aber wol zu erwägen, dass solches zu einem langen, kostbaren
und blutigen Krieg ausschlagen könnte — so wird hierüber ihr Gut-
achten gefordert.
Kf. bebt weiter hervor
1. Dass die Kaiserlichen noch diese Stunde keine Ordre zu
brechen haben, dieselbige vielmehr mit höchstem Fleiss alles was zu
einiger Ruptur Anlass geben könnte, zu evitiren suchen; und wann
Wir Uns auf die aufgerichtete Allianz beziehen, wird darauf geant-
wortet, dass dieselbe blos defensiv sei, und man sich an Kaiserlicher
Seite zu keiner Offension oder Ruptur verbunden habe, dafür Wir
dann schon längst den Vorsatz gehabt Jemand nach dem Kaiserlichen
Hofe zu schicken, wie Ihr, der von Somnitz, in Eurem absonder-
Oben S. 329.
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346 II- Der WinterfeldEUg ron 1G72 auf 1673.
liehen Gutachten vorsehlaget. Und weil Wir vermuthen, dass Ihr, der
von Brandt'), nunmehr soweit wieder restituiret sein werdet, dass
Ihr solche Reise werdet ttber Euch nehmen können, so werdet Ihr
Euch zu solcher Reise gefasst halten, gestalt Wir dann von Euch ins-
gesamt gnädigst begehren, eine Instruction hiezu abzufassen und Uns
zu Unserer VoUenziehung zu ttberschicken.
2. Isf es gewiss, dass es in Holland anitzo ein fremdes Aus-
sehen gewinnet, indem die Populace daselbst fast den Meister spielet,
und die Factiones, deren ein Theil wol gar einen schlechten Frieden,
auch mit Ausschliessung der AUiirten, annehmen sollten, ein Theil
aber unter dem Praetext eines beständigen Friedens gar zu weit
gehen möchten, nicht so sehr gedämpfet als dass sie sich nur bei
jetziger Beschaffenheit nicht biosgeben dOrfen, besondem nur auf
favorable Occasion warten, Alle insgesamt aber schon Aber die Sub-
sidia, welche ohne das bei den vorfallenden schweren Ausgaben, als
vielfältigen Schickungen, Unterhaltung Unsers Hofstaats, Erhandlung
Magazins, Verpflegung Unserer kostbaren Artillerie und sonsten, ob
Wir schon mit denselben aufs beste mesnagiren und Unseren General-
stab und ganze Armee, so Wir bei Uns haben, nur zur Hälfte be-
zahlen, bei weitem nicht ausreichen, viel Querulirens und Difficultirens
machen, wie Sie dann auch die Tractaten mit Dänemark und
Gelle sehr schwer machen und die mit Chursachsens Ld. gar stecken
lassen, mit demjenigen auch, was Wir ihrentwegen alhier thun, unge-
achtet Wir ihnen die Hauptarmee ab- und gegen Uns ins Reich ge-
zogen haben, nicht vergnüget sein, sondern sich öfters nachdenklicher
Beden verlauten lassen.
3. Haben Wir schon einige Posten her, heute aber die gewisse
Nachricht erlanget, dass, ob man wol hiebevorn gewiss gehoffet, dass sich
England von Frankreich separiren würde, nunmehr doch solches
ganz zerschlagen, und des Prinzen von Oranien eigenem Sentiment
nach des von Crockows Abschickung dahin vergeblich sein wird').
4. Giebt es noch sehr viele Difficultäten wegen der Passage
über den Rhein, dann, obzwar Ghur-Trier sich gar geneigt, Ghur-
Mainz auch jetzt besser als vorhin sich bezeiget, so haben sie doch
die Brücke bei Mainz und Coblenz platt abgeschlagen, und dürfte es
grosse Considerationes geben, desfalls mit Gewalt etwas zu traetiren.
■) Der Neamarkische Kanzler Gristoph von Brandt.
^ 8. S. 353 Anm. 1.
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PoDCte die allgemeine Lage betreffend. 347
Und bei denenjenigen Oertern, da die Passage sonst zu thun sein
möchte, finden sich so wol wegen des vielen Gebirges, der schreck-
lichen bösen Wege, als aus Hangel der Fourage grosse Difificult&ten,
jedoch hoffen Wir nächst göttlicher Hülfe an einem oder anderen
Orte noch tiberzukommen, und also die Zufuhr zu der Französischen
Armee zu wehren und sonst, soviel möglich, dieselbe zu incommodiren.
5. Wird wol viel von der abgenommenen Französischen Macht
geredet, welches sich auch wol in der That also verhält, allein nach
nunmehr so viel eingenommenem Bericht befinden Wir doch, dass
dieselbige, auch derer Aussage nach, die sie am Schwächesten machen,
noch -^ Mann, und also der Kaiserlichen und Unserer, weil Unsere
meiste Infanterie noch in Westphalen stehet, noch überlegen ist; zu ge-
schweigen, dass sie noch alle Zeit einige tausend Mann an sich ziehen
können, und der Prinz de Cond6 letzt schon auch mit einigen tau-
send Völkern zu Metz angelanget.
6. Auf die Conjunction mit den Spanischen Völkern haben Wir
gleichfalls ein grosses Absehen gehabt, so lange sie sich aber zur
Ruptur nicht verstanden, ist darauf keine Hoffnung zu machen, und
ohne dieselbige würde es fast unmöglich sein, sich mit den Hollän-
dischen zu conjungiren. Es wird indessen fleissig zu Brüssel nego-
tiiret, gestalt dann gleich ietzt Markgraf Hermann von Badens
Ld. da sein.
7. Wird viel bei einigen Ghur- und Fürstlichen Häusern ge-
arbeitet, eine dritte Partei zu machen, welches doch eben diejenige
sein, so bisher dem Französischen Werk so sehr favorisiret haben.
8. Einige Werbungen und Musterplätze im Reiche anzustellen,
wie gern Wir solches auch thun wollten, und wie viel Wir auch
darauf bedacht gewesen, hat sich bisher nicht thun lassen wollen,
haben vielmehr wegen der Durchmarche albereits viel beschwerliches
Klagen hören müssen. Jedoch soll Uns lieb sein, wann Ihr Uns des-
falls einige Vorschläge thun werdet.
9. Lässt es sich ansehen, dass das Türkische Wesen weiter um
sich greifen wolle, wozu dann die Rebellion nicht wenig zu statten
kommt. Wir haben in Unserem vorigen nicht darauf gezielet, als
wann der Friede hier so gar geschwinde gemacht werden könnte,
dass man noch vor Winters der Türkischen Macht begegnen könnte;
besondern weil Wir besorgen, dass es die Türken bei Kaminiec-
Podolsky nicht bewenden lassen möchten, die Ungarische Rebellion
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348 II- I>ör Winterfeldzug von 1672 auf 1673.
auch von grosser Conseqiience, so haben Wir endlich dahin gezielet
ob nicht um den Türken künftigen Jahres desto besser zu begegnen
und von fernerm Abbruch in der Christenheit abzuhalten, der Friede
nach aller Möglickeit dieser Orten zu befordern wäre. Wir wollten
wol Eurem gethanen Vorschlage gemäss Jemands an die Porte
schicken. Zu geschweigen aber der grossen Spesen, so hierzu gehören
würden, so ist Euch bekannt, dass Wir oder Unsere Vorfahren noch
nie einzige Abschickung dahin gethan, und nicht wissen können, wie
solche aufgenommen werden möchte. Jedoch wollen Wir, im Fall
indessen die Chron Polen den Frieden nicht treffen wird, dem Werke
weiter nachdenken.
Die Antwort Pfalzneuburgs auf des Kurfürsten Requisition und seine
Entgegnung darauf folgt anbei ; und werden Wir freilich darauf bestehen,
dass sie, ohngeachtet deren mit Frankreich getroffenen Neutralität, wo-
von Wir sonst keine Abschrift haben, Uns die aus den aufgerichteten
Pactis schuldige Assistenz leisten sollen, wiewol sie anitzo in einem
solchen Zustande begriffen, dass sie wol anderer Assistenz von nöthen
haben möchten.
Hoverbecks Abschickung an den polnischen Hof soll noch anstehen,
bis der König sich wieder in der Residenz befindet. Mit dem branden-
burgischen Agenten Brockendorf in Danzig sollen die Geheimen Räte
correspondiren.
In Preussen gehet es Uns, wie es allezeit pfleget, mit fernerer
Verfassung sehr hinderlich, indem man daselbst, alles Unsers ernst-
lichen Zuschreibens unerwogen, desfalls auf einen Landtag dringet.
Wir haben eben bei dieser Post gar ernstliehe Anmahnung gethan,
ohne einen Landtag, welcher nur viel kostet und wenig fruchtet,
einige Mittel zu ergreifen; werden nun erwarten was darauf erfolgen
werde. Indessen habt Ihr alda das Jenige fortzustellen, was wir Euch
wegen sechstausend Thaler monatlich und dann tausend Scheffel 6e-
treidigs anbefohlen, und es dahin zu befordern, damit solche Summ
an Gelde und Getreide vom nächsten November an zu rechnen auf-
gebracht und eingeliefert werden möge, wobei Ihr aber dahin zu sehen,
dass das Getreide in den Wintermonaten eingeteilet werde, weil her-
nach in den Scheuern nichts mehr zu finden sein möchte. Ihr werdet
dies alles erwägen etc. . . .^)
') Diesem Rescript sind einige Correspondenzen mit Kurbaiern, Kurcölo,
Pfalzneaburg beigefugt, welche auf die Friedenstractaten und die ^dritte Partei**
Bezug nehmen.
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Verdächtiges FriedeDsproject 349
Der KarfUrst an die Geheimen Räte. Dat Hauptquartier
Bergen 21. Oetober 1672.
[Fraozosisch-kaiserliches Friedeosproject.]
XJebersendet ein Project^ ^welches wegen Einrichtnug des Friedens
spargiret und Uns zu Händen kommen ist^.
|: Wir wollen zwar nicht hoflFen, dass darunter ehiiger Grund sei, 31. Oct.
gleichwol aber yerursachet es bei Uns allerhand Nachdenken, inson-
derheit wann Wir dasselbige mit der jetzigen Kaiserlichen Gonduite
und anderen zu Zeiten einkommenden Berichten oonferiren, so Wir
Euch zu Eurer Ueberlegung und Nachricht gnädigst übersenden werden. :|
Anlage.
Project.
Le project qnt a est^ fait & Vienne par les ministres on commissaires
de S. Mt6. Imperiale et les ministres de France et d'Espagne, ponr pr^venir
Li guerre qai menasse la Ghrestient6, est fond6 snr les conditions suivantcs :
Qae le Roy de France permettroit de ne pas attaqner FEspagne
en 5 ans de temps, dans leqnel espace Sa Majt6 Imp. et le Pape
seroient arbitres pour accommoder les diff^rends qai restent parmy les
deux Conronnes.
Que le Roy Tres Chrest. restitneroit la Lorraine au Duo de ce
nom ou lay donneroit nne antre satisfaction, au contentement de Sa M.
Imperiale.
Que le Roy de France restitneroit tontes les places prises dans
TEmpire en cette gaerre, et qne ne se pouvant accommoder avec S. A.
Elect. de Brandenbonrg ponr celles qni lay appartiennent les remettroit
6s mains d'nn aatre Prince de TEmpire a la yolontö de TEmpereur.
Que le Roy de France s'obligeroit ä donner y^- hommes en Po-
logue contre le Türe et un million et ^ livres par an durant la
guerre contre les Turcs.
Qne qnand le Roy de France accepteroit les conditions, Sa M.
Imp. feroit retirer ses Troappes avec Celles de S. Alt. Elect. de Bran-
denbonrg et TEspagne tous les seconrs qn'elle donne et la Hollande,
sans qne pas nn d'eax se mesle de cette qaerelle entre la France et la
Hollande.
L'on dit anssi qne Sa M. rimperatrice Eleonora a fait grandes in-
Btances ponr faire reussir ces conditions, et qn'on a depesch6 des Expres
en Espagne et en France avec les propositions.
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350 11- I>er Winterfeldsug von 1672 aaf 1672.
Die Geheimen Räte R. v. Canstein, L. Ch. v. Somnitz, Fr.
y. Jena, Joh. Koeppen an den Kurfürsten. Dat Colin a. Sp.
23. October 1672.
[Auf das Rescript vom 14./24. October.]
2. Not. ^Weil Ihrer Charf. Gn. von Mainz Antwort^) fast general ood dunkel,
auf den Punct von der Assistenz ans der Cbnrfürstlichen Verein aber
gar nichts scbriftliches geantwortet, so zweifeln wir nicht, es werde was
anfangs fragesweise Ihrer Chnrf. On. fürgestellet, hemachmals von Dero-
selben positive gefordert« und also die Hülfe, so Sie als ein Stand des
Reichs znfolge den Verfassungen, nnd aus der Verein als ein Chorfürst,
zu leisten schuldig, begehret sein.^ Sie hoffen^ es werden zu Regensburg
Bowol der kaiserliche Commissarins wie der kfliche Abgesandte die Sache
ernstlich betreiben.
Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat Hauptquartier
Flörsheim 26. October 1672.
[Bin neues fransosischeB Bündnis in Vorschlag. UebersenduDg von
Schriftstücken.]
5. Nov. Die brandenbnrgischen Gesandten zn Regensburg haben berichtet^ dass
jetzt daselbst ein anderes Foedus in Vorschlag kommt, „auf die Art, wie
vor diesem das Rheinische gewesen, nnd dass dieses ohne Zweifel also von
den Franzosen getrieben werde, weil man wol gesehen, dass die deutsche
Chur- und Fürsten in das mit Schweden aufgerichte Foedus nimmer ein-
treten würden^. Es folgt abschriftlich (A). Weil die Gesandten Befehl
verlangen, so sollen die Räte angeben, ob sie es für ratsam erachten —
das» Wir zu dem Ende, dass man eins und andere erfahren, auch
wol hintertreiben könne, Uns anzunehmen haben, als wann Wir in
obgedachtes Foedus treten wollten.
Ferner folgen zwei Memorialien des holländischen Gesandten (B nnd C)
und des Kf. Antwort auf das erste derselben (D), ein gleiches von dem
französischen Botschafter am kaiserlichen Hofe und des Kaisers Antwort
(E und F), Knrtriers Schreiben wegen des französischen Marsches und
die Antwort des Kf. (G und H), endlich ein Brief des Kf. (I) an Kurmainz,
die französischen Proceduren betreffend.
Anlagen.
A. Projectum foederis inter Reges Galliae et Saeciae et quosdam
Electores et Principes adhuc ineundi compositum a Plenipotentiario Regis
Christianissimi Domini de Gravel (28 articc.)
') Oben S. 343.
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Eine neue tod Fraükreich vorgeBchlagene Allianz. Montecnccoli. 351
B. Freiherr Ton AmerongeD an den Karfürsten. Dat. Bergen 21./3]. Oc-
tober 1672. Gedruckt ÜA. 111,316.
C. Desgl. Dat. Bergen 23. October/2. November 1672. Recapitulation
des Bescheids der Generalstaaten vom 24.')
D. Resolntion des Karfürsten an Amerongen. Dat Bergen 22. Oc-
tober 1672 st. t. ÜA. III, 316. 317.
E. Chevalier de Gremonville an Kaiser Leopold. Dat. Wien 17. Oc-
tober 1672. Italienisches Memoriali gegen den Marsch der Alliirten ge-
richtet. An des Hofkanzlers v. Hocher Adresse.
F. Johann Paal Freiherr von Hocher an Gremonville. Dat. Wien
24. October 1672. Beantwortung obigen Memorials ein französischer Sprache.
G. Karfürst Karl Kaspar von Trier an den Korfürsten. Dat. Ehren-
breitstein 1. November 1672. Gedr. oben S. 307.
H. Des Karfürsten Antwort. Ebda. S. 308.
I. Der Karfürst an den Karfürsten Johann Philipp von Mainz. Dat.
Haaptqnartier Bergen 25. October 1672. Gedr. oben S. 299.
P, S. Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat. Haupt-
quartier Rttsselsheim am Main 28. October 1672.
[Lässigkeit der Kaiserlichen.]
Uebersendet ein Memorial des Frhrrn. von Amerongen nnd des 7. N
Obersten Weibnom and seine Resolation daranf^. Er will nicht länger
yerschweigen —
I : dass Wir bei denen Kaiserlichen je länger je weniger Incli-
nation finden, über den Bhein zu gehen oder was Wirkliches fttrzu-
nehmen, wiewol Wir doch nichts an Uns ermangeln lassen wollen,
sie dahin zu disponiren und also dieser Unserer Zusage ein Oenttgen
zu thun. Die ffirnembste Considerationes sonsten, so von Monte-
cuccoli angezogen worden, sein, dass Türenne, sobald er von Unserer
Passage über den Bhein Oewissheit haben wird, auch solchen Strom,
und zwar mit weniger Mühe und Ungelegenheit als Wir, passiren und
Uns zuvorkommen, auch sich mit dem Prinz de Gondä, welcher zu
») ÜA. 111,306.
^ d. d. Hauptquartier Flörsheim G. and 7. November 1672.
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352 n. Der Winterfeldzag tod 1672 auf 1673.
Metz angelanget, conjungiren [werde], and man diesseit wider diese
Force nicht bastant sein möchte; item dass man bei diesem Werke ein
Auge auf die Ober- und Oesterreichische Lande wegen der denselben
androhenden Türkengefahr haben mttsste. : |
P. S. Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat Haupt-
quartier Rüßselsheim 1. November 1672.
[Auf dae Gntschten vom 23. October/2. November.]
11. Nov. Kf. giebt zu, dass die Kurmainzische Antwort sehr allgemein gehalten
sei; und dass er selbst, obschon der Eurerzkanzler sonrol in Diseursen wie
auch seinem (des Kf.) Abgesandten Frhrrn. v. Blumenthal gegenüber
sich ziemlich wolmeinend erklärt, doch niemals eine positive Hilfezusage
habe erlangen können. Zu dieser Leistung sei Kurmainz verpflichtet „sowol
ex Instrumente Pacis und wegen der gemeinen Garantie desselben als auch in
kraft der Chnrfürstlichen Verein (worauf Ihre Ld. auch, wie Euch bewusst,
gleich anderen Churfürstlichen von Uns requiriret worden), auch vielleicht
genugsam dafür incliniret, wann Sie nicht die Furcht für Frankreich davon
ab- und zurückhielte; wie dann der Marqais de Vaubrun und andere
Französische Bediente stets um und bei Ihr sein und auf alles was Sie
thun genaue Achtung geben.*^
Anlage.
Kurfürst Johann Philipp von Mainz an den Kurfürsten. Dat. Marien-
berg ob Würzbnrg 5. October 1672. Erklärung, dass er ^niit der begehrten
Volkshülf nit zu willfahren vermöge". Zur Sache oben S. 292.
Die Geheimen Räte^) aii den Kurfürsten. Dat. Coelln a. Sp.
29. October 1672. Conc. v. Soranitz.
[OegenvorstellnogeD auf des Rescript vom 19/29. October.]
8. Nov. Wenn sie eiues Particular- oder Separat-Tractats gedacht haben, so
ist nicht ihre Meinung gewesen, dass Kf. selbst zu jenem inclinire; son-
dern sie haben geglaubt, „dass alles und jedes, was man Ew. Ch. D. von
Friedenstractaten vorbrächte, auf einen einseitigen Vertrag und Composition
gerichtet** sei.
Sie kommen auf die von Kf. angegebenen Hauptpunkte, um derent-
willen ihr Gutachten gefordert wird: Frledeusstimmung in Holland — Resti-
ßs sind von uun an die aamtlicheo vier in Berlin zurückgebliebenen Ge-
heimoD Räte die Absender.
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GegeobedeDkeD der Rate. 353
totioD Lothringens und Bündnis mit dem Herzog — Fortsetzung des Kriegs
bis zar Rückgabe des sämtlichen 7on Frankreich seit dem Pjrenäischen
Frieden occupirten Besitzes.
^Gleichwol scheinet aus des von Crockow^) Relation, dass in Hol-
land eine grosse Einigkeit des Volkes, eine grosse Afifection für den Prin-
zen^ und dass dieser itzo wol in der höchsten Positur und Credit sei, dahero
dann auch, unseres Ermessens, nicht etwa auf einige Particularleute Re-
flexion zu nehmen, sondern sich darnach zn richten, was diejenige, welche
das Ruder in der Hand, für Meinung führen: können uns dahero nicht ein-
bilden, dass diejenigen, welche den Staat itzo repräsentiren, einen redlichen
und durchgehenden Frieden ausschlagen sollten; darbei aber möchten sie
wol nicht unbillig Bedenken haben, sich in mehrere Unsicherheit und
Sclaverei durch Tractaten setzen zu lassen, als sie nicht yermeineten, dass
sie durch Krieg in so einen Zustand gerathen sollten oder könnten.^
„DerHerzogvonLothringen gehört zu dieser Sache eigentlich nicht,
zum allerwenigsten sind Ew. Ch. D., soviel wir wissen, ihm nicht obligiret.
Und weil der Friede durch diese Sache ohne Zweifel schwer fallen würde,
uns aber des Herzogs Zustand, was er bei der Sache thun und wie lange
er es aushalten, auch sonsten wie er sich mit Bestände reciproce obligiren
könne, nicht, Ew. Ch. D. aber ohne Zweifel besser bekannt sein wird, so
können wir auch zu solchem Verbündnis weder zu- noch abrathen.**
„Das dritte wissen wir nicht, von wem oder auf was Condition solches
begehret werde; und wann es vom Kaiser oder Spanien herrühren sollte,
so können wir nicht abnehmen, dass ein allgemeiner Friede mit Ernst ge-
suchet werde. Was sonst Frankreich nach dem Pjrenäischen Frieden be-
kommen, das ist ihm durch absonderliche Tractaten gelassen und bestätiget.^
Entgegnungen auf des Ef. Vorstellungen im einzelnen.
ad 1. Ueber das Zaudern der Kaiserlichen verwundern sie sich höch-
lich. Selbst wenn dieselben das Bündnis nur als Defensivallianz auffassen,
so sei nach dem Vorgehen der Franzosen gerade jetzt Hilfe und Vertei-
digung nötig.
ad 2. Die Generalstaaten prätendiren beim Frieden nichts, als in den
vorigen Stand gesetzt zu werden; zu solchem Zweck hätten sie Allianzen
gemacht und Subsidien gegeben. Ob solches Unrecht, das können wir
nicht sagen, wollen auch hoflFen, weil Ew. Ch. D. itzo auf dem March,
Dero Armee nur die Hälfle bezahlet, und die andere Hälfte in cassa
behalten wird, es werde bei ferner erfolgenden Subsidien noch aus-
zukommen sein. Dass sonsten in Holland nicht einer und der andere
zu Zeiten ungleiche Meinungen von dem bisherigen March haben
') L. G. v. Crockow war im Üctober nach England geschickt worden. (Vgl.
oben S. 346.) Die bezüglichen Relationen ans dem Haag s. unter Brandenburg
und England im nächsten Band.
Mater, z. Gesch. d. G. Kurfürsten. Xfll. 23
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354 n. Der Winterfeldzug von 1672 anf 1673.
möge, das wird yerhoffeDtlich dem Hauptwerk keine Ungelegenheit
machen, weil dergleichen zu evitiren unmöglich.
ad 3. Das haben sie aus Crockows Relation erfahren. Es ist aber
nichts Unverhofftes. Ehe Ef. sich mit dem Staat alliirt habe, sei England
schon des Staates Feind gewesen.
ad 4. Der innoxius Transitas über den Rhein darf unter keinen Um-'
ständen nach Völkerrecht difiPicultirt werden. Die Weigerungsgründe „ge-
hören vor die Kriegserfahrene^.
25
ad 5. Kf. wird wissen, dass vor diesem Turenne nicht — Mann.
m
40
sondern — Mann stark gemacht ward; sie wissen auch nicht, ob nach dem
ihnen geschehenen Bericht die Kaiserliche Armee -rr- und etliche hundert,
des Kf. Armee etliche jö" stark sei, ohne das was noch in Westfalen von
des Kf. Völkern stehe.
ad 6. Ob es ratsano, dass Kf. „sich mit einer Spanischen oder Hol-
ländischen Armee coujung'hre und das Corpus so überaus stark mache,
das gehöret gleichfalls vor die Kriegsverständige**.
ad 7. Da haben wir wol so viel Nachricht, dass theils wol-
affectionirte Fürsten und Stände durch den bisherigen March alteriret
worden; denen wäre nun alle Ombrage und Soupgon zu benehmen.
Und weil noch zur Zeit wegen Machung der dritten Partei zu Regens-
burg gearbeitet werden soll, so ist dagegen was möglich anzuwenden
und denen noch wolaffectionirten, zumal Evangelischen Ständen zu
zeigen, dass man nicht gemeinet, nur sie zu ruiniren.
ad 8. Dass Ew. Ch. D. Dero Ortes weder Werbungen noch
Musterplätze anstellen können, das glauben wir leichtlich, und würde
es auch, wann gleich gnugsame Mittel darzu vorhanden, vermuthlich
bei gegenwärtigem Zustande ohne Nutzen sein, zumaln Ew. Ch. D.
keinen nötigen Posto haben, auch schwerlich sich auf die daherum
gesessene Stände, so gestalten Sachen nach, zu verlassen. Wann
aber der March in Westphalen gegangen wäre, so hätten sich daselbst
wol Mittel finden würden, Werbungen und Musterplätze zu haben.
Zum Schluss wird noch einmal der Hoffnung auf einen allgemeinen
Frieden lebhafter Ausdruck verliehen.
8. Nov. P. S. d. d. Coelln a. Sp. 29. Oc tob er 1672 bestätigen sie den
Empfang der Friedensvorschläge (S. 349) und stellen Sr. Ch. D. anheim, ^ob
Google
DigitizedbyVjOOQ
Haltung Turennes. 855
Sie dieselbige demjenigen, so nach Wien gehet ^), mitgeben lassen wollen, nm
zu vernehmen, ob man daselbst mit solchen Qedanken, die wol nicht für
das allgemeine Interesse, umgehe^.
Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat. Hauptquartier
Rüsselsheim 4./14. November 1672.
Fordert ihr Gutachten über das Schreiben Tnrennes, welches die wahren U. Nov.
Absichten der Fransosen enthülle. Es folgen anbei die Briefe des Kf.
vom 8. nnd Tnrennes vom 10. November (A, B), Schreiben des Ef. an seine
Oesandten (C) nnd an Eurpfalz (D).
Anlagen.
A. Der Kurfürst an Yicomte de Turenne. Dat. au Camp de Küsseisheim
ce 29. Octobre/8. Novembre 1672.
G'est la denxidrae fois que Vos Tronppes ont attaqn6 les miennes que
j'avais envoy^es dans les terres de TEmpire et bien loin des limites de
France, pour reconnoistre quelque passage. II sera ä Yous de concilier
les protestations que Sa. Maj. Tres Chrestienne fait faire partout de ne
Tonloir pas troubler la paix de TAllemagne et tant d'actes d'hostilit6 qui
se fönt partout des Yostres. Cependant le jeune Comte de Dona^) ayant
est6 du parti, et n'ayant point eu de ses nouvelles, j'ay voulu envoyer ce
Trompette pour m'en informer.
B. Yicomte de Turenne an den Kurfürsten. Dat. au Camp ce 10. No-
vembre 1672.
J'ay receu la lettre que Y. A. E. m'a fait Thonneur de m'escrire et
aprös ce que le Roy Yous a fait dire sur la marche de Yostre arm^e, je ne
donte pas que Yous n'ayez tonsjours poB6 pour un fondement certain que
les choses ne se pouvoient pas passer autrement. Sa. Maj. s'est assez
clairement expliqu6e sur la consid6ration qu'EUe a pour ce qui regarde
>) Oben S. 346 Anm. 1. Christoph von Brandts beabsichtigte SeoduDg
fand nicht statt.
*) Der ursprüngliche, im Ooncept getilgte, Wortlaut war: Gepeadaut le
jeune Comte de Dona ayant estä tue en cette rencontre pres la
Lahn, et desirant fort qu'anssi bien en consideration de sa naissance
que de ses propres merites il soit deuement enterr^, jay voulu envoyer
ce Trompette avec un chariot pour amener le dit defunct, me persuadant que
Vous ne voudriez pas refuser cet office d'hnmanit^. — Der Yergleich beider
Fassungen ist nicht ohne Interesse. Die Briefe sind gedruckt im zweiten Bande
von Grimoard Lettres de Turenne, jedoch um der Sache willeD und in Rücksicht
auf die Yarianten hier wiederholt.
23*
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356 n. Der Winterfeldzug von 1672 anf 1673.
TEmpire, et ainsi il n'est pas besoin qae j'en parle icy davantage. Je sois
bien marri de la mort da jeane Comte Dona et supplie tres homblement
V. A. El. d'estre asseuröe de mes respecte
C. Der Kurfürst an seine Gesandten in Regeusburg. Dat. Hauptquartier
Rüsselsbeim 4./14. November 1672.
Kf. bezieht sich anf die Aeussernngen Türennes. „Wir hatten ver-
hoffet, es würde derselbe zum wenigsten einige Entschuldigung oder Be-
mäntelung wegen seines Marches ins Reich und gedachter Rencontren vor-
braeht haben; aber besagetes Antwortschreiben zeiget genug an, dass er
das einzige Fundament solcher Thätlichkeiten auf der Kaiserlichen und
Unserer Armeen Marche setzet."
Ihr habet solches alles den Oesandtsehaften mit gebührendem
Nachdruck vorzustellen und dabei zu erwähnen, dass, dafern es so-
weit kommen sollte, dass I. Kais. M. und die Stände des Reiches im
Reiche ihre Völker zu ihrer Sicherheit nicht zusammenführen und
damit marchiren dürften, ohne dass der König in Frankreich sie des-
wegen auf dem Reiches-Boden anzutasten sich unternehmen sollte,
es gewiss mit des Reiches Autorität, Frieden, Ruhe und Sicherheit
ganz gethan sein würde, und ein jeder nur bei Zeiten, wann man
sich nicht anders dabei betragen wollte, das Joch sich willig über den
Hals ziehen lassen möchte. Es hätten ja weder I. Kais. M. noch auch
einiger Stand des Reiches sich desfalls jemalen formalisiret, wann
der König in Frankreich sich in seinem Lande in Kriegesverfassung
gestellet und seine Truppen zusammengeführet, wiewol man vielleicht
Ursache genug dazu gehabt haben mächte; mit was Fug und Recht
dann solches jetzo von Frankreich geschehen könnte, liesse man einen
jeden redlichen Patrioten urtheilen.
Die Gesandten sollen nach Massgabc der früheren Befehle „um schleu-
nige Hülfe beweglich ansuchen^.
D. Der Kurfürst an den Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz, von
dems. D. Oben S. 314. '
Die Geheimen Räte an den Kurfürsten. Dat. CoeUn a. Sp.
13. November 1672.
[Auf das Reecript vom 4./14. November.]
23. Nov. Auf das Verhalten der Franzosen hätte man längst gefasst sein können.
Das Schreiben Türennes finden sie ^den bisherigen französischen Actionen
gemäss und ganz conform eingerichtet^. Sie halten aber dafür, dass die
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Beurteilung derselben. Batificirung d. BraunBchweig. Bündnisses. 357
Kriegsoperationen betreffend ^Ew. Cb. D. mit dem Tarenne Sich in keine
weitere Sehriftwecbselung einzulassen, weil daraus wenig Vorteil zu hofifen,
überdem Ew. Ch. D. gelbsten da und Principal mit bei dem Werke sein,
Turenne aber nur ein Diener vom Könige ist und, wohin er von der Zeit
an, da Ew. Ch. D. von Halberstadt aufgebrochen, beordert gewesen, genug-
sam zu verstehen giebt^.
Die Sache selbst möge an den Reichstag gebracht und durch Schickung
den einzelnen Kurfürsten bekannt gemacht werden mit der Vorstellung:
dass „nachdem nunmehr sich die Turenne'sche Armee hinwiederum recruitiret
and verstärket, das rechte Französische Dessein am Tage käme, und sie in
der That bezeugeten, dass sie es bei dem Bruche, welchen sie in des Hei-
ligen Römischen Reichs Westpbälischem Kreise mit allerhand Feindseligkeit
gethan und bis dato damit continuiren, nicht bewenden zu lassen gedächten,
Bondern dass sie denselben ipso facto noch weiter in das Reich exten-
direten und I. Kais. M. und Ew. Ch. D. für die Sicherheit, Tranquillität
und Freiheit des Vaterlandes Teutscher Nation zusammengeführte Waffen
feindlich tractireten'*, so hätte Kf. das gewisse Vertrauen, sie würden in
richtiger Erkenntnis der Gefahr nun nicht länger mit der Hülfe zurück-
stehen^ ,,in Zeiten die Mittel recht gebrauchen und sich das bei vorigem
Kriege vorgewesene singuU pugnant eine Warnung und Witzung sein lassen
etc ^ Und damit Kf. das Werk nicht alleine treibe, so würde es vor-
teilhaft sein, dass der Kaiser ebenfalls die vornehmsten Fürsten an ihre
Pflicht erinnerte.
„Dann würde auch nötig sein, dass Ew. Cb. D. mit aller Emsigkeit
auf Mittel zu einigen neuen Werbungen und Recruiten Bedacht nähmen.
Die Länder, wie Ew. Cb. D. wissend, können wol in keinen höheren Ansatz
kommen, weil es mit dem, was itzo wird gegeben werden müssen, hart hält.
— Es wäre auch gut: dass die Ratification der Brauuschweigischen
Allianz zur Richtigkeit käme ; dass Dänemark noch näher zu der gegen-
wärtigen Sache gezogen und dass Ew. Ch. D., wann es möglich, erfahren könn-
ten, wohin doch eigentlich der Schweden Meinung gienge? — Wohin Ch ur-
Sachsen inclinire, ist auch noch, soviel uns bekannt, nngewiss, und will man
sagen, als wenn es mit Schweden correspondire, von welcher und allen
anderen Correspondentien Ew. Ch. D. mehrere Nachricht und Gewissheit
haben werden. Mich, den vonCanstein, hat sonsten der Cellische Kanzler
bei dieser Post versichern wollen, dass Chur-Sachsen zur Zusammensetzung
sehr geneigt und dass bei jüngster Zusammenkunft zu Lüneburg^) geschlossen
worden, die Zusammensetzung des Ober- und Niedersächsischen Kreises zu
befordern und deswegen eine Zusammenkunft der C hur- Sächsischen und
Braunschweigischen Räthe zu veranlassen.^
Kf. werde es einzurichten wissen, dass, „wenn sich diese beide Kreise
setzen wollten, solche Zusammenkunft mit für Ew. Ch. D. eingerichtet werde**.
1) Niedersächaischer Kreistag.
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358 II- I>«r Winterfeldzug von 1672 aaf 1G73.
Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat. Hauptquartier
Rüsselsheim 15./25. Novemher 1672.
[Bescheid an die Allürteo betreffend das GraveFsche Bündnisproject]
25. Nov. Kf. billigt der Räte Gutachten, betreffend das Project der von Gravel
in Regensbarg proponirten Allianz.
^Za solchem Ende haben Wir sowol an I. Kais. M. als anch an die
zu Brannschweig alliirte Königliche und Fürstliche Häuser und dann an
Unsere Gesandte zu Begensburg die Nothdurft gebracht. Den Inhalt
obbem. Schreiben könnt Ihr aus beigehender Abschrift desjenigen, so wir
an Kaiserliche Maj. abgeben lassen, ersehen*).^
P. S. Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat. Haupt-
quartier Rüsselsheim 15./25. November 1672.
[Verhandlangen mit Knrpfalz.]
25. Nov. Kurpfalz hat um Entsendung des Oberpräsidenten Freiherrn von
Schwerin nachgesucht, behufs näherer Besprechung. Auf des Kf. Befehl
hat Schwerin die Reise nach Mannheim angetreten und, nunmehr zurück-
gekehrt, von den Ergebnissen derselben ein Protocoll abgefasst, dessen
Abschrift folgt (A). Dazu ein Brief des Kf. an den Kurfürsten Karl Lud-
wig. (B)
Anlagen.
A. Protocoll d. d. Mannheim 20. November 1672. Oben S. 317.
B. Der Kurfürst an den Kurfürsten Karl Ludwig d. d. Hauptquartier
Rüsselsheim 14/24. November oben S. 319.
P. S. Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat. Haupt-
quartier Rüsselsheim 15./25. November 1672.
25. Nov. Uebersendet zwei Antwortschreiben Kurbaierns (Anlage) und des Dom-
capitels zu Göln. Dazu ein ferneres Schreiben des Kurfürsten an Kur-
baiern und eine Relation B las peil s aus Brüssel vom 11./21. Novbr. 1672^).
^) Ueber dies Schreiben ao den Kaiser d. d. Rüsselsheim 1Ö./25. November
1672 B. oben S. 284 und Einleitong IN.
^ Die ferneren Anlagen: Das Domcapitel za Cöln ao den Karfuraten.
Dat. C51d 6. October. Kf. an den Kurfürsten Ferdinand Maria von Baiern. Dat.
Rüsselsheim 16./26. November 1672. Anmabnungsschreiben in sehr beweglichen
Ausdrucken.
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Earpfalz. Kurbaiero. Spanien. 359
I Anlage.
I Karfürst Ferdinand Maria von Baiern an den Kurfürsten. Dat. Ingolstadt
I 16. November 1672.
Als er eben im Begriff gewesen des Kf. Schreiben, die ron ihm (KBaiern)
angebotene Mediation betreffend, zu beantworten, ist des Kf. zweites Schrei-
ben 7om 26. Oetober eingetroffen, worin gegen die znnehmenden französischen
Hostilltäten das gebürende Contingent für die Sicherheit des Reichs gefor-
dert wird. „Nun ist Uns solches um so viel desto mehr unvermuthlich vor-
kommen, weil erm. Reichssecuritfttwesen nochzumalen nicht ausgemacht,
und weder Frankreich noch Jemand andere durch einen allgemeinen Reichs-
schluss, wie es nöthig, für einen Reichsfeind erkläret worden, auch um so
viel ungewöhnlicher ist, dass ein particular Mitglied des Reichs von dem
anderen die Reichshülfe begehre, da doch solches bei den jetzigen Reichs-
eoDsultationen von keinem Reichs-General n, ja sogar von Vielen keiner De-
putation hat wollen verstattet oder zugelassen werden, auch ohnedas in
den Reichsconstitutionibus und sonderlich der Reichsexecutionsordnung ver-
sehen, wie es in dergleichen Fällen zu halten.^
Im übrigen dankt er, dass die Mediation nicht ausgeschlagen, und ver-
spricht sich gute Wirkung, „wann man nur fremde Händel nit darmit ver-
mischen will, zn welchem die Reichssecurität- Verfassung ohnedas nicht an-
gesehen ist^. Wie die Vermittelung zu bewerkstelligen sei, ist dem kai-
serlichen Abgeordneten hier schriftlich eröffnet worden. Abschriftlich folgt
der ,Extract aus dem von Ihr. Churf. D. in Baiern dem Kaiserlichen Ab-
geordneten ertheilten Bescheid'. (Ohne Belang.)
P. S. Der Kurfürst an die Geheimen Räte. Dat. Haupt-
quartier RUsselsheim 15./25. November 1672.
[Betrifft Eintritt Spaniens in die Allianz.]
Uebersendet eine Zuschrift des Grafen Monterey (Anlage) wegen
Eintrittes der Krone Spanien in die bewusste Allianz und fordert der Räte 25 ^^y
Gutachten — inwieweit Ihr etwa vermeinet, dass Wir Uns mit Spa-
nien hierüber einzulassen hätten, sonderlich wegen des Articuls der
Pyrenäischen Traetaten, welches ein Punct von grosser Consideration
und Wichtigkeit ist.
Anlage.
Graf Monterey an den Kurfürsten. Dat. Brüssel 12. November 1672.
Quoique je ne doute pas que V. A. El. ne soit d'ailleurs advertie du
d^sir dont la Reyne ma maistressc est port^e a entrer en la ligue de l'Em-
pire avec sa Majt6 Imp., Votre Alt. Elect. et antres Princes, si est ce
que je n'ay sceu*) m'enipescher d'en donner avec joye Tadvis a V, A. E,
So die incorrecte Copie.
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360 II- Der Winterfeldzug voa 1672 auf 1673.
pur ces ligaes, et com